FOCUS: "Dann lieber eine Männerquote an der ALDI-Kasse" – News vom 31. Mai 2021
1. Am Freitag hat sich die Große Koalition auf die Einführung einer Frauenquote für Vorstände geeinigt. Damit setzt sich in einem Kommentar für den FOCUS Ulrich Reitz auseinander. Ein Auszug:
Zur Klarstellung: Gegen weibliche Vorstände ist nichts, aber auch gar nichts einzuwenden. 17 Prozent der Vorstände sind Vorständinnen. Wenn die Eigentümer das richtig finden, sollen sie meinethalben männerlose Vorstände aufstellen. Nur: Den Staat hat das nichts anzugehen. Der Staat haftet schließlich auch nicht dafür, wenn durch seine Direktive, Frauen in Vorstände zu holen, von Frauen Fehlentscheidungen getroffen werden.
(…) Die Frauenministerin Christine Lambrecht nennt die Koalitionsentscheidung einen "Meilenstein" für Frauen. Hat die Justizministerin, die Lambrecht in Personalunion schließlich auch noch ist, eigentlich sorgfältig geprüft, ob ihre Entscheidung überhaupt rechtskonform ist? Daran gibt es jedenfalls erhebliche Zweifel. Nicht nur, weil deutsche Gerichte zuletzt die "Parität" kassiert haben, also den Versuch von Regierungen, in die Listenaufstellung von Parteien zugunsten von Frauen einzugreifen.
(…) Richtig diskriminiert werden aber die Männer. Denn die müssen sich gefallen lassen, dass der dritte Vorstand nicht mehr nach Leistung bestimmt wird, sondern nach Geschlecht. Etliche Fragen bleiben nun offen. Zum Beispiel, was passiert, wenn ein Unternehmen keine Frau findet, die in seinen Vorstand will? Vielleicht gibt es auch deshalb so viel mehr Männer als Frauen in Dax-Vorständen, weil Männer sich mit dem Machtzuwachs, den ein Vorstandsposten bringt, zugleich auch die Zumutungen dieser Führungsposition antun wollen.
(…) Dann müssten eben die Arbeitsbedingungen frauenfreundlicher werden, argumentieren dann Frauenpolitiker gern. Will man jetzt den Firmen, noch einmal: den Privatfirmen, auch noch vorschreiben, wieviel Stunden dort Vorstände am Tag zu arbeiten haben und wie viele Konferenzen wann und mit wem abgehalten werden können, damit Vorstandsmütter sich persönlich um ihre Kinder kümmern können? Wenn das ein Unternehmen will, dann wird niemand es daran hindern. Aber es kann nicht Sache des Staats sein, das alles zu regulieren. Mir fällt auf, dass all die Jahre niemandem eingefallen ist, sich für die Väterrechte männlicher Vorstände in die Schlacht zu werfen. Ist Mutter sein so viel mehr wert als Vater sein?
(…) Wer einer bestimmten Gruppe leistungslose Vorteile verschafft, wird sie anderen Gruppen konsequenterweise nicht verweigern können. Es wird nicht bei einer Frauenquote bleiben. Identitätspolitische Minderheitenpolitik heißt, in Zukunft - erst recht, falls diese Zukunft grün ist - wird darüber entschieden werden müssen, was in der Politik mehr wiegt: das Geschlecht oder die Herkunft. Das wird dann auch gegen Frauen ausgehen. Und was schließlich die weiblich-männliche Gleichberechtigung angeht – was soll dann dieses Eliten-Projekt? Wem es mit der Gleichstellungspolitik wirklich ernst ist, der sollte statt einer Vorstandsfrauenquote doch lieber eine Lidl/Aldi-Männerkassenquote einführen.
Nun gibt es reizvollere Positionen als ausgerechnet die ALDI-Kasse, wo es jetzt schon einen starken Frauenüberhang gibt. Bezeichnenderweise ist auch dort von Forderungen nach einer Männerquote nichts zu hören.
2. Eine Woche vor der Wahl äußert sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in einem Interview zur politischen Lage (Bezahlschranke):
Es gibt auf der linken Seite inzwischen eine sehr starke Tendenz, Themen zu zentralen Problemen zu erklären, die für viele Menschen ganz und gar nicht die Probleme sind, die sie bewegen und sie eher furchtbar nerven. Die in TV-Talkshows, im Radio aber mit einer Ausgiebigkeit diskutiert werden, obwohl sie in der Breite der Gesellschaft keine Akzeptanz finden. Das frustriert viele, die sich mit themen, die sie bewegen, gar nicht mehr ernst genommen fühlen, und dieses wachsende frustpotential wird von der AfD gehoben.
(…) Die linke Identitätspolitik und die Cancel Culture nehmen inzwischen zuweilen irrationale Züge an. Wenn jedoch bestimmte Dinge nicht mehr thematisiert werden dürfen, sondern tabuisiert sind, schadet das dem gesellschaftlichen Diskurs. Oder nehmen Sie die Gendersprache in Politik wie Medien. Wer will privat so sprechen? Wie das geradezu missionarisch durchgedrückt wird, nervt viele Leute, weil es mit den Lebenswelten vieler Menschen nicht mehr das Geringste zu tun hat. Im Osten definieren sich selbstbewusste Frauen über ihre Leistung und nicht über das Binnen-I.
Im Westen mehrheitlich allerdings auch.
3. In "The Australian", einer Tageszeitung aus Sydney, die als meistverkaufte des australischen Kontinents gilt, befindet Angela Shanahan: "Der neue Krieg des Feminismus gegen Männer wird uns allen schaden". Beurteilen Sie selbst, inwiefern sich das Geschilderte auf Deutschland übertragen lässt:
In Australien ist ein Krieg im Gange, der sich aus anderen Teilen der entwickelten Welt ausgebreitet hat, und es ist nicht der Kampf gegen Covid-19. Es ist ein Krieg gegen Männer. Er findet an mehreren Fronten statt. Die Gründe für diesen Krieg sind komplex. Es ist eine Mischung aus Machtergreifung durch eine neue Generation von Feministinnen, denen die Dinge ausgegangen sind, über die sie wütend sein können, der schieren Feigheit von Politikern und Entscheidungsträgern angesichts des neuen Feminismus und der Fehlinterpretation sozialer Probleme.
Vergewaltigung und häusliche Gewalt sind reale und drängende Übel, das waren sie schon immer, aber die Ursachen werden zu oft ganz bewusst als "geschlechtsspezifisch" fehlinterpretiert, vor allem zu Lasten des männlichen Geschlechts. Aber die Ursachen sexueller Gewalt sind komplex und haben oft mit den Pathologien zu tun, die unsere ganze Gesellschaft plagen, sowohl Männer als auch Frauen.
Nehmen Sie zum Beispiel eine der am weitesten akzeptierten "Tatsachen" über häusliche Gewalt: dass es immer Männer sind, die gegenüber Frauen und Kindern gewalttätig sind. Es wird angenommen, dass Frauen passive Opfer sind. Wir alle haben die schrecklichen Horrorgeschichten über Männer gelesen, die Frauen und Kinder - und sich selbst - umbringen. Die öffentliche Reaktion ist meist "diese Männer sind Monster". Die öffentliche Reaktion auf Gewalt durch Frauen ist jedoch ganz anders.
Vor kurzem kam ein Mann in Melbourne nach Hause und fand seine Kinder und seine Frau tot vor - und die Polizei nahm ihn in Gewahrsam. Der Grund? Normalerweise ist der Partner die Täterin. Aber in diesem Fall war es seine Frau, die die Kinder und sich selbst getötet hatte. War sie ein Ungeheuer?
Die Medienreaktion auf diesen Fall war ganz anders. Es wurde analysiert, warum eine Frau so etwas tun würde. Das ABC brachte einen Artikel, in dem es hieß, dass sie kein Opfer häuslicher Gewalt war und deshalb offensichtlich schwere psychische Probleme hatte, was in der Tat zutraf. Normalerweise gibt es eine mystifizierte und mitfühlende Analyse des mütterlichen Kindsmordes, aber nie, wenn der Täter der Vater ist. Warum eigentlich? Weil die Ideologie herrscht, diese Verbrechen einfach und nur in Bezug auf das Geschlecht zu betrachten. In den feministisch geprägten Medien werden hochkarätige, schreckliche Fälle von Vätern, die Ehefrauen und Kinder und meist auch sich selbst töten, durch die vereinfachende Trope des Geschlechts analysiert. Die Männer werden zu Symbolen der "geschlechtsspezifischen Gewalt": Männer als Monster.
Wir wissen, dass nicht alle Männer Monster sind, und Zahlen des australischen Instituts für Kriminologie zeigen, dass mehr Mütter ihre Kinder töten als ihre Väter. Die Erklärungen in der psychologischen Literatur reichen von realen Ursachen wie einer postpartalen Psychose bis hin zu der ungeheuerlichen geschlechtsspezifischen Vorstellung des "altruistischen Tötens". Aber keine Tötung ist altruistisch. Nach den Müttern sind die nächstgrößere Gruppe von Kindermördern in der Polizeisprache die "nicht verwandten männlichen Einwohner", die in den neueren australischen Statistiken leider als "Partner" in einen Topf geworfen werden. Am wenigsten wahrscheinlich ist der Vater des Kindes der Täter. Außerdem erleiden unverheiratete Frauen mehr Gewalt als verheiratete Frauen.
Aber serielle Nichtehelichkeit, familiäre Trennung, psychische Erkrankungen, Drogen, Alkohol - nichts davon kommt in der links/feministisch geprägten Analyse oder in einem Großteil der Medien vor, die das Geschlecht als alleinige Ursache für Gewalt verantwortlich machen, anstatt dass Gewalt oft als Folge komplexer Pathologien entsteht, die sowohl Männer als auch Frauen betreffen können. Tatsächlich ist extreme häusliche Gewalt, die Frauen und Kinder tötet, in Mittelaustralien eigentlich recht selten. In den Gemeinschaften der Aborigines ist sie nicht selten. Aber Gewalt in Aborigine-Gemeinschaften passt nicht in die Gender-Trope, und darüber zu reden, geht gegen die Race-Trope. Also sind es nur mutige Aborigine-Frauen, die darüber sprechen können.
Anti-Häusliche-Gewalt-Aktivisten wie Rosie Batty sind nicht generell männerfeindlich. Die meisten versuchen, ein notwendiges Gespräch zu beginnen. Feministische Extremisten haben sich jedoch daran angehängt und drängen auf eine Geschlechterpolitik in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der öffentlichen Politik, um mehr Mittel zu erhalten. Das sind nicht die Leute, die an vorderster Front in den Flüchtlingsunterkünften arbeiten, wo das Geld hingehen sollte. Das sind Leute, die in der Regierungspolitik arbeiten, einschließlich der Lehrpläne, in denen die "toxische Männlichkeit" so akzeptabel geworden ist, dass heranwachsende Schuljungen, anstatt ihnen klares, konsistentes Gentleman-Verhalten beizubringen, vor ihren Mitschülern vorgeführt werden und gezwungen werden, sich öffentlich zu entschuldigen.
In der Welt des neuen Feminismus ist nichts komplex. Uns wird sogar gesagt, dass wir alle Anschuldigungen von häuslicher Gewalt, egal ob sie leichtfertig sind und schließlich fallen gelassen werden, als gleich ernsthaft ansehen müssen. Jetzt wollen extremistische Aktivisten, dass das Gesetz geändert wird, um häusliche Kontrolle einzuschließen, obwohl es fast unmöglich ist, dies zu beweisen. Aber wer braucht schon Beweise? Unglücklicherweise ist ein Grundprinzip des Rechtsstaats bedroht, weil die Gender-Trope die einzige Art ist, wie wir diese Themen sehen dürfen.
Es gibt kein besseres Beispiel als die jüngsten Vorstöße zur Änderung der Beweisregeln bei Vergewaltigung. Zustimmung ist alles bei Vergewaltigung, aber das Gesetz kann keine Unterscheidungen über Beweise treffen, die auf willkürlichen Vorstellungen darüber beruhen, was während einer sexuellen Begegnung gesagt werden kann und sollte, wenn gesteigerte Emotionen und Instinkte alles sind, worauf sich ein Mann oder eine Frau verlassen können. Durch den Versuch, die Zustimmung zu einer positiven Bestätigung zu vereinfachen, werden zwei Dinge passieren. Es wird das "Er-sagt-sie-sagt"-Problem verschlimmern, nicht verringern. Aber schlimmer noch, es könnte es für einen Mann, der der Vergewaltigung beschuldigt wird, sehr schwierig machen, sich angemessen zu verteidigen. Aber das ist der Punkt. Oder etwa nicht?
4. Ein weiterer Artikel, den man in deutschen Zeitungen so schnell nicht finden wird: Die australische Daily Mail hat mehr als ein Dutzend männlicher Opfer von häuslicher Gewalt interviewt und schlagzeilt: "Rob wurde verprügelt, Aaron wurde vergewaltigt und Martin lebt auf dem Dachboden, um seiner Frau zu entkommen."
5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu dem Interview mit der Professorin für Gender-Medizin Margarethe Hochleitner:
Lieber Herr Hoffmann,
die Ausführungen von Frau Professor Hochleitner widersprechen der Theorie, nach der Geschlechter eine reine soziale Zuschreibung sind. Wenn es keine biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen gäbe, bräuchte man ja wohl keine speziell auf Frauen zugeschnittenen Therapien. Insofern ist es unsinnig, dass sie als Professorin für "Gendermedizin" bezeichnet wird (ich nehme an, die Bezeichnung stammt von den Journalisten), denn ihren Aussagen liegt die gute alte binäre Kategorie "Geschlecht" zugrunde. Wir sollten ihr dankbar sein, dass sie die Gendertheorie so überzeugend widerlegt. Dass sie überall nur Nachteile für Frauen sieht - geschenkt.
Ein Leser aus Österreich schreibt mir zu dem Vorstoß der SPD in Hamburg, Verkehrszeichen zu gendern:
Sehr geehrter Herr Hoffmann!
Zum Thema Verkehrsschilder bin ich dem Link in Ihrem Artikel gefolgt, und finde dort u.a. die folgende Aussage: "Auch in Deutschland zeigen Verkehrszeichen bislang vornehmlich neutrale Abbildungen, die jedoch als männlich erkennbar sind."
Ich habe mir die Verkehrsschilder mal hier angesehen. Auf dem Schild Nr. 350 sieht man tatsächlich eine stilisierte und damit eigentlich geschlechtslose Figur. Einen Mann kann hier nur jemand erkennen, der das erkennen will. Ich frage mich, woran sich die Kritiker hier stören? Daß die Figur kurze (oder besser gesagt eigentlich keine) Haare trägt? Daß sie Hosen anhat? Wer sagt denn, daß Frauen immer lange Haare und Röcke tragen müssen? Bedient das nicht wieder jene Stereotype, gegen die man angeblich ist? Ich warte ja nur darauf, daß die Figur auf dem Schild Nr. 238 im Damensattel reiten muß.
Dagegen beschwert sich offenbar keiner, daß die Gehwege der Schilder 239 bis 241 anscheinend nur für Frauen und Kinder vorgesehen sind.
Ich habe schon sehr den Eindruck, daß es Leute gibt, die keine anderen Sorgen haben, als gezielt solche Probleme zu konstruieren, gegen die man dann mit Verve vorgeht.
In Linz hatten wir so etwas leider auch, da wurden Zusatztafeln wie "ausgenommen Radfahrer" gegendert. Einfacher wäre wohl gewesen, wenn man statt des Wortes "Radfahrer" einfach ein Fahrradsymbol dargestellt hätte - das ist auf jeden Fall geschlechtsneutral. Aber man läßt anscheinend keine Gelegenheit aus, die Wähler zu indoktrinieren, der Umstand, daß öffentlich finanzierte Stellen eigentlich weltanschaulich neutral sein sollten, ist offenbar niemandem mehr bewußt.