Schoppe: Warum linker Maskulismus wichtig ist
Lucas Schoppe setzt sich in einem aktuellen Blogbeitrag mit reaktionären Elementen im Feminismus auseinander:
Resultat solcher Überlegungen, bis heute wirksam, ist nicht nur die Rede von einer Rape Culture, sondern auch die Forderung nach einem Ende der Unschuldsvermutung, die beispielweise von Schwarzer öffentlichkeitswirksam beim Prozess gegen Jörg Kachelmann erhoben wurde. Nun ist allerdings die Unschuldsvermutung kein patriarchaler Trick – der Sinn der Unschuldsvermutung ist nicht Täterschutz, sondern die Verpflichtung des Staates, die Ausübung staatlicher Gewalt zu legitimieren und ihrer Angemessenheit zu beweisen. Es ist nicht Aufgabe desjenigen Menschen, der staatliche Gewalt erfahren hat, die Illegitimität dieser Gewalt zu beweisen.
Wer das abschaffen will, will den autoritären Staat, der irgendwie immer schon weiß, was richtig und was falsch ist – und der nicht durch unnötige Fesseln daran gehindert werden soll, das zu exekutieren.
Schon bei einem kurzen Blick in deutsche und internationale feministische Klassiker wird es unverständlich, warum solche Schriften jemals als Plädoyers für Gleichberechtigung und Emanzipation, nicht als Beispiele für einen reaktionären Sexismus gelesen wurden.
So gelangt Schoppe zu dem Fazit, es sei
offensichtlich eine falsche Alternative, zwischen männerrechtlichem Engagement und Feminismuskritik entscheiden zu müssen: Wer sich für die Rechte von Männern – und übrigens auch die von Kindern und Frauen – einsetzt, wird um Feminismuskritik nicht herumkommen; wer sich aber in einer solchen Kritik verbeißt und seinen Blick nicht weitet, wird sich für diese Rechte ebenfalls nicht sinnvoll einsetzen können.
Woher stammt denn beispielweise eigentlich das tiefe Bedürfnis, wesentliche Erfolge der Moderne – Rechtsstaatlichkeit, rechtliche Gleichheit, allgemeine Menschenrechte, aber auch basale Grundsätze von Wissenschaftlichkeit – über Bord werfen und durch die Annahme ersetzen zu können, Frauen hätten sich anders als Männer in allen Verirrungen der Moderne ihre naturwüchsige Menschlichkeit bewahren können? Wer die menschliche Gesellschaft wolle, müsse also nur die Frauen unterstützen: Warum sind ausgerechnet Parteien für solche reaktionären Sehnsüchte anfällig, die nach ihrem eigenen Selbstverständnis progressiv sind?
Eben hier hat der linke oder linksliberale Maskulismus eine wesentliche Bedeutung, weil er Denkroutinen – Feminismus sei immer irgendwie links, männerrechtliches Engagement immer irgendwie rechts – unterläuft und auf Fragen wie die eben skizzierten Antworten formuliert.
Daher ist es auch ein echtes Problem, dass linke Maskulisten nicht nur – was normal und richtig wäre – kritisiert, sondern von manchen Männerrechtlern regelrecht bekämpft werden. Wer jemanden als Speichellecker beschimpft, nur weil er ein differenziertes Bild von Feministinnen hat – oder wer den Schulterschluss mit der amerikanischen Rechten und ihrem sinnlosen Kulturmarxismus-Gerede sucht – der zementiert bestehende Fronten, anstatt sie zu analysieren.
Das gönnt feministischen Positionen wesentlich mehr Ruhe, als sie es verdient haben.
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