Mittwoch, August 06, 2025

Tagesspiegel: Wie die Abwärtsspirale der Jungs zur Gefahr für den sozialen Frieden wird

1. Der Berliner Tagesspiegel hat herausgefunden, dass die Jungenkrise ein Prbolem darstellt:

Wenn in Deutschland heute von „Bildungsverlierern“ die Rede ist, denken viele an Kinder aus prekären Verhältnissen, an Jugendliche mit Migrationshintergrund. Was kaum einer dazusagt: Der größte gemeinsame Nenner unter den Bildungsverlierern ist ihr Geschlecht. Sie sind männlich. Und das ist nicht neu.

"Seit fast dreißig Jahren dokumentieren Bildungs- und Jugendstudien eine sich ständig steigernde Leistungsbilanz von Mädchen und jungen Frauen, während die Jungen und die jungen Männer auf der Stelle treten", warnte der Bildungsforscher Klaus Hurrelmann bereits 2012 im Buch "Jungen als Bildungsverlierer".

Ein Befund, der damals kaum für große Schlagzeilen sorgte. Warum nicht? Vielleicht, weil er nicht ins gewohnte Narrativ passte. Seit den 1960ern war es das "katholische Arbeitermädchen vom Land", das als Chiffre für Bildungsbenachteiligung diente.

(…) Heute liegt der Anteil männlicher Abiturienten bei nur noch 45 Prozent und das bei einem Bevölkerungsanteil von 51 Prozent. Junge Frauen machen nicht nur häufiger Abitur, sondern erzielen auch die besseren Noten. Dafür stellen Jungen 59 Prozent der Absolventen mit Hauptschulabschluss und 60 Prozent der Schulabbrecher.

Was das bedeutet? Ohnehin wächst die Gruppe der Abgehängten, die deutliche Mehrheit davon sind Männer. Wer ohne Abschluss und Ausbildung bleibt, wer sich als Hilfsarbeiter durchschlagen muss oder ohne Job bleibt, bei dem leidet das Selbstwertgefühl.

An der Stelle droht der Bildungsabstieg der Männer zum gesellschaftlichen Problem zu werden. Denn junge Männer neigen statistisch gesehen viel häufiger zu Gewalt, und das umso mehr, je schlechter sie sozial gestellt sind.


Der Tagesspiegel referiert in diesem Artikel also genau die Zahlen, auf die Männerrechtler seit Jahrzehnten hinweisen – dieselben Männerrechtler, die der Tagesspiegel in einen Zusammenhang mit Rechtsextremismus und Terrorirsmus rückt. Dem Artikel fehlt eigentlich nur noch ein Wehklagen darüber, dass Jungen und Männer keine Lobbygruppe haben, die sich für sie einsetzt.

Allerdings wird im Verlauf des Artikels klar, dass der Tagesspiegel sich auch jetzt nicht zuliebe den Jungen und Männern so positionert, sondern wegen der unschönen Folgen dieser Entwicklung:

Jennifer Bosson und Joseph Vandello von der University of South Florida haben hierfür den Begriff der "prekären Männlichkeit" geprägt. Die Betroffenen reagieren häufig mit Aggression, wenn sie ihren Status eines "richtigen Mannes" in Gefahr sehen. Gewalt ist demnach eine Methode, das bedrohte Geschlechterbild wiederherzustellen.

Das Motra-Projekt, ein Forschungsverbund zur Beobachtung von Radikalisierungstendenzen, warnt ausdrücklich: "Geringe Bildung ist ein Risikofaktor für rechtsextreme Orientierungen – besonders bei jungen Männern mit schwachen Schulabschlüssen und fehlender Berufsperspektive." Wer sich chronisch übersehen fühlt, orientiert sich neu – und wendet sich allzu oft jenen zu, die vermeintlich einfache Antworten bieten: Populisten und Verschwörungsideologen.


Es bleibt also dabei: Jungen und Männer, die Probleme HABEN, interessieren kaum jemanden. Um wahrgenommen zu werden, müssen sie Probleme MACHEN.

Trotzdem referiert der Artikel weiter die Positionen und Erkenntnisse, die Maskulisten schon set einem Vierteljahrhundert vorlegen. Ich kann schlecht den kompetten Artikel zitieren, deshalb hier nur ein weiterer Auszug:

Mädchen bekamen in Deutsch, Mathe und Biologie im Schnitt die besseren Zensuren. Nur in Physik lagen die Jungen vorn. Wer übergewichtig ist, aus einem armen Haushalt kommt oder einen Migrationshintergrund hat, war laut Analyse besonders benachteiligt. Jungen müssten im Schnitt mehr leisten, um die gleiche Note zu bekommen – ein struktureller Nachteil, der sich über Jahre verfestigt.

(…) Wissenschaftler des DIPF Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation haben in einer 2022 veröffentlichten Studie Lehrkräfte befragt, wie sie sich verhalten würden, wenn eines der Kinder in ihrer Klasse von den anderen ausgegrenzt wird. Einer Hälfte der Studienteilnehmer wurde ein Szenario beschrieben, in dem das Kind Lukas hieß. Für die andere Hälfte ging es um eine Julia. Das Ergebnis: Bei Julia wollten deutlich mehr Pädagogen dazwischengehen als bei Lukas.


Diese Einstellung lässt sich auf andere Bereiche übertragen, etwa darauf, welches Geschlecht mit wirklich großem Aufwand vor häuslicher Gewalt geschützt wird und welches nicht.

Der Artikel schließt mit folgendem Fazit:

Geschlechtersensible Förderung, mehr Männer in Erziehung und Bildungsberufen, die Handlungsempfehlungen liegen auf dem Tisch – seit Jahren. Doch die Debatte bleibt verhalten. Weil es nicht passt? Weil Jungen strukturell als Privilegierte gelten? Das Berlin-Institut stellte schon 2015 klar: "Verschiedene Benachteiligungen lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen."

Was fehlt, ist eine Bildungsdebatte ohne Scheuklappen. Die Auseinandersetzung mit einer Frage, die sich immer drängender stellt: Was passiert mit einer Gesellschaft, in der immer mehr junge Männer den Anschluss verlieren? Denn wer sich heute nicht um die Jungen kümmert, wird sich morgen um die jungen Männer sorgen müssen.


Nicht erst morgen, liebe Langschläfer vom Tagesspiegel, sondern schon vor 20 Jahren. Schön, dass ihr immerhin ganz allmählich aufwacht. Weniger schön ist, dass auch ihr für genau jene Scheuklappen gesorgt habt, die ihr jetzt beklagt.



2. Wie die meisten von euch mitbekommen haben dürften, hat Kulturstaatsminister Wolfram Weimer seinen Mitarbeitern die Verwendung der Gender-Sprache in offiziellen Schreiben seiner Behörde untersagt. Durch mehrere Medien ging daraufhin ein Aufschrei der Empörung. Die "Welt" hingegen warnt: "Die Genderer werden ihren Kulturkampf so schnell nicht verloren geben". Ein Asuzug aus dem Artikel:

Auch Gerichte haben sich in der jüngsten Vergangenheit gegen die sogenannte "geschlechtergerechte" oder "gendergerechte Sprache" ausgesprochen. Die Einschränkung durch das Attribut "sogenannt" ist nötig, weil allein der unreflektierte Gebrauch des Wortes "geschlechtergerecht" implizit anerkennt, dass das nicht-gegenderte Deutsch, dessen Pflege und Beibehaltung eine Bevölkerungsmehrheit wünscht, "ungerecht" sei.


Das gebe allerdings noch lange keinen Anlass zur Entwarnung:

In den übrigen Bundesministerien, vor allem dort, wo die SPD das Sagen hat, wird weitergegendert werden, so wie den Funktionsträgern in den Ideologiewerkstätten der Universitäten beigebracht wurde, so wie sie es aus den öffentlich-rechtlichen Sendern ins Ohr gesäuselt bekommen und so wie es in ihren Parteiprogrammen durchexerziert ist. Zumal die ridikülen "Forschenden", "Tat-tuenden" und Doppelnennungen zwar nicht im Einklang mit der Logik und Grammatik sind, aber zumindest vom Rechtschreibrat nicht ausdrücklich untersagt. So schnell werden die genderverantwortlichen Personen einen bereits gewonnen geglaubten Kulturkampf nicht aufgeben.




3. Beim Bashing der "Manosphere" und des Maskulismus hat die Frankfurter Rundschau, die letzte Woche dran war, die Staffel jetzt an die Sozialistische Alternative weitergereicht. Die Verfasserin des Beitrags hat weitgehend denselben Unsinn abgeschrieben, den wir aus etlichen vorangegangenen Artikeln kennen. Als Repräsentanten für die Männerrechtsbewegung gelten immer noch dieselben Websites wie vor 15 Jahren, dazu kommen jetzt aber Falschmeldungen der vergangenen Wochen:

Oder wie bei der Fete de la Musique in Frankreich, bei der über 150 Frauen Opfer von Spritzenattacken wurden, vorausgegangen waren dem sehr wahrscheinlich Aufrufe in der Online-Manosphere.


Der Artikel endet mit folgender Feststellung:

Die Arbeiter*innenbewegung international kann den Frauenhassern die Stirn bieten, wenn sie ihre Kraft auf die Straße trägt. (…) Wir brauchen eine sozialistische Antwort auf diese Fragen: gemeinsamer Kampf der Klasse, internationale Solidarität, weg mit den Bankern und Bossen und ihrem mörderischen Chaos-System, hin zu einer demokratischen Planwirtschaft im Interesse von Mensch und Umwelt.




4. Die Jungle World beschäftigt sich mit "Wokefishing", also "wenn Männer feministische Haltungen nur vortäuschen, um bei linken Frauen zu landen". Hier lautet das Fazit: "Es bleibt zu hoffen, dass, wenn eine Feministin tatsächlich auf einen sogenannten Wokefisher hereinfallen sollte, er außer Vokabeln auch gelernt hat, wie man die orgasm gap schließt."



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