Mittwoch, Januar 31, 2024

"Marco Buschmann treibt geschiedene Väter ins Bürgergeld"

1.
Marco Buschmann (FDP) hatte im August angekündigt, das Unterhaltsrecht reformieren zu wollen. Der Justizminister versprach ein moderneres Recht für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Doch nun hat Buschmanns Haus ein Eckpunktepapier vorgelegt, das auf wenig Gegenliebe bei Elternverbänden stößt: "Das Ministerium hält weiter an tradierten Familien- und Rollenbildern fest und konterkariert seinen Ansatz durch minimale Entlastungen für mitbetreuende Eltern durch massive Erhöhungen an anderen Stellen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von: Netzwerk für Trennungsfamilien, den Vereinen "Väteraufbruch für Kinder" und "Papa Mama Auch", dem Forum Soziale Inklusion und der Bundesinitiative Großeltern Väternetzwerk.

Die Verbände werfen Buschmann vor, nicht das gemacht zu haben, was nötig gewesen wäre – sondern nur das, was umsetzbar gewesen sein. Sprich: Ihre Unfähigkeit, sich von ihren Ideologien zu lösen, steht den Ampelparteien wieder mal auf dem Weg zu einer vernünftigen Lösung im Weg. "Ein Problembewusstsein für die Belange mitbetreuender Eltern ist nicht erkennbar", werfen die Verbände dem Minister vor.


Hier geht es weiter.



2. Eine Meldung aus Baden-Württemberg:

Die grün-schwarze Landesregierung hat im Streit um ein Genderverbot für Landesbehörden eine Lösung gefunden. Das Kabinett habe mit einem Beschluss klargestellt, dass die Landesverwaltung im förmlichen Schriftverkehr das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung und die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung einhalte, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart.

Diese Regeln hätten auch vorher schon gegolten, sie seien aber nochmals klargestellt worden. "Es gibt kein Genderverbot, sondern wir halten uns an die Rechtschreibung", sagte der Grünen-Politiker. Aus Sicht von Kretschmann ist der Streit mit der CDU um ein Genderverbot damit beendet. Man habe die Frage geklärt und schließe den Konflikt auch ab, sagte er.




3.
Stell dir vor, du willst gendern – und niemand macht mit. Zumindest an der Universität Merseburg. Dort ergab eine Umfrage unter Studenten, dass diese gar nicht mit Gendersternchen oder Doppelpunkten angesprochen werden wollen. Lediglich 3,8 Prozent wollen später in gegenderter Form angesprochen werden!


Hier geht es weiter mit dem Artikel "Nur 4 Prozent fühlen sich von Gendersternchen angesprochen: Uni wollte brisante Umfrage geheim halten".



4. Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Männer und Jungen – ein Datum, das weit weniger mediale Aufmerksamkeit erregt als der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen Während man letzteren kaum übersehen konnte, dürfte der heutige Tag selbst vielen Stammlesern dieses Blogs unbekannt sein. (Das verschiedentlich ein anderes Datum als heute genannt wird macht die Sache nicht einfacher.) Zum Hintergrund:

Während es einen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen gibt, wurde kein ähnlicher Tag den Männern gewidmet. Die Notwendigkeit eines solchen Tages wurde z. B. von David Benatar herausgestellt, der schrieb: "Was wir bestreiten sollten, ist, dass die Gewalt gegen Männer und Jungen weniger unserer Sorge wert ist als die Gewalt gegen Frauen und Mädchen."

Der Tag wurde 2020 von Dr. Jerome Teelucksingh ins Leben gerufen, der auch den Internationalen Männertag wiederbelebt und den Welttag des männlichen Kindes initiiert hat. In seinem Artikel für die Zeitschrift New Male Studies beschreibt er die Gewalt gegen Männer als den "Dinosaurier im Raum", denn der Dinosaurier ist noch größer und älter als der "Elefant im Raum". Er argumentiert, dass das Wohlbefinden von Männern verbessert werden kann, indem die ihnen angetane Gewalt anerkannt wird Ziel des Tages ist es, alle Formen von Gewalt gegen Männer und Jungen nicht nur zu reduzieren, sondern zu beseitigen.


Die Zeitschrift des britischen Zentrums für Männerpsychologie schreibt aktuell zu diesem Tag:

Dieser besondere Tag ist längst überfällig und wird in unserer Welt dringend benötigt. Das Trauma der Gewalt begleitet die Menschheit schon seit langem. Leider nehmen manche Menschen diese Gewalt gegen Männer und Jungen als normal hin.

Es ist erschreckend, dass es oft schwierig ist, zwischen Gewalt, Bestrafung und Disziplin zu unterscheiden. Viele Jungen werden zu Hause und in der Schule körperlich und seelisch misshandelt. Eltern und Lehrer wenden oft Gewalt an, um Disziplin zu schaffen. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben eindeutig gezeigt, dass die Anwendung von Gewalt in der Erziehung keinerlei Nutzen bringt, sondern dem Kind nur Schaden zufügt.

Viele Eltern und Betreuer sind sich ihrer Rolle und Verantwortung nicht bewusst, weshalb Richter und Sozialarbeiter am Familiengericht eingreifen, um das Kind oder die Kinder zu schützen. Ebenso wenden Wärter Gewalt als eine Form der Bestrafung für inhaftierte Personen an. Diese Gewalt schafft nur vorübergehend Gehorsam und Stabilität. Gewalt wird regelmäßig zur Ermächtigung, Einschüchterung, Kontrolle und Zerstörung eingesetzt.

Es ist schwierig, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Es scheint widersprüchlich, dass Gewalt oft eingesetzt wird, um Gewalt zu beenden. Der Junge, der geschlagen, gepeitscht oder gemobbt wird, um fleißig, diszipliniert oder gut erzogen zu sein, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einem gestörten Erwachsenen heranreifen, der ebenfalls Gewalt ausüben wird, weil er dies als normal und natürlich ansieht. In unserer gewalttätigen Welt ist es notwendig, Heilung zu vermitteln, Worte der Hoffnung zu geben und zu handeln, um den Männern in Not zu helfen. Noch schlimmer ist die Situation für Männer und Jungen in Konfliktgebieten wie Israel-Palästina und Ukraine-Russland.

In vielen Ländern gibt es keine Daten über männliche Opfer von häuslichem Missbrauch oder Gewalt. Darüber hinaus gibt es einen eklatanten Mangel an sicheren Unterkünften oder Zentren für männliche Opfer von sexuellem und körperlichem Missbrauch.

Am 31. Januar 2024, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Männer und Jungen, wollen wir den Opfern von Gewalt helfen und sie heilen. Geben wir denen Hoffnung, die sich auf dem Weg der Heilung befinden, und suchen wir nach Lösungen, um das Trauma zu überwinden und alle Formen von Gewalt gegen Männer zu beenden.


Eine der besten Wege, dies zu tun, besteht darin, mehr darüber zu lernen, welche Formen diese Gewalt gegen Männer und Jungen annimmt, um dann bei anderen Menschen ein stärkeres Bewusstsein dafür zu schaffen. Viele Leser von Genderama tun das seit Jahren.



Dienstag, Januar 30, 2024

Wagenknecht, Selenskyj und "Dauerbeschuss mit Gendersternen"

1. Mit geübtem Blick fürs Wesentliche berichtet die Berliner "tageszeitung" über die Gründung der Partei von Sahra Wagenknecht:

Es scheint dem Bündnis schwerzufallen, jenseits ihrer Spitze qualifizierte Frauen für Führungspositionen zu finden. Bis auf die beiden Vorsitzenden kandidieren fast nur Männer für wichtige Posten, und beim Parteitag führen überwiegend Männer das Wort. Auch der Altersdurchschnitt ist relativ hoch. Eine Parteijugend gibt es noch nicht, eine Frauenquote auch nicht. Deshalb erinnert der Parteitag ein wenig an einen Aufstand alter Männer (und Frauen).




2. Der Ukraine fehlen Soldaten, in Deutschland leben derweil viele ukrainische Männer im wehrfähigen Alter. In einem interview sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, er werde weder Druck auf diese Männer ausüben, noch auf Kanzler Olaf Scholz.



3.
Aufgrund des Gender-Wahnsinns hat ein loyaler Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks in Deutschland (THW) nach 36 Jahren seinen Job hingeschmissen. Als homosexueller Mann fühlte sich der Social-Media-Verantwortliche des THW vom "Dauerbeschuss mit Regenbogenflaggen und Gendersternen genervt".


Hier erfährt man mehr:

In seiner Verantwortung als Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit hat Domjahn unter anderem einen Instagram-Account mit über 15.000 Abonnenten aufgebaut. Dort wurde er von seinen Vorgesetzten zum Gendern gezwungen – was ihn auch, aufgrund einer Leseschwäche, permanent verärgerte. Bis ihn schließlich sein Arbeitgeber vor die Wahl stellte: entweder er gendert alle Beiträge oder er muss gehen. Der Mann entschied sich für den freiwilligen Ausstieg.




4. Der Professor für Soziologie Walter Hollstein stellt fest: "Der Großteil der Suizidtoten hierzulande ist männlich. Es scheint niemanden zu kümmern. Der öffentliche Blick ist heute frauenfokussiert"



5. Einem Mann aus der linken Szene Luzerns wird versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Eine Anzeige gibt es nicht. Eine linke Gruppierung stellt ihn dafür nun an den Pranger.

Verschwiegen wird allerdings, dass das mutmassliche Opfer nie eine Strafanzeige gegen den Mann eingereicht hatte. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass die linksradikale Szene den Rechtsstaat kategorisch ablehnt und darum Selbstjustiz übt. Dies bestätigt Adrian Oertli aus Zürich auf Anfrage von 20 Minuten. Er war selbst jahrelang in der gewaltbereiten linksextremen Szene aktiv, ehe er den Ausstieg schaffte.

Heute arbeitet Oertli als Fachpsychologe für Psychotherapie und er sagt: "Eine Person öffentlich an den Pranger zu stellen, ist eine vernichtende Reaktion und damit will diese Szene den Rechtsstaat ausschalten." Aber gerade der Rechtsstaat zeige mehr Respekt gegenüber den Individuen und verbaue ihnen nicht den Weg zurück in die Gesellschaft.

Auffällig ist laut Oertli in diesem Fall, wie wenig nachvollziehbar im anonymen Artikel beschrieben wird, wie sich dieser Vorfall abgespielt haben soll. Weiter verweist Oertli darauf, dass sich auf den vermeintlichen Portalen veröffentlichte Vorwürfe schon mehrfach als haltlos erwiesen haben.

Regina Aebi-Müller, ordentliche Professorin für Privatrecht an der Universität Luzern, sagt gegenüber Zentralplus: "Ein Rechtfertigungsgrund für eine derart gravierende Verletzung der Persönlichkeit liegt offensichtlich nicht vor. Selbst wenn der Vorwurf eines schweren Sexualdelikts zuträfe, würde dies einen medialen Pranger nicht rechtfertigen." Wie sie weiter sagte, ist Selbstjustiz in der Schweiz verboten.


(Offenlegung: Adrian Oertli ist einer meiner Leser.)



6. An der Germantown-Bibliothek des US-Bundesstaats Maryland (Ostküste) ist ein illegales Preissystem aufgeflogen, das weiße Männer diskriminierte. Daraufhin wurde es abgeschafft.



Montag, Januar 29, 2024

Politische Kluft zwischen jungen Frauen und jungen Männern noch nie so groß

1. Die Financial Times berchtet:

Eines der bekanntesten Muster bei der Messung der öffentlichen Meinung ist, dass jede Generation dazu neigt, sich in Bezug auf ihre Politik und allgemeine Ideologie als eine Einheit zu bewegen. Ihre Mitglieder machen die gleichen prägenden Erfahrungen, erreichen die großen Meilensteine des Lebens zur gleichen Zeit und mischen sich in den gleichen Räumen. Was also sollen wir mit Berichten anfangen, wonach die Generation Z in bestimmten Fragen hyperprogressiv, in anderen dagegen überraschend konservativ ist?

Alice Evans, Gastwissenschaftlerin an der Stanford University und eine der führenden Forscherinnen zu diesem Thema, sieht die Antwort darin, dass die heutigen unter Dreißigjährigen eine große geschlechtsspezifische Divergenz durchlaufen, wobei junge Frauen dem ersten Lager angehören und junge Männer dem zweiten. Die Generation Z ist zwei Generationen, nicht eine.

In Ländern auf allen Kontinenten hat sich eine ideologische Kluft zwischen jungen Männern und Frauen aufgetan. Dutzende Millionen Menschen, die in denselben Städten, an denselben Arbeitsplätzen, in denselben Klassenzimmern und sogar in denselben Häusern leben, sind nicht mehr einer Meinung.

In den USA zeigen Gallup-Daten, dass nach Jahrzehnten, in denen die Geschlechter in etwa gleichmäßig über liberale und konservative Weltanschauungen verteilt waren, Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren jetzt 30 Prozentpunkte linksliberaler sind als ihre männlichen Altersgenossen. Es dauerte nur sechs Jahre, bis sich diese Kluft auftat.

Auch in Deutschland klafft die Schere zwischen zunehmend konservativen jungen Männern und progressiven weiblichen Altersgenossen um 30 Prozentpunkte auseinander, im Vereinigten Königreich sind es 25 Prozentpunkte. In Polen unterstützte im letzten Jahr fast die Hälfte der Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren die rechte Konföderationspartei, verglichen mit nur einem Sechstel der jungen Frauen desselben Alters.

(…) Sieben Jahre nach der #MeToo-Explosion hat sich die geschlechtsspezifische Divergenz in den Einstellungen verfestigt. Umfragedaten zeigen, dass die ideologischen Unterschiede in vielen Ländern inzwischen über dieses Thema hinausgehen. Die klare Kluft zwischen progressiv und konservativ in der Frage der sexuellen Belästigung scheint eine umfassendere Neuausrichtung junger Männer und Frauen auf linke bzw. konservative Lager in anderen Fragen verursacht zu haben - oder ist zumindest Teil davon.

In den USA, im Vereinigten Königreich und in Deutschland vertreten junge Frauen in Fragen der Einwanderung und der "Rassengerechtigkeit" inzwischen weitaus linksliberalere Positionen als junge Männer, während sich die älteren Altersgruppen weiterhin die Waage halten. Der Trend in den meisten Ländern geht dahin, dass die Frauen nach links rücken, während die Männer unbewegt bleiben. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass junge Männer in Deutschland aktiv nach rechts rücken, wo die heute unter 30-Jährigen die Einwanderung stärker ablehnen als die Älteren und sich in den letzten Jahren der rechtsextremen AfD zugewandt haben.

Es wäre einfach zu sagen, dass dies alles eine Phase ist, die vorübergeht, aber die ideologischen Unterschiede werden immer größer, und die Daten zeigen, dass die prägenden politischen Erfahrungen der Menschen nur schwer abgeschüttelt werden können. All dies wird durch die Tatsache verschärft, dass die Verbreitung von Smartphones und sozialen Medien dazu führt, dass junge Männer und Frauen nun zunehmend in getrennten Räumen leben und getrennte Kulturen erleben.


Auch in den Yahoo News ist diese Geschlechterkluft ein Thema:

Die Kluft zwischen den Geschlechtern ist zwar ein beständiges Merkmal der amerikanischen Politik, aber zu keinem Zeitpunkt im letzten Vierteljahrhundert gab es eine so rasche Divergenz zwischen den Ansichten von jungen Männern und Frauen. Die verblüffende Geschwindigkeit des Wandels deutet darauf hin, dass etwas Bedeutsameres im Gange ist als nur neue demografische Muster, wie etwa steigende Bildungsquoten oder abnehmende Religionszugehörigkeit - der Wandel deutet auf eine Art katastrophales Ereignis hin. Nach Gesprächen mit mehr als 20 Mitgliedern der Generation Z haben meine Kollegen vom Survey Center on American Life und ich herausgefunden, dass unter den Frauen kein Ereignis einen größeren Einfluss auf ihre politische Entwicklung hatte als die #MeToo-Bewegung.

(…) Während sich die Frauen zusammentaten, hatten viele Männer der Generation Z das Gefühl, dass sich die Gesellschaft gegen sie wendet. Noch im Jahr 2019 gab laut [dem Meinungsforschungsinstitut] Pew weniger als ein Drittel der jungen Männer an, dass sie diskriminiert werden, aber heute glaubt fast die Hälfte der jungen Männer, dass sie zumindest etwas diskriminiert werden. In einer Umfrage der Forschungsorganisation PRRI aus dem Jahr 2020 stimmte die Hälfte der Männer der Aussage zu: "Heutzutage scheint die Gesellschaft Männer zu bestrafen, nur weil sie sich wie Männer verhalten".

Während sich die politischen Prioritäten der Frauen verfestigt haben, sind die Prioritäten der jungen Männer zu einem Brei geschmolzen. Umfragen zeigen immer wieder, dass junge Männer weitaus seltener als Frauen angeben, dass ein bestimmtes Thema für sie persönlich wichtig ist. Eine von uns im letzten Jahr durchgeführte Umfrage ergab, dass junge Frauen statistisch signifikant mehr Interesse an 11 von 15 verschiedenen Themen zeigten, darunter Drogensucht, Kriminalität, Klimawandel und Waffengewalt. Es gab kein einziges Thema, das jungen Männern signifikant mehr am Herzen lag als jungen Frauen.

Auch junge Männer sind unzufrieden. Für eine wachsende Zahl von ihnen hat der Feminismus weniger mit der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter zu tun als vielmehr schlicht mit Angriffen auf Männer. Eine Umfrage des Southern Poverty Law Center aus dem Jahr 2022 ergab, dass 46 % der zum Lager der Demokratischen Partei gehörenden Männer unter 50 Jahren der Meinung sind, dass der Feminismus mehr schadet als nützt - sogar mehr republikanische Männer stimmen dem zu. In unserer jüngsten Umfrage gab etwa jeder vierte männliche Gen Z-Mann an, dass er mehr geschlechtsspezifische Diskriminierung erlebt hat als ältere Männer. Und weniger als die Hälfte der Gen Z-Männer bezeichneten sich als Feministen, wobei nur die Hälfte angab, die #MeToo-Bewegung zu unterstützen, verglichen mit 72 % der Frauen.

Ein junger Mann, den wir befragten, sagte, dass er der #MeToo-Bewegung nicht viel Aufmerksamkeit schenkte: "Es schien mir nur ein Hype zu sein, der sich um Prominente drehte, und es passieren ständig schreckliche Dinge in der Welt. Wenn ich darüber nachdenken würde, würde mich das runterziehen, und deshalb habe ich mich entschieden, dem keine Beachtung zu schenken." Ein anderer sagte, #MeToo sei nur etwas, das er in einem "Frauenstudienkurs" im College aufgeschnappt habe, aber nichts, worüber er viel nachdenke.

Das mangelnde Interesse könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Männer der Generation Z ihre eigenen Probleme haben. Richard Reeves, der Gründer des American Institute for Boys and Men, hat die Herausforderungen, mit denen junge Männer in Amerika konfrontiert sind, akribisch dokumentiert: Sie haben mehr Probleme in der Schule, gehen seltener als Frauen aufs College und machen dort ihren Abschluss, haben weniger enge Freunde als frühere Generationen und begehen viermal häufiger Selbstmord als Frauen. Reeves vertritt die Auffassung, dass wir angesichts dieser Situation zwei scheinbar widersprüchliche Ideen gleichzeitig vertreten müssen: Männer auf den höchsten Stufen der wirtschaftlichen Leiter sind immer noch durch ein System begünstigt, das die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufrechterhält, während Männer auf den unteren Stufen der Gesellschaft vor besonderen Herausforderungen stehen, weil sie Männer sind.


Der Artikel problematisiert im folgenden Absatz, dass Populisten aus dem rechten Lager wie Donald Trump und Andrew Tate die Notlage der Männer für eigene Zwecke instrumentalisieren, aber er ignoriert, wie sehr es zu der Malaise beiträgt, dass linke Politiker und linke Medien die Befindlichkeiten der Männer stur ignorieren, als ob sie ihnen egal sein könnten.

Beide Geschlechter fühlen sich zunehmend unsicher - und das führt dazu, dass sie sich immer weiter voneinander entfernen. In einem Leitartikel der Washington Post wurde kürzlich beklagt, was diese wachsende politische Kluft für die Partnersuche und die Ehe bedeutet: Wenn sich Männer und Frauen der Generation Z in politischen Fragen nicht einigen können, wird es für sie immer schwieriger, einen Partner zu finden. Doch damit wird das Problem eher unterschätzt. Aus unseren Interviews geht hervor, dass junge Männer und Frauen zunehmend bereit sind, sich gegenseitig die Schuld für ihre Probleme zu geben. Und eine Gesellschaft, in der Männer und Frauen ihre Interessen als unwiderruflich entgegengesetzt betrachten, kann keinen Bestand haben.




2. "Die Zeit" sieht das Ende von Woke gekommen. Ein Auszug:

Der Begriff "woke" meint im Wortsinne erst einmal nur Wachheit, dass man also mit geschärfter Aufmerksamkeit auf gesellschaftspolitische Missstände achtet. Er wurde aber, seit er in den späten Zehnerjahren aus den USA nach Deutschland überschwappte, stets im Sinne eines bestimmten identitätspolitischen Programms gedeutet: Woke war man, wenn man in Gruppenidentitäten dachte und für eine stärkere Repräsentation marginalisierter Gruppen eintrat. Wenn also ein alter weißer Mann ein Argument vortrug, hieß es, hier wolle nur ein alter weißer Mann seine Privilegien verteidigen. Wenn hingegen eine Rapperin den Mund aufmachte (selbst wenn sie aussah wie ein Angel von Victoria’s Secret), galt es als feministisches Empowerment.


Kein Wunder, dass Männer davon die Schnauze gestrichen voll haben.

Das Trübsinnige an dieser bleiernen Zeit war, dass die bürgerliche Mitte den Katechismus schluckte, um sich Ärger zu ersparen. So fehlte es an produktiven Debatten. Wer widersprach, fand sich gleich auf der anderen Seite des Frontverlaufs im Kulturkrieg. Jetzt hingegen ist der Bann gebrochen. (…) Die moralische Drohkulisse hat ihr Einschüchterungspotenzial verloren.

(…) Wokeness war schon immer ein Eliteprojekt. Kein Latino aus der Hood hat sich je Latinx genannt, das machten nur Ibram X. Kendi und Alexandria Ocasio-Cortez. Im selben Zeitraum, in dem sich die woke Weltanschauung an den amerikanischen Universitäten flächendeckend durchsetzte, erreichten deren Studiengebühren neue Rekordhöhen. Wie in San Francisco gab es hier einen Zusammenhang zwischen Geld und progressiver Moral.




3. Im Magazin "Cicero" sieht die Dozentin für Pädagogik Miriam Stiehler die vermeintlich "mädchenfreundlichere" Gestaltung des Schulunterrichts kritisch. Ein Auszug:

Gleichzeitig – mit der dahinter stehenden Ideologie im Einklang – werden Mädchen in der schulischen Realität bevorzugt: Es ist gut belegt, dass Mädchen in fast allen Fächern bessere Schulnoten als Jungen bekommen, obwohl Jungen in anonymisierten Leistungstests gleich gut oder besser abschneiden. Jungen werden also bei der persönlichen Benotung oft benachteiligt. Dies gilt aber nicht als Problem, da es sich um "positive Diskriminierung" zugunsten von Mädchen handelt, während Mathematik bisweilen als "Mansplaining" abgetan wird. Jungen scheinen erstaunlich robust zu sein, da sie es schaffen, trotz jahrelanger Benachteiligung ihren objektiven Leistungsvorsprung zu erhalten.




4. Aus der New York Times erfahren wir, dass der US-Bundesstaat Florida das Fach Soziologie als Grundkurs an seinen Universitäten streicht, weil dieser Fachbereich von linken Aktivisten übernommen worden sei. Die Entscheidung des 17-köpfigen Gouverneursrats erfolgte nach heftigem Widerstand von Soziologieprofessoren des Universitätssystems, zu dem auch die University of Florida und die Florida State University gehören. Einige Professoren jedoch unterstützen die Entscheidung.

Jukka Savolainen, Soziologieprofessor an der Wayne State University in Detroit, erklärte in einem Beitrag für das Wall Street Journal im Dezember, dass das Fach in Schwierigkeiten sei und "unverschämt politisch" geworden sei. Er rief dazu auf, in der Lehre der Soziologie mehr konträre Standpunkte zu berücksichtigen. "Ich unterrichte seit 1996 Soziologie im Grundstudium", schrieb er. "Im Laufe der Jahrzehnte habe ich beobachtet, wie sich meine Disziplin von einer wissenschaftlichen Untersuchung der sozialen Wirklichkeit zu einer akademischen Lobbyarbeit für linke Anliegen entwickelt hat."




5. Ein weiterer Artikel der New York Times beschäftigt sich mit den Folterlagern in Israel, die für männliche Gefangene reserviert zu sein scheinen.

Kalt, fast nackt und umringt von israelischen Soldaten mit M16-Sturmgewehren kniete Ayman Lubbad zwischen Dutzenden von palästinensischen Männern und Jungen, die gerade aus ihren Häusern im nördlichen Gazastreifen vertrieben worden waren.

Es war Anfang Dezember, und Fotos und Videos, die zu dieser Zeit aufgenommen wurden, zeigten ihn und andere Gefangene auf der Straße, nur mit Unterwäsche bekleidet und in Reihen aufgereiht, umringt von israelischen Truppen. In einem Video brüllte ein Soldat sie über ein Megaphon an: "Wir besetzen den gesamten Gazastreifen. Ist es das, was ihr wollt? Wollt ihr die Hamas bei euch haben? Sagt mir nicht, dass ihr nicht zur Hamas gehört."

Die Gefangenen, einige barfuß und mit den Händen auf dem Kopf, riefen Einwände. "Ich bin ein Lohnarbeiter", rief ein Mann.

"Halt die Klappe", schrie der Soldat zurück.

Palästinensische Gefangene aus dem Gazastreifen wurden in den letzten drei Monaten entkleidet, geschlagen, verhört und in Isolationshaft gehalten, wie fast ein Dutzend der Gefangenen oder ihrer Angehörigen in einem Interview mit der New York Times berichteten. Organisationen, die palästinensische Gefangene und Häftlinge vertreten, haben sich in einem Bericht ähnlich geäußert und Israel sowohl der wahllosen Inhaftierung von Zivilisten als auch der erniedrigenden Behandlung von Gefangenen beschuldigt.

(…) Menschenrechtsaktivisten sagen, dass Israels Inhaftierung und erniedrigende Behandlung von Palästinensern in Gaza gegen das internationale Kriegsrecht verstoßen könnte. "Seit Beginn des israelischen Bombardements und der Bodeninvasion im Gazastreifen hat die israelische Armee Hunderte von Palästinensern in barbarischer und beispielloser Weise verhaftet und Bilder und Videos veröffentlicht, die die unmenschliche Behandlung der Gefangenen zeigen", heißt es in einem aktuellen Bericht mehrerer palästinensischer Rechtsgruppen, darunter die Palästinensische Gefangenenkommission und Addameer.

"Bislang hat Israel das Schicksal der Gefangenen aus dem Gazastreifen verschwiegen, ihre Zahl nicht bekannt gegeben und Anwälte und das Rote Kreuz daran gehindert, die Gefangenen zu besuchen", heißt es in dem Bericht weiter.

Ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Hisham Mhanna, sagte, seine Organisation erhalte täglich Berichte von Familien in Gaza über inhaftierte Familienmitglieder. Die Organisation arbeitet an etwa 4.000 Fällen von verschwundenen Palästinensern aus dem Gazastreifen, von denen fast die Hälfte vermutlich vom israelischen Militär festgehalten werde.

Die Gruppe hat sich um Informationen über die Bedingungen und den Verbleib der Gefangenen bemüht und auf Besuche gedrängt. Aber nur in einer Handvoll von Fällen hat sie auch nur einen Beweis erhalten, dass die Männer am Leben seien.

Brian Finucane, Analyst bei der Forschungsorganisation International Crisis Group und ehemaliger Rechtsberater des US-Außenministeriums, sagte, das Völkerrecht lege die Messlatte für die Inhaftierung von Nichtkombattanten sehr hoch und verlange, dass sie human behandelt würden.

Während des ersten Kriegsmonats warnte Israel diejenigen, die nicht aus den evakuierten Gebieten flohen, dass sie "als Partner einer terroristischen Organisation betrachtet werden könnten". Im vergangenen Monat erklärte der israelische Regierungssprecher Eylon Levy, dass die israelischen Streitkräfte in diesen Gebieten "Männer im militärischen Alter" festhielten.

(…) Francesca Albanese, die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, erklärte im Oktober, dass die Bezeichnung von Zivilisten, die nicht evakuiert werden, als Komplizen des Terrorismus nicht nur eine Drohung mit kollektiver Bestrafung sei, sondern auch eine ethnische Säuberung darstellen könnte.

In einem Video, das in einem Stadion in Gaza-Stadt aufgenommen wurde, sind Dutzende von Männern zu sehen, die nur Unterwäsche tragen und von israelischen Soldaten umringt über das Spielfeld marschieren. Einige der Männer waren grauhaarig und einige waren junge Burschen. Auch Frauen und Mädchen waren dabei, aber sie blieben bekleidet.


Ein paar Zusatz-Infos zum politischen Hintergrund dieser Entwicklung: Vergangene Woche hatte der Internationale Gerichtshof in Den Haag Israel vor dem Begehen eines Völkermords in Gaza gewarnt und aufgefordert, die Zivilbevölkerung besser zu schützen. Vertreter Israels warfen dem Internationalen Gerichtshof daraufhin Antisemitismus vor. Itamar Ben-Gvir, Minister für die Nationale Sicherheit des Landes, befand, dass Israel das Urteil des Internationalen Gerichtshofs ignorieren sollte: "Dieses Gericht bemüht sich nicht um Gerechtigkeit, sondern um die Verfolgung jüdischer Menschen."

(Ben-Gvir wurde 2007 von einem israelischen Gericht wegen rassistischer Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt; gestern feierte und tanzte er ausgelassen auf einer Konferenz, die die Vertreibung der Palästinenser forderte. An dieser Konferenz nahmen über ein Dutzend weitere Mitglieder der Regierung Netanyahu teil.)

Immer wieder protestieren in Tel Aviv Tausende gegen diese Regierung. Aber es bleibt eine klare Minderheit. In der israelischen Oppositionszeitung Haaretz erörtert der Moralpsychologe Dr. Yair Ben David, warum die Bevölkerung des Landes nicht stärker gegen die Greuel aufbegehrt, die von seiner Regierung und seinem Militär begangen werden:

Die bewusste Blindheit der israelischen Medien gegenüber den Geschehnissen im Gazastreifen und die mangelnde Berichterstattung über das kollaterale Leid, das der Krieg unschuldigen Zivilisten zufügt, vertiefen die Unwissenheit und machen es den Zuschauern leichter, sich in einen Mantel der Selbstgerechtigkeit zu hüllen und sich darin zu suhlen. Die Unkenntnis dessen, was auf der anderen Seite geschieht - ein Phänomen, das uns in der Vergangenheit stark und zuversichtlich gemacht hat - erlaubt es uns nun auch, uns weiterhin moralisch zu fühlen.


(Weiterführende Literatur, die solche Entwicklungen besser einzuordnen hilft: "Becoming Evil: How Ordinary People Commit Genocide and Mass Killing")



6. Die Post. Einer meiner Leser weist mich darauf hin, dass im nur für Spiegel-Abonnenten zugänglichen Bereich von Spiegel-Online eine Debatte zu folgendem Thema stattgefunden hat: "Würde die Wehrpflicht wieder eingesetzt werden, sollte sie dann auch für Frauen gelten?" Ausgang der Debatte: 12 Prozent waren dagegen, 88 Prozent dafür.



Freitag, Januar 26, 2024

Wie wir es Jungen leichter machen können, in der Schule erfolgreich zu sein

Das britische Zentrum für Männerpsychologie hat diese Woche einen Artikel veröffentlicht, der sich mit Lösungsmöglichkeiten der "Jungenkrise" beschäftigt.



Die schlechten Leistungen von Jungen im Bildungswesen sind allgemein bekannt und dokumentiert. Die leistungsschwachen Jungen fallen vor allem im Teenageralter auf und werden oft als "unreif" oder als Opfer "schädlicher Männlichkeitsstereotypen" bezeichnet.

Es wurden Lösungen angeboten, die eine verzögerte Ausbildung (um der langsameren Reife der Jungen Rechnung zu tragen) oder eine Art von Ausbildung oder Umerziehung beinhalten, um die Entwicklung dieser Stereotypen zu verhindern.

Dieser Artikel stützt sich auf die Analyse einer breiten Palette von Forschungsergebnissen, darunter Genetik, kindliche Entwicklung sowie erfolgreiche und erfolglose Interventionen, und berücksichtigt sowohl evolutionäre als auch soziale Einflüsse. Er zeigt, wie die Gesellschaft aus geringfügigen genetischen Durchschnittsunterschieden, die durch eine systematische unterschiedliche Behandlung durch Erwachsene verstärkt werden, eine Gruppe von "verlorenen Jungen" hervorbringt und dann ihnen (oder dem "Patriarchat") die Schuld für ihre Benachteiligung gibt.

- Als Baby -

Jungen werden mit durchschnittlichen Unterschieden geboren, die sie dazu anfällig machen, ihre sprachlichen Fähigkeiten langsamer zu entwickeln. Sie neigen dazu, Gegenstände den Menschen vorzuziehen.

Erwachsene gehen mit Jungen und Mädchen unterschiedlich um. Im Allgemeinen ermutigen sie Jungen, aktiv zu sein, und Mädchen, zu sprechen. Sie neigen dazu, Mädchen mehr vorzulesen und ihnen häufiger Kinderreime beizubringen, und gehen oft unterschiedlich mit einem Baby um, je nachdem, ob sie es für männlich oder weiblich halten.

- In der Vorschule -

Die Allparteien-Koalition für Erziehung hörte, dass Kinder mit geringeren Sprachkenntnissen dazu neigen, gemeinsam mit spracharmen Spielen zu spielen (Lego, Klettern, Fahrräder und so weiter). Sie bekommen weniger Übung im Sprechen als ihre gesprächigen Altersgenossen.

Kinder mit geringen Sprachkenntnissen sind weniger in der Lage, ihr Verhalten durch Sprache zu steuern. Sie sind weniger in der Lage, einem anderen Kind oder dem Lehrer zu sagen, was nicht in Ordnung ist, so dass sie ihr Verhalten durch Schreien, Schlagen, Greifen, Weglaufen, Verstecken und so weiter äußern. Erwachsene reagieren auf dieses Verhalten mit einer Ermahnung und sind bei Jungen strenger als bei Mädchen.

- Grundschule -

Wenn es keine wirksame Intervention gibt, kommen sprachschwache Kinder mit geringeren Sprachkenntnissen, einem geringeren Wortschatz und einer geringeren Selbstregulierung in die Grundschule. Das bedeutet, dass sie weniger von dem verstehen, was der Lehrer sagt, und sich deshalb mehr aufführen. Die Zurechtweisungen werden fortgesetzt, und so beginnen Jungen mit niedriger Sprachkompetenz, Bildung mit negativen Erfahrungen zu assoziieren.

Nationale Statistiken zeigen jedoch, dass der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen bei den Sprachkenntnissen in der Grundschule geringer wird. Das mag daran liegen, dass das sprachschwache Kind die meiste Zeit der Woche mit demselben Lehrer zu tun hat, der das Kind kennenlernen und ihm angemessene Aufgaben stellen kann. Das Kind macht Fortschritte, und der Abstand zwischen Mädchen und Jungen verringert sich im Alter von 7 bis 11 Jahren [deutlich]..

Wenn das Problem mit der Sprache, dem Wortschatz und der Sprachkompetenz nicht angegangen wird, wird das Kind mit den geringen Sprachkenntnissen zu einem Kind mit schlechten Leistungen.

- Weiterführende Schule -

In vielen Schulen werden detaillierte Informationen über die Fähigkeiten der Kinder nicht systematisch von der Grundschule auf die weiterführende Schule übertragen. Dadurch werden leistungsschwache Schüler unverhältnismäßig stark benachteiligt. Während einige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Behinderungen in der Sekundarschule individuell gefördert werden, ist dies bei den meisten sprachschwachen Kindern nicht der Fall. Sie werden dann von einem Dutzend verschiedener Lehrer unterrichtet, die jede Woche Hunderte von einzelnen Schülern unterrichten können.

Leistungsschwache Schüler sehen die Testergebnisse ihrer Freunde und beginnen bald zu verstehen, dass sie versagen. Sie finden sich in niedrigeren Gruppen wieder.

Die Mädchen kommen früher in die Pubertät als die Jungen, so dass die Klasse im Alter von etwa 14 Jahren (Klasse 9) aus reiferen Mädchen und weniger reifen Jungen besteht. Die Jungen holen erst im Alter von etwa 17 Jahren (Jahrgangsstufe 12) auf.

Sprachschwache Jungen werden nun als problematisch eingestuft, und es werden Systeme zu ihrer Behandlung eingerichtet. Es entwickelt sich eine Kultur der niedrigen Erwartungen und der weniger kontrollierten Disziplin.

Das Bildungssystem mag zwar nicht als solches "feminisiert" worden sein, aber es begünstigt diejenigen Schüler (mehr Mädchen als Jungen), die leicht und bereitwillig sitzen, zuhören, lesen, schreiben und diskutieren können. (…)

- Ergebnisse für leistungsschwache Jungen -

In der Vergangenheit hätten sie in Bergwerken, im Baugewerbe, in Fabriken und so weiter Arbeit gefunden, so dass dies weniger wichtig war als heute, wo diese Möglichkeiten rückläufig sind.

Diese Jungen bilden heute die Mehrheit der so genannten NEETs (Not in Education, Employment, or Training) und haben ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden, Drogen oder Alkohol zu missbrauchen, sich in kriminelle Handlungen zu verwickeln und Zeit im Gefängnis zu verbringen.

- Wie reagieren die Erwachsenen auf das Problem der leistungsschwachen Jungen? -

Aus den Daten geht eindeutig hervor, dass Erwachsene die Probleme, mit denen Jungen konfrontiert sind, noch verstärken. Da diese leistungsschwache Gruppe in so vielen Regionen und über Jahrzehnte hinweg anzutreffen ist, kommen die meisten Erwachsenen zu der Überzeugung, dass die Jungen eine Art "schädliches Männlichkeitsstereotyp" übernommen haben, und geben den Jungen selbst die Schuld (oder denjenigen, die ihnen das Stereotyp "beigebracht haben"). Sie schlagen Umerziehungsmaßnahmen vor.

Es sind nicht nur die Eltern und Lehrer: Die Gesellschaft ist mitschuldig an dieser Art des Umgangs mit leistungsschwachen Jungen.

Sie verstehen nicht, dass es nicht die Schuld der Jungen ist. Die Jungen zeigen eine natürliche Reaktion auf ein Umfeld, das die Erwachsenen für sie geschaffen haben.

Um diesen Prozess umzukehren, müssen sich die Erwachsenen ändern. Die Jungen werden sich dann als Reaktion auf dieses positive Umfeld verändern.

- Der Weg in die Zukunft -

Die erfolgreichen Schulen, die ich untersucht habe, haben dieser Darstellung in jeder Phase widersprochen. Im Mittelpunkt steht ein Kulturwandel, bei dem die Erwartungen angehoben und Unterstützung gewährt wird.

- Arbeitsentwurf einer Zusammenfassung -

Im Folgenden finden Sie eine kurze Zusammenfassung dessen, was vier erfolgreiche Schulen tun. Wir arbeiten weiterhin mit diesen vier Schulen und anderen erfolgreichen Schulen zusammen, um Materialien zu entwickeln, die anderen Schulen helfen, diese Ergebnisse zu erzielen.

- Kultur und Ethos -

- Stellen Sie an alle Schüler die gleichen hohen Erwartungen, unabhängig vom Geschlecht.

- Fördern Sie positive Erwartungen an alle Schüler und stellen Sie Stereotypen in Frage.

- Es gibt nicht "das eine große Ding". Verfolgen Sie einen ganzheitlichen Ansatz, um die Leistungen und das Engagement der Schüler zu fördern und zu überwachen.

- Vermeiden Sie den Einsatz kleiner Klassen zur Verhaltenssteuerung.

- Konzentrieren Sie sich auf Spitzenleistungen für Jungen und Mädchen.

- Zeigen Sie positive männliche und weibliche Vorbilder in allen Bereichen des Schullebens.

- Legen Sie das "Warum" hinter gewünschten Handlungen und Verhaltensweisen verständlich dar.

- Versuchen Sie, die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte zu reduzieren, damit mehr Zeit für qualitativ hochwertigen Unterricht und den Aufbau von Beziehungen bleibt.

- Beziehungen aufbauen -

- Schaffen Sie ein Schulumfeld, in dem sich alle Schüler sicher, respektiert und wertgeschätzt fühlen.

- Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter ihre Schüler gut kennen.

- Feiern Sie die Erfolge aller Schüler und machen Sie sie bekannt.

- Führen Sie Mentorenprogramme für Gleichaltrige ein.

- Bieten Sie den Schülern die Möglichkeit, sich zu äußern.

- Beziehungen zwischen Elternhaus und Schule -

- Fördern Sie ein positives und effektives Engagement der Eltern.

- Versorgen Sie die Eltern mit klaren Informationen darüber, was von ihnen erwartet wird und wie sie das Lernen ihres Kindes unterstützen können.

- Schaffen Sie ein einladendes und aufgeschlossenes Schulumfeld für Eltern.

- Stellen Sie sicher, dass die Kommunikation zwischen Eltern und Personal klar, zeitnah und ohne Jargon erfolgt.

- Alphabetisierung und Sprachkompetenz -

- Identifizieren und unterstützen Sie Schüler, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben.

- Bieten Sie kontinuierliche berufliche Weiterbildung für einen qualitativ hochwertigen Unterricht an.

- Stellen Sie sicher, dass die Entwicklung des Wortschatzes und der mündlichen Ausdrucksfähigkeit in allen Fächern systematisch erfolgt.

- Bieten Sie allen Schülern die Möglichkeit, in der Öffentlichkeit zu sprechen.

- Stellen Sie sicher, dass alle Schülerinnen und Schüler Zugang zu Büchern und anderem Lesematerial haben, das für ihre individuellen Interessen interessant und relevant ist.

- Entwickeln Sie eine Kultur des Lesens innerhalb und außerhalb des Unterrichts.

- Verhalten/Disziplin -

- Verwenden Sie ein klares und konsequentes System zur Verhaltenssteuerung.

- Sorgen Sie dafür, dass das gesamte Personal das System zur Verhaltenssteuerung konsequent anwendet.

- Unterstützen Sie das Personal beim Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen.

- Achten Sie darauf, dass die Eltern oder Betreuer kontaktiert und einbezogen werden, wenn ihr Kind in einen Vorfall von schlechtem Verhalten verwickelt ist.

- Bieten Sie Schülern mit emotionalen und verhaltensbedingten Schwierigkeiten Zugang zu Beratung oder psychologischer Unterstützung.

- Verwenden Sie zentralisierte Systeme für die Verwaltung von Nachsitzen und anderen Konsequenzen.

Wie Sie wahrscheinlich bemerkt haben, lautet die allgemeine Zusammenfassung "Beide Geschlechter fair behandeln". Hier gibt es nichts Seltsames, Schwieriges oder Teures. Die erfolgreichen Schulen (und es werden immer mehr) haben die Gleichstellung im Rahmen der vorhandenen Budgets erreicht.

- Gesellschaftlicher Wandel -

Interessanterweise fand ab den 1960er Jahren ein paralleler kultureller Wandel statt - allerdings bei den Mädchen. Mädchen wurden durch niedrige Erwartungen und Vorstellungen darüber, welche Fächer (und Sportarten) für Mädchen geeignet waren, zurückgehalten.

Als dies erkannt wurde, begann sich die Gesellschaft zu ändern und Mädchen zu unterstützen und zu fördern. Die seit Mitte der 1980er Jahre zu beobachtende Vergrößerung der Kluft zwischen Jungen und Mädchen ist ein Beweis für den Erfolg dieses Anspruchs- und Kulturwandels.

Wir müssen jedoch erkennen, dass wir uns nicht mehr in den 1960er Jahren befinden. Heute sind es die Jungen, die Unterstützung brauchen, und zwar dringend.




Donnerstag, Januar 25, 2024

Söder will Kriegsdienst allein für Männer

1. In der Talkshow "Markus Lanz" von heute Nacht forderte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder eine Rückkehr des Kriegsdienstes allein für Männer.

Eine Pflicht ausschließlich für Männer sei aufgrund der vorhandenen Strukturen "schneller umsetzbar". Eine Verpflichtung für Frauen lehnte Söder ab, weil er der Ansicht sei, "dass in der unterschiedlichen Lebensplanung da unterschiedliche Akzente sind. Das war ja immer die Begründung, warum man das nicht gemacht hat". Was genau er damit meinte, sagte Söder nicht.


Söder führte in der Sendung weiter aus:

Es müsse eine neue Form der Musterung geben, und die Wehrpflicht solle auf sieben Monate beschränkt werden, schlägt Söder vor. Dabei geht es dem CSU-Politiker nicht allein um die Frage der Verteidigungsfähigkeit. "Ich finde auch wichtig, dass wir eine andere Beziehung junger Menschen zum Staat haben."




2. Simon Bergmann, Rechtsanwalt des Rammstein-Sängers Till Lindemann, warf der Süddeutschen Zeitung unter anderem "Belastungseifer" und die Auslassung entlastender Umstände vor. Die Süddeutsche wollte ihm solche Aussagen verbieten, scheiterte damit aber vor dem LG Hamburg.



3. "Arbeitsstress gefährdet die Männerherzen" titelt die Neue Zürcher Zeitung:

Arbeiten ist für Männer offenbar gefährlicher als für Frauen. Sind Männer am Arbeitsplatz gestresst, so eine Studie aus Quebec mit 6465 Büroangestellten, haben sie ein höheres Risiko für eine koronare Herzkrankheit und Herzinfarkte. Und dies unabhängig davon, ob sie rauchen, zu hohen Blutdruck oder Fettstoffwechselstörungen haben oder zu wenig Sport treiben – alles bekannte Risikofaktoren. Stress bedeutete in der Studie: hohe Anforderungen mit wenig Entscheidungsspielraum und kaum Lob für die erbrachte Leistung.

(…) Die neue Studie stamme zwar aus Kanada, sei aber auf die Schweiz und auf Deutschland durchaus übertragbar, sagt Nora Dietrich, Psychotherapeutin in Berlin. "Alle drei Länder haben westlich geprägte Arbeitsphilosophien." Dietrich berät unter anderem grosse Unternehmen wie Mercedes Benz oder Ikea, wie sie die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter verbessern können, und coacht deren Mitarbeiter. "Der gesellschaftliche Druck, ‹seinen Mann zu stehen›, führt dazu, dass der Mann Frühwarnzeichen für Stress ignoriert", sagt sie.




4.
Ein nationaler Aktionsplan soll dabei helfen, bis 2030 die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland zu überwinden. Noch ist das Land weit davon entfernt. Die Zahl der Wohnungslosen wächst stetig. Was sind die Gründe dafür?


Damit beschäftigt sich der Deutschlandfunk.



5. Das Gendern ist das Latein der neuen Eliten befindet der Sprachphilosoph Philipp Hübl.

Die Forschung vertritt im Wesentlichen zwei Thesen. Die stärkere besagt, dass das generische Maskulinum wie in "Die Besucher waren begeistert" dazu führe, dass Männer im Beruf und Alltag bevorzugt werden, weil die Sprache Frauen diskriminiert oder unsichtbar macht. Doch die meistzitierten Versuche, die das belegen sollen, sind sprachphilosophisch naiv oder sogar grammatisch falsch. Sie verwenden zum Beispiel nicht-generische Formen wie "Ein Arzt kommt ins Zimmer", machen dann aber Aussagen über das generische Maskulinum.

Und sie sind wissenschaftstheoretisch fragwürdig, weil sie keine repräsentativen Zufallsstichproben verwenden. Man fragt nicht 1.000 Deutsche aus allen Milieus, sondern die eigenen Studenten. In einem Versuch wurden sogar nur Studentinnen, also Frauen des eigenen Faches, befragt und davon starke Thesen zum Einfluss der Sprache abgeleitet. Das ist natürlich unseriös. Man kann nicht von kleinen, selektiven, sehr gebildeten Gruppen verallgemeinern. Faktoren wie das Geschlecht, die Bildung, das Alter oder Persönlichkeitsmerkmale werden fast nie abgefragt, könnten aber eine Rolle spielen.

Die schwächere These lautet, dass selbst wenn das generische Maskulinum keinen unmittelbaren Einfluss auf unser Denken habe, wir trotzdem gendern sollten, aus "Respekt", "Solidarität" oder "Höflichkeit". Auch dahinter steckt eine kausale These, nämlich, dass die Welt besser wird oder es weniger Ungerechtigkeit gibt, wenn wir die Sprache ändern. Das ist aus meiner Sicht noch eine offene Frage. In einigen Studien haben Probanden nicht häufiger an Frauen gedacht, wenn sie zum Beispiel "Pilot*innen" statt "Piloten" gelesen haben. Und in vielen Studien sind diese Effekte sehr klein. Da muss man sich fragen: Lohnt es sich, mit hohem Aufwand die Sprache so stark zu verändern, dass ein paar Leute in ihren privaten Assoziationen zu Berufsbezeichnungen etwas egalitärer werden?

(…) Der generische Plural, der im Deutschen zufälligerweise maskulin ist, funktioniert und wird von allen verstanden. Wäre das nicht so, müssten wir bei Sätzen wie "Die Zuschauer klatschten" oder "Die Steuerzahler werden entlastet" ständig nachfragen: Saßen da auch Frauen im Publikum? Zahlen auch Frauen Steuern?

Wer trotzdem die Sprache ändern will, müsste das sehr gut begründen. Auf den ersten Blick sieht die empirische Evidenz der vielzitierten Experimente auch gut aus. Doch diese Experimente sind nun gerade nicht sprachwissenschaftlich fundiert oder repräsentativ. Gerade, wenn die Mehrheit der Deutschen das Gendern ablehnt, benötigt man besonders starke Evidenz, die für das Gendern spricht.

(…) Studien zeigen: Gendern befürworten Reiche mehr als Arme, Gebildete mehr als weniger Gebildete, Frauen mehr als Männer, Junge mehr als Alte und Städter mehr als Landmenschen. Alle fünf Faktoren machen es wahrscheinlicher, dass man progressiv ist, sich also politisch deutlich linksliberal verortet. Auf die unbewusste Abgrenzung durch Sprache hat schon Pierre Bourdieu hingewiesen. Gendern ist das Latein der neuen Eliten. Es ist schwer zu lernen, erfordert kulturelles Kapital, ändert sich ständig und signalisiert Zugehörigkeit zur "kulturellen Klasse", die demonstrativ progressiv ist.

(…) Es gibt inzwischen sehr viele Leitfäden, die einem erklären, wie man "richtig" gendert. Aber nirgends lese ich, dass die Datenlage vollkommen unklar ist und dass Gendern nicht die Effekte hat, die die Aktivisten sich wünschen. Bei vielen Wohlmeinenden löst es eher eine Abwehrreaktion aus.


In ganz ähnlicher Weise hatte der Sprachwissenschaftler Fabian Payr die Gendersprache als Soziolekt erkannt. Ich habe ja selbst Sprachwissenschaft studiert und Payr zugestimmt:

"Soziolekt" ist die passendste Bezeichnung für die Gendersprache überhaupt. Wer sie verwendet, präsentiert sich damit selbst als Mitglied einer akademisch geprägten Gruppe mit einem vermeintlich sehr viel höheren moralischen Bewusstsein als der dumme "Pöbel". Nur deshalb sind viele bereit, sich in dieser gekünstelten Form zu verständigen. Die Verwendung der Gendersprache wird als Symbol von Status und Prestige benutzt – und zur Ausgrenzung und Stigmatisierung all jener, die diesen hohen Status nicht innehaben. Diese Menschen werden als "defizitär" angeprangert. Warum etwa wird dieser Jargon wohl von kaum jemandem aus der Arbeiterschicht benutzt? Wenn die Öffentlich-Rechtlichen diesen Soziolekt verwenden, schauen sie damit auf einen Großteil ihres Publikums herab.


Susanne Hochreiter hingegen, Gleichbehandlungsbeauftragte an der Uni Wien, ist der Auffassung, mit der Debatte um die Gendersprache würden manipulativ "antifeministische Reflexe" bedient. Das tue auch Österreichs Bundeskanzler Nehammer, wenn er jetzt das Binnen-I aus der Verwaltung und den Universitäten verbannen wolle.

6. Eine Offizierin der US-amerikanischen Armee wurde ihres Kommandos entbunden, nachdem ihr mehrere sexuelle Übergriffe gegen mehrere männliche Untergebene und sexuelle Belästigung vorgeworfen worden waren.

Die ehemalige Kommandeurin wurde beschuldigt, mindestens zwei männliche Untergebene angegriffen und mehrere andere belästigt zu haben, wobei einige dieser Vorfälle laut einer Quelle mit direkter Kenntnis der Situation mit Alkoholmissbrauch in Verbindung stehen sollen. Bei einem dieser Vorfälle soll er einen der Männer gewaltsam geküsst und einen anderen ohne dessen Zustimmung unter die Gürtellinie gegriffen haben.


Die fragliche Soldatin wird in der Armee belassen, und es wird kein Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet.



7. Mehrere freigelassene Geiseln der Hamas berichten von sexueller Gewalt während ihrer Gefangenschaft. Dabei machten Männer die gleichen Erfahrungen wie Frauen: "Sie können nicht schwanger werden, aber sie machen es auch durch."



Mittwoch, Januar 24, 2024

Worüber jede andere Zeitung nicht berichten wollte: Berliner Zeitung interviewt mich zu sexueller Gewalt gegen Männer

Eure Sepndengelder bei der Arbeit, liebe Leser. :-)

Nachdem 160 andere Redaktionen auf meine Zusendung eines Presseexemplares nicht einmal geantwortet haben, veröffentlicht die Berliner Zeitung heute Morgen ein ganzseitiges Interview mit mir. Aufhänger ist mein aktuelles Buch Sexuelle Gewalt gegen Männer.

Das Interview wurde nicht sinnentstellend gekürzt. Was ich gesagt habe, wurde nicht durch irreführende Paraphrasierungen verzerrt wiedergegeben. Man hat das Interview auch nicht verschwinden lassen, nachdem es zeigte, dass das Klischee vom wütenden, frauenfeindlichen und beim Thema ahnungslosen Männerrechtler nicht haltbar ist. All das ist bei anderen Leitmedien so oft vorgekommen, dass ich mich fast schon daran gewöhnt habe.

Stattdessen wurde das Interview hochprofessionell geführt, und ich habe alles, was ich dabei gesagt habe, vor dem Abdruck noch einmal zur Abnahme erhalten, ob ich mich mit den unvermeidlichen Raffungen beim Verschriftlichen meiner Äußerungen richtig wiedergegeben fühle. Der Artikel ist sauber; selbst Genderama wird in der Online-Fassung vernünftig verlinkt.

Dieses Vorgehen sollte eigentlich journalistischer Standard sein. Warum sollte man einem Interviewpartner etwas unterschieben, was gar nicht seine Position ist. Wie viele von euch wissen, ist das journalistische Niveau, das die Berliner Zeitung hier zeigt, vielen anderen Medien aber deutlich überlegen – und Lichtjahre entfernt etwa dem Anti-Journalismus der Frankfurter Allgemeinen.

Mit diesem Interview in einer Zeitung der Hauptstadtpresse erfahren etliche Leser erstmals, was ich tatsächlich sage und was wirklich meine Positionen sind: etwas, das jeder anderen deutschen Zeitung offenbar zu brisant war, um sich damit zu beschäftigen.

Das Gespräch mit mir erscheint auch im neuen Newsletter der Berliner Zeitung in der Kategorie "Bürgerrechte".

Ich habe die Berliner Zeitung schon lange vor dem Interview mit mir mehr geschätzt als praktisch alle anderen deutschen Blätter. Aus meiner Sicht ist sie der Konkurrenz aus mehreren Gründen voraus, was zeitgemäßen Journalismus angeht:

1.) Unter der Maxime "Vielfalt ist uns wichtig" bietet sie Lesern an, eigene Texte als Open Source anzubieten: "Alle Einreichungen werden in unserer Redaktion gelesen und gründlich geprüft." Das ist ein erfreulicher Kontrast zu Blättern wie der Süddeutschen, die sogar die Leserkommentare unter Artikeln abgeschafft haben. Dass ich von ca. 160 Redaktionen auf mein Presseexemplar von "Sexuelle Gewalt gegen Männer" nicht einmal eine Antwort erhalten habe, habe ich ja schon verschiedentlich erwähnt. Während viele Medien alles tun, damit die Kluft zwischen Journalisten und Lesern wächst, gibt sich die Berliner Zeitung Mühe, sie zu schließen. An die Stelle von "Frontalunterricht" und "Kanzelpredigten" tritt ein echter Austausch mit der Leserschaft.

2.) Wie kein anderes deutsches Leitmedium, das ich kenne, achtet die Berliner Zeitung darauf, dass auch Positionen jenseits des Mainstreams der journalistischen Blase vorkommen. Bestes Beispiel ist für mich die Redaktion der allermeisten Medien auf die von Schauspielern getragene satirische Kampagne #allesdichtmachen, die die ausufernden Lockdowns der Coronazeit hinterfragten. Die meisten anderen Medien sahen ihren Job darin, die Regierung zu verteidigen und die Kritiker niederzuplärren. Beim Berliner "Tagesspiege" etwa führte hier derselbe Sebastian Leber mit Beschimpfungen wie "so schäbig, dass es weh tut" das Wort, der in einem ähnlich unterirdischen Artikel auch gegen Männerrechtler gepoltert und sich über mich ausgelassen hatte, ohne mich selbst zu den Anschuldigungen auch nur zu fragen. (Später musste sich der "Tagesspiegel" für seine komplett verunglückte, naja, "Berichterstattung" über die Schauspieler-Aktion vor den Lesern rechtfertigen und öffentlich für handwerkliche Fehler um Verzeihung bitten) Die Berliner Zeitung hingegen führte schon früh sowohl mit dem Schauspieler Jan Josef Liefers als auch dem Regisseur Dietrich Brüggemann, die beide im Zentrum der Aktion standen, ausführliche Interviews Das ist ein Unterschied wie zwischen Nacht und Tag.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Man kann die Offenheit der Berliner Zeitung für abweichende Positionen auch schätzen, wenn man nicht mit den geäußerten Meinungen übereinstimmt und zum Beispiel die Aktion #allesdichtmachen für peinlich oder gefährlich gehalten hat. So werden in der Berliner Zeitung auch Positionen vertreten, die ich persönlich daneben finde, aber dann interessieren mich doch besonders die Argumente und die Weltsicht der Menschen, die diese Meinungen haben! Um Zustimmung oder Ablehnung geht es hier nicht. Es geht darum, dass Abweichler von der herrschenden Linie sich überhaupt äußern dürfen.

Diese Offenheit bedeutet nicht, dass die Berliner Zeitung jedem Seppel einfach ein Sprachrohr in die Hand drückt. Bei dem Interview mit mir gab es auch mehrere kritische Fragen, wie es sich für professionellen Journalismus gehört. Solange solche Fragen nicht offenkundig unfair und polemisch sind, nutzen sie dem Interviewten, wenn er weiß, wovon er spricht, und sich überlegt hat, warum er bestimmte Positionen vertritt. Nur wenn eine Auffassung wenig durchdacht ist, fliegt das durch solche Fragen natürlich auf.

An diesem Herangehen können sich viele andere Journalisten unseres Landes eine dicke Scheibe abschneiden. Und es wird besonders deutlich: Wieso muss man als Zeitungsleser hierfür eine eigene Lobrede schreiben. Warum ist das alles sonst nicht so?

(Mit dem Problem, dass sich die Leitmedien schlicht weigern, über bestimmte Themen und Anliegen zu berichten – etwa die der Männerbewegung – beschäftigt sich das Buch Agenda Cutting von Professor Hektor Haarkötter.)

Jetzt gehe ich mit diesem Interview in die nächste Phase meiner Medienarbeit. Noch einmal herzlichen Dank an alle von euch, die mich durch Spenden und anderweitig unterstützt haben!

Alle, die Genderama gerade erst durch den Beitrag in der Berliner Zeitung entdeckt haben, finden meine beiden neuesten Blogbeiträge zum Thema "Sexuelle Gewalt gegen Männer" hier:

Neue Studie: 71% der untersuchten Männer haben sexuelle Gewalt durch Frauen erlebt.

Film mit Natalie Portman zeigt sexuellen Missbrauch durch Frauen.

Mein Autorenblog "Hinter meinem Schreibtisch" findet man hier und meine Website hier.



Dienstag, Januar 23, 2024

Warum sterben Männer noch immer früher als Frauen?

1. Die Neue Zürcher Zeitung beschäftigt sich damit, warum Männer auch heute noch mehr als fünf Jahre früher sterben. Ein Auszug aus dem Artikel:

"Das risikoreichere Verhalten soll oft erklären, weshalb Männer früher sterben", sagt der mittlerweile pensionierte Medizinhistoriker Martin Dinges, der beim Institut für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart angestellt war. Nur leben nicht alle Männer gleich risikoreich. Sondern insbesondere jüngere Männer nach der Pubertät und vor der Paarbildung. Gesellschaftlich sei dies durchaus erwünscht, sagt Dinges.

Die Knaben und jungen Männer lernen dadurch, sich von den Eltern zu lösen. Sie erproben die eigene Leistungsfähigkeit, tragen Konkurrenzsituationen aus und finden zu Kooperationsformen mit anderen Männern. "Durch das grössere Risikoverhalten üben junge Männer traditionelle Muster von Männlichkeit ein. Diese sollen sie seit Jahrhunderten fit machen für zwei gesellschaftliche Aufgaben: für die körperlich schwersten, gefährlichsten und gesundheitsschädigendsten Berufe. Und für den Einsatz im Militär." Der risikoreiche Mann ist für Dinges denn auch ein Mann, der seine gesellschaftliche Verantwortung ernst nimmt, und nicht von vornherein ein Blödian.

(…) "Nur jeder zweite Mann sucht regelmässig den Arzt oder die Ärztin auf. Jeder dritte sogar gar nicht. Und nur jeder zehnte geht zur Krebsvorsorge", sagt [die auf Männer spezialisierte Ärztin Manuela] Birrer. «Männer sehen auch bei gesundheitlichen Anzeichen noch lange keinen Grund, einen Arzt zu konsultieren." Viele kämen erst, wenn sich ein Problem akut bemerkbar mache.

(…) Den Mann deshalb als "Ignoranten" oder gar als "Versorgungsmuffel" zu bezeichnen, der sich nicht um sich kümmert, greift aber zu kurz. Der männliche Habitus gründet in einem geschlechtsspezifisch erlernten Verhaltensmuster und hat durchaus etwas Erwünschtes und Vernünftiges. Sich selbst zu helfen zu wissen, anderen nicht zur Last zu fallen, in einem Moment der Schwäche unaufgeregt zu bleiben, sind Qualitäten, die von einer Partnerin oder einem Arbeitgeber gewünscht werden.

(…) Bis heute sind Gesundheitskampagnen für Frauen sichtbarer als solche für Männer. Kampagnen gegen Brustkrebs etwa sind vielen ein Begriff, solche für Prostatakrebs nicht. Und dies, obschon der Prostatakrebs in der Schweiz mit 1400 Todesfällen bei 7400 Erkrankten ebenso lebensbedrohlich ist wie Brustkrebs bei den Frauen mit 1400 Todesfällen und 6500 Erkrankten.

(…) Mannsein ist für [den Medizinhistoriker Martin] Dinges also keine Krankheit, wie das "Der Spiegel" vor 20 Jahren in einer Titelgeschichte zuspitzte. "Vielmehr wurden Männer in den letzten 150 Jahren weniger langlebig und gesundheitsbewusst gemacht als Frauen."




2. Immer mehr junge Männer sind wegen psychischer Erkrankungen untauglich, berichtet Österreichs Standard: "Im Jahr 2013 waren psychische Diagnosen noch zu 38 Prozent der Grund für die Untauglichkeit, 2022 machten sie mit rund 57 Prozent schon deutlich mehr als die Hälfte aus."

Kinder seien [während der Pandemie] gesellschaftlich und medial im Fokus gewesen, der Aufschrei bezüglich der Corona-bedingten Schulschließungen war groß. "Aber ältere Jugendliche und junge Erwachsene hat man wenig mitbedacht. Man ging davon aus, die schaffen das schon irgendwie", sagt [Barbara Haid, Präsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie]. Dabei ist der Übergang von der Pubertät ins Erwachsenenalter eine besonders kritische Phase für die mentale Gesundheit – vor allem für junge Männer. Die Veränderung der Rollenbilder und gesellschaftliche Erwartungen an junge Männer führen laut Haid zu Überforderung und verursachen Druck.

Mit der Veränderung des weiblichen Rollenbildes befassen wir uns gesellschaftlich schon länger, sagt Haid, veränderte Männlichkeitsbilder seien hingegen ein eher neues Phänomen. Junge Männer sollten heute nicht mehr nur stark sein, jetzt müssten sie zusätzlich auch noch Soft Skills erfüllen, sollten einfühlsam sein und im privaten Bereich mehr Aufgaben übernehmen. Das sei grundsätzlich gut und wichtig, findet Haid, "aber bei zu vielen gesellschaftlichen Erwartungen bricht das biopsychosoziale Gesamtsystem zusammen, es wird alles zu viel".




3. Eine neue Studie zeigt, dass die seelische Gesundheit von Männern stark daran gekoppelt ist, wie sozial eingebunden sie sind.

Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass die Größe der sozialen Netzwerke von Männern, insbesondere ihrer engen und erweiterten Freundeskreise, mit ihrer psychischen Gesundheit zusammenhängt. Die Ergebnisse stammen aus Untersuchungen, die über einen Zeitraum von vier Jahren durchgeführt wurden. Dabei stellte sich heraus, dass Männer mit weniger Freunden in diesen Netzwerken sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft mit höherer Wahrscheinlichkeit depressive Symptome aufweisen. Frühere Forschungen lassen seit langem einen Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und psychischer Gesundheit vermuten, aber es fehlten bislang spezifische, langfristige Daten über erwachsene Männer.

(…) Forscher der Deakin University in Australien untersuchten den Zusammenhang zwischen Investitionen in soziale Netzwerke und psychischer Gesundheit speziell bei Männern. Diese Bevölkerungsgruppe hat in der Vergangenheit über weniger emotional unterstützende Beziehungen berichtet als Frauen, was Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit weckt. Insbesondere im etablierten Erwachsenenalter, einer Lebensphase, die durch bedeutende Übergänge wie Berufswahl und Elternschaft gekennzeichnet ist, könnte das Verständnis dieser sozialen Dynamik der Schlüssel zur Entwicklung von Strategien für die öffentliche Gesundheit sein, die auf die Verbesserung der psychischen Gesundheit von Männern abzielen.

(…) Die Teilnahme an Aktivitäten wie gemeinsamen Mahlzeiten und körperlichen Aktivitäten mit Freunden wurde mit einer besseren psychischen Gesundheit in Verbindung gebracht. "Die Größe des erweiterten Freundschaftsnetzwerks von Männern und das gemeinsame Essen mit Freunden waren negativ mit gleichzeitigen Ängsten und Stress verbunden", heißt es in der Studie. Dies unterstreicht die Vorteile sozialer Interaktionen, wobei selbst einfache Aktivitäten wie gemeinsame Mahlzeiten erhebliche Vorteile für die psychische Gesundheit bieten können.

(…) "Unsere Ergebnisse zeigen, dass bestimmte Facetten der Investition in soziale Netzwerke eine wichtigere Rolle für die psychische Gesundheit von Männern spielen als andere, wobei ein Mangel an engen und erweiterten Freundschaftsnetzwerken einen besonders nachteiligen Einfluss auf die depressiven Symptome von Männern ein Jahr später zu haben scheint", so die Schlussfolgerung der Forscher.


Vor anderthalb Jahren hatte ich ja über eigene depressive Beschwerden infolge der Corona-Lockdowns berichtet, die für mich als Freiberufler zu einer besonders starken sozialen Isolierung geführt haben. Nicht zuletzt aufgrund meiner jetzt wieder häufigen Treffen mit Freunden sind zumindest die depressiven Beschwerden verschwunden, und ich habe längst begonnen, Medikamente dagegen auszuschleichen. An anderen Symptomen arbeite ich noch, aber wie ihr festgestellt haben dürftet, haben sie keinen Einfluss mehr auf meine wissenschaftsjournalistische Arbeit einschließlich diesem Blog. Auch eure Unterstützung hat dazu beigetragen.



4. Im populärwissnschaftlichen Medizin Psychology Today sagt die Sexualtherapeutin Marianne Brandon Künstlicher Intelligenz (KI) als Ersatz einer menschlichen Partnerin eine große Zukunft voraus. (Belegquellen zu diversen Behauptungen finden sich im verlinkten Originaltext.)

Die jüngste Veröffentlichung großer Sprachmodelle hat eine ganz neue Welt von KI-Freundinnen eröffnet, die wie ein Mensch kommunizieren. Irgendwann werden wir vielleicht auch von KI-Freunden ("KI-boyfriends") hören, obwohl fortschrittliche KI bisher eher Männer als Frauen anspricht. Es gab eine Zeit, da habe ich diese Art von Geschichten nicht ernst genommen. Science-Fiction mag zwar gute Unterhaltung sein, aber ich glaubte nicht, dass die Menschen jemals einen nachgebildeten Liebhaber wollen würden. Denn wenn man weiß, dass er simuliert ist, wie kann er dann die Mühe wert sein?

Jetzt denke ich darüber ganz anders.

Hier sind 5 Gründe, warum ich davon ausgehe, dass KI-Freundinnen die Menschen begeistern werden:

1. KI-Sex muss nicht besser sein als echter Sex, um beliebt zu sein. Er muss einfach nur auf irgendeine Weise verlockend sein - im Grunde genommen muss er ein unbefriedigtes Bedürfnis befriedigen. Die Tatsache, dass die meisten von uns ein saftiges Steak einem Hamburger von McDonald's vorziehen, hat McDonald's nicht aus dem Geschäft gebracht. Ernährung ist wie Sex in vielen verschiedenen Varianten genießbar.

2. In den letzten Jahrzehnten hatten die Menschen immer weniger Sex. Von den Männern im Alter von 18 bis 24 Jahren hatte beispielsweise einer von drei im vergangenen Jahr keinen Sex. Wenn diese Männer schon keinen Sex haben, wie kann dann eine KI-Freundin etwas anderes tun, als ihr Leben besser zu machen? Es scheint mir, dass gerade diese Bevölkerungsgruppe KI-Freundinnen am attraktivsten finden könnte.

3. Romantische Beziehungen sind anstrengend und herausfordernd. Eine Beziehung gesund zu erhalten, erfordert Energie und Zeit, die für viele Menschen heute knapp bemessen sind. Die American Psychological Association's "Stress in America Survey" aus dem Jahr 2022 zeigt zum Beispiel, dass 27% der Amerikaner das Gefühl haben, dass sie an den meisten Tagen so gestresst sind, dass sie nicht funktionieren können Diese Gruppe verfügt nicht über ausreichend Energie, um sich um eine Romanze zu kümmern, wenn sie Schwierigkeiten hat, den Alltag zu bewältigen.

4. Die Rate der sexuellen Probleme und Störungen ist nach wie vor hoch. Tatsächlich berichten bis zu 40 % der Erwachsenen in den USA über sexuelle Bedenken oder Funktionsstörungen. Sexuelle Probleme sind oft mit Schüchternheit, Angst oder Scham verbunden. Infolgedessen vermeiden Menschen mit sexuellen Funktionsstörungen eher den Sex mit einem menschlichen Partner und entscheiden sich stattdessen für Sextechnologie wie Pornos. Mit den Fortschritten in der Sextechnologie werden diese zunehmend realistischen Alternativen zum menschlichen Sex noch attraktiver.

5. Wenn Sie das lästige Problem der Hacker ignorieren, die Daten über Ihre sexuellen Vorlieben sammeln, werden Sie Sex mit Technik vielleicht als weniger riskant ansehen als Sex mit einem Menschen. Ihre Technik wird Sie nicht verlassen, sich respektlos verhalten oder Sie für Ihre sexuellen Fantasien beschämen. Stattdessen wird sie sich freuen, selbst Ihre ungewöhnlichsten sexuellen Vorlieben zu befriedigen. Außerdem wird es Ihnen wahrscheinlich nicht peinlich sein, danach zu fragen.

Wir leben in einem einzigartigen Moment in der Geschichte der Menschheit. KI-Freundinnen mögen die nächste neue Sextechnologie sein, aber sie werden sicher nicht die letzte sein. Ich vermute, dass wir früher, als wir denken, über holografische Liebhaber sprechen werden.

In unserer neuen Welt der Künstlichen Intelligenz wird es zweifellos Gewinner und Verlierer geben - Menschen, die das Gefühl haben, dass ihr Sexleben von diesen Fortschritten profitiert, und solche, die meinen, dass ihr Liebesleben darunter leidet. Ich würde vermuten, dass zumindest heute diejenigen, die ihrer Beziehung mehr Bedeutung beimessen, Gefahr laufen, mehr zu leiden. Die Technologiebranche versucht jedoch ganz offensichtlich, über die Sextechnologie eine emotionale Beziehung herzustellen. Wie sich das alles in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird, kann man nur vermuten. Fürs Erste sollten wir, da wir immer noch in der Rolle sind, für andere Menschen zu sorgen, einander lieben, so gut wir können.




Montag, Januar 22, 2024

Schweiz: Sozialdemokraten wollen männliche Dominanz bei Verkehrsschildern beenden

1. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet:

In Genf hat die Stadtpräsidentin Sandrine Salerno im Jahr 2020 insgesamt 250 Verkehrsschilder "diversifiziert": Der Mann auf dem Fussgängerstreifen wurde durch eine Schwangere, eine Frau mit Afro-Look oder durch ein lesbisches Paar ersetzt – oder sind es nur zwei Freundinnen, die Händchen halten?

Jedenfalls: Die Frauen stehen nun auf der Hälfte aller Verkehrsschilder im Vordergrund.

(…) Vielfältigkeit steht auch ennet des Röstigrabens, in der rot-grünen Stadt Zürich, hoch im Kurs. Im letzten Sommer entschied das Stadtparlament, die Stadtplanung solle "geschlechtergerechter" werden. Doch anders als in Genf sieht sich die Linke Tag für Tag mit männlichen Symbolen auf Verkehrsschildern konfrontiert. Das soll sich nun ändern: Die SP fordert den Stadtrat in einem Vorstoss auf, zu prüfen, wie die Verkehrssignalisation «geschlechtergerecht und diversitätsbewusst» gestaltet werden kann – ähnlich wie in Genf.

"Wir leben in einer Gesellschaft, die sehr von Männern geprägt und auf sie ausgerichtet ist", sagt Rahel Habegger (SP), die den Vorstoss zusammen mit Leah Heuri und Marco Denoth eingereicht hat. (…) Habegger erhofft sich, dass diversere Verkehrsschilder zu einer gendergerechten Stadtentwicklung führten, wie dies andernorts bereits vor Jahren zu beobachten sei. Konkrete Vorschläge, wie die Piktogramme aussehen sollen, habe sie im Vorstoss bewusst keine machen wollen. Das, sagt Habegger, sei Sache der Verwaltung. Sie wünscht sich aber einen kreativen Ansatz – und einen, der möglichst keine Stereotype bedient.

(…) Bei den Bürgerlichen kommt die Idee der SP allerdings schlecht an. FDP-Stadtparlamentarierin Yasmine Bourgeois muss lachen, als sie vom Vorstoss erfährt. "Die SP fordert bei jeder Gelegenheit, man solle sich nicht bei Stereotypen bedienen. Aber genau das passiert mit solchen Verkehrsschildern», sagt sie. «Wie will man denn eine Frau darstellen: mit einem Rock?" Wenn schon, sollten auf den Schildern neutrale Strichfiguren zu sehen sein, findet sie. Die Piktogramme auszutauschen, hält sie aber grundsätzlich für unnötig. "Das kostet nur und verfehlt den Zweck."

Ganz ausgemerzt hat Genf das männliche Geschlecht auf den diversifizierten Verkehrsschildern übrigens nicht. Auf einem der angepassten Piktogramme ist auch ein Mann zu sehen. Er geht am Stock.

Vielleicht ist es aber auch einfach eine Frau mit kurzem Haar.


Auch die Schweizer Zeitung "20 Minuten" berichtet:

Die ständig wiederkehrende Darstellung des "Mannes mit Hut" zementiere Geschlechterstereotype und suggeriere indirekt, dass der öffentliche Raum vor allem den Männern gehöre, schreiben die Gemeinderäte Rahel Habegger, Leah Heuri und Marco Denoth in ihrem Postulat.

Für FDP-Gemeinderat Përparim Avdili verzettele sich die SP mit dem Vorstoss völlig. "In der Verkehrssignalisation geht es darum, unmissverständliche und deutliche Anweisungen zu geben, um Verkehrsunfälle zu vermeiden." Die Forderung nach einer geschlechtergerechten Verkehrssignalisation mit verschiedenen Mustern sorge hingegen für ein Chaos und für Unsicherheit und bringe zudem unnötige Kosten mit sich. Zudem handle es sich bei der Figur auf den Verkehrsschildern um einen Menschen – der könne männlich oder auch weiblich gelesen werden. "Dass die SP jetzt deswegen eine Genderdebatte lancieren möchte, ist doch einfach absurd."

Auch SVP-Gemeinderat und Fraktionspräsident Samuel Balsiger übt Kritik: "Wir haben nun wirklich andere Probleme als das." Die Aufgabe der Politik sei es, sich um diese zu kümmern – und nicht Klientelpolitik für eine winzig kleine Gruppe von urbanen Feministen zu betreiben. "Die Menschen laufen nicht an einem Verkehrsschild vorbei und fühlen sich diskriminiert, das kann ich Ihnen garantieren", sagt Balsiger. "Das ist eine politische Blase, die mit der Realität nichts zu tun hat."




2. Die Neue Zürcher Zeitung hat einen Urologen zum Thema "Männlichkeit" interviewt: "Das Ziel der Sexualität ist, dass die Frau befriedigt wird. So weiss der Mann: Er hat alles richtig gemacht."



3. 44 % der spanischen Männer fühlen sich diskriminiert.

44 % der Männer sind der Meinung, dass "wir bei der Förderung der Gleichstellung der Frauen so weit gegangen sind", dass sie jetzt "diskriminiert" werden, eine Position, die auch von einem Drittel (32,5 %) der vom Zentrum für soziologische Forschung (CIS) befragten Frauen vertreten wird. Bei den Jugendlichen ist diese Überzeugung etwas höher: Fast 52 Prozent der 16- bis 24-Jährigen stimmen dieser Aussage zu.




4. Vergangene Woche verlinkte Genderama Berichte über die angebliche Folter palästinensischer Männer im Verlauf des aktuellen Gaza-Kriegs. Aus der Süddeutschen Zeitung erfährt man, wie es weiterging:

Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros behandelt Israel seine Gefangenen schlecht. Ein Vertreter des Büros, Ajith Sunghay, berichtete aus dem Gazastreifen, dass manche Männer nach mehr als acht Wochen Inhaftierung einzig mit Windeln bekleidet freigelassen worden seien. Sie hätten von Schlägen, Erniedrigungen und Misshandlungen erzählt, die womöglich Folter seien. Wie viele Menschen Israel festgehalten hat oder noch immer festhält, wisse er nicht, sagte Sunghay Reportern in Genf per Video. Das UN-Menschenrechtsbüro gehe aber von Tausenden Palästinensern aus.

Ein Freigelassener habe ihm berichtet, er habe nur einmal in 55 Tagen duschen dürfen, sagte Sunghay. Alle hätten erzählt, dass ihnen die Augen verbunden wurden, teils tagelang. Sie seien nach Israel gebracht worden und hätten keinen Kontakt zu ihren Familien oder Anwälten gehabt, erzählten die Männer nach Angaben Sunghays.

Israels habe die Pflicht, die Männer mit Respekt zu behandeln, sagte so der UN-Vertreter. Sie müssten entweder angeklagt oder freigelassen werden. "Alle Fälle von Misshandlung oder Folter von Festgenommenen oder Inhaftierten müssen vollständig und transparent untersucht werden", sagte Sunghay. "Die Opfer und ihre Familien haben das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung."

Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, sie halte sich bei Gefangennahmen an internationales Recht. Oft sei es nötig, dass Terrorverdächtige ihre Kleidungsstücke aushändigen müssen, um auszuschließen, dass sich darin Sprengstoff oder andere Waffen verbergen. Die Kleidungsstücke würden den Festgenommenen zurückgegeben, sobald dies möglich sei.


Der britische Guardian berichtet ausführlich (ohne näher zu analysieren, was es bedeuutet, dass die Betroffenen durchgehend männlich sind):

Sie wurden am 7. Dezember getrennt, als eine israelische Militärdurchsage über einen Lautsprecher alle Bewohner der Gegend aufforderte, ihre Häuser zu verlassen. Frauen und ältere Menschen wurden in das nahe gelegene Kamal Adwan Krankenhaus gebracht. Die Männer wurden aufgefordert, sich auf der Straße bis auf die Unterwäsche auszuziehen.

Fotos von Dutzenden fast nackter Männer, die an einem Dezembermorgen in der Kälte und im Schlamm einer zerstörten Straße knieten, lösten weltweit Empörung aus. Die USA bezeichneten die Fotos als "zutiefst beunruhigend", und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte, die Gefangenen müssten mit Menschlichkeit und Würde behandelt werden.

Lubbad, der für das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte arbeitet, erkannte sich auf einigen der Fotos wieder. Andere zivile Gefangene, die von Freunden, Familienangehörigen und Arbeitgebern identifiziert wurden, waren ein junger Teenager, ein Mann in den 70ern und ein bekannter Journalist.

Während die Männer warteten, eröffneten einige Soldaten das Feuer und verletzten einen jungen Mann an der Hand, während andere ihre Gefangenen demütigten und Häuser zerstörten, sagte Lubbad.

"Die israelischen Soldaten fotografierten uns in unangemessener Weise und zwangen einige der festgehaltenen Jungen zum Tanzen. Sie zündeten die Häuser der Familien Muqayd, Mahdi, Kahlot und Sorour vor unseren Augen an, während wir auf der Straße saßen", sagte er in einer Erklärung über seine Gefangenschaft.

Zwei Stunden später wurde Lubbad nördlich des Gazastreifens zum Strand in der Nähe des Kibbuz Zikim gebracht und dann "in Handschellen und mit verbundenen Augen" in ein Armeelager gebracht, das israelische Soldaten den Gefangenen in Ofakim, einer weiter im Landesinneren gelegenen Stadt, genannt hatten.

Dort wurden die Bewohner des Gazastreifens in mit Stacheldraht umgebenen Unterkünften zusammengepfercht, wobei 500 bis 700 Männer von zwei erhöhten Wachposten für israelische Soldaten übersehen wurden. Die Männer mussten von 5 Uhr morgens bis Mitternacht mit verbundenen Augen knien.

"Jeder Versuch, die Position zu ändern oder die Augenbinde abzunehmen, führte zu Bestrafungen, einschließlich des Stehens mit erhobenen Händen über dem Kopf für etwa drei Stunden und Schlägen", sagte Lubbad.

Es gab Verhöre mit einem Ermittler, der sich über seine Arbeit lustig machte und sagte: "Ich werde dich im Gefängnis gut über deine Rechte belehren."

Fünf Tage, nachdem er aus seiner Wohnung verwiesen worden war, wurde er erneut verlegt. Er sagte, dass er bei der Verlegung in die Rippen geschlagen wurde und so starke Schmerzen hatte, dass er zwei Nächte lang nicht schlafen konnte.

Andere Gefangene sagten ihm, die neue Einrichtung befinde sich im Viertel Jabal Mukaber in Jerusalem. An seinem ersten Tag dort wurde er um die Mittagszeit zu einem 10-stündigen Verhör abgeholt. Zu Beginn des Verhörs teilte der Mann Lubbad mit, dass er psychisch krank sei und keine Medikamente nehme.

Er verlangte Informationen über die Hamas und den Islamischen Dschihad, und als Lubbad sagte, er sei ein ziviler Aktivist, der nichts über die bewaffneten Gruppen wisse, wurde der Mann immer wütender und sagte, man werde die Bewohner des Gazastreifens wie Hunde behandeln.

"Der Ermittler bedrohte mich, beschimpfte mich mit obszönen Worten und schlug mir ins Gesicht. Er legte mir eine Augenbinde an und ging Tee trinken oder zu Mittag essen", sagte Lubbad.

"Als er zurückkam, stellte er mir dieselben Fragen über die Hamas, und ich antwortete, dass ich keine Einzelheiten wüsste und meine sozialen Beziehungen sehr begrenzt seien."

Gegen Ende des Gesprächs wurden ihm die Augen verbunden und er wurde in der eisigen Nacht nach draußen gebracht, wo er hören konnte, wie andere verprügelt wurden. Dann wurde er selbst angegriffen, sagte er. "Nachdem ich die extreme Kälte nicht mehr ertragen konnte, kamen einige Soldaten zu mir, schlugen mich und sagten: 'Für jeden Hund kommt irgendwann sein Tag'", was er als Todesdrohung verstand.

Auf die Behauptungen Lubbads angesprochen, sagte ein IDF-Sprecher, dass "alle Behauptungen über unangemessenes Verhalten in der [Haft-]Einrichtung gründlich untersucht werden" und dass das israelische Recht und die militärischen Vorschriften "die beschriebenen Strafmaßnahmen nicht erlauben".

(…) Die Heftigkeit des Krieges in Gaza ließ Lubbad wenig Zeit, um sich darüber zu freuen, dass er die Haft überlebt hatte. Sie wurde bald von einer neuen Tragödie überschattet. Eine Stunde, nachdem er den Gazastreifen wieder betreten hatte, wurde sein Bruder bei einem israelischen Luftangriff getötet.


Inzwischen wird der israelischen Armee auch eine Massenhinrichtung von 15 palästinensischen Zivilisten vorgeworfen, nachdem diese Männer von ihren Frauen getrennt worden seien.



5. Mit dem israelischen Kriegsdienstverweigerer Tal Mitnick hat der britische Journalist Owen Jones ein fast halbstündiges Interview geführt.



Freitag, Januar 19, 2024

Neue Studie: 71% der untersuchten Männer haben sexuelle Gewalt durch Frauen erlebt

Heute wird es ein bisschen wissenschaftlicher, und wir müssen den eingängigen Kannste-auch-bei-der Arbeit-lesen-Stil dieses Blogs kurz verlassen. Allerdings ist das einzige ungewöhnliche Fremdwort, das hier immer wieder auftaucht, "Viktimisierung", und das bedeutet schlicht, dass jemand zum Opfer wird.

Das seit Jahrzehnten anerkannte Fachmagazin "Archives of Sexual Behavior" hat im Oktober 2023 eine Studie veröffentlicht, in deren Zusammenfassung es heißt:

Die sexuelle Viktimisierung von Männern durch Frauen wird in der psychologischen Forschung häufig vernachlässigt (Fisher & Pina, 2013). Das Thema ist nicht nur unzureichend erforscht, auch die Inzidenzraten und die damit verbundenen psychologischen Auswirkungen sind in der Literatur uneinheitlich (Depraetere et al., 2020; Peterson et al., 2011). Die vorliegende Studie liefert eine zusätzliche Schätzung der sexuellen Viktimisierung von Männern durch Frauen, untersucht den Zusammenhang mit psychischen Störungen der Opfer und prüft die potenziell moderierende Rolle der Konformität mit Geschlechternormen. Eine Stichprobe von 1124 heterosexuellen britischen Männern füllte eine Online-Umfrage aus, die aus einer modifizierten Befragung zu Partnerschats- und sexueller Gewalt sowie Messungen von Angst, Depression, posttraumatischer Belastungsstörung und Konformität mit männlichen Normen bestand. In der vorliegenden Stichprobe erlebten 71 % der Männer mindestens einmal in ihrem Leben eine Form von sexueller Viktimisierung durch eine Frau. Sexuelle Viktimisierung war signifikant mit Angst, Depression und posttraumatischer Belastungsstörung verbunden. Die Konformität mit männlichen Geschlechtsnormen war jedoch kein signifikanter Moderator zwischen Viktimisierung und psychischen Störungen. Diese Ergebnisse geben Aufschluss über das Auftreten von sexueller Viktimisierung durch Frauen und zeigen, wie wichtig es ist, die Forschung zu diesem Thema fortzusetzen.


71% der Männer als Opfer weiblicher Sexualgewalt erschien mir im Vergleich mit den mir bisher bekannten Studien als ein Ausreißer nach oben. Auf einer Website der US-amerikanischen Regierung etwa ist von "jeder sechste Mann" die Rede, andere Studien, auf die ich mich in meinem Buch zum Thema beziehe, sprechen davon, dass 25 beziehungsweise 50 Prozent aller Männer mindestens einmal Opfer sexueller Gewalt durch eine Frau geworden sind. Bislang habe ich 25 Prozent für eine einigermaßen realistische Größe gehalten.

Auch in der aktuellen Studie wird auf die große Bandbreite der früheren Studienergebnisse hingewiesen:

Die Inzidenzraten männlicher sexueller Viktimisierung reichen von weniger als einem Prozent bis zu 73 %, wobei die höchste gemeldete Schätzung speziell bei weiblichen Tätern bei 70 % liegt (Depraetere et al., 2020; Peterson et al., 2011). Diese Diskrepanz bei den Inzidenzraten ist wahrscheinlich auf unterschiedliche Forschungsmethoden zurückzuführen (Depraetere et al., 2020; Peterson et al., 2011). Die Ergebnisse von Inzidenzstudien können sich je nach dem verwendeten Untersuchungskriterium unterscheiden, z. B. dem Alter, in dem die Viktimisierung stattfand (z. B. Kindheit, Erwachsenenalter, Lebenszeit), dem Geschlecht des Täters, der Formulierung der Fragen und der operationalisierten Definition von sexueller Viktimisierung. Insbesondere Studien, die höhere Schätzungen der Viktimisierung angeben, verwenden in der Regel verhaltensspezifische Fragen, die wenig Spielraum für die Interpretation durch die Teilnehmer lassen (Koss, 1993b). Diese Studien verwenden auch breitere Definitionen von sexueller Viktimisierung, die weniger schwere Formen (z. B. Belästigung, unerwünschtes Küssen, Befummeln), männerspezifische Formen der Viktimisierung (z. B. Penetration) und verschiedene Zwangstaktiken jenseits von körperlicher Gewalt (z. B. verbaler Druck, Drogen; Depraetere et al., 2020; Peterson et al., 2011) umfassen. Kurz gesagt, die aktuelle Literatur über männliche Viktimisierung ist unklar, und methodische Unterschiede könnten teilweise für diese Vielfalt an Ergebnissen verantwortlich sein.


Bei der hier vorgestellten Studie wird deutlich, dass die Untersuchungsgruppe nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung steht:

Insgesamt nahmen 1190 Erwachsene aus dem Vereinigten Königreich an der Online-Studie teil, die gegen eine Gebühr von 1 £ über Prolific Academic durchgeführt wurde. Der Zweck des Fragebogens wurde als Studie über "sexuelle Erfahrungen von Männern und psychische Gesundheit" beworben. In der Beschreibung wurde davor gewarnt, dass Fragen zu nicht einvernehmlichen sexuellen Erfahrungen gestellt würden. Die Daten wurden Ende Mai 2022 von 512 Teilnehmern und Anfang Juni 2022 von 678 Teilnehmern erhoben. Die Teilnehmer wurden durch die internen Filter von Prolific vorab auf heterosexuelle britische Männer überprüft. Alter, Geschlecht und Sexualität waren die einzigen demografischen Informationen, die erhoben wurden. Weitere demografische Daten wurden nicht erhoben, da eine größere Anonymität die Bereitschaft der Teilnehmer und die Genauigkeit ihrer Angaben erhöhen könnte (Rosenbaum & Langhinrichsen-Rohling, 2006).


Allerdings weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass es sich bei ihren Erkenntnissen nicht um unrrealistische Ausreißer nach oben handelt, sondern dass schon frühere Forschung in diese Richtung zeigte:

Die Ergebnisse der aktuellen Studie unterscheiden sich jedoch nicht von anderen Schätzungen in der vorhandenen Literatur. So berichten beispielsweise Studien über amerikanische College-Studenten von einem Anteil männlicher sexueller Viktimisierung von bis zu 73 % (Waldner-Haugrud & Magruder, 1995), wobei der Anteil speziell weiblicher Täterschaft bei bis zu 70 % liegt (Fiebert & Tucci, 1998). Neuere Studien in deutschen und türkischen Stichproben berichteten über männliche sexuelle Viktimisierung in Höhe von 65 % (Depraetere et al., 2020). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten darauf hin, dass das hohe Maß an männlicher sexueller Viktimisierung in Großbritannien den in anderen Ländern gemeldeten Werten entsprechen könnte. Es liegt auf der Hand, dass die sexuelle Viktimisierung von Männern durch Frauen ein weit verbreitetes Problem ist, das weitere Aufmerksamkeit erfordert.


Umso verblüffender ist es, wie sehr unsere Gesellschaft sexuelle Gewalt noch immer als "Gewalt von Männern gegen Frauen" phantasiert. Die Erkenntnisse der Forschung gelangen nicht in die deutschen Leitmedien, und Männerrechtler, die darauf hinweisen, werden angefeindet oder totgeschwiegen. Konservative wenden sich ab, weil diese Studien ihre starren Geschlechterklischees erschüttern – Linke wenden sich ab, weil diese Erkenntnisse ihr Mantra von der "Frau als Opfer" hinterfragen.

Erwähnenswert sind auch die weiteren Studienergebnisse:

Was die Häufigkeit betrifft, so wurden 57 % der Stichprobe mehr als einmal und 45 % der Stichprobe mehr als zweimal sexuell viktimisiert. Die Analyse der Antworten auf die einzelnen Fragen ergab, dass 39,80 % eine versuchte oder vollzogene erzwungene vaginale/anale Penetration erlebten (siehe Tabelle 2). Darüber hinaus gab die Stichprobe an, dass die sexuelle Viktimisierung in 4,77 % der Fälle durch Gewalt oder Androhung körperlicher Gewalt erfolgte, in 33,00 % der Fälle durch Druck und in 29,40 % der Fälle durch Ausnutzung der Trunkenheit oder der Unfähigkeit zur Einwilligung. Kurz gesagt, wir fanden beträchtliche Hinweise auf Viktimisierung. In der aktuellen Studie wurden 57 % der Stichprobe mehr als einmal viktimisiert und 45 % der Stichprobe erlebten mehr als zweimal eine sexuelle Viktimisierung. Dies steht im Einklang mit früherer Literatur, die belegt, dass Opfer ein höheres Risiko für eine erneute sexuelle Viktimisierung haben (Classen et al., 2005; Messman-Moore & Long, 2003).


Diese Erkenntnis deckt sich mit dem, was mir meine Interviewpartner für mein Buch "Sexuelle Gewalt gegen Männer" berichtet haben. Die meisten von mir befragten Opfer haben mehrfach sexuelle Gewalt erlitten.

Zu den häufigsten Formen sexueller Viktimisierung in der Stichprobe gehörten Belästigung in der Öffentlichkeit (25 %), unerwünschtes Küssen (32 %), unerwünschte Berührungen (45 %), erzwungene manuelle Stimulation bei fehlender Zustimmung (25 %), versuchter Vaginalsex (36 %) und versuchter Oral- oder Analsex (25 %). Unabhängig von der angewandten Taktik erlebten 40 % der Stichprobe unerwünschte vaginale oder anale Penetrationsversuche oder -durchführungen. Darüber hinaus gaben die Teilnehmer an, dass die Ausnutzung der fehlenden Einwilligungsfähigkeit (29 %) und psychische Nötigung (33 %) häufiger angewandt wurden als die Anwendung körperlicher Gewalt oder die Androhung körperlicher Schäden (5 %). Diese Ergebnisse stimmen mit früheren Untersuchungen zur sexuellen Viktimisierung von Männern durch Frauen überein. In einer Zusammenfassung von Depraetere et al. (2020) wurde berichtet, dass eine beträchtliche Anzahl von Studien signifikante Inzidenzraten von unerwünschtem Küssen, Berühren, Oralsex, Analsex und Penetration bei männlichen Opfern ergab. Darüber hinaus weisen Studien darauf hin, dass weibliche Täter im Vergleich zu männlichen Tätern seltener körperliche Gewalt anwenden; stattdessen wird von weiblichen Tätern häufig berichtet, dass sie den entmündigten Zustand des Opfers ausnutzen oder psychologischen Zwang ausüben (z. B. wiederholte Aufforderungen, sexuelle Erregung auslösen) (Depraetere et al., 2020). Diese Studien zeigen, wie wichtig es ist, informierte und geschlechtsspezifische Erhebungsmaterialien zu verwenden. Studien, die geringere Formen sexueller Viktimisierung wie sexuelle Belästigung, Küssen oder Befummeln ausschließen, lassen möglicherweise relevante Vorfälle sexueller Viktimisierung in der männlichen Bevölkerung außer Acht. Und wenn nur körperliche Gewalt berücksichtigt wird, bleibt der Großteil der sexuellen Viktimisierung von Männern durch Frauen möglicherweise unerforscht.


Die Studie nennt einige weitere Gründe, warum männliche Opfer weiblicher Sexualgewalt bisher unzureichend erfasst wurden: Männer definieren sich auch vor sich selbst nur höchst ungern als Opfer einer Vergewaltigung, und sie haben Angst vor Scham und Demütigung, wenn sie Dritten davon berichten. Wenig überraschend erleiden auch männliche Opfer sexueller Gewalt oft schwere Folgen wie Angstattacken und Depressionen.

Eigentlich müsste es über all diese Forschungsergebnisse eine breite gesellschaftliche Debatte geben. Eigentlich. Bislang gelingt es denjenigen, die eine solche Debatte nicht führen möchten, sehr gut, sie zu unterbinden.



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