Frauenministerin Giffey kommt mit Rüge davon – News vom 31. Oktober 2019
1. Wie unter anderem der "Tagesspiegel" berichtet, kommt Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) wegen der wissenschaftlichen Mängel in ihrer Doktorarbeit überraschend mit einer Rüge davon:
Die Freie Universität Berlin, an der Giffey 2010 mit einer Dissertation über "Europas Weg zum Bürger" promoviert wurde, sieht davon ab, ihr den Doktorgrad zu entziehen. Das teilte die Universität am Mittwochabend mit. Giffey wird eine Rüge erteilt, weil sie "die Standards wissenschaftlichen Arbeitens nicht durchgängig beachtet hat".
(...) Gerhard Dannemann, Juraprofessor an der Humboldt-Universität und Mitarbeiter bei VroniPlag Wiki, warf der FU in einer ersten Reaktion vor, ständige Rechtsprechung zu ignorieren. Mit der Berufung auf das Urteil von 2017 zu einem anderen Plagiatsfall versuche die FU "mehrere Jahrzehnte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beiseite zu schieben", sagte Dannemann. Nach diesen Urteilen sei es nicht zulässig, "alle Plagiatsstellen abzuziehen und zu schauen, ob der Rest der Arbeit gut genug ist".
In der "Frankfurter Allgemeinen" heißt es zu dem Fall:
Für die FU hing an der Beurteilung dieser Dissertation wesentlich mehr als der Doktorgrad Giffeys. Denn Giffeys Doktormutter, die Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel, ist Direktorin des Jean Monnet Exzellenz-Zentrums "The EU and its Citizens" und als solche ein Aushängeschild für den Exzellenzstatus der FU. Sie leitet außerdem die Arbeitsstelle Europäische Integration. Wäre Giffey der Doktorgrad entzogen worden, wäre auch Börzel beschädigt.
Aus der "Süddeutschen Zeitung" erfährt man über die mögliche Zukunft Giffeys:
Trotz der anstehenden Stichwahl zwischen den Bewerberduos Klara Geywitz/Olaf Scholz und Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans könnte es in der SPD nun eine Debatte geben, ob nicht doch noch Giffey Parteivorsitzende werden kann. Der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sagte der SZ, dass Klara Geywitz zugunsten Giffeys verzichten und die Familienministerin mit Scholz kandidieren könne. "Diese Duo wäre nach innen wie nach außen das heute überzeugendste Team."
Allerdings war der Einsendeschluss für die Kandidaturen der Wahl zum SPD-Spitzenkandidaten der 1. September.2019, und Giffey hat nicht kandidiert. Würde man sie trotzdem inthronisieren – wäre das nicht Betrug?
Mag sein Giffey würde dann vermutlich eine Rüge erhalten, dürfte ihr Parteiamt aber problemlos ausführen.
2. Wie der Tagesspiegel berichtet, werden in Berlin Führungspositionen inzwischen ganz unverhohlen nach Geschlecht besetzt:
Der Wechsel von BVG-Chefin Sigrid Nikutta in den Vorstand der Deutschen Bahn ist noch nicht unterschrieben. Dennoch meldete sich am Mittwoch Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zu Wort. (...) Die Position an der BVG-Spitze sei "eine Schlüsselfunktion für die Verkehrswende". "Angesichts der Vielzahl von männlichen Besetzungen in Spitzenpositionen werden wir auch hier versuchen wieder eine starke und erfahrene Frau zu gewinnen", teilte Pop mit.
3. "Wer rechts wählt, wählt eine Welt für Männer" behauptet Mareice Kaiser in einem Beitrag für ze.tt (Partner von "Zeit-Online"). Anders als es bei der Formulierung "Wer links wählt, wählt eine Welt für Frauen" wäre, ist das wohl kaum als Appell gemeint. Der schönste Absatz aus dem insgesamt nicht lesenswerten Artikel:
Sowohl im Bundestag als auch in den Landtagen wird Politik mehrheitlich von weißen Männern für weiße Männer gemacht, die Ergebnisse der Landtagswahlen manifestieren das. In vielen Landtagen wird Politik ab jetzt mehrheitlich von weißen, konservativ bis rechten Politikern für weiße, konservativ bis rechte Männer gemacht. Für Frauen und anders marginalisierte Menschen bedeutet das sehr wahrscheinlich eine Verschlechterung ihrer ohnehin durch Diskriminierung eingeschränkten Lebensqualität.
Wie erinnern uns an den Koalitionsvertrag unserer Regierung? Seitenweise Erklärungen, was man für Frauen tun wird – und zwei dürre Sätzchen mit dem Hinweis darauf, dass Männer auch irgendwie zur Bevölkerung gehören. Wenn Männer verstärkt rechts wählen, wäre der klügste Weg für Linke, den Rechtsdrift zu stoppen, Männern ein besseres Angebot zu machen. Das wird sich aber keine Partei trauen, weil sie durch jene Ideologinnen Prügel befürchten, die offenbar glauben, schon aufgrund der bloßen Erwähnung von Männern im Koalitionsvertrag der Regierung gehörten Frauen zu den "marginalisierten Menschen" mit "eingeschränkter Lebensqualität".
4. Ebenfalls im ideologischen Tunnel wurde ein "Zeit"-Artikel von Simone Schmollack geschrieben, der so beginnt:
Warum trifft Altersdiskriminierung vor allem Frauen? Weil viele Männer Angst davor haben, selbstbewusste und erfahrene Kolleginnen einzustellen.
Man ahnt schon nach diesem Teaser, der Frauen und Männer mit geübter Routine in Opfer und Täter aufteilt, dass man sich die Lektüre auch dieses Artikels getrost sparen kann. Springen wir also einmal gleich weiter zu den Kommentaren darunter.
Erster Kommentar:
Ich gebe zu, ich habe erst die Hälfte vom Artikel gelesen, aber gibt es für diese Diskriminierung von älteren Frauen irgendwelche Statistiken, die das nachweisen, oder sonst irgendetwas was über die gehörten Geschichten der Autorin hinausgeht? Wenn Frauen, die aus welchen Gründen auch immer mit Ende 40 oder älter ihren Job verlieren, danach nie wieder (deutlich seltener reicht auch) einen neue Stelle kriegen, müsste das ja in den Arbeitslosenstatisken deutlich zu sehen sein?
Zweiter Kommentar:
Das habe ich mich auch gefragt und habe deshalb kurz recherchiert;- eigentlich Aufgabe von Frau Schmollack, aber ich helfe gerne.^^
Hier offizielle Zahlen der Arbeitsagentur, wichtig ist Abb.12 , S.18.
Danach gibt es KEINEN prozentualen Unterschied zwischen Frauen und Männern, in der Altersgruppe ab 55 Jahren! Da ich für tiefere Recherche nicht bezahlt werde, habe ich nicht weiter nach detaillierten Zahlen der Altersgruppe ab 50 Jahre gesucht, gehe aber davon aus, dass die Daten keine signifikanten Unterschiede zeigen werden.
Dritter Kommentar:
In der Debatte um die real existierende strukturelle Diskriminierung der Frauen durch alte (und wie ich jetzt lernen muss auch junge) weiße Männer genügt anekdotische Evidenz zur Beweisführung.
Der sechste Kommentar bezieht sich erneut auf die offiziellen Zahlen der Arbeitsagentur:
S.22, unter Abb.15:
"Die Arbeitslosenquote der Männer übersteigt die der Frauen in allen Bundesländern."
Klarer Fall von Diskriminierung ...^^
Und so weiter. Man kann es der jungen Generation kaum noch vermitteln, aber noch vor wenigen Jahrzehnten war "Die Zeit" eine wirklich anspruchsvolle und kluge Zeitung. Den Autoren dort war klar, dass man Statistiken nicht durch ausgewählte Anekdoten ersetzen kann, um Stimmung gegen ein Geschlecht zu schüren. Heute liest man "Die Zeit" online wegen der Leserkommentare. Es ist einfach nur traurig.
5. Gestern berichtete Genderama über die angekündigte Reform des Sorge- und Unterhaltsrechts. Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Familienpolitiker Daniel Föst erklärt in einer Stellungnahme diese "Möchtegern-Reform für reine Augenwischerei":
Das Ergebnis der Expertenrunde zur Reform des Sorge- und Umgangsrecht für Trennungskinder enttäuscht auf ganzer Linie. Vage Absichtserklärungen reichen nicht aus, um die Situation von Trennungskindern und ihren Eltern maßgeblich zu verbessern. Nach monatelangen Lippenbekenntnissen ist das Thesenpapier als politische Empfehlung weniger als eine Minimallösung.
Wir brauchen ein echtes gesetzliches Leitbild für das Wechselmodell. Ansonsten wird sich in der Praxis kaum etwas ändern. Dafür sind größere Schritte notwendig. Nötig wären beispielsweise verpflichtende Mediationen vor eskalierenden Gerichtsverfahren und die finanzielle Entlastung von Eltern, die ihre Kinder getrennt gemeinsam erziehen wollen. Die Große Koalition hat nicht den Mut für eine wirkliche Reform. Das zeichnet sich seit langem ab. Die Familien werden im Stich gelassen. Dieses Aussitzen eines so wichtigen Themas ist bezeichnend für den Zustand der Großen Koalition.
6. Aktuelle Schlagzeile im Schweizer "Tagblatt":
"Vorwurf der Diskriminierung der Männer liegt auf der Hand": Im Thurgau sind vier von fünf Lehrkräften Frauen – das sorgt nun für Kritik.
7. Die Washington Post titelt: "Mächtige Männer schreien nach einem 'fairen Prozess', um öffentlicher Kritik zu entgehen". In dem Artikel der feministischen Publizistin Alexandra Brodsky heißt es:
Ich bin Anwältin gegen sexuelle Belästigung, und ich habe diese "Verteidigung" oft in den letzten fünf Jahren gesehen, zuerst als Reaktion auf die Bewegung gegen sexuelle Übergriffe auf dem Campus und dann in Bezug auf #MeToo allgemein. Natürlich gibt es viele echte und schwierige Fragen darüber zu stellen, wie Institutionen (also etwa Schulen und Arbeitsplätze) mit Menschen umgehen, die wegen sexueller Schäden angeklagt sind. Die Sorge um faire Verfahren macht noch niemanden zu einem Männerrechtler; ich teile diese Verpflichtung.
Aber Reaktionäre (normalerweise Weiße und Männer) haben gelernt, dass Argumente für ein ordentliches Verfahren ohne Rechts- oder Sachgrundlagen ein guter Weg sind, um Missbruuch zu verdecken und die Verantwortlichkeit abzuwehren. Sie funktionieren wie ein vermeintlicher magischer Schild. (...) Sie übernehmen die Sprache von Gerichtsverhandlungen, um ihren wirklichen Einwand zu verbergen: dass es unfair ist, wenn Männer für Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen werden, dass diese Schäden vielleicht gar nicht so falsch sind. Und, wie sich herausstellt, stimmen dem viele Menschen zu. (...) Mächtige Männer zählen auf unsere Unfähigkeit, echte Gerechtigkeit von einem System zu unterscheiden, das nur für sie funktioniert. Wir müssen schlauer sein.