Nach Scheitern bei CSU: Frauen-Union nimmt CDU ins Visier – News vom 26. Oktober 2019
1. Bei der CSU konnte die Frauen-Union – auch dank heftigem weiblichen Widerstand – eine verpflichtende Frauenquote sogar auf Kreisebene nicht durchsetzen. Jetzt versucht sie, ihre Ziele bei der CDU zu erreichen. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet:
Im November wird auch die CDU zu einem Parteitag zusammenkommen - und jetzt ist klar, dass es dort ebenfalls eine Quoten-Debatte geben wird. Denn am Donnerstag hat die Frauen Union einen Antrag eingebracht, mit dem sie auf dem CDU-Parteitag bessere Bedingungen für weibliche Mitglieder erreichen will.
(...) In ihrem Antrag vermeidet sie zwar das Wort "Quote" - man wolle die Gegner nicht ohne Not provozieren, heißt es in der Frauen Union. Allein dies zeigt aber schon, wie groß der Widerstand ist, den sie auf dem Parteitag erwartet. De facto fordern die Frauen jetzt aber eine harte Quote, sie umschreiben sie lediglich. "Unser Anspruch ist, dass Listen der CDU verbindlich zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt und die Kandidatinnen und Kandidaten gleichermaßen auf den vorderen wie mittleren und hinteren Listenplätzen platziert werden", heißt es in dem Antrag. Deshalb solle das Statut der CDU derart geändert werden, "dass unter zwei aufeinanderfolgenden Listenplätzen jeweils mindestens eine Frau vorzuschlagen ist". Dieses "Reißverschlussprinzip" müsse "mindestens für die Anzahl der Kandidatinnen und Kandidaten gelten, wie es der Zahl der Abgeordneten in der jeweiligen Vertretungskörperschaft in der laufenden Wahlperiode entspricht".
2. Im Magazin "Spektrum der Wissenschaft" erörtert Daniela Klimke, Soziologin und Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen, wie durch die neue Sexualmoral Rechtspopulismus durch die Hintertür in unsere Gesellschaft vordringt. Ein Auszug:
Sexualgewalt (...) wird seit Jahrzehnten über Skandalisierungen vermittelt. Sie zielen auf Emotionen und eine griffige Dramatik ("alle drei Minuten wird …", "jedes dritte Kind …", "fast jede Frau hat schon …"). Sie lässt keinen vertretbaren Gegenstandpunkt mehr zu. Es sind unmittelbare Einladungen an die Affekte. Entfaltet wird ein Sog emotionaler Betroffenheit, der sich meist in einem Ruf nach Strafe und in einer gründlichen moralischen Diskreditierung abwägender Stimmen artikuliert. Einige Konflikte bringen es zur Gesetzesreife. Dann folgt der nächste Skandal – und so immer weiter.
Kennen wir alle, Alice Schwarzer etwa hat ihr Millionenvermögen wohl nicht zuletzt mit solcher Rhetorik verdient. Allerdings träten, führt Professorin Klimke weiter aus, in dem unerbittlichen Ruf nach Strafe und Opferschutz Attitüden hervor, die den Kernbereich des Rechtsstaats angreifen:
So ärgert sich etwa die Literaturwissenschaftlerin Christine Künzel: "Bei keinem anderen Delikt wird der Grundsatz ›in dubio pro reo‹ mit einer derart schamlosen Konsequenz angewendet wie bei den Sexualstraftaten." Der Pädagogikprofessor Jens Brachmann verlangt sogar frank und frei die Abschaffung dieses strafrechtsbegrenzenden Fundaments der freiheitlichen Ordnung und fordert: "In dubio pro victima! In dubio pro infante! In dubio pro juventute!" Systematisch wird von den neuen Sexualkonservativen in Allianz mit politischen Kräften, denen die Liberalen immer schon ein Dorn im Auge waren, der Geist der 1968er delegitimiert.
(...) Lässt sich gegen den Schutz von Kindern und Frauen vor sexuellen Übergriffen vernünftigerweise gar nicht argumentieren, bleibt der ideologische Ballast, den diese Bewegung mit sich trägt, merkwürdig verdeckt (...). Sie muss sich die Frage gefallen lassen, wie viel Populismus bereits in ihrem Programm steckt, dass ihre Aktivitäten und Argumentationen so nahtlos in die rechte Propaganda eingehen können und dass auch in großer Anzahl Bildmaterial unverändert auf die Seiten rechtsextremer Kräfte gelangt.
3. Die britische Publizistin Joanna Williams zieht in der Daily Mail ein ausführliches Fazit zu zwei Jahren MeToo:
Die MeToo-Bewegung mag einige Männer zweimal darüber nachdenken lassen, bevor sie sich wie lüsterne Idioten benehmen, aber ich fürchte, sie hat auch einen ruinösen Einfluss auf unsere alltäglichen Beziehungen gehabt, unser jahrhundertealtes Rechtssystem untergraben und zum Selbstmord eines britischen Politikers geführt.
Wenige Tage nachdem #MeToo global geworden war, äußerte ich zusammen mit einer Handvoll traditioneller Feministinnen Bedenken darüber, wozu sich die Bewegung entwickeln könnte. Schließlich begann sie auf Twitter, wo die Nutzer in 280 oder weniger Zeichen kommunizieren müssen. Das eignet sich nicht gerade für den nuancierten Ton, der zur Diskussion von Missbrauch erforderlich ist.
Dass #MeToo echte Täter ans Licht bringt, ist natürlich zu begrüßen. Doch schon bald wurden Anschuldigungen zu Gerüchten und Hörensagen. Und die Gruppendynamik von Twitter, in der sich die Nutzer oft mit anderen verbünden, sorgte dafür, dass oft nur eine Antwort akzeptabel war: dem Kläger ohne Frage und Kritik zu glauben.
Vergessen Sie die Gerechtigkeit - in der Welt von #MeToo sind die Angeklagten immer schuldig, bis ihre Unschuld bewiesen ist. Das heißtt, wenn überhaupt ein Versuch unternommen wird, sich auf das Gesetz zu verlassen.
(...) Bisher hat #MeToo dazu geführt, dass Sexualstraftäter entlarvt wurden, aber auch den Ruf unschuldiger Männer zerstört. Es hat auch Frauen geschadet.
Denn #MeToo-Aktivisten haben ihre Definition von "sexueller Gewalt" so trivial gemacht, dass Opfer, die wirklich traumatische Erfahrungen gemacht haben, untergraben werden.
(...) Denn wenn die unterschiedlichsten Verhaltensweisen - Vergewaltigung, Flirt, Auswahl der falschen Flasche Wein - unter dem gleichen Banner zusammengeworfen werden, besteht die Gefahr, dass sie den Anschein erwecken, dass schwere sexuelle Übergriffe und die Berührung eiens Knies gleichwertige Straftaten sind. Durch die Erweiterung der Definition von sexuellem Übergriff haben die Befürworter von #MeToo seine eigentliche Bedeutung verwässert.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aktivisten alle Opfer als gleichwertig betrachten.
In den letzten zwei Jahren haben wir viel darüber gelesen, wie Knie berührt werden, und man könnte sich vorstellen, dass Triebtäter nur auf Mittelklassebeine in schicken Londoner Restaurants abzielen.
Aber dieser Ansatz hat die unbeabsichtigte Folge, echte Fälle von grobem Fehlverhalten zu beseitigen, von denen viele beschämend und vorsätzlich ignoriert werden.
Wann hat die #MeToo-Brigade das letzte Mal die Not der Arbeitermädchen von Rotherham, Huddersfield und Telford - einige von ihnen gerade mal 11 Jahre alt - beklagt, die von Männern pakistanischen Ursprungs gegroomt und vergewaltigt wurden?
Mädchen wurden oft zwischen Tätern ausgetauscht. Einige wurden geschwängert, hatten Abtreibungen und wurden immer wieder vergewaltigt. Drei Frauen wurden ermordet und zwei weitere starben bei Tragödien im Zusammenhang mit dem Missbrauch.
(...) Im Sinne von #MeToo könnte man erwarten, dass Aktivisten durch die betroffenen Landstriche marschieren und finanzielle Unterstützung für die misshandelten Mädchen und ihre Familien fordern. Aber das kollektive Schweigen von #MeToo zu diesem Thema ist ein Makel für die stolze Geschichte des Feminismus.
Vor einem Jahrhundert haben Suffragetten, insbesondere Sylvia Pankhurst, ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um für das Wahlrecht britischer Frauen - einschließlich Arbeiterinnen - zu kämpfen. Damals war die Schwesternschaft nicht auf bürgerliche Aktivistinnen beschränkt. Es war eine universelle Bewegung, die sich schweren Problemen widmete.
Aber jetzt sind entweder die Mädchen aus dem Norden nicht in der Lage, solche Opfer zu finden, oder die Männer mit pakistanischem Kulturerbe sind "problematische" Täter. Was auch immer es ist, es gibt eine schamlose Doppelmoral im Herzen der #MeToo Bewegung.
(...) Einige Unternehmen haben Alkohol aus der Arbeitswelt verbannt, andere haben gegen die Umarmung gestimmt. Eine Handvoll haben sogar Büro-Weihnachtsfeiern abgesagt. Wo auch immer Sie sich auf den Weg machen - von Ihrem Arbeitsplatz bis zu Ihrer lokalen Bar - eine scharfe Verdächtigung hängt heute über jeder Interaktion zwischen einem Mann und einer Frau. #MeToo's Botschaft von Angst und Misstrauen hat sich in jeden Winkel unseres Lebens ausgebreitet. Und es zeigt keine Anzeichen eines Nachgebens.
Fast zwei Drittel der Universitäten bieten den Studierenden inzwischen Kurse zur sexuellen Einwilligung an, in denen ihnen beigebracht wird, dass Sex eine gute Sache ist, solange vorher bestimmte Rituale eingehalten werden.
(...) Das ist eine unglaublich bevormundende Entwicklung. Wenn irgendeinem Student beigebracht werden muss, dass Vergewaltigung falsch ist, geschweige denn der Unterschied zwischen "ja" und "nein", dann sollte ihm sicherlich nicht erlaubt sein, in der Nähe einer Universität zu sein.
Schlimmer noch, wenn man von ihm erwartet, dass er einen formellen Verhandlungsprozess durchführt, in dem im Voraus genau festgelegt wird, wer was mit wem machen wird, wo, wann und für wie lange, wird der Einstieg in den Sex erschreckend kompliziert. Vergiss Leidenschaft und Spontaneität. In einer Welt, in der junge Erwachsene nicht allein gelassen werden können, um herauszufinden, wie sie jemanden ins Bett bekommen, ist es kaum verwunderlich, dass einer von acht 26-Jährigen heute noch nie Sex hatte, verglichen mit einem von 20 vor einer Generation.
Wenn die Schüler von heute die Eltern, Lehrer und Anwälte von morgen sind, dann bietet uns der Campus der Universität einen schrecklichen Blick in die Zukunft. Es ist eine Welt, in der Männer und Frauen ein immer getrennteres Leben führen. Es ist eine Welt, in der Frauen wegen einem unerwünschten Blick zittern und Männer Einverständniserklärungen bei sich führen, um sich zu schützen, falls nach einer Liebesnacht die Polizei gerufen wird. Es ist ein unnachgiebiger Ort, wo Männer nach einem Fehler oder einem vorstellbaren Fehler vor Gericht gestellt und für schuldig befunden werden; ein Ort, wo Beziehungen zwischen Männern und Frauen, die einst das Fundament von Familien und Gemeinschaften bildeten, nicht mehr aus Liebe und Vertrauen, sondern aus Angst geschmiedet werden.
Zwei Jahre sind mehr als genug: Wir müssen das Ende von #MeToo einläuten.
4. Der "Stern" berichtet:
Kelly Bachman ist Komikerin und selbst Opfer von sexualisierter Gewalt. Bei einem Auftritt in einem New Yorker Comedy-Club fällt ihr ein bekannter Gast auf: Harvey Weinstein. Wie Bachman darauf reagiert, polarisiert.
Hier geht es weiter.
5. Ebenfalls im "Stern" findet man einen Artikel über einen ungewöhnlichen Rechtsstreit in Texas:
Eine Kinderärztin glaubt, sie habe ein Transgender-Kind und will ihrem siebenjährigen Sohn erlauben, mit Hilfe von Medikamenten weiblicher zu werden. Der Vater ist dagegen. Jetzt ist der Fall vor Gericht gelandet.
Hier erfährt man mehr.
6. Leider liegt nicht jedem Vater in erster Linie das Wohlergehen seines Sohnes am Herzen. So schildert die Schweizer Zeitung "20 Minuten" das Schicksal des 17jährigen Berner Jungen Seran M.: "Mein Vater wollte mich töten, weil ich schwul bin".
7. "Linke Männer, ihr seid auch Sexisten" findet Alexandra Stanic im feministischen Magazin "Vice". Auch linke Männer beispielsweise würden ihr erklären, in welchen Punkten sie falsch läge. Auch "feministische" Männer verzichteten nicht auf ihren Platz am Panel zugunsten einer Frau. Und auch auf Hip-hop-Partys kämen Männer Frauen zu nahe und ignorierten Sätze wie "Ich möchte weder mit dir sprechen noch in deiner Nähe sein", statt sich zu verziehen, wenn frau keinen Wert auf ihre Anwesenheit legt.
8. Das Wissenschaftsblog Sciencefiles wirft der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) in Hamburg Täuschung männlicher Bewerber vor:
Wir haben schon häufig über das Professorinnenprogramm geschrieben, wir haben schon viele Ausschreibungen gesehen, die bewusste Täuschungen männlicher Bewerber waren. Das, was die HAW-Verantwortlichen hier abliefern, ist an Zynismus und Boshaftigkeit kaum zu überbieten.
9. Das Blog Uepsilonniks kommentiert einen Beitrag der Psychologin Sandra Hermann zur häuslichen Gewalt in dem von mir herausgegebenen wissenschaftlichen Sammelband "Gleichberechtigung beginnt zu zweit".
10. Ein treffender Kommentar, den ich inzwischen zu der Sexismus-Wehklage gefunden habe, dass in Museeen Weibchen bei ausgestopften Tieren unterrepräsentiert seien, stammt von einer Frau:
Als Museumsdirektor würde ich nicht drauf eingehen. Man kann sowieso nur verlieren. Nächste Woche heißt es dann "mehr Weibchen werden ausgestopft = Femizid."
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