Hamburg: SPD lässt über Gender-Verkehrszeichen abstimmen – News vom 30. Mai 2021
1.
Von heute auf morgen wird sich die männliche dominierte Verkehrszeichen-Straßenwelt in Eimsbüttel wohl nicht ändern. Doch wenn es nach den Fraktionen von SPD, Linken und FDP in der Bezirksversammlung geht, grüßen am Zebrastreifen bald nicht mehr nur männliche Figuren vom Schild, sondern auch Frauen. Die Fraktionen wollen hierfür eine Änderung der Straßenverkehrsordnung erreichen.
Hier erfährt man mehr und kann sich ein paar dieser Schilder anschauen.
2. Auch die Debatte darum, die Öffentlich-Rechtlichen von der geschlechterseparierenden Sprache zu befreien, geht weiter. Das berichtete gestern die Bildzeitung:
FDP-Vize Wolfgang Kubicki (69) zu BILD: "Wenn Elitensprache benutzt wird, um Nachrichten zu übermitteln, dann nimmt man in Kauf, dass sich ein großer Teil der Menschen sprachlich ausgegrenzt fühlt."
Der CDU-Wirtschaftsrat will Gendersprache bei ARD und ZDF sogar verbieten. Generalsekretär Wolfgang Steiger (56) zu BILD: "Gerade Behörden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sind zur Neutralität verpflichtet, sie sollen grammatikalisch korrekt und ohne ideologischen Überbau kommunizieren."
Steiger will von den Moderatoren, dass sie "grammatikalisch korrekt" und "ohne ideologischen Überbau" sprechen. Verständlichkeit sei "das Wichtigste". "Gender-Sterne, Unterstriche oder Binnen-Is" verkomplizierten die deutsche Sprache noch mehr.
3. Der Kuddelmuddel wird aber noch ein wenig wilder:
Die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU), hat sich gegen zwangsweise Gendersprache in der Schule ausgesprochen. Gendersternchen, Binnen-I und Unterstrich entsprächen nicht den Regeln des Rates für deutsche Rechtschreibung und seien daher nicht korrekt, sagte sie den "Kieler Nachrichten".
An einer Kieler Schule hatte eine Pädagogin ihren Schülern ein Binnen-I in die Klassenarbeit korrigiert. Prien erklärte, dass dieser Lehrkraft schulaufsichtliche Maßnahmen drohen würden, wenn der Fall offiziell dem Bildungsministerium gemeldet werden würde.
Wenn ein Schüler also in der Schule dieselbe Rechtschreibung benutzt, wie er sie in zig amtlichen Dokumenten und Medienbeiträgen vorfindet, erhält er eine schlechtere Note.
Prien erklärte auch, sie könne es nachvollziehen, dass mancher sich dagegen verwehre, wenn die Gendersprache genutzt werde, um politische Auffassungen durchzusetzen: "Ich trage dafür Sorge, dass in meinem Bereich eine zwangsweise Veränderung der Sprache nicht stattfindet."
4. Margarethe Hochleitner, Professorin für Gender-Medizin an der Universität Innsbruck, fordert mehr Aufmerksamkeit für die Besonderheiten von Frauen, wenn es um Corona-Erkrankungen geht:
Erstens ist zu sagen, dass schon vor Corona allgemein bekannt war, dass Frauen zwar einen besseren Infektionsschutz haben – sie erleiden bei Ansteckung weniger schwere Verläufe als Männer -, aber sie haben bei allen Medikamenten, auch Impfungen, mehr Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten und Allergien. Frauen bis einschließlich in die Wechseljahre sind die Gruppe, die am ehesten betroffen ist. Mich wundert, dass man nicht auf die Idee gekommen ist, zu sagen: Bei dieser Gruppe nehmen wir ausschließlich die Präparate, die weniger Nebenwirkungen hervorrufen. Das wurde niemals diskutiert, obwohl das Thema eigentlich hätte bekannt sein müssen.
Zweitens wissen wir auch, dass wesentlich mehr Long-Covid-Fälle bei Frauen auftreten. Wir brauchen deshalb auf sie zugeschnittene Anlaufstellen für Long-Covid. Reha-Zentren, in denen man über Wochen bleiben muss, sind von Frauen seit jeher wesentlich weniger akzeptiert als von Männern. (…) Deshalb wäre zu überlegen, eher lokale Ambulanzen und tagesklinische Angebote zu schaffen.
Die Gender-Medizinerin erzählt in den folgenden Absätzen von weiteren Gruppen, die besonders stark von Corona betroffen sind – Männer kommen als Gruppe, um die man sich besonders kümmern sollte, selbstverständlich nicht vor. Wer immer das Interview führte, interessiert sich auch nicht dafür, sondern fragt stattdessen zum Beispiel: "Frauen leben länger als Männer, aber schlechter. Stimmt das so noch?"
Das sei so, versichert die Gender-Medizinerin:
Der Fluch ist, dass Frauen diese Lebenserwartung um längeres Siechtum erkaufen müssen – was sie natürlich nicht wollen und die Gesellschaft auch nicht, weil das viel kostet und Pflegeprobleme aufwirft. Es sind die scheinbar nicht so dramatischen Leiden, die man rechtzeitig angehen muss. An Seh- und Hörstörungen, Knie- und Kreuzschmerzen oder Inkontinenz stirbt man nicht, aber damit landet man letztlich im Heim.
Die fiesen Männer hingegen haben sich im Patriarchat natürlich wieder den besten Platz gesichert: Ihnen bleiben all die Kreuzschmerzen im hohen Alter oft erspart, weil sie sich rechtzeitig vom Acker gemacht haben.
5. Heute Thema bei Christian Schmidt: Wer etwas erfindet, das Frauen schützt, ist ein Schwein.
6. Die Post. Eine meiner Leserinnen schreibt mir heute:
Lieber Herr Hoffmann,
die Gender-Befürworter argumentieren oft, dass es sich bei der gegenderten Sprache um natürlichen Sprachwandel handelt und dass alle Gegner des Genderns dann doch auch bitte Mittelhochdeutsch oder Ähnliches sprechen sollen.
Der Vergleich "Gendern" und "jahrhundertelanger, natürlicher Sprachwandel" scheint mir aber sehr unglücklich.
Ich würde das Gendern eher mit dem französischen Revolutionskalender vergleichen, bei dem "von oben" beschlossen wurde, dass man eine völlig neue Zeitrechnung und Kalenderstruktur einführen muss, um das Volk vom Joch der Unterdrückung zu befreien. Die Zeit wurde dezimalisiert (eine Woche hatte 10 Tage à 10 Stunden à 100 Minuten), weil das angeblich wissenschaftlicher und logischer sein sollte. Zudem wurden alle Monate und Tage umbenannt, um Verweise auf Religion oder römische Herrscher zu vermeiden. Christliche Feiertage wurden abgeschafft und durch (weniger) Revolutionsfeiertage ersetzt.
Wie man sich vorstellen kann, war das Volk eher weniger begeistert. Die Zehntagewoche und der Wegfall von Feiertagen bedeutete mehr Arbeit und es war extrem umständlich, das normale Zeit- und Kalendersystem in das neue umzurechnen.
In anderen Worten, man hat par ordre du mufti ein bewährtes System durch ein absolut umständliches ersetzt und sich dann selbst auf die Schulter geklopft, weil man gemeint hat, dass die Gesellschaft durch diese oberflächliche Veränderung freier und gerechter wird, während die Leute, die davon profitieren sollten, die Umstellung überhaupt nicht wollten.
Wenn das keine Parallele zum Gendern ist, weiß ich auch nicht :)
Napoleon hat den Kalender dann letztendlich wieder abgeschafft.
Kleines P.S.: Ich habe letzte Woche an einem wissenschaftlichen Workshop teilgenommen (kein Bezug zu Genderthemen) und habe festgestellt, dass hauptsächlich die bösen, alten, weißen Männer beim Vortragen gegendert haben, während die jungen Frauen das generische Maskulinum verwendet haben. Klar lässt sich das nicht verallgemeinern, aber es war doch eine interessante Beobachtung.
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