1. Vom neuen Online-Magazin zur Männergesundheit gesund.men habe ich eine Pressemitteilung erhalten, der zufolge die
Übersterblichkeit von Männern durch Corona unterschätzt wird:
In jeder Altersgruppe sterben coronabedingt rund zwei bis dreimal so viele Männer wie Frauen je 100.000 Männer beziehungsweise Frauen. Nur aufgrund des hohen Frauenanteils in der Bevölkerungsgruppe der über 80-Jährigen liegt der Anteil der Männer an den Corona-Opfern bundesweit bei "lediglich" rund 55 Prozent. Vereinfacht gesagt sterben Männer deshalb nicht häufiger an Corona, weil sie zuvor schon an anderen Erkrankungen oder bei Unfällen verstorben sind.
Die wichtigsten Fakten in Kürze:
* In mehr Männer als Frauen je 100.000 Einwohner an den Folgen der Covid19-Pandemie.
* Das wahre Ausmaß der Übersterblichkeit wird teilweise dadurch verschleiert, dass ältere Menschen häufiger weiblich sind. So sind rund 60 Prozent der über 80-jährigen Frauen.
* Corona könnte den zuletzt gesunkenen, aber immer noch großen Unterschied in der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern von fast fünf Jahren wieder vergrößern.
* Besonders stark betroffen sind teilweise auch Migranten.
* Alter bleibt aber der wichtigste Risikofaktor
In seinem jüngsten Bericht zur Zahl der Sterbefälle nach Geschlecht führt das Robort-Koch-Institut insgesamt 14.346 Fälle auf, deutlich mehr als noch vor einer Woche. Davon waren 7.951 Männer und 6.395 Frauen. Männer sind also deutlich stärker von Corona betroffen als Frauen. Allerdings verdeckt die Tatsache, dass es in den besonders betroffenen Altersgruppen ab 80 deutlich mehr Frauen als Männer gibt die tatsächliche Übersterblichkeit von Männern.
(…) Warum Männer so viel häufiger betroffen sind als Frauen, ist noch unklar. Eine Erklärung könnte im Enzym ACE2 liegen. Es hat eine Schutzwirkung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Corona-Viren scheint es aber als Einfallstor zu dienen. Insgesamt scheint das Immunsystem von Frauen generell stärker zu sein.
Verstärkt werden könnten diese Faktoren durch die Tatsache, dass deutlich mehr Männer als Frauen in Berufen tätig sind, in denen die Lungen stark geschädigt werden, beispielsweise Tätigkeiten in der Industrie oder im Baugewerbe. Ich selbst habe als Schüler am Samstag als Nebenjob Rohre in einem Eisenwerk ausgeschliffen und hatte bis Mittwoch Staub in der Nase. Wie die Lunge von den (meist ausländischen) Männern aussieht, die dort jeden Tag gearbeitet habe, will ich gar nicht wissen.
(…) Als die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Juni einen großen Artikel zum Thema Corona brachte, war die Übersterblichkeit von Männern kein Thema. Auf der Internetseite einer Softwarefirma landete die höhere Sterblichkeit von Männern sogar als gute Nachricht. Es sei erfreulich, dass Frauen und Kinder weniger betroffen seien. Für die Kinder mag man diese Einschätzung teilen, dass aber der Tod von Männern als weniger schlimm als der von Frauen gesehen wird, ist unverständlich.
Überlegungen, wie man die Übersterblichkeit von Männern verringern könnte, gibt es aber kaum. Der Umstand wird achselzuckend zur Kenntnis genommen, ein Aufruf des Netzwerkes Global Action on Men’s Health verhallte weitgehend unbeachtet.
Warum ist das so? Die Antwort lautet oft, dass die Übersterblichkeit von Männern ausschließlich biologisch sei. Das aber ist längst noch nicht bewiesen. Und es ist auch kein gutes Argument in einem Sozialstaat. Das Problem scheint zu sein, dass das Bild vom "starken Geschlecht" noch immer in vielen Köpfen vorhanden ist.
Es stellt sich die Frage, ob das Geschlecht bei der Priorisierung zur Impfung eine Rolle spielen sollte. Die Daten zeigen klar, dass das Geschlecht nicht der bestimmende Faktor ist, sondern zunächst das Alter. Auch einzelne Migrantengruppen sterben häufiger an Corona. Allerdings ist das Geschlecht ein wichtiger Faktor.
Eine pauschale Einordnung der Männer als Risikogruppe ist daher nicht gerechtfertigt. Allerdings könnte es trotzdem sinnvoll sein, bei der Vergabe das Geschlecht zu berücksichtigen. Denkbar ist beispielsweise, dass zunächst zentrale Berufsgruppen wie medizinisches Personal und besondere Risikogruppen wie Lungenkranke geimpft werden und anschließend eine Priorisierung nach dem Alter erfolgt. In diesem Fall sollten Männer einen "Alterszuschlag" von fünf bis sieben Jahren bekommen.
Angesichts der bisher noch großen Nebenwirkungen der Impfung stellt sich aber die Frage, ob die Nachfrage überhaupt so groß sein wird, dass die Impfung rationiert werden muss.
Das verlinkte Online-Magazin macht auf mich in Gänze einen interessanten und zukunftsweisenden Eindruck.
2.
Die EU will Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 beenden. Das ist ein ungewöhnliches Engagement bei einem Problem, von dem weit überwiegend Männer betroffen sind.
3. Aus der Reihe "Dinge, die man mit keiner anderen Menschengruppe tun kann" lesen wir heute in der "Berliner Zeitung" eine Pro-und-Kontra-Diskussion zu der Frage
"Darf man Männer hassen?" Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit unter Linken und Journalisten bleibt ein interessantes Phänomen.
Im Anreißer des Artikels, der das Buch Pauline Harmanges als Aufhänger nimmt, werden Männer als "gewalttätige, egoistische, faule und feige Wesen" beschrieben, im Verlauf des Artikels dann die verschiedensten sexistischen Klischees bedient:
Gibt es nicht eigentlich genug Gründe, Männer zu verachten, mehr, als sich in sie zu verlieben? Die Gewalt an Frauen nimmt stetig zu, allein in Deutschland stirbt jeden dritten Tag eine Frau durch die Hände ihres (Ex-)Partners. Sexuelle Belästigung ist Alltag. Frauen leiden psychisch so stark darunter, dass posttraumatische Belastungsstörungen bei ihnen doppelt so häufig diagnostiziert werden wie bei Männern. Selbst der Kapitalismus profitiert von der Ausbeutung von Frauen: Unbezahlte Care-Arbeit in Erziehung und Pflege ermöglicht niedrige Steuern, von denen meist besserverdienende Männer profitieren.
Man könnte sich jetzt daran machen, das alles einzeln zu zerpflücken, aber das wäre ähnlich fruchtlos wie in einem antirassistischen Blogs ausländerfeindliche Ressentiments auseinanderzunehmen. Wer so denkt und schreibt (in diesem Fall die Journalistin Maxi Beigang), scheint kaum noch zu erreichen.
Im weiteren Verlauf der Pro-Männerhass-Argumentation heißt es:
Im Kapitel "Frauen, lasst eure Wut raus" fordert Harmange daher folgerichtig, dass all die sexistischen Ungerechtigkeiten Wut anfachen sollten. Es ist diese "Wut, die nach Gerechtigkeit verlangt, die nach Wiedergutmachung ruft, die uns davon abhält, in Resignation zu verfallen. Unsere Wut ist es, die die Männer für ihr Handeln verantwortlich macht und alle unsere Revolutionen beflügelt."
Jetzt wisst ihr's: Bei Frauen ist Wut eine gute Sache, aber "wütende weiße Männer" sind eine Bedrohung.
Die angebliche Contra-Männerhass-Position ist allerdings auch eher irritierend:
Und ist es nicht wirklich eine Anmaßung, als Mann eine Streitschrift zu besprechen, die sich keineswegs an Männer richtet?
Ist es anmaßend, wenn Schwarze und Farbige eine Streitschrift besprechen, die sich nur an weiße Rassisten richtet? Diskutieren wir darüber doch morgen in der "Berliner Zeitung".
Dabei sehe ich die meisten Kritikpunkte von Harmange gar nicht als falsch an: Tatsächlich sticht es ins Auge, dass körperliche und sexualisierte Gewalt gegen das andere Geschlecht fast immer von Männern verübt wird.
Das sticht nur ins Auge, wenn man meint, den tatsächlichen Forschungsstand über
häusliche Gewalt und
sexuelle Übergriffe ignorieren zu können. Selbst die angeblichen Verteidiger von Männern geben sich in unseren Leitmedien inzwischen männerfeindlichen Vorurteilen hin und haben sich Lichtjahre von der emprischen Realität entfernt.
Dieser Tage wurde übrigens eine neue Studie veröffentlicht:
Dogmatische Menschen suchen selbst in den Feldern, in denen sie usnicher sind, weniger Informationen. Recherche ist auch nicht mehr nötig im Journalismus der Gegenwart, man wird auch ohne diesen Aufwand bezahlt.
Das Abrichten kleiner Jungs zu (Business-)Kriegern, denen Empathie aberzogen wird und die nachher auf Frauen angewiesen sind, da sie sich selbst emotional nicht versorgen können, ist ein Kerngeschäft des Patriarchats. (….) Mag sein, dass Frauen, die sich zum ersten Mal feministisch informieren, aus "Ich hasse Männer" ein paar wertvolle Anregungen ziehen. Aber es steht nichts [in Harmanges Buch], was nicht andernorts schon packender und weniger weichgespült formuliert worden wäre.
Ja, das stammt immer noch aus der angeblichen "Contra"-Position zu Männerhass. Das eigentliche Problem dieses Autors (Anselm Neft) ist, dass das Buch "Ich hasse Männer" zu "weichgespült" formuliert ist.
4.
Rbb-Inforadio verhedddert sich in seinen Platitüden:
J.D. Vance Roman "Hillbilly Elegy" erklärt die Innensicht vieler Amerikaner: Es geht um wütende weiße Männer und noch wütendere, verzweifelte Frauen im armen, vergessenen Amerika.
Also sind die weißen Männer dort nicht verzweifelt? Sondern grundlos wütend? Oder musste das Wort "verzweifelte" vor den noch wütenderen Frauen stehen, um sie nicht noch gefährlicher als die "wütenden weißen Männer" erscheinen zu lassen? Oder wollte man einfach nur das Frau-als-Opfer-Schema unbedingt erhalten?
5. Wir lesen weiter im
Neuen Deutschland:
Wer steht in unserer Gesellschaft ganz oben auf der Gewaltpyramide? Cisgeschlechtliche, weiße, akademisierte, heterosexuelle Männer, die christlich sozialisiert wurden und weder behindert noch chronisch krank sind. Diese können sich alles erlauben und werden gesellschaftlich toleriert, genießen also eine Art Immunität. Sobald die Toleranz knackt, schlüpfen sie in die Opferrolle.
Kann es sein, dass der
psychische Druck der Corona-Pandemie unter deutschen JournalistInnen gerade einen Hass aufplatzen lässt, der sonst eher unter der Oberfläche gärt und nicht ganz so stark sichtbar wird?
6. Das britische Boulevardblatt "Sun" schlagzeilt:
"Sie betrügen, verlassen einen oder wollen einfach nur Sex – warum wir Männer hassen".
Vielleicht ist der größte Vorwurf, den man Männern ernsthaft machen kann, dass sie einen solchen Menschenhass noch immer finanzieren. Die "Berliner Zeitung", das "Neue Deutschland" und die "Sun" werden schließlich nicht nur von Frauen gekauft.
7. Passend zu der
Rezension eines antimaskulistischen Buches von Susanne Kaiser, die ich gestern veröffentlicht habe, berichtet die
Süddeutsche Zeitung von einer neuen Studie zweier Politikwissenschaftlerinnen. Das Ergebnis: Unter Frauen ist ein stärkeres Ausmaß an Polarisierung zu finden als unter Männern.
Der Grund dafür liege darin, dass "Frauen festere Lagerindentitäten pflegen", schreiben die Wissenschaftlerinnen. Frauen identifizieren sich demnach eher und stärker mit einer politischen Seite als Männer, die sich etwas häufiger als politisch unabhängig bezeichneten. Aus anderen Studien ist bekannt, dass Frauen sich tatsächlich stärker über Gruppenidentitäten definieren als Männer und auch einen etwas ausgeprägteren In-Group-Bias pflegen - sie bevorzugen also die Mitglieder des eigenen Lagers oder der eigenen Gruppe gegenüber anderen. (…) Im Vergleich zu Männern sind "Frauen gegenüber Anhängern der politischen Gegenseite heute etwas feindseliger", schreiben die Wissenschaftlerinnen.
Die "Süddeutsche" betrachtet diese Erkenntnisse als "überraschend" und "antiinituitv". Ja, wenn man Frauen für bessere Menschen hält, ist man sicher völlgi verdattert, wenn man plötzlich mit Wissenschaft konfrontiert wird. Gehört man aber zu jenen "bösen Frauenfeinden" mit etwas mehr Hintergrundwissen beim Geschlechterthema, die in unseren Leitmedien gerne ignoriert oder niedergemacht werden, überraschen diese Erkenntnisse kaum.
Im selben Artikel zitiert die "Süddeutsche" ein Forschungsresultat der Psychologen um Michael Schwalbe und Lee Ross:
"Politische Polarisierung bedroht zunehmend den Fortbestand demokratischer Institutionen."
Wenn dem so ist, könnte man ja auch mal anfangen, diese Polarisierung zu überwinden und mit Menschen das Gespräch suchen, die im Mainstream-Feminismus bestimmte Punkte kritisch sehen? Immerhin verrät die "Süddeutsche" zuletzt auch, warum diese Menschen aus einem bestimmten Lager beständig als "Frauenfeinde" beschimpft werden:
Dahinter steckt die allzu menschliche Annahme, dass man selbst einen halbwegs objektiven Blick auf die Welt pflegt, wie sollte es auch anders sein? Und wenn sich dann jemand erdreistet, diese Sicht anzuzweifeln oder auch nur nachzufragen, wie das genau gemeint ist, bekommt er den Zorn der Selbstgerechten zu spüren.
8. Wir bleiben beim Thema.
Die Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München bewirbt auf
Facebook Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen, Mädchen, Jungen und nonbinären Menschen. Ich habe mich freundlich danach erkundigt, warum Männer von diesen Aktionswochen ausgenommen sind. Seitdem hat die Gleichstellunsgstelle limitiert, wer ihr Facebook-Posting kommentaren darf. Mein Kommentar wurde natürlich gelöscht.
Psychologische Prozesse des Lagerdenkens hin oder her: Wenn Sie eine Politik vertreten würden, wegen der Sie sich auf eine kritisch-interessierte Gegenfrage sofort einbunkern müssten: Wie überzeugt wären Sie dann davon, dass Ihre Politik gut und richtig ist? Wie berechtigt wäre diese Überzeugung?
9. Die Post. Mein Leser Tristan Rosenkranz schreibt mir:
Zu dem bei Dir verlinkten Beitrag der Neuen Zürcher Zeitung sollte noch einiges ergänzt werden. Ich selbst war eineinviertel Jahre mit einer Narzisstin zusammen und nicht nur durch einen engen Freund, sondern auch meine frühere Männer- und jetzige Verlagsarbeit ist das Thema immer präsent, weil ich meinen Leidensweg auch mit anderen Männern, nicht zuletzt Betroffenen häuslicher Gewalt, teile.
Was mir in der Aufarbeitung meiner eigenen Beziehung durch umfassende Recherchen auffiel, war, dass Narzissmus in der öffentlich-medialen Debatte immer mit Männern verknüpft wird. Nicht wenige Frauen sind jedoch ebenfalls narzisstisch persönlichkeitsgestört. Vertieft man sich in die Materie, stellt man schnell fest, dass Narzissten stets kalt, berechnend und egoistisch dargestellt werden, Narzisstinnen aber als Opfer ihrer Persönlichkeitsstörung, als leidend unter dem enormen Druck, Aufmerksamkeit zu erlangen.
Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der Partnerschaften im narzisstischen Kontext nur deshalb zustande kommt, weil sich Narzisst und Co-Narzisst (wahlweise weibliche Form) einander ergänzen. Ein Zitat aus mensch-und-psyche.de: "Während der eine die Bewunderung, Verehrung und Bestätigung genießt, fühlt sich der andere durch die demonstrierte Grandiosität und gegebenenfalls die materiellen Erfolge des Partners mit aufgewertet. Dabei hat der Co-Narzisst die gleichen seelischen Probleme (hohe Kränkbarkeit, Sehnsucht nach Akzeptanz, Liebe und Verständnis), wählt nur einen anderen Weg, um sein Defizit zu stillen."
Als sehr hilfreich habe ich Bärbel Wardetzkis Standardwerk "Weiblicher Narzissmus - Der Hunger nach Anerkennung" erfahren. Wardetzki wertet nicht, sondern versucht zu verstehen. Etwas, was für männliche Narzissten ebenfalls wüschenswert wäre. Natürlich darf es nicht bedeuten, emotionalen Missbrauch zu entschuldigen, aber so lässt sich viel besser verstehen, welche oftmals frühen familiären Umstände Menschen zu Narzissten werden lassen.