Mittwoch, Dezember 11, 2024

Wie unsere Politiker mit der Angst von Frauen spielen

1.
Das Bundeskriminalamt hat ein "Lagebild" zu "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" veröffentlicht. Dann wurde es fehlinterpretiert und politisch instrumentalisiert.


So beginnt ein aktueller Artikel des ehemaligen Bundesrichters Thomas Fischer. Ein weiterer Auszug daraus:

Am 19. November hat das dem Bundesinnenministerium (BMI) nachgeordnete Bundeskriminalamt (BKA) einen Lagebericht: "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" veröffentlicht. (…) Am Tag der Präsentation des BKA-Lagebilds (und in den beiden folgenden Tagen) gab es eine Fülle von Berichterstattung darüber, dass die Lage der Frauen in Deutschland sich, was die geschlechtsspezifische Gewaltkriminalität betrifft, dramatisch verschlechtert habe. Viele Berichte waren manipulativ, vorurteilsgesteuert und eher "aktivistisch" denn informativ. An der Spitze betätigte sich "Bild" mit einer Serie von Alarm-Beiträgen. Beispiele: "Neue Horror-Zahlen. Jeden Tag 144 Sexualdelikte gegen Frauen!" (19. November); "Gewalttaten gegen Frauen explodieren um 89 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, als Frau in Deutschland Opfer einer schweren Straftat zu werden, steigt sprunghaft an" (23. November).

Im SPIEGEL stand einer eher alarmistischen Meldung ("Deutlich mehr Gewalt gegen Frauen in Deutschland") eine erfreulich differenzierte Analyse gegenüber. Sie erschien leider unter dem irreführenden Titel: "Immer mehr Gewalt gegen Mädchen und Frauen – Das weiß man über die Täter", obgleich ein zentraler, durch wissenschaftlich-kriminologisch Expertise unterlegter Satz des Beitrags lautete: "Es ist nicht eindeutig zu beantworten, ob die steigenden Zahlen auch einen tatsächlichen Anstieg der Gewalt bedeuten."

Der "Lagebild"-Bericht des BKA ist knapp 300 Druckseiten lang. Die Lektüre der Medienberichte über seinen Inhalt legt die Vermutung nahe, dass eine Vielzahl von Kommentatoren sich die Lektüre (und das Verständnis) des Gutachtens erspart und für die Bewertung auf bewährte Trigger-Narrative zurückgegriffen haben: "Immer mehr" und "Immer schlimmer". Diese Haltung wird von der Verlautbarungs-Praxis der (Partei)-Politik gefördert, die mit dramatischen Bedrohungsmeldungen die angeblich alternativlose Dringlichkeit ihrer Projekte zu belegen versucht.

(…) Zentraler Begriff des Vorhabens ist der der "Gewalt". Das Wort hatte in der Kommunikationsgeschichte eine Vielzahl von Bedeutungen. (…) Banal: Wenn vor 30 Jahren niemand auf die Idee gekommen wäre, verbale Beleidigungen als "Gewalt" zu bezeichnen, und dasselbe Verhalten heute als "psychische Gewalt" oder "digitale Gewalt" registriert wird, bedeutet das nicht, dass "die Gewalt" tatsächlich zugenommen hat, sondern nur, dass das Verständnis des Begriffs sich verändert hat.

Man kann das alles unterschiedlich bewerten. Es sollte aber ehrlich kommuniziert werden. Der permanente Widerspruch zwischen gesellschaftspolitischen und rechtlichen Begrifflichkeiten erzeugt Verwirrung und begünstigt eine alarmistische Grundstimmung, die von den empirischen Gegebenheiten gar nicht getragen wird. Wenn jede Beleidigung im Netz als "Gewalt" registriert und immer öfter angezeigt wird, ist der Befund, dass "digitale Gewalt" zugenommen habe, nicht überraschend. Gegenbeispiel: Die Zahl der "Hexerei"-Delikte hat in den vergangenen 250 Jahren stark abgenommen.

(…) Die Intuition spricht gegen die Annahme, dass die Häufigkeit sogenannter häuslicher Gewalt stark zugenommen hat. Es ist davon auszugehen, dass der gesellschaftliche Konsens, wonach etwa das Schlagen von Kindern, aber auch partnerschaftliche Gewaltausübung verachtenswert sind, in den vergangenen Jahrzehnten sehr deutlich angestiegen ist. Zugleich ist die Sensibilität und die Bereitschaft, häusliche Gewalt als Straftat zu erkennen, gestiegen, ebenso die Anzeigebereitschaft. In polizeilichen Statistiken und Lagebildern erscheint allein ein "Hellfeld" registrierter Tat-Vorwürfe (und nicht: bewiesener und abgeurteilter Taten), welches unter anderem von den genannten Bedingungen abhängig ist. "Dunkelfeld"-Untersuchungen sind aufwendig und ihrerseits von Vorverständnissen abhängig.

(…) Die meisten Opfer von körperlicher Gewalt sind übrigens männlichen Geschlechts; die meisten Täter ebenfalls. Fragen: Gibt es "geschlechtsspezifisch gegen Männer" gerichtete Gewaltkriminalität? Lässt sich die Definition "…weil sie Frauen sind" auf "… weil sie Männer sind" übertragen?

(…) Die Behauptung, das "Lagebild" des BKA vom 19. November 2024 belege eine tatsächliche Zunahme der geschlechtsspezifischen Gewaltkriminalität gegen weibliche Personen in Deutschland, ist irreführend. Das dahinterstehende Narrativ, es existiere seit vielen Jahren eine ständig steigende Bedrohungslage und die Häufigkeit von aus geschlechtsspezifischen Motiven begangenen Gewalt- und Sexualstraftaten steige tatsächlich kontinuierlich an, ist alarmistisch. Das Lagebild weist ausdrücklich darauf hin, dass aus polizeilicher Sicht die jeweilige Motivlage meist gar nicht verifizierbar ist.

Die Behauptung würde im Übrigen bedeuten, dass die seit vielen Jahren betriebene Verschärfung der Gesetzeslage und Erhöhung der Kontrolldichte sowie die Hinwendung der Rechtspolitik zum Opferschutz komplett nutzlos gewesen wären. Die Strafrechtspolitik schaufelt sich durch den Alarmismus von heute stets schon die Falle von morgen.




2. Potsdamer Grüne warnen vor einem "Rückfall ins Mittelalter". Könnt ihr euch denken, was sie derart alarmiert? Na klar:

Die CDU hatte vorgeschlagen, das generische Maskulinum für alle Personen zu verwenden, damit aber alle Personen zu meinen, um die Texte "klar, eindeutig und möglichst verständlich" zu gestalten. Das bedeutet, dass alle Personen-, Amts- und Funktionsbezeichnungen in der Hauptsatzung nur noch in der männlichen Form geschrieben werden. Zum Hintergrund – der Bundesgerichtshof hatte 2018 entschieden, dass das generische Maskulinum nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstößt.

(…) "Die Mehrheit im Kreistag – angeführt von der CDU und der FDP/IGH-Fraktion und unterstützt durch AfD und Freie Wähler – brachte einen umstrittenen Änderungsantrag durch. Dieser Beschluss bedeutet faktisch das Ende der geschlechtergerechten Sprache in der Verwaltung des Landkreises und widerspricht damit §13 des Landesgleichstellungsgesetzes", teilt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Potsdam-Mittelmark in einer Pressemitteilung mit. "Das ist ein schwarzer Tag für die Gleichberechtigung. Frauen werden mit diesem Beschluss bewusst aus der Sprache und somit aus dem gesellschaftlichen Diskurs gedrängt. Das ist keine Verwaltungsentscheidung, das ist politische Absicht", erklärt der Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen im Kreistag Hardy Schulz. Kreistagsmitglied Alexandra Pichl, die auch Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen und frauenpolitische Sprecherin ihrer Partei ist, sagt: "Wir gehen ins Mittelalter zurück, wo Frauen unsichtbar gemacht und entwertet wurden. Genau das geschieht hier erneut."




3. Einen neuen Take zu der an Frauen gerichtete Frage "Begegnest du im Wald lieber einem Mann oder einem Bär?" liefert die Frankfurter Rundschau: "Mann liefert sich Kampf mit Eisbär, um seiner Frau zu helfen". Viele Frauen wären trotzdem lieber mit dem Eisbär alleine gewesen.



Dienstag, Dezember 10, 2024

Anklage: "Polizeipräsidentin zwang Assisten zum Sex und ließ ihn dann Aufgaben erledigen"

1. Die Daily Mail berichtet.

Eine glamouröse Gesetzgeberin des US-Bundesstaates Washington hat einen männlichen Mitarbeiter zum Sex genötigt, ihn dann dazu gebracht, Besorgungen für sie zu machen und versucht, ihn zu feuern, als er sie anzeigte, heißt es in einer Klage.

Emily Clouse, 30, soll nach ihrer Wahl zur Polizeipräsidentin in Thurston County, zu dem auch die Hauptstadt Olympia gehört, eine "einvernehmliche Beziehung" mit dem ungenannten Mann begonnen haben.

Der Adjutant behauptet jedoch, er habe sich nicht in der Lage gefühlt, Clouses Annäherungsversuche zurückzuweisen, weil sie Macht über ihn hatte, und sagt, er habe die Romanze als "zunehmend unwillkommen" empfunden.

"Dem Kläger war jedoch klar, dass er seine persönliche intime Beziehung sexueller Natur mit Kommissarin Clouse fortsetzen musste, wenn er seinen Arbeitsplatz behalten wollte", heißt es in der Klage.

Clouse soll den Mann dazu gebracht haben, sie herumzufahren, ihr Essen und Getränke zu kaufen und ihr Bargeld zu leihen, das sie seiner Darstellung nach nie zurückzahlte, berichtete die Spokane Spokesman-Review.

Er bezeichnete sie als Missbrauchstäterin und meldete ihr Verhalten am 26. Juli der Personalabteilung von Thurston County.

Clouse, die im November 2023 auf ihr Amt vereidigt wurde, versuchte 30 Minuten später, ihn zu entlassen und beschuldigte ihn anschließend, sie sexuell angegriffen zu haben.

Der Adjutant sagt, dass andere Beamte von Thurston County versuchten, seine Behauptungen zu unterdrücken, indem sie ihn angeblich fragten, "wie viel Geld" es kosten würde, seine Behauptungen verschwinden zu lassen.


Je mehr Frauen in Machtpositionen es gibt, desto mehr Fälle wird es geben, wo Vorwürfe sexueller Ausbeutung mit vertauschten Geschlechtern erhoben werden.



2. Frauen in Sachsen-Anhalt werden 6,6 Jahre älter als Männer.



3. Große Aufregung in etlichen Medien gab es letzte Woche um das sogenannte Klaasohm-Fest auf Borkum. Dazu gehört der Brauch, dass Männer Frauen mit Kuhhörnern auf den Hintern schlagen. Anstoß für die aktuelle Medien-Empörung darüber war ein Beitrag der ARD-Sendung "Panorama". Unter Überschriften wie Auf dieser deutschen Insel prügeln Männer jedes Jahr Frauen grün und blau – zum "Spass" wurde danach so darüber berichtet:

Jeden 5. Dezember ist es so weit: Auf der Nordseeinsel Borkum gehen Männer auf die "Jagd" und verprügeln ihre Frauen. Die Borkumer finden dies eine harmlose, lustige Tradition. Borkumerinnen erzählen in einer neuen Reportage jedoch von Angst, Erniedrigung und schlimmen Verletzungen.


Inzwischen ist der 5. Dezember dieses Jahres gekommen und gegangen, ohne dass irgendjemand bei Klaasohm zusammengeschlagen wurde. Allerdings war laut "Focus" auch ein Großaufgebot der Polizei auf der Insel – und offenbar kaum weniger Reporter. Die Berichte sind jetzt, wo sich die Aufregung gelegt hat, wieder sachlicher geworden (wenn man von der vorverurteilenden Überschrift absieht):

"Da wurden Extremfälle geschildert", sagt ein Jugendlicher Borkumer und wirft den Reportern vor, nicht das ganze Fest gezeigt zu haben: "Das wird komplett aus dem Kontext gerissen." Das findet auch Georg Poppinga, der einzige Gesprächspartner, der bereit ist, mit Namen genannt zu werden. Auch er spricht von "grottenschlechtem Journalismus" und einseitiger Berichterstattung.

Der alteingesessene Borkumer hebt ebenfalls die Gemeinschaft, das Zusammenkommen und den Spaß beim Feiern hervor. "Ich habe 50 Jahre mitgemacht und hatte nie blaue Flecken", sagt seine Frau, die nicht namentlich genannt werden möchte.

(…) Auch anderen Borkumern stößt sauer auf, wie sie nun dargestellt werden. "Das Bild, das rüberkommt, ist ein minderbemitteltes Volk, das am 5. Dezember Frauen verkloppt", beschreibt ein Borkumer seinen Eindruck. In Reaktion auf die Berichte sahen sich viele Borkumer heftiger Kritik bis hin zu Drohungen ausgesetzt, Hotelbetreiber sprachen von stornierten Urlauben.

"Über die Gewalt kann man diskutieren", sagt der Borkumer, die sei immer zu verurteilen. Doch sei das Fest eben nicht so, wie es in den Videos dargestellt werde – erst recht nicht so wie in den veröffentlichten Archivaufnahmen. Die "Kloppereien" habe es zwar auch in den Vorjahren noch gegeben, die hätten allerdings mehr einem Katz-und-Maus-Spiel geglichen.

"Wer nicht mitmachen wollte, hat auch nicht mitgemacht", sagt der Insulaner und sein Begleiter ergänzt: "Den Borkumer Mädels fehlt das heute." Mit diesem "Nervenkitzel" wüchsen die Borkumer schließlich auf. Nun so in Verruf zu geraten, habe der Ort nicht verdient.


Auch "Die Zeit" berichtet über den Medienfuror und die Folgen:

Frauenverachtend. Patriarchal. Beängstigend. Barbarisch. Die Meinungen über Borkum im Internet sind vernichtend. "Sippenhaft", sagen die Borkumer. "Wir stürmen die Insel", schreibt eine Gruppe im Internet. Und wenn man sich auf der Insel umhört, dann merkt man, dass man sich hier nicht einig ist, dass sich einige wehren, einige anprangern, dass sich aber alle irgendwie missverstanden fühlen.

(…) Frieda Lekscha, 33, blondes, gewelltes Haar, Tattoos an den Armen, ihr gehört eine Weinbar an der Promenade. Sie öffnet die Tür und entschuldigt sich: "Ich habe einen Heidenrespekt vor der medialen Wucht, die uns gerade trifft." Niemand möchte etwas Falsches sagen. "Hier gibt es so viele tolle Leute und wir bekommen Stornierungen und schlechte Google-Bewertungen ohne Ende." Die Vizebürgermeisterin Melanie Helms, die sich über die Sippenhaft beschwert, die alle Borkumer erfahren, wird sagen: "Ich bin im Feuer." Fragt man Insulaner auf Instagram, was sie zu den Vorwürfen sagen, schreiben sie: "Es ist Zeit, dass endlich Ruhe einkehrt." Eine andere: "Nein, danke. Kein Interesse." Viele wollen anonym bleiben. Man kenne sich eben auf der Insel. Borkum, gut 5.000 Einwohner.

(…) Schon am Freitag, einen Tag nach der Doku, veröffentlichen die Veranstalter des Fests, der Verein Borkumer Jungens, ein Statement, in dem sie "jegliche Ausübung von Gewalt, insbesondere gegenüber Frauen" ablehnen. Sie "entschuldigen sich in aller Form für die historisch gewachsenen Handlungen".

Währenddessen empört sich das Land:

Am 29. November schrieb Watson: Auf dieser deutschen Insel verprügeln Männer jeden Dezember junge Frauen – aus "Tradition"

Am 30. November schrieb die Bild-Zeitung: Frauen zu verprügeln, hat auf Borkum Tradition

Am 2. Dezember schrieb die NZZ: Am Volksfest Klaasohm auf Borkum werden Frauen geschlagen – aus Tradition. Doch jetzt ist Schluss

Am 3. Dezember schrieb die Berliner Zeitung: Drogen, Sex und rechte Lieder: Klaasohm auf Borkum ist nur die Spitze des Eisbergs

Doch fragt man Frauen auf der Insel, dann hört man nicht nur die der Opfer aus der Doku. Viele Frauen fühlen sich hier nicht als Opfer, sie fühlen sich nicht verstanden. Nach dem Beitrag entstand eine WhatsApp-Gruppe mit 600 Frauen, wie Frieda Lekscha erzählt. "Die meisten hier denken: Ich brauche niemanden, der mich rettet."

(…) Am Sonntag vor Klaasohm zogen mehrere Hundert Borkumerinnen auf der Insel durch die Straßen und protestierten für den Erhalt ihrer Tradition – später wurden sie beschimpft, als Frauen mit "Stockholmsyndrom". Auch die Lehrerin Anja Müller-Grünkemeier demonstrierte. Sie fühlt sich missverstanden, wie sie am Tag vor Klaasohm sagt, als sie im Strandrestaurant auf einer Couch sitzt und zum Meer blickt: "Dieses Familienfest wird auf einen kleinen Punkt reduziert. Das ist so, als würde man das Oktoberfest mit Millionen von Besuchern auf 1.700 Delikte reduzieren." Sie sagt: "99 Prozent der Menschen hier glauben, dass Gewalt ein No-Go ist." Ihre Kinder, erzählt sie, freuen sich immer auf das Fest. Ein Mädchen fragte sie auch mal: Wann darf ich mal Klaasohm sein? Obwohl sie natürlich wisse, dass das nur Männer dürften. Die Woche vor Klaasohm sei besonders, es gäbe bunte Figürchen, beim Bäcker das besondere Gebäck, es ist eine Stimmung wie vor Weihnachten. Doch als sie am Tag nach der Ausstrahlung der Doku in die Schule kam, hingen die Schüler über ihren Tischen, vollkommen aufgelöst und schockiert – alle hatten es gesehen.

(…) Kurz vor 9, nur noch wenige Stunden bis Klaasohm, der Wind pfeift, drei Männer schrubben mit Schaber, Lappen und Handtüchern eine Litfaßsäule, auf die zwei knallpinke Venussymbole geschmiert wurden, das Symbol für Frauen, für Flinta*.

9 Uhr, man hört die ersten vereinzelten Kuhhörner in der Ferne, in ihrem roten Backsteinhaus sprudelt Melanie Helms Wasser auf. Sie ist zweite Bürgermeisterin von Borkum. Seit der Doku bekommt Helms Morddrohungen. "Mir wird vorgeworfen, Vergewaltigungen zuzulassen. Es wird gesagt, ich sei eine Frauenfeindin. Oder rechtsradikal", sie muss schluchzen. Seit vier Tagen habe sie kaum gegessen und geschlafen, ihre Haare sind hochgesteckt, ihre Augenringe dunkel. "Ich mache das ehrenamtlich. Ich frage mich, ob ich das noch machen soll. Bei aller berechtigten Kritik finde ich es unglaublich, wie sehr man angefeindet wird."

(…) Viele weitere Frauen wollen nicht sprechen. Man kenne sich zu gut auf der Insel, jede Familie, jeden Namen. Aber wenn sie sprechen, sagen sie: Das Schlagen gehöre dazu, es sei ein Katz-und-Maus-Spiel. Aber wenn man einmal verdroschen wird, gegen den eigenen Willen, sei der Spaß vorbei.

(…) Maximilian Rau redet hastig am Telefon. Der 23-Jährige ist Vorsitzender des Vereins, der Oldermann. Rau sagt: "Für mich ist das sehr bedrohlich, ich bekomme hier Morddrohungen über das Internet. Dieser Druck ist Wahnsinn. Ich habe seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen", erzählt er Dienstagabend. Dann muss er wieder auflegen, die Tagung gehe weiter: Absprache mit Polizei, Bürgermeister, seinem Krisenstab. Alles für diesen Moment, heute Abend.

(…) Eine andere Frau gibt ihrem Sohn, ihrem Mittleren, wie sie sagt, einen Kuss auf die Backe. Sie habe mit den Jungs vom Verein gesprochen. "Keiner wollte Klaasohm werden. Die Klaasohm wussten dieses Jahr nicht, wie sie sich verhalten sollen." Und: "Für uns ist das ganz schlimm." Schließlich sei ihre Familie, die Ur-Ur-Ur-Großeltern, eine der ersten Siedler auf Borkum gewesen und sie wollte ihren Kindern genau das weitergeben, was jetzt kaputt sei. Sie hätte heute am liebsten das Radio gegen die Wand geschleudert. Sie sagt: "Die Frauen, die verhauen wurden, die wollten das", aber sie sagt auch: Gott sei Dank höre das jetzt auf. Sie selbst wurde nie verhauen. Auch ihr ältester Sohn sei geschockt gewesen von der Berichterstattung und sei heute deswegen nicht da, obwohl er einmal mittlerer und einmal großer Klaasohm gewesen sei.


Es bleibt der Eindruck eines traditionellen Festes, bei dem einige womöglich angetrunkene Männer etwas über die Stränge geschlagen sind, weshalb eine Woche lang ganz Borkum als Insel galt, wo die Männer die Frauen verprügeln.



Montag, Dezember 09, 2024

Bern soll Straßnnamen künftig gendern

1.
Der Berner Stadtrat wünscht sich, dass alle Strassennamen mit geschlechtergerechten Namen versehen werden. Mit 43 zu 13 Stimmen hat er am Donnerstag eine Richtlinienmotion der Alternativen Linken (AL) überwiesen.

Die Namen der Strassen zeugten von antiquiertem patriarchalischem Dogmatismus, machte alt Stadträtin Jemima Fischer (AL) in dem Vorstoss geltend. Namen wie Buchdruckerweg, Fischerweg oder Gotenstrasse seien nicht mehr zeitgemäss.

Bei der Neubenennung solle die Stadt alle gebräuchlichen Varianten geschlechtergerechter Sprache anwenden. In Zukunft sollte es etwa den Fischer*innenweg und den Buchdrucker/innenweg geben.


Hier geht es weiter.



2. Ein Artikel von Stefanie Unbehauen räumt mit Vorurteilen über das "Wechselmodell" auf. So müssen sich Eltern weder gut verstehen, damit es gelingt, noch hat es einen finanziellen Nachteil für Mütter - im Gegenteil. Abschließend gibt es ein paar Tipps, mit denen das Wechselmodell gelingt.



3. Neues Millionenprojekt in Regensburg: ein Haus für wohnungslose Frauen.



4. Gambia will sein Image als Ziel von Sextourismus loswerden. Da es um Sextourismus von Frauen geht, wird er sehr viel weniger negativ gezeichnet als der von Männern: "Die Gambier nutzen die weißen Frauen aus, und die weißen Frauen nutzen die Gambier aus." Schön, ist auch dieser Absatz:

Seine Kumpels und er berichten, wie die älteren Damen manchmal in ihren Armen weinen, wenn sie an zu Hause denken, an ihre Ehemänner, die nur im Pub abhängen und schon lange keine Lebensgefährten mehr sind. "Wir geben den Frauen, was sie brauchen, sind für sie da, bewundern sie und zeigen ihnen unsere Zuneigung. Wir sind auch ihre Therapeuten. Wir brauchen einander", erzählt ein Kumpel von Fatty. "Diese Touristinnen wollen einfach endlich wieder als Frau wahrgenommen werden", ergänzt er.


Vergleichbar verständnisvolle Passagen wären in einem Beitrag über Sextourismus von Männern unvorstellbar.



Freitag, Dezember 06, 2024

Neue Studie bestätigt: Mehr Jungen als Mädchen erleiden Gewalt durch den Partner

1. Der britische Youth Endowment Fund – eine Organisation, die sich für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt einsetzt – hat eine Studie für das Jahr 2024 erstellt, die untersucht hat, wie Mädchen und Jungen Gewalt erfahren. Zentrale Ergebnisse hat Phil Mitchell zusammengefasst, ein britischer Therapeut, den ich für mein Buch "Sexuelle Gewalt gegen Männer" interviewt hatte. Dabei findet man die folgenden Erkenntnisse:

Jungen geben eher als Mädchen an, in Beziehungen gewalttätiges oder kontrollierendes Verhalten zu erleben (57 % gegenüber 41 %).

6% der Jungen und 7% der Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren haben schon einmal sexuelle Gewalt erfahren.

Phil Mitchell kommt in dem von mir verlinkten Thread zu dem Schluss, dass sexistische Online-Gewalt Männer stärker trifft.

Jungen erfahren der britischen Studie zufolge auch stärkeres Kontrollverhalten als Mädchen, etwa dass der Partner die telefonischen Kontakte durchkämmt (57 gegenüber 41 Prozent)

Phil Mitchell verweist auf eine Studie des britischen Office for National Statistics, die zeigt, dass Männer, nicht Frauen, durch Gewalt in der Partnerschaft schlimmere Verletzungen erleiden.

All diese Erkenntnisse sind nicht wirklich neu. Schon vor Jahren habe ich in meinem Lexikon der feministichen Irrtümer über frühere Studien berichtet:

Körperliche Gewalt entwickelt sich übrigens nicht erst in den alltäglichen Frustrationen einer länger bestehenden Partnerschaft, sondern schon unter Teenagern. Hier sind die Mädchen ebenfalls öfter gewalttätig als die Jungen. Als der Soziologe Richard Breen Studenten und Studentinnen über ihre Erfahrungen in dieser Hinsicht befragte, berichteten 18 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen, Zielscheibe von Aggressionen gewesen zu sein. Breen bat speziell die Verheirateten von ihnen um eine Aufschlüsselung der einzelnen Gewaltakte. Auch diese ließ sich weder mit den gängigen Klischees noch mit der feministischen Propaganda in Einklang bringen: 20 Prozent der Männer wurden mit verschiedenen Utensilien beworfen, 23 Prozent wurden geboxt, getreten oder geohrfeigt, 30 Prozent geschubst oder gestoßen, neun Prozent mit Gegenständen angegriffen. Zehn Prozent hatten nach solchen Angriffen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

Im Jahr 2015 befragte Marius Huber vom Zürcher Tages-Anzeiger den renommierten Schweizer Psychologen Allan Guggenbühl zur Partnerschaftsgewalt. Dabei berichtet Huber zunächst, dass natürlich auch in der Schweiz die Situation nicht anders aussah als in den anderen Ländern dieser Welt: "Mit etwa 15 Jahren hat jeder vierte Bub schon Gewalt seitens seiner Freundin erlebt, während bei den Mädchen weniger als jedem fünften das Gleiche seitens ihres Freundes widerfahren ist. (…) Männliche Teenager werden von ihren Freundinnen meist ’nur‘ geohrfeigt, gebissen, getreten oder herumgestoßen. Deutlich seltener sind Faustschläge – aber auch damit sind Mädchen weniger zurückhaltend als Buben." Dieser Befund möge "vielleicht erstaunlich wirken", ist „in der Forschung aber bekannt und durch viele andere Studien bestätigt."

Drei Jahre nach dem Interview mit Guggenbühl verzeichnete eine Studie der Universität Zürich ein sogar noch gravierenderes Missverhältnis: "Jedes fünfte Mädchen hat in der aktuellen Beziehung schon einmal physische Gewalt ausgeübt", berichtet die Neue Zürcher Zeitung, "etwa indem es seinen Partner geohrfeigt, gestoßen oder geschlagen hat. Bei den Knaben ist es nur jeder achte."

Guggenbühl erläutert die gesellschaftlichen Ursachen dafür, dass Partnerschaftsgewalt häufiger weiblich ist: Buben lernten demnach schon in der zweiten oder dritten Klasse, dass man Mädchen nicht schlägt. Mädchen wiederum merken, dass sie dadurch einen Freiraum haben: Sie können einen Buben auch mal schlagen, ohne dass dieser gleich handgreiflich reagiert. Zugleich werde von Mädchen ausgehende Gewalt in unserer Gesellschaft inzwischen als Zeichen gesehen, dass diese Mädchen emanzipiert seien und sich durchsetzen könnten. "Das ist eine falsch verstandene Emanzipation", befindet Guggenbühl. "Emanzipation muss heißen, dass man auch weibliche Aggression kritisch hinterfragt, statt zu versuchen, sie mit einer Emanzipationsrhetorik zu legitimieren."


In der Forschung sind die Erkenntnisse klar. Sie werden nur von den meisten Leitmedien nicht entsprechend der Öffentlichkeit mitgeteilt.



2. Ein Artikel aus der Frauenzeitschrift Glamour beginnt so:

Toxische Männlichkeit bekämpfen, das ist das Ziel der "Positive Masculinity"-Bewegung. Die GLAMOUR-Redakteurinnen Lucy Morgan und Katharina Walser haben sich angesehen, wofür sie sich einsetzen, und fragen sich, ob es so etwas wie positive Männlichkeit überhaupt geben kann.


Welcher normale Mensch liest nach so einem Einstieg überhaupt weiter? Sind wirklich derart viele Frauen weibliche Incels? Woher kommt all dieser Hass auf Männer?



3. Eine Meldung aus Österreich beginnt so:

Der Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung erfolgte ohne jeden Zweifel. Auch zu einer mitangeklagten angeblichen geschlechtlichen Nötigung erging ein eindeutiger Freispruch. Der Schöffensenat kam zum Schluss, dass es zwischen dem Angeklagten und dem Mädchen Anfang 2023 zwar zu Sex gekommen war. Dieser sei aber "völlig einvernehmlich" gewesen, stellte die Richterin fest. Es habe keine Gewalt gegeben. Für den Jugendlichen sei "nicht erkennbar" gewesen, dass das Mädchen damit nicht einverstanden war.

In der Verhandlung wurde auch ein Chat erwähnt, der das Mädchen als Opfer fraglich erscheinen lässt. "Haha, war eh nur Spaß" soll es demnach nach der von ihr behaupteten Vergewaltigung dem 16-Jährigen geschrieben haben. Nach dem Urteilsspruch standen dem Burschen Tränen in den Augen. Er sei an seiner Schule als Vergewaltiger bezeichnet worden, im Internet kursierten Hasspostings gegen ihn, man habe auch zu seiner Abschiebung aufgerufen.


Hier geht es weiter.



4. Eine Passage aus einem Artikel der populärwissenschaftlichen Zeitschrift Psychology Today:

In einer Umfrage unter mehr als 1.000 Jungen im Alter von 10 bis 19 Jahren gaben 44 Prozent an, dass sie glauben, die Gesellschaft erwarte von ihnen, dass sie aggressiv oder gewalttätig sind, wenn sie wütend werden, und nur 2 Prozent sagten, die Gesellschaft schätze Ehrlichkeit und Moral bei Jungen.


Das Männerbild unserer Gesellschaft ist zutiefst gestört.



5. Die jungen Männer in der Ukraine rebellieren gegen die von der USA geforderte Wehrpflicht ab 18.



Donnerstag, Dezember 05, 2024

Frankfurt: Friseurin (60) grapscht Jungen an den Penis

1. Die Bildzeitung berichtet von einem sexuellen Übergriff auf einen 16jährigen. Die Täterin war bereits Jahre zuvor wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in fünf Fällen und wegen Besitz von "kinderpornografischem Material" zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden.



2.
Viele Väter wollen sich heute gleichberechtigt um ihre Kinder kümmern. Was steht dem entgegen? Etwa ein falscher Mamakult, der besagt, dass Mütter alles besser können.


"Die Zeit" hat sich damit beschäftigt.



3. Das Overton-Magazin berichtet über den neuesten Stand der Rekrutierungsmaßnahmen in der Ukraine: "Wir haben eine Million Männer, die sich irgendwo verstecken."



4. Die Post. Mein Leser Andreas Schmohl schreibt mir zur Genderama-Topmeldung von gestern, "Mitgefühl gilt Frauen zuerst":

Den Sachverhalt, dass praktisch unwillkürlich bezüglich Frauen der Reflex "Schutz des Schwächeren" aktiviert wird und bezüglich Männern der Reflex "Eigenverantwortung", bezeichne ich gerne als "Ur-Sexismus". Es könnte sich lohnen, den Zusammenhang zwischen dem Ur-Sexismus und dem (aktuellen) Feminismus stärker herauszuarbeiten. Der Ur-Sexismus ist definitiv keine Erfindung des Feminismus, vielmehr ist er vermutlich biologisch tief verankert. Der (aktuelle) Feminismus tut nur so, als ob er fortschrittlich wäre, tatsächlich spricht er lediglich uralte biologische Reflexe an und nutzt sie aus, anstatt diese Reflexe, also den Ur-Sexismus, als Sexismus zu reflektieren und zu entlarven.

Das Ziel sollte meiner Ansicht nach sein, Männern und Frauen in gleichem Maße Schutz zukommen zu lassen und ihnen in gleichem Maße Eigenverantwortung zuzumuten. Die dafür nötige Relativierung der Eigenverantwortung von Männern und die notwendige Zunahme des Schutzes von Männern – also weg vom Ur-Sexismus und hin zu einer Gleichbehandlung der Geschlechter – widerspricht allerdings der "menschlichen Bioprogrammierung".

Anstelle sich in Detailthemen und -aspekten zu verlieren, erscheint es mir zielführender, wenn von Seiten der Männerbewegung vermehrt diese Ur-Sexismus-Reflexe direkt thematisiert werden, denn der Ur-Sexismus wirkt im Unbewussten und hat einen gravierenden Einfluss auf das Fühlen und Denken unserer Mitmenschen.

Zu diesem Thema passen zwei Zitate von Albert Einstein:

"Das Problem zu erkennen, ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung."

"Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."




Mittwoch, Dezember 04, 2024

Süddeutsche Zeitung: "Mitgefühl gilt Frauen zuerst"

1. Die Süddeutsche Zeitung berichtet über die vielsagende Forschung zweiter Psychologinnen, die unter anderem eine Antwort auf die Frage anbietet, warum es die Männerrechtsbewegung gesellschaftlich so viel schwerer hat als der Feminismus. Ein Auszug:

Gerade haben die Psychologinnen Maja Graso von der Universität Groningen und Tania Reynolds von der University of New Mexico für einen Beitrag im Fachjournal Biology Letters die Forschungsliteratur dazu ausgewertet. "Der Schluss lautet, dass Frauen im Vergleich zu Männern den Vorteil genießen, dass ihr Leiden mehr Mitgefühl in anderen auslöst", schreiben die Wissenschaftlerinnen. Müssten Frauen etwas erleiden oder erdulden, werde dies als schwerwiegender und weniger akzeptabel bewertet, als wenn Männern das Gleiche widerfahre, so Graso und Reynolds.

(…) Die Studienlage weist darauf hin, dass Männer mit weniger Anteilnahme zu rechnen haben. Dabei haben sich die Forscherinnen vor allem auf experimentelle Studien fokussiert. So zeigten diese, dass Frauen mehr Mitleid erhielten, wenn sie Schmerz erfahren. Andere Publikationen legen nahe, dass Kränkungen von Frauen als deutlich schwerwiegender bewertet würden. Eine andere Arbeit legt nahe, dass ansonsten segensreiche Medikamente weniger akzeptabel erscheinen, wenn sie Nebenwirkungen haben, die Frauen stärker betreffen als Männer. Im umgekehrten Fall – Männer erleiden mehr Nebenwirkungen – beeinträchtigt dies die Bewertung der Arznei hingegen kaum.

Die Psychologinnen tragen weitere Befunde aus der Forschung zusammen, die alle in dieselbe Richtung deuten: Männern werden vor Gericht bei gleicher Ausgangslage eher verurteilt und schwerer bestraft als weibliche Angeklagte. Geht es darum, einen Menschen zu opfern, um viele andere zu retten, fällt die Wahl ebenfalls eher auf einen Mann, der im Namen einer höheren Sache verzichtbar ist. Sind Frauen in einem von Männern dominierten Feld unterrepräsentiert, so Graso und Reynolds, gelte dies als Beleg für Diskriminierung. Fehlen hingegen Männer in einem weiblich geprägten Umfeld, interessiere das niemanden – oder die Schuld werde bei den Männern verortet.

(…) Daran schließt sich das Argument an, dass Männer laut Stereotyp eher Täter und Frauen eher Opfer seien. Beides seien Exklusivrollen, schreiben die Psychologinnen: Ein Täter bleibe ein Täter, selbst wenn auch er Leid erfährt. Dazu komme, dass in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten durch den Erfolg des Feminismus die Sensibilität für weiblichen Schmerz zugenommen und die Definition dessen verbreitert habe, was als Leid oder Schaden gilt. Am Ende gehe es darum, schreiben Graso und Reynolds, die zunehmend eskalierenden Konflikte zwischen den Geschlechtern zu entschärfen und effektive Gegenmaßnahmen zu identifizieren – damit alle weniger Schmerz erfahren, Frauen wie Männer.


Am Montag beispielsweise beruhte die Talkshow "Hart aber fair" auf dem Missverhältnis, dass uns das Leiden von Frauen wichtiger ist.



2.
Familiengerichte sollen künftig den Einsatz elektronischer Fußfesseln für prügelnde Männer anordnen können, um so Annäherungsverbote durchzusetzen. Das sieht ein Gesetzentwurf von Justizminister Volker Wissing (Ex-FDP) vor, der noch vor der Wahl beschlossen werden könnte.


Die taz berichtet.



3. Wir bleiben bei der "taz":

"Männer" sind laut Merkel am Zerbrechen der Regierungskoalition Schuld. Dann lieber Frauen wählen? Ein Blick in die Politik-Landschaft legt nahe: Das ist keine gute Idee.


Hier geht es weiter.



4. Am 12. Dezember kommt der Film "Die geschützten Männer" ins Kino, der im Sommer schon auf dem Filmfest München gezeigt wurde. Eine Filmkritik findet man hier.



Montag, Dezember 02, 2024

Forscherin über Kuckucksmütter: "Mich erschreckt die emotionale Brutalität"

1. "Zehntausende Kinder wachsen mit einem Vater auf, bei dem die Mutter verschweigt: Er ist nicht der Erzeuger", berichtet Spiegel-Online. Heike Le Ker hat dazu die Psychologin Anja Paulmann interviewt, die zu diesem Bereich forscht. Ein Auszug:

SPIEGEL: Sie beraten Menschen, die erst als Erwachsene erfahren, dass ihr Ziehvater nicht ihr biologischer Vater ist. Was erzählen Ihnen die Betroffenen?

Paulmann: Fast alle beschreiben, dass es für sie ein Schock war. Sie sind von der Mutter, der meist wichtigsten Bezugsperson in der Kindheit, und mitunter auch vom Ziehvater in Bezug auf die eigene Existenz über Jahre oder Jahrzehnte belogen worden. Ihre Identität steht ebenso infrage wie alle weiteren Beziehungen zu nahen Verwandten: Der Vater ist nicht der Erzeuger, die Brüder und Schwestern sind nur Halbgeschwister und Cousinen, Onkel und Tanten möglicherweise gar nicht blutsverwandt. Für die meisten ist das traumatisch.

SPIEGEL: Was sind Beweggründe der Eltern?

Paulmann: Die meisten sagen, sie wollten ihr Kind schützen, und das mag zu einem gewissen Grad auch stimmen. In vielen Fällen geht es aber darum, die Konsequenzen des eigenen Handelns nicht tragen zu wollen. Die Mütter wollen den Bruch mit dem Partner nicht riskieren oder das Bild der heilen Familie wahren. Es ist ein Persönlichkeitsrecht, die eigene Abstammung zu kennen, aber der Staat legt die Priorität nicht auf das Kindeswohl. Mich erschreckt die emotionale Brutalität, mit der Erwachsene darüber entscheiden können, dass ihr Kind mit einer Lüge aufwächst.


Hier geht es weiter. Interessant: Anja Baumann ist durch einen Aktivisten der Männerbewegung auf dieses Thema gestoßen, auf dessen Blog auch Genderama immer wieder gerne aufmerksam gemacht hat:

2014 wurde ich als Beiständin in einem Verfahren bestellt, in dem ein biologischer Vater Umgang mit seinem Kind forderte. Ich machte mich auf die Suche nach Literatur, vor allem nach wissenschaftlichen und psychologischen Studien. Ich fand so gut wie nichts. Im Internet bin ich dann auf den Blog "Kuckucksvater" von Ludger Pütz gestoßen. Er hat durch einen Vaterschaftstest erfahren, dass das Kind, das er mit seiner Frau großzog, nicht sein leiblicher Sohn ist. Mit seinem Blog vernetzt er seither Betroffene und leistet auf dem Gebiet Pionierarbeit in Deutschland. Obwohl das Thema viele Menschen betrifft, ist es total unterbeleuchtet.


Das ist ja bei vielen unserer Themen der Fall.



2. Mit der Frage, was gegen Depressionen bei Männern hilft, beschäftigt sich aktuell die Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. Eine aktuelle Studie macht hier deutlich, wie wichtig ein geschlechtsspezifisches Angehen des Problems ist:

Die Hälfte der Teilnehmer erhielt Informationsmaterial zum Thema Depression zu lesen, das sich auf Inhalte der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie stützte. Es enthielt beispielsweise Erläuterungen zu den typischen Symptomen der Erkrankung und zu verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Die andere Hälfte erhielt dagegen eine geschlechtsspezifische Variante der Materialien. Darin wurde etwa betont, welche Kennzeichen eine Depression speziell bei Männern verursachen kann. Auch gesellschaftliche Normen und traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit kamen zur Sprache, und es wurden alternative Sichtweisen angeboten – zum Beispiel, dass es durchaus stark und verantwortungsbewusst sein könne, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Direkt nach dem Lesen des Infomaterials füllten alle Teilnehmer weitere Fragebogen aus. Dabei zeigte sich: Die auf Männer zugeschnittene Variante reduzierte Scham und negative Gefühle deutlicher. So stimmten Probanden, die diese Version gelesen hatten, anschließend weniger stark Aussagen zu wie: »Ich mache mir darüber Sorgen, was andere Leute von mir denken.« Es gab auch Hinweise darauf, dass jene Teilnehmer anschließend eher geneigt waren, klassische, aber "unmännliche" Depressionssymptome wie Niedergeschlagenheit und Erschöpfung auf einem Fragebogen anzugeben.




3. Gegen das Gefängnis in Augsburg-Gablingen gibt es seit Wochen Vorwürfe, die bis hin zur Folter gehen. Auch sollen Häftlinge in seinen Zellen mitunter nackt untergebracht worden sein. Jetzt wird auch gegen seine Leiterin ermittelt.



4. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu dem auf Genderama verlinkten SPIEGEL-Artikel "Suchen die Frauen einen Freund oder einen Ersatz-Papa?":

So ist das mir auch so passiert - sind 18 Jahre her. Ich war vorher in irgendeiner Datenakquisition angemeldet und habe dann eine Frau kennengelernt, für die ich mich interessiert habe. Nach einer "Kennenlernphase" hatte ich mir damals in den Kopf gesetzt, bei dieser Frau könnte ich mir eine Zukunft vorstellen. Sie hatte drei Kinder, ich selber drei: das wäre eine - in meinen Kopf - wirklich eine schöne Geschichte gewesen.

Bei dem vierten Treffen dann kam sie mit der Frage, ob ich ihr beim "Umziehen in ein kleines Haus helfen" könnte. Ja, das könnte ich, aber nach dem vierten Treffen? Das war mir bißchen zu stark: "Umziehen" mit drei Kindern ist dann eine Geschichte, bei der mir durch den Kopf ging: Ich sollte Versorger sein, Rettungsanker. Das klang so, als ob sie mich nicht als Person geschätzt würde, nur als Mann, der ja stark war - weiter nichts. Die andere Frage war nur die, in welchem Umfang sie von sich aus mir und drei Kindern helfen könnte?

Ich meinte: "Nein, ich mache das nicht". Das war doch der abrupte Bruch mit der Frau aus dem Internet: Ich hatte nie wieder was von ihr gehört.

Das mit der Frau danach ist ziemlich anders gewesen: sie hatte mich als Person gesucht, nicht als "Mann, der stark ist". Ich bin seit Zeit mit dieser zusammen, wir haben vor zwei Jahren geheiratet.




kostenloser Counter