Dienstag, Oktober 22, 2019

Junge Deutsche: "Keine Lust auf Gleichberechtigung" – News vom 22. Oktober 2019

1. "Die Welt" berichtet über die neue Shell-Jugendstudie, der zufolge heutige Jugendliche mit ihren Vorstellungen zu Arbeit und Kindererziehung traditioneller seien, "als die Politik sich das bisweilen wünscht".

Erstmals hatte das an der Studie beteiligte Umfrageinstitut Kantar den Jugendlichen die Frage gestellt, wie sie sich mit ihrem Partner die Arbeitszeit aufteilen würden, wenn sie 30 wären und ein zweijähriges Kind zu betreuen hätten. Erwartet hatten die Wissenschaftler eine Mehrheit für gleichberechtigte Arbeitszeitmodelle.

Stattdessen aber sprachen sich 54 Prozent der Jugendlichen für ein "männliches Versorgermodell" aus, in dem also der Vater mit 30 bis 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche den Löwenanteil zum Haushaltseinkommen beiträgt und die Mutter nur in maximal 20 Wochenstunden etwas dazuverdient. (...) Gleichberechtigte Modelle, in denen beide Vollzeit oder beide gleichermaßen reduziert arbeiten, werden nur von einem guten Drittel favorisiert.


"Gleichberechtigung" ist inzwischen offenkundig das Wiesel-Wort Numer eins in der Geschlechterdebatte. Eigentlich bedeutet der Begriff ja, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte besitzen. Im feministischen Lager wird dieser Ausdruck jedoch zunehmend als Synonym für "Gleichstellung" verwendet. (Etwa in einer Formulierung wie "Mehr Männer als Frauen im Bundestag – noch ein langer Weg zur Gleichberechtigung.") Und jetzt ist es also auch ein Synonym für "gleiche Rollenverteilung in einer Partnerschaft". Warum? Weil "Gleichberechtigung" ein so positiv besetzter Begriff ist – etwas, das wir alle wollen –, wird er auch für Dinge übernommen, die offenkundig keineswegs alle wollen.

"Es ist schon sehr überraschend für uns und auch eine erstaunliche Entwicklung, dass so viele junge Leute sich auf den Weg einer Re-Traditionalisierung machen", sagte eine konsternierte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellung der Studie. Schließlich versuche sie mit ihrer Politik, Vereinbarkeit und Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Erziehungswahrnehmung zu schaffen. (...) Ein Mantra, das auch Giffeys Vorgängerinnen aufgesagt haben. Wenn Frauen sich weiter auf ihre Männer verlassen, so die Botschaft, dann wird das nie was mit der Abschaffung der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen.


Womöglich ist die SPD auch deshalb so erfolglos, weil ihren Abgeordneten inzwischen die Antennen dafür fehlen, was ein Großteil der Bevölkerung möchte?

Auch Studienleiter Albert will nicht verhehlen, dass er davon ausgegangen ist, dass Gleichberechtigung und Partnerschaftlichkeit mit Blick auf die Arbeitsverteilung in der Familie schon weiter ausgeprägt seien, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung sagt. "Ich würde aber nicht von einer Re-Traditionalisierung sprechen wie die Familienministerin. Es ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass traditionelle Familienformen definitiv noch nicht am Aussterben sind. Sie mögen politisch nicht immer erwünscht sein, man darf ihnen aber nicht die gesellschaftliche Legitimität absprechen."


Bemerkenswert ist, wie unterschiedlich die Bereitschaft von Müttern, annähernd einen Vollzeitjob auszuüben, in Deutschland verteilt ist:

Im Osten können sich mehr als die Hälfte der Mädchen und jungen Frauen auch mit Kleinkind eine Arbeitswoche von 30 Stunden und mehr vorstellen, im Westen hingegen nur 26 Prozent.


Ähnlich bemerkenswert ist, dass Mütter die Väter weit mehr in die Versorgerrolle schieben möchten, als diese Väter von sich aus wünschen – die "Verhaltensstarre" in der partnerschaftlichen Rollenverteilung haftet einmal mehr nicht den Männern an, denen sie von Feministinnen so gerne zugeschrieben wird, sondern den Frauen:

Tatsächlich hatten sich auch in der Shell-Studie viele junge Männer für eine leicht reduzierte Arbeitszeit ausgesprochen, wenn ein kleines Kind im Haus ist. Nur 41 Prozent wollen 40 Stunden arbeiten, 37 Prozent finden einen Umfang von 30 Stunden angemessen. Interessanterweise ist das vielen Mädchen sogar noch zu wenig: 51 Prozent von ihnen wollen, dass der Vater ihrer Kinder richtig ranklotzt, mit 40-Stunden-Woche.


Wenn eine Frauenministerin möchte, dass sich die Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern schließt, müsste sie also eigentlich an Frauen appellieren, ihren Partner weniger stark zur Erwerbstätigkeit zu drängen. Ich rechne nicht damit, dass das passieren wird.



2. Das Bundesfrauenministerium hat gestern sein Investitionsprogramm "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" gestartet. Ein Runder Tisch von Bund, Ländern und Kommunen hat beschlossen, dass der Bund in den Jahren von 2020 bis 2023 insgesamt 120 Millionen Euro investiert, um Frauen besser vor Gewalt zu schützen. Der Schutz von Männern vor Gewalt ist dem Ministerium noch immer keinen Cent wert. Diese Forderung wäre vermutlich auch "antifeministisch".



3. Eine Frauen-Aktivistin fordert einen eigenen Straftatbestand "Macho-Gewalt". Christian Schmidt kommentiert.



4. Auch wenn es um Seitensprünge geht, werden an Männer strengere Maßstäbe angelegt als an Frauen. Das berichtet das populärwissenschaftliche Magazin Psychology Today:

Zum Beispiel sagten 49 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen, sie würden einem männlichen Fremdgeher sagen: "Du bist eine Eheverpflichtung eingegangen, die du gebrochen hast und das sollte dir leid tun". Im Gegensatz dazu würden nur 39 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen dies zu einer Frau sagen, die einen Seitensprung begeht.

(...) Wenn sie die Gelegenheit dazu hätten, gabten 55 Prozent der Männer und 62 Prozent der Frauen an, würden sie einem männlichen Fremdgeher sagen, dass er "sich mehr Mühe hätte geben sollen, seine Ehe in Ordnung zu bringen", bevor er eine Affäre mit einer anderen Frau aufnahm. Aber wenn es um die Möglichkeit ging, einer Frau, die fremdging, die gleiche Rüge zu erteilen, sagten nur 48 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen, dass sie dies tun würden.




5. Eine andere aktuelle Studie verrät uns etwas, das viele von uns schon selbst beobachtet haben: Psychopathen sind für Frauen besonders attraktiv. Ich fürchte nur, dass nach den Erfahrungen, die diese Frauen mit solchen Psychos machen, "die Männer" pauschal dafür angeprangert werden.



6. Ein aktueller Artikel zu den Folgen von MeToo ist zu ausufernd für eine Übersetzung, aber Leser, die mit englischen Texten keine Probleme haben, mag er interessieren: Die Publizistin Heather Mac Donald hat genauer untersucht, wie mehrere Musikhäuser Placido Domingo im hohen Alter aufgrund Jahrzehnte alten und reichlich vagen Behauptungen von fast durchgehend anonymer Seite absägten. Mac Donald gelangt zu folgendem Fazit:

Die Vorstellung, dass Domingo momentan ein Risiko für Frauen darstellt, ist reine Hysterie. Domingo ist fast achtzig. Die jüngsten Anschuldigungen gegen ihn, auch wenn er damals eine tatsächliche Gefahr dargestellt haben sollte, stammen aus der Zeit vor über 15 Jahren. Nachdem diese Vorwürfe nun so spät vorgebracht wurden, hätte jede von Domingos Bewegungen unter der Lupe gestanden. Wäre Domingo in seinem Alter noch geneigt, einer Frau Avancen zu machen, hätte es einen selbstmörderischen Leichtsinn gebraucht, um sich so zu verhalten, dass man daraus einen Belästigungsvorfall konstruieren könnte. Aber nehmen wir um der Argumentation willen an, dass er auch jetzt noch einen wertschätzenden Blick oder ein mehrdeutiges Kompliment fallen lässt. Sollen wir in dieser Ära der "starken Frauen" glauben, dass eine Sängerin so verletzlich und schwach ist, dass sie angesichts einer Person, die unter einer möglichen Todesstrafe operiert, einen Annäherungsversuch nicht einfach ablehnen kann?

(...) Die spröde Steifheit des zeitgenössischen Feminismus erkennt keine Nuancen und Schattierungen von Schuld und Verantwortung. Sie hat keine Toleranz gegenüber der menschlichen Vielfalt. Von der eigenen Macht berauscht richtet sie ihr massives Rüstzeug narzisstischer Beschwerden gegen männlichen Erfolg – mit einem immer neurotischeren Standard, was Übertretungen angeht. (...) Der feministische Slogan "das Persönliche ist politisch" war von Anfang an falsch. Er ist nun zu einem Sprengkopf geworden, der auf das Gebäude einer Zivilisation abzielt, die als zu männlich gilt. Institutionen wie die Metropolitan Opera, die Oper Los Angeles oder das Philadelphia Orchestra sollten die wichtigsten Verteidiger dieser Zivilisation sein. Wenn sie sich stattdessen der wütenden Irrationalität ergeben und unsere größten Künstler opfern, um einer völlig imaginären Bedrohung zu entgehen, verraten sie ihre grundlegendste Mission. Ich streiche der Metropolitan Opera meine Unterstützung; andere Spender, die sich um unser musikalisches Erbe sorgen, sollten dasselbe tun.

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