Michael Kimmel, einer der vermutlich aggressivsten Menschen, die derzeit in der Genderszene aktiv sind, ist vorgestern vom Bundesforum Männer zu einem
Gastvortrag zum Thema "Angry White Men – Ende einer Ära" eingeladen worden. Hadmut Danisch berichtet in seinem Blogbeitrag
Ein bösartiger Vortrag eines bösartigen Professors von der Veranstaltung:
Der Mann ist sehr eloquent und redegewandt, hat Entertainer-Qualitäten und ist auch von seiner Gestik und Mimik (meist) sehr einnehmend. Er redet allerdings sehr erregt, laut, heftig, sehr emotional. Und sehr undistanziert. Man merkt ihm stark an, dass er sich da reinsteigert, was auf das weit überwiegend weibliche Publikum aber gut und mitreißend wirkte.
(...) Es war ein Vortrag über Nazis. Nur über Nazis. Nazis, Nazis, Nazis, nichts als Nazis. Die dümmsten, dämlichsten, abstoßendsten, widerlichsten, ekelhaftesten Nazis, die man in den USA und in Schweden finden konnte. Und glaubt’s mir, in den USA gibt’s wirklich ganz üble Kaliber. Aber so richtig üble. Über die ging der Vortrag. Oder genauer gesagt, vor allem über das, was die so schreiben, zeichnen, publizieren. Und Nazis produzieren wirklich unerträglich dummen Müll. Nazis sind so widerlich, dass man es mit Worten kaum beschreiben kann, dass es einen wirklich gruselt. Mit Nazis als Thema, vor allem mit solchen Extremen, kann man ganz leicht ganz widerwärtige, ekelhafte, emotional in die extreme Ecke drängende Vorträge produzieren. Auch eine Form der Rabulistik.
(...) Der Vortrag hieß aber nicht "Die dümmsten Nazis der Welt". Er hieß auch nicht "Auch heute gibt es Extrem-Nazis". Auch nicht "Nazis sind der letzte Müll".
Der Vortrag hieß "Angry White Men – American Masculinity at the End of an Era".
Die Aussage war: Seht her, das sind die Leute, die mit Feminismus und Gleichstellung nicht einverstanden sind. Frustrierte Versager, Universal-Verlierer, unterlegene Väter. Solche, die sich über Privilegien definieren und deshalb mit dem Verlust der Privilegien nicht klarkommen. Extrem-Rechte, Neo-Nazis, Masculinity on the Extreme Right, die die "Loudest on the Internet" seien, und sich als "Victims of Reverse Discrimination" darstellten.
(...) Ich hatte heute den Eindruck, ich höre da einem Besessenen, einem Wahnsinnigen, einem Irren zu, der sich völlig in das Feindbild des weißen Mannes hineinsteigert, das mit Nazis identifiziert, und sich für umzingelt hält. (...) Und er ist eigentlich selbst ein Rassist, einer der eine Bevölkerungsgruppe, die er an Äußerlichkeiten und der Hautfarbe festmacht, hasst und für alles verantwortlich macht, den weißen Mann. Mehrfach hatte ich das komische Gefühl, dass er zwar plakativ den Narrativ der Nazis anprangert, andere verächtlich zu machen, sein eigener Vortragsstil sich davon aber nicht allzusehr unterscheidet. Er präsentiert eine Parade von Zerrbildern, macht sie vor dem Publikum lächerlich. (...) Der hatte Nazis nicht nur befragt, studiert, betrachtet, der hat ihre Methoden mehr oder weniger assimiliert.
Denselben Eindruck habe ich auch, wenn ich mich mit Michael Kimmel beschäftige. Genderama-Leser wissen, dass ich über die unsäglichsten radikalefeministischen Auslassungen mal sehr trocken, mal süffisant schreiben kann. Als ich vor ein paar Monaten Kimmels neustes Buch gelesen habe, stand ich nach ungefähr dreißig Seiten kurz davor mich zu übergeben. Einen derartig glühenden Hass auf Jungen und Männer - Kimmel kann dise Gruppen offenbar nur als gestört und gemeingefährlich wahrnehmen - findet man sonst nur in Randbereichen des radikalen Feminismus. Offen gesagt halte ich weite Passagen in Kimmels Werken für dermaßen eklatant sexistisch, dass ich es niemandem vorwerfen kann, wenn er hier schon eine Nähe zum Menschenbild des Faschismus sieht.
Die Kritik, die Kimmel von soziologischer Seite ausgesetzt ist, ist dementsprechend deutlich. Sein Klassiker "Men's Lives", befindet etwa der Soziologieprofessor
Walter Hollstein, reduziert das Leben von Männern im Wesentlichen auf Machterwerb und Konkurrenz, Gewalt, Krieg, die Unterdrückung von Mädchen und Frauen, sexistische Witze, sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung und Pornographie. Kimmels Buch "Manhood in America", berichtet der Soziologieprofessor Anthony Synnott in
einem Artikel für Psychology Today, eröffnet mit einer langen Liste männlicher Schurken und Widerlinge – "kein Held, hart arbeitender Mann, guter Vater, Nobelpreisträger, Newton, Darwin, Freud, Einstein, Gandhi, Mandela oder Martin Luther King in Sicht". Stattdessen, erläutert Synnott in
einem seiner Bücher, finden sich bei Kimmel immer wieder Sätze finden wie "Vielleicht sollten wir im ganzen Land einen Warnhinweis auf Penissen anbringen: WARNUNG. DIESES INSTRUMENT ZU BEDIENEN KANN IHRE GESUNDHEIT UND DIE ANDERER MENSCHEN GEFÄHRDEN" (Großschrift im Original). Bei radikalen Feministinnen und im feministisch geprägten Fachbereich der Genderstudien sind Männerforscher wie Kimmel über alle Maßen beliebt. "Kimmel zeichnet eine Karikatur von Männern und Männlichkeit" erklärt Synnott. "Er definiert Männer als Problem, bevor er beginnt, sich mit ihnen zu beschäftigen, und hat keinen Respekt für die Leistungen von Männern und ihre Beiträge zur Familie, Gesellschaft und Zivilisation. Das ist der neue Sexismus in der Soziologie."
Eine wissenschaftliche Analyse von Kimmels zahllosen Fehlleistungen und Verstiegenheiten findet man
hier. Und auch
A Voice for Men weiß über Kimmel einiges zu sagen.
Danisch berichtet von der Veranstaltung weiter:
Danach hat Martin Rosowski noch etwas dazu gesagt. Theologe, Historiker, Geschäftsführer der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Vorstand des Bundesforums Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e. V. Der war zwar auch auf dem extremfeministischen Pfad, tat aber so, als wäre er für Männer und überhaupt der Vertreter aller Männerinteressen. So als Alibi. Wenn der sagt, dass Feminismus gut ist, dann muss das generell für Männer gut sein, weil der sich ja aufspielt, für die Männer schlechthin zu reden.
Der hat gleich mal klargestellt, dass alles, was nicht für Feminismus und Gleichstellung ist, ein "Maskulist" sein muss. Maskulisten seien Leute mit einer überzogenen Benachteiligungslegende, die auf ihre patriarchalischen Privilegien nicht verzichten wollten. Maskulisten wären eine rechte Szene, sie wären "Verlierer". Verlierertum sei das konstitutierende Element der maskulistischen Szene. Das übliche Schema, Feminismus wird nicht begründet, sondern jede Andermeinung pathologisiert.
Und es wird Social Engineering betrieben. Man muss gar nicht mehr fragen und nachdenken, ob Feminismus gut und richtig ist, weil Feminismus doch sowieso im Interesse aller Männer läge und nur rechtsextreme Nazis und notorische selbstmitleidige Verlierer etwas dagegen haben könnten, und auf die will und braucht ja nun wirklich niemand Rücksicht zu nehmen. Denn am Feminismus zu zweifeln hieße Rücksicht auf Nazis zu nehmen. Und überhaupt, wer etwas gegen Feminismus sage, brandmarke sich selbst als Verlierer und Versager.
(...) Überhaupt seien Maskulisten Weicheier und Feiglinge, die sich in unzähligen Blogs ausheulten, getragen von Ängsten, Enttäuschung, Orientierungsverlust, seien sie zu emotionalen Müllhalden geworden. Sie seien die Verlierergruppe, die sich durch konservative Werthaltung und Ignoranz "realer Verhältnisse" (er sagte aber nicht, welche das sein sollten) auszeichne und in "privilegierten Milieus" lebe. Dort gebe es eben viele zornige Männer, aber auch zornige Frauen, die sich das "Privileg" nicht nehmen lassen wollten, keine Feministin zu sein.
(...) Und spätestens da war dann auch klar, was der widerliche Zweck dieser Veranstaltung war. Ideologische Einpeitschung. Es ging um Einprügeln, die pseudomoralische Rechtfertigung, die strategische Legitimierung dafür, Männer massiv zu benachteiligen und Frauen zu bevorzugen und zu privilegieren. Denn die Aussage war, dass es nur zwei Sorten Männer gibt. Es gibt die, die Feminismus gut finden. Um die muss man sich keine Sorgen machen, weil die vom Feminismus profitieren, dadurch beschenkt werden und sich darüber freuen. Und es gibt die, die es nicht mögen, das sind aber alles üble Nazis der dreckigsten und rechtsextremsten Sorte, die keine Rücksichtnahme verdient haben. Im Gegenteil, wenn man auf deren Selbstbild herumtrampelt, tut man noch ein gutes Werk.
Bemerkenswert ist nun, wie Kimmel auf Hadmut Danischs Frage reagierte, ob er Kimmels Vortragsfolien haben dürfe, um sich näher damit zu beschäftigen:
Es war unübersehbar, dass der damit nicht gerechnet und ihm das überhaupt nicht gepasst hatte. In den ersten Sekundenbruchteilen nach meiner Frage signalisierte er völlige Ablehnung, dann ein kurzes Schütteln und dann ein widerwilliges und unglaubwürdiges "yes". Der hatte das nicht vor, aber hatte die Wirkung abgewogen, wie ein "Nein" vor Publikum wirken würde. Da noch keine Reaktion aus dem Publikum. Ihm aber hat man angesehen, dass der das nicht wollte. Dem war ganz offensichtlich klar, dass er sich mit diesem Vortrag (der vieles enthielt, was in seinem Buch dazu nicht enthalten ist) wissenschaftlich und als Professor kompromittieren würde.
(...) Dementsprechend ablehnend waren die und hatten überhaupt keine Lust, mir die zugesagten Folien zu beschaffen. Ja, das müsse man erst mal klären. (Ach, galt es nicht vorhin vor Publikum noch als fest zugesichert?) Ich müsse Professor Kimmel anmailen und ihn um den Foliensatz bitten, hieß es. Ah, fragte ich die Dame (die mit dem Mikro), ob sie mir seine E-Mail-Adresse geben könnte. Steht auf der ersten Folie war ihre patzige Antwort. Toll. Feministische Logik. Ich frage nach einer Folienkopie und soll eine Mail an eine Adresse schicken, die ich von der ersten Folie ablesen soll. Ja, dann soll ich die halt googeln (so in dem Unterton "Sind Sie sogar dafür zu blöd?"). Google hat übrigens vor einiger Zeit die Suche nach Mailadressen abgeschaltet. Ich habe aber seine Webseite und dort die Mail-Adresse gefunden. (Häufig ist es aber eben so, dass Vortragende damit nicht belästigt werden wollen und das dem Veranstalter überlassen.)
Also habe ich gestern abend per E-Mail zum vierten Mal nach den – angeblich doch fest zugesagten – Folien gefragt. Und heute morgen von Michael Kimmel ohne jede Anrede und Grußformel die trockene Antwort bekommen
Sorry. I’ve decided not to share them with anyone.
Hadmut Danisch hatte in der Publikumsbefragung nach Kimmels Vortrag aber auch eine andere Anmerkung gemacht:
Meine Frage und mein Kritikpunkt war, dass er uns einige wenige der übelsten Nazis vorgeführt hat, die er in den USA finden konnte. Und er hatte vorher gegenüber einer Frau aus den Publikum auch eingeräumt, dass er die "furthest extremes" angeführt hatte. Also keine zufällige Stichprobe, sondern eine extrem selektive Grundgesamtheit. Das sei OK, da stimmte ich ihm völlig zu, wenn er sein Buch "Die übelsten Nazis der USA" genannt hätte. Er hätte es aber "Angry White Men" genannt und diese Nazi-Soße auf alle weißen Männer verallgemeinert. Wie er dazu käme, von gerade mal ein paar befragten Leuten solche Ausagen über die "Weißen Männer" zu treffen und sie alle als Nazis hinzustellen. Das sei völlig unvertretbar.
Ich wäre weiß, ich wäre ein Mann, und sei zu einem gewissen Maß auch "angry", und ich fühlte mich durch diese Verallgemeinerung von ihm extrem beleidigt.
Man hat ihm angesehen, dass ihm das überhaupt nicht gepasst hat und zu knabbern gab, und der fing schon an, ganz schief auf seinem Stuhl herumzurutschen, er antwortete aber noch nicht, weil es ja eine Sammelantwort werden sollte.
Hinter mir kam dann noch ein Mann dran, und das war ein Glücksfall. Der setzte nämlich (zwar auf deutsch, gab Dolmetscher) an genau der Stelle weiter an. Ob es da eine belastbare Betrachtung gegeben habe, ob man etwa Kontrollgruppen mit Schwarzen oder anderen Rassen gemacht hätte, woher man überhaupt wissen wollte, dass das bei Weißen höher als bei anderen wäre, und warum man keine Gegenprobe usw. gemacht hätte. So ein Typ trockener Wissenschaftler, der Wert auf Methodensauberkeit legt. Volltreffer.
Danach kam wieder eine Frau dran, die irgendwas ganz anderes gesagt hat, weiß ich nicht mehr genau. Irgendeine, ich glaube, es war sie, regte sich fürchterlich darüber auf, dass man sagte, dass weibliche Lehrererinnen männliche Schüler benachteiligten. Das sei eine patriarchalische Diffamierung von Frauen. (Aha, man muss es hinnehmen, darf es aber nicht mal mehr sagen.)
Dann seine Antwort. Wir hatten den da doch aus der Reserve gelockt. Und aufs Glatteis. Er sagte, etwas aufgebracht, er sei "social scientist" und nicht "natural scientist", so im Sinne von Kontrollgruppen und Überprüfungen brauchten sie nicht. Im Sinne von Soziologen können machen, was sie wollen, die brauchen nichts zu beweisen.
(...) Ja, ereiferte er sich, er sei eben auch "Angry". (...) Als würde ihm das gestatten, auf Wissenschaft zu verzichten und das zu machen, was politisch rauskommen soll. Ich wieder "That’s no excuse!", da kam dann aber einer zu mir angerannt, ich hätte sofort den Mund zu halten.
(...) Schlusswort Kimmel: Er hätte eben Nazis interviewt, mehr bräuchte er nicht. "I call that reason". Großer Beifall im Publikum. Die fanden das toll. Das politische Ziel heiligt die Mittel. Wen interessiert, ob es stimmt, wenn er sagt, was man hören will?
Immerhin: Wenn das Bundesforum Männer mittlerweile so weit ist, einen Großteil der Basis der Männerbewegung implizit mit Nazis gleichzusetzen, zeigt das auch, wie sehr dort die Nerven inzwischen blank liegen müssen, damit man zu derartigen Methoden greifen muss. Ausgerechnet Kimmel einzuladen ist schon fast ein Akt der Verzweiflung.