Der Frontberichterstatter hat unter anderem mir ein
Blogstöckchen zum Thema Feminismus vor die Füße geworfen. Ich greife es gerne auf, wobei ich aber betone, dass meine Antworten spontan und aus dem Bauch heraus erfolgen. Vielleicht würde ich sie nach etwas mehr Nachdenken teilweise anders formulieren.
1. Welche große Errungenschaft der letzten Welle des Feminismus empfindest Du als wichtig? Welche als überzogen?
Die englische Wikipedia nennt unter "other issues" des "third wave feminism" ab den neunziger Jahren:
Third-wave feminism is often associated with the emergence of, so-called, "lipstick" or "girly" feminisms and the rise of "raunch culture". This is because these new feminisms advocated for “expressions of femininity and female sexuality as a challenge to objectification". Accordingly, this included the dismissal of any restriction, whether deemed patriarchal or feminist, to define or control how women or girls can dress, act, or generally express themselves. These emerging positions stood in stark contrast with the anti-pornography strains of feminism prevalent in the 1980s. These new feminisms posit that the ability to make autonomous choices about self-expression can be an empowering act of resistance, not simply internalized oppression. (...) The "girly" feminisms attempted to be open to all different selves while maintaining a dialogue about the meaning of identity and femininity in the contemporary world.
Mit diesem Ansatz, sich auch von der Autorität ihrer radikalfeministischen Vorgängergeneration zu befreien, bin ich vollkommen einverstanden. Die Haltung, gegenüber den verschiedensten Formen von Weiblichkeit offen zu sein (was ja über "lipstick" und "girly" hinausgeht), gefällt mir so gut, dass ich sie vom Grundsatz her für Männer in mein Buch "Männerbeben" (2007) übernommen habe. Leider hat sich diese Sicht im deutschen, von Alice Schwarzer geprägten Feminismus nie wirklich durchgesetzt, und etliche Formen des Frauseins werden von diesem Feminismus abgewatscht. Hausfrau und Mutter ist falsch. Kopftuchtragende Muslima ist falsch. Frau, die sich Schönheitsoperationen unterzieht, ist falsch. Sex-Arbeiterin ist falsch. Masochistin ist falsch. Männerrechtlerin ist falsch. Korrekt ist für das Schwarzer-Lager nur die Frau, die nach der Schwarzerschen Ideologie lebt.
Überzogen finde ich die sexistische und hysterische Lesart von Gewalt in der Partnerschaft, bis hin zur Umbenennung des Valentinstag zum V-Day oder Violence Day.
2. Welche feministische Forderung (z. B. einer politischen Partei) der letzten 10 Jahre hättest Du auch noch aus heutiger Sicht voll und ganz unterstützen können?
Da gibt es sicherlich etliche, viel mehr als mir spontan einfallen. Ich brauche mir ja nur die Debatten anzuschauen, über die ich gestern und heute wieder gestolpert bin: Das aktuelle "Missy Magazin" etwa enthält einen vernünftigen Beitrag zur Prostitutionsdebatte, der sich klar gegen Alice Schwarzers Ansatz stellt. Erzählmirnix hat heute mal wieder einen Comic veröffentlicht, der sich der feministischen Forderung nach einer rezeptfreien Pille danach anschließt. Die Homo-Ehe wird auch von Feministinnen gefordert. Das alles ist für mich komplett unproblematisch. Natürlich haben sämtliche Equity-Feministinnen, die sich gegen den Geschlechterkrieg und für eine Unterstützung von Männerrechtlern einsetzen, meine volle Unterstützung. Dasselbe gilt für Feministinnen, die begonnen haben, ihre eigene Ideologie kritisch zu hinterfragen, aber eben deshalb im Mainstream-Feminismus kaum eine Rolle spielen und praktisch unbekannt sind, also etwa Rosalind Coward, Professorin für Journalistik und ehemalige Direktorin der britischen Sektion von Greenpeace, mit ihrem 1999 erschienenen Buch
Sacred Cows oder Janet Halley, lesbische Feministin und Juraprofessorin an der Harvard Law School, mit ihrem 2007 veröffentlichten Buch
Split Decisions.
3. Welche aktuellen feministischen Forderungen findest Du richtig? Gibt es etwas das der Feminismus Deiner Meinung nach noch für Frauen fordern sollte/könnte und was natürlich für Dich gerechtfertigt ist?
Die zentrale feministische Forderung nach einer besseren Bekämpfung von häuslicher und sexueller Gewalt finde ich grundsätzlich ja sehr wichtig. Nur wird diese Bekämpfung (beeinflusst durch das Feindbild Mann) leider auf sexistische Weise und damit auf völlig falschen Grundlagen geführt, was erstens das Problem verschlimmert, statt es zu lösen, und zweitens verhindert, noch mehr Männer als aktive Unterstützer ins Boot zu holen. Dasselbe gilt analog zu anderen feministischen Forderungen, etwa der Bekämpfung von Stalking oder von Mobbing im Internet. In den ersten paar Tagen, als der #Aufschrei aufgekommen ist, hatte ich noch die Hoffnung, das könnte ausnahmsweise einmal eine richtig coole Aktion des deutschen Feminismus werden. Und was haben sie daraus gemacht? Voll versemmelt durch ausufernde Definitionen, irrwitzige Betroffenenzahlen und Statements, dass Sexismus gegen Männer "nicht zähle".
4. Mit welcher bekannten Feministin glaubst Du, könntest Du ein Bier trinken gehen und Dich mit ihr zivilisiert über Männerpolitik zu unterhalten? Mit welcher Feministin könntest Du das garantiert nicht? Ein Beispiel reicht, gerne aber auch mehr.
Geht die Frage danach, mit welcher Feministin ich bereit dazu wäre oder bei welcher Feministin ich mir Aussichten auf Erfolg verspreche? Bereit dazu wäre ich praktisch bei sämtlichen Netzfeministinnen – Robin, Maren und Onyx natürlich sowieso – und bei eigentlich allen Piratinnen, taz- und Zeit-Redakteurinnen und so weiter. Ich bin da relativ unempfindlich, und unterhalte mich gerne mit Leuten mit anderer Ansicht, solange ich sie nicht für hoffnungslos dumm oder menschenverachtend halte. Aussicht auf Erfolg sehe ich allerdings bei den wenigsten davon (auch wenn etwa Elisabeth Raether mit ihrem "Not-am-Mann"-Artikel durchaus positiv überraschte, also sollte man vielleicht nicht von vorneherein skeptisch sein). Keine Lust hätte ich auf ein Bier mit Leuten wie Ilse Lenz und Alice Schwarzer; das wäre außer verlorener Zeit auch noch ein furchtbarer Abend.
5. Gibt es feministische Gruppe die Du, evtl. auch nur in Teilen, unterstützen könntest?
Spontan fällt mir hier "Terre des femmes" ein. Der Kampf gegen Genitalverstümmelung ist sicherlich sinnvoll, und er wird von "Terre des femmes" auch nicht sexistisch geführt. So gibt es hier unter anderem eine Vernetzung mit MANNdat.
6. Was ist Deiner Meinung nach der größte Fehler des Feminismus gewesen?
Der sexistische Ansatz von damals bis heute mit dem ideologischen Unterbau, es gäbe ein die Frauen unterdrückendes Patriarchat.
7. Welche Änderungen im Feminismus würdest Du vornehmen, damit er für Dich "akzeptabler" erscheint?
Ich würde
... die Hate Speech gegen Männer in Zukunft unterlassen.
... deutlich machen, dass der Feminismus eine Weltanschauung unter vielen anderen ist und nicht etwas Heiliges, das man nicht kritisieren oder hinterfragen darf, ohne als böser und zurückgebliebener Mensch zu gelten. Hier würde ich zu einer wesentlich kritischeren Auseinandersetzung mit problematischen Strömungen der eigenen Ideologie anregen.
... bei Diskriminierung nicht länger doppelte Standards fahren, so dass Benachteiligungen okay sind, solange sie nur Männer treffen.
... den Wert der persönlichen Verantwortung für getroffene Entscheidungen auch bei Frauen betonen. Überspitzt formuliert: Wer nur Kunstgeschichte studiert hat, erhält eben nicht per Quote einen Führungsposten in der Wirtschaft.
... sämtliche totalitären Aspekte des Staatsfeminismus tilgen, also etwa die Zwangsquote, das Gender Mainstreaming als Politik, die sämtliche Lebensbereiche regiert, und die Vorverurteilungen mutmaßlicher Täter bei sexueller Gewalt.
Ich werfe das Blogstöckchen weiter an
Erzählmirnix, die schon seit einiger Zeit immer wieder verspricht, einmal darzulegen, welche Aspekte des Feminismus bei ihr durchaus auf Anklang stoßen.