Montag, Januar 22, 2024

Schweiz: Sozialdemokraten wollen männliche Dominanz bei Verkehrsschildern beenden

1. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet:

In Genf hat die Stadtpräsidentin Sandrine Salerno im Jahr 2020 insgesamt 250 Verkehrsschilder "diversifiziert": Der Mann auf dem Fussgängerstreifen wurde durch eine Schwangere, eine Frau mit Afro-Look oder durch ein lesbisches Paar ersetzt – oder sind es nur zwei Freundinnen, die Händchen halten?

Jedenfalls: Die Frauen stehen nun auf der Hälfte aller Verkehrsschilder im Vordergrund.

(…) Vielfältigkeit steht auch ennet des Röstigrabens, in der rot-grünen Stadt Zürich, hoch im Kurs. Im letzten Sommer entschied das Stadtparlament, die Stadtplanung solle "geschlechtergerechter" werden. Doch anders als in Genf sieht sich die Linke Tag für Tag mit männlichen Symbolen auf Verkehrsschildern konfrontiert. Das soll sich nun ändern: Die SP fordert den Stadtrat in einem Vorstoss auf, zu prüfen, wie die Verkehrssignalisation «geschlechtergerecht und diversitätsbewusst» gestaltet werden kann – ähnlich wie in Genf.

"Wir leben in einer Gesellschaft, die sehr von Männern geprägt und auf sie ausgerichtet ist", sagt Rahel Habegger (SP), die den Vorstoss zusammen mit Leah Heuri und Marco Denoth eingereicht hat. (…) Habegger erhofft sich, dass diversere Verkehrsschilder zu einer gendergerechten Stadtentwicklung führten, wie dies andernorts bereits vor Jahren zu beobachten sei. Konkrete Vorschläge, wie die Piktogramme aussehen sollen, habe sie im Vorstoss bewusst keine machen wollen. Das, sagt Habegger, sei Sache der Verwaltung. Sie wünscht sich aber einen kreativen Ansatz – und einen, der möglichst keine Stereotype bedient.

(…) Bei den Bürgerlichen kommt die Idee der SP allerdings schlecht an. FDP-Stadtparlamentarierin Yasmine Bourgeois muss lachen, als sie vom Vorstoss erfährt. "Die SP fordert bei jeder Gelegenheit, man solle sich nicht bei Stereotypen bedienen. Aber genau das passiert mit solchen Verkehrsschildern», sagt sie. «Wie will man denn eine Frau darstellen: mit einem Rock?" Wenn schon, sollten auf den Schildern neutrale Strichfiguren zu sehen sein, findet sie. Die Piktogramme auszutauschen, hält sie aber grundsätzlich für unnötig. "Das kostet nur und verfehlt den Zweck."

Ganz ausgemerzt hat Genf das männliche Geschlecht auf den diversifizierten Verkehrsschildern übrigens nicht. Auf einem der angepassten Piktogramme ist auch ein Mann zu sehen. Er geht am Stock.

Vielleicht ist es aber auch einfach eine Frau mit kurzem Haar.


Auch die Schweizer Zeitung "20 Minuten" berichtet:

Die ständig wiederkehrende Darstellung des "Mannes mit Hut" zementiere Geschlechterstereotype und suggeriere indirekt, dass der öffentliche Raum vor allem den Männern gehöre, schreiben die Gemeinderäte Rahel Habegger, Leah Heuri und Marco Denoth in ihrem Postulat.

Für FDP-Gemeinderat Përparim Avdili verzettele sich die SP mit dem Vorstoss völlig. "In der Verkehrssignalisation geht es darum, unmissverständliche und deutliche Anweisungen zu geben, um Verkehrsunfälle zu vermeiden." Die Forderung nach einer geschlechtergerechten Verkehrssignalisation mit verschiedenen Mustern sorge hingegen für ein Chaos und für Unsicherheit und bringe zudem unnötige Kosten mit sich. Zudem handle es sich bei der Figur auf den Verkehrsschildern um einen Menschen – der könne männlich oder auch weiblich gelesen werden. "Dass die SP jetzt deswegen eine Genderdebatte lancieren möchte, ist doch einfach absurd."

Auch SVP-Gemeinderat und Fraktionspräsident Samuel Balsiger übt Kritik: "Wir haben nun wirklich andere Probleme als das." Die Aufgabe der Politik sei es, sich um diese zu kümmern – und nicht Klientelpolitik für eine winzig kleine Gruppe von urbanen Feministen zu betreiben. "Die Menschen laufen nicht an einem Verkehrsschild vorbei und fühlen sich diskriminiert, das kann ich Ihnen garantieren", sagt Balsiger. "Das ist eine politische Blase, die mit der Realität nichts zu tun hat."




2. Die Neue Zürcher Zeitung hat einen Urologen zum Thema "Männlichkeit" interviewt: "Das Ziel der Sexualität ist, dass die Frau befriedigt wird. So weiss der Mann: Er hat alles richtig gemacht."



3. 44 % der spanischen Männer fühlen sich diskriminiert.

44 % der Männer sind der Meinung, dass "wir bei der Förderung der Gleichstellung der Frauen so weit gegangen sind", dass sie jetzt "diskriminiert" werden, eine Position, die auch von einem Drittel (32,5 %) der vom Zentrum für soziologische Forschung (CIS) befragten Frauen vertreten wird. Bei den Jugendlichen ist diese Überzeugung etwas höher: Fast 52 Prozent der 16- bis 24-Jährigen stimmen dieser Aussage zu.




4. Vergangene Woche verlinkte Genderama Berichte über die angebliche Folter palästinensischer Männer im Verlauf des aktuellen Gaza-Kriegs. Aus der Süddeutschen Zeitung erfährt man, wie es weiterging:

Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros behandelt Israel seine Gefangenen schlecht. Ein Vertreter des Büros, Ajith Sunghay, berichtete aus dem Gazastreifen, dass manche Männer nach mehr als acht Wochen Inhaftierung einzig mit Windeln bekleidet freigelassen worden seien. Sie hätten von Schlägen, Erniedrigungen und Misshandlungen erzählt, die womöglich Folter seien. Wie viele Menschen Israel festgehalten hat oder noch immer festhält, wisse er nicht, sagte Sunghay Reportern in Genf per Video. Das UN-Menschenrechtsbüro gehe aber von Tausenden Palästinensern aus.

Ein Freigelassener habe ihm berichtet, er habe nur einmal in 55 Tagen duschen dürfen, sagte Sunghay. Alle hätten erzählt, dass ihnen die Augen verbunden wurden, teils tagelang. Sie seien nach Israel gebracht worden und hätten keinen Kontakt zu ihren Familien oder Anwälten gehabt, erzählten die Männer nach Angaben Sunghays.

Israels habe die Pflicht, die Männer mit Respekt zu behandeln, sagte so der UN-Vertreter. Sie müssten entweder angeklagt oder freigelassen werden. "Alle Fälle von Misshandlung oder Folter von Festgenommenen oder Inhaftierten müssen vollständig und transparent untersucht werden", sagte Sunghay. "Die Opfer und ihre Familien haben das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung."

Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, sie halte sich bei Gefangennahmen an internationales Recht. Oft sei es nötig, dass Terrorverdächtige ihre Kleidungsstücke aushändigen müssen, um auszuschließen, dass sich darin Sprengstoff oder andere Waffen verbergen. Die Kleidungsstücke würden den Festgenommenen zurückgegeben, sobald dies möglich sei.


Der britische Guardian berichtet ausführlich (ohne näher zu analysieren, was es bedeuutet, dass die Betroffenen durchgehend männlich sind):

Sie wurden am 7. Dezember getrennt, als eine israelische Militärdurchsage über einen Lautsprecher alle Bewohner der Gegend aufforderte, ihre Häuser zu verlassen. Frauen und ältere Menschen wurden in das nahe gelegene Kamal Adwan Krankenhaus gebracht. Die Männer wurden aufgefordert, sich auf der Straße bis auf die Unterwäsche auszuziehen.

Fotos von Dutzenden fast nackter Männer, die an einem Dezembermorgen in der Kälte und im Schlamm einer zerstörten Straße knieten, lösten weltweit Empörung aus. Die USA bezeichneten die Fotos als "zutiefst beunruhigend", und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte, die Gefangenen müssten mit Menschlichkeit und Würde behandelt werden.

Lubbad, der für das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte arbeitet, erkannte sich auf einigen der Fotos wieder. Andere zivile Gefangene, die von Freunden, Familienangehörigen und Arbeitgebern identifiziert wurden, waren ein junger Teenager, ein Mann in den 70ern und ein bekannter Journalist.

Während die Männer warteten, eröffneten einige Soldaten das Feuer und verletzten einen jungen Mann an der Hand, während andere ihre Gefangenen demütigten und Häuser zerstörten, sagte Lubbad.

"Die israelischen Soldaten fotografierten uns in unangemessener Weise und zwangen einige der festgehaltenen Jungen zum Tanzen. Sie zündeten die Häuser der Familien Muqayd, Mahdi, Kahlot und Sorour vor unseren Augen an, während wir auf der Straße saßen", sagte er in einer Erklärung über seine Gefangenschaft.

Zwei Stunden später wurde Lubbad nördlich des Gazastreifens zum Strand in der Nähe des Kibbuz Zikim gebracht und dann "in Handschellen und mit verbundenen Augen" in ein Armeelager gebracht, das israelische Soldaten den Gefangenen in Ofakim, einer weiter im Landesinneren gelegenen Stadt, genannt hatten.

Dort wurden die Bewohner des Gazastreifens in mit Stacheldraht umgebenen Unterkünften zusammengepfercht, wobei 500 bis 700 Männer von zwei erhöhten Wachposten für israelische Soldaten übersehen wurden. Die Männer mussten von 5 Uhr morgens bis Mitternacht mit verbundenen Augen knien.

"Jeder Versuch, die Position zu ändern oder die Augenbinde abzunehmen, führte zu Bestrafungen, einschließlich des Stehens mit erhobenen Händen über dem Kopf für etwa drei Stunden und Schlägen", sagte Lubbad.

Es gab Verhöre mit einem Ermittler, der sich über seine Arbeit lustig machte und sagte: "Ich werde dich im Gefängnis gut über deine Rechte belehren."

Fünf Tage, nachdem er aus seiner Wohnung verwiesen worden war, wurde er erneut verlegt. Er sagte, dass er bei der Verlegung in die Rippen geschlagen wurde und so starke Schmerzen hatte, dass er zwei Nächte lang nicht schlafen konnte.

Andere Gefangene sagten ihm, die neue Einrichtung befinde sich im Viertel Jabal Mukaber in Jerusalem. An seinem ersten Tag dort wurde er um die Mittagszeit zu einem 10-stündigen Verhör abgeholt. Zu Beginn des Verhörs teilte der Mann Lubbad mit, dass er psychisch krank sei und keine Medikamente nehme.

Er verlangte Informationen über die Hamas und den Islamischen Dschihad, und als Lubbad sagte, er sei ein ziviler Aktivist, der nichts über die bewaffneten Gruppen wisse, wurde der Mann immer wütender und sagte, man werde die Bewohner des Gazastreifens wie Hunde behandeln.

"Der Ermittler bedrohte mich, beschimpfte mich mit obszönen Worten und schlug mir ins Gesicht. Er legte mir eine Augenbinde an und ging Tee trinken oder zu Mittag essen", sagte Lubbad.

"Als er zurückkam, stellte er mir dieselben Fragen über die Hamas, und ich antwortete, dass ich keine Einzelheiten wüsste und meine sozialen Beziehungen sehr begrenzt seien."

Gegen Ende des Gesprächs wurden ihm die Augen verbunden und er wurde in der eisigen Nacht nach draußen gebracht, wo er hören konnte, wie andere verprügelt wurden. Dann wurde er selbst angegriffen, sagte er. "Nachdem ich die extreme Kälte nicht mehr ertragen konnte, kamen einige Soldaten zu mir, schlugen mich und sagten: 'Für jeden Hund kommt irgendwann sein Tag'", was er als Todesdrohung verstand.

Auf die Behauptungen Lubbads angesprochen, sagte ein IDF-Sprecher, dass "alle Behauptungen über unangemessenes Verhalten in der [Haft-]Einrichtung gründlich untersucht werden" und dass das israelische Recht und die militärischen Vorschriften "die beschriebenen Strafmaßnahmen nicht erlauben".

(…) Die Heftigkeit des Krieges in Gaza ließ Lubbad wenig Zeit, um sich darüber zu freuen, dass er die Haft überlebt hatte. Sie wurde bald von einer neuen Tragödie überschattet. Eine Stunde, nachdem er den Gazastreifen wieder betreten hatte, wurde sein Bruder bei einem israelischen Luftangriff getötet.


Inzwischen wird der israelischen Armee auch eine Massenhinrichtung von 15 palästinensischen Zivilisten vorgeworfen, nachdem diese Männer von ihren Frauen getrennt worden seien.



5. Mit dem israelischen Kriegsdienstverweigerer Tal Mitnick hat der britische Journalist Owen Jones ein fast halbstündiges Interview geführt.



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