"Der neue Feminismus ist gegen die Paarbeziehung und für das Zölibat" – News vom 29. November 2021
1. Der Schweizer "Blick" beschäftigt sich mit Frauen, die keinen Mann mehr wollen:
Laure steht eigentlich auf Männer. Nach einigen unglücklichen Erfahrungen jedoch entschied sie sich gegen heterosexuelle Beziehungen – und für das Zölibat. Das ist ihr lieber als "patriarchale Strukturen, ein Alltag voller Einkäufe für zwei, Hausarbeit und Mental Load".
Frankreich, wo sie lebt, streitet derzeit mehr denn je über das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, nicht zuletzt über Frauen, die sich – feministisch motiviert – gegen Paarbeziehungen entschieden haben. Ausgelöst hat die Diskussion ein Artikel der Tageszeitung "Le Monde", in dem Laure ihre Geschichte erzählt.
Mehr und mehr Frauen sehen Beziehungen mit Männern als zeitliche und organisatorische Belastung, da sie sich um alles kümmern und an alles denken müssten. Eine von ihnen, Julie*, bringt die Sache auf den Punkt: "Ich will keine Zeit mehr damit verlieren, sie zu erziehen!"
In der Beziehung mit einem Mann, so die Sichtweise vieler von ihnen, schlitterten Frauen unvermeidlich in veraltete Rollenbilder. Einige schildern zudem Erfahrungen mit krankhaft eifersüchtigem Verhalten und Gewalt. Zum Beispiel Cléa*: "Mein erster Freund beschimpfte mich als Flittchen. Der zweite warf mir betrunken Gegenstände an den Kopf. Der dritte kam in mir, obwohl ich das nicht wollte. Der letzte stalkte mich."
Wie Cléa ist vielen die Lust auf einen Freund verleidet. Einige beschränken sich auf Sex mit Männern ohne Liebesbeziehung, andere leben asexuell oder sind mit Frauen intim. Sie halten es wie die amerikanische US-Feministin Gloria Steinem (87): "Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad."
Fabienne Amlinger, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern, findet die Debatte denn auch nicht wirklich neu: "Sie tauchte in der Neuen Frauenbewegung auf, die ihren Anfang in den 68er-Protesten nahm. Nun, da feministische Bewegungen einen Aufschwung erleben, werden solche Themen wieder diskutiert – auch in feministischen Kreisen in der Schweiz."
Zwar habe sich in den vergangenen Jahren viel getan, so Itziar Marañón, Mitglied des Berner Frauenstreik-Kollektivs: "Dennoch kann sich selbst in aufgeklärten Beziehungen ein Ungleichgewicht zwischen den Partnern zeigen, denn wir alle sind in einer Gesellschaft mit sexistischen Mustern erzogen worden und haben gewisse Haltungen verinnerlicht."
Habe sich frau dies erst einmal klargemacht, könne sie die Augen nicht mehr vor den Konsequenzen verschliessen. "Daher verstehe ich, wenn eine Frau sagt: ‹Ich will das nicht mehr!", meint Marañón. Das sei zwar eine radikale Lösung, dahinter stünden jedoch Probleme, über die Männer nachdenken müssten, um solche Verhaltensmuster nicht immer weiter zu reproduzieren.
Der Gedanke des "Gleichstellungsverhinderers im Bett" töne nicht mehr absurd, wenn man sich die Statistik vor Augen führe, sagt Fabienne Amlinger. "Sie zeigt etwa, dass Frauen weiterhin mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten." Es gehe nicht darum zu behaupten, alle Männer seien Patriarchen. Aber, so die Berner Historikerin weiter: "Das Verhalten, das sie in Beziehungen zeigen können, hat viel mit Strukturen zu tun wie etwa der Lohnschere und verinnerlichten Erwartungshaltungen. Hier müssen wir anknüpfen."
Sorgen um ihr Liebesleben müssen sich die meisten Männer allerdings nicht machen. Bisher handelt es sich bei der neuen Frauenbewegung um ein Randphänomen.
Bekanntlich gibt es mit den Men Going Their Own Way (MGTOW) ein Gegenstück zu dieser Haltung auch auf der anderen Seite des politischen Geschlechtergrabens. Allerdings werden diese Männer in den Medien so dargestellt, als hätten sie nicht mehr alle Tassen im Schrank und zeigten gesellschaftlich völlig inakzeptablen Frauenhass.
2. Die Frankfurter Allgemeine berichtet über die Gehaltslücke zwischen Hollywood-Schauspielerinnen und -Schauspielern:
Jetzt hat die Oscar-Preisträgerin Jennifer Lawrence die Debatte wieder angeheizt – wenn auch anders als erwartet. Dass sie als die den Weltuntergang verheißende Astronomin Kate Dibiasky in der angekündigten schwarzen Komödie "Don’t Look Up" weniger Gage bekomme als ihr Ko-Star Leonardo DiCaprio, sei kein Problem. "Leo ist an der Kinokasse wertvoller als ich. Ich bin über meinen Vertrag extrem glücklich", sagte Lawrence der Vanity Fair.
Es ist mir unverständlich, wie sich eine Schauspielerin so äußern kann. Ist es nicht viel entlastender für das eigene Ego, wenn man seine schlechtere Honorierung auf Diskriminierung schieben kann statt darauf, dass man weniger Publikum anzieht?
3. Asiatische Frauen haben weiße Männer bei der Entlohnung überholt.
4. Die Enteignung von Immobilienbesitzern gilt inzwischen als feministisches Anliegen.
5. Die Unzufriedenheit mit den Öffentlich-Rechtlichen Medien bleibt hoch:
38 Prozent der Befragten geben an, unzufrieden zu sein (…), wobei rund ein Drittel der Befragten (31 Prozent) die Angebote des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks meidet (16 Prozent nutzen diese eher selten und 15 Prozent sehr selten bzw. nie). 37 Prozent der Befragten wünschen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien gänzlich abgeschafft werden sollten, wobei weibliche Befragte mit 39 Prozent bei dieser Ansicht häufiger vertreten sind als männliche Befragte. Am höchsten ist die Unzufriedenheit bei Wählern der AfD (mit 71 Prozent), gefolgt von Wählern der Linken (mit 56 Prozent) und Wählern der FDP (mit 45 Prozent).
Weitere wesentliche Ergebnisse sind, dass mit 52 Prozent eine Mehrheit der Befragten angibt, dass sie die Höhe des Rundfunkbeitrages an den öffentlich-rechtlichen Medien stört, und dass 32 Prozent der Befragten eine fehlende politische Unabhängigkeit bzw. einseitige Berichterstattung bemängeln. Zudem ist eine relative Mehrheit von 46 Prozent (gegenüber 34 Prozent) der Ansicht, dass der Rundfunkbeitrag abhängig sein sollte von der Nutzung öffentlich-rechtlicher Medien bzw. von im Haushalt vorhandenen Geräten. Weibliche Befragte sind mit 49 Prozent zu 43 Prozent häufiger dieser Ansicht als männliche Befragte.
6. In Großbritannien wird noch immer über die Benachteiligung von Jungen aus der weißen Arbeiterschicht diskutiert:
Die Mail on Sunday berichtet, dass ein neues nationales Ziel eingeführt werden soll, um die Zahl der männlichen Weißen aus der Arbeiterklasse zu erhöhen, die an einer Universität studieren.
Untersuchungen zeigen, dass nur 12,6 Prozent von ihnen bis zum Alter von 19 Jahren ein Hochschulstudium aufnehmen - der niedrigste Wert aller demografischen Gruppen - und dass sie in der Schule seltener gute Noten erhalten als ihre ebenfalls benachteiligten Altersgenossen aus ethnischen Minderheiten.
Bildungsminister Nadhim Zahawi hat die Aufsichtsbehörden des Studentenamtes aufgefordert, die Zielvorgaben der Universitäten neu auszuhandeln, um "regionale Ungleichheiten und frühere Leistungen in den Schulen" zu berücksichtigen.
Nur eine Handvoll Hochschulen hat sich Ziele für die Zahl der männlichen weißen Arbeiter gesetzt, während es für diese Gruppe keine Unterstützung durch Stipendien und Beihilfen gibt. Einige Akademiker sagen, dass die Bedenken über das Schicksal weißer Teenager aus der Arbeiterklasse ignoriert oder als "rechtes Gedankengut" abgetan wurden.
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7. Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern unter den Sozialarbeitern im Kinderschutz hat nach Ansicht einer führenden britischen Wissenschaftlerin auf diesem Gebiet zu einer unbewussten Väterfeindlichkeit geführt:
Dr. Helen Buckley, außerordentliche Professorin an der School of Social Work and Social Policy, sagte, die Kinderschutzarbeit sei "extrem geschlechtsspezifisch" und "Väter werden oft nicht einbezogen".
Weibliche Sozialarbeiter haben weniger Angst vor Müttern, es fällt ihnen leichter, mit ihnen zu sprechen, und Mütter sind verfügbarer, sagte sie. Väter sind zwar abwesend, aber dennoch in das Leben des Kindes eingebunden, und die Bedeutung dieser Rolle wird nicht immer anerkannt.
(…) Nur 15 Prozent der Sozialarbeiter bei der Health Service Executive und der Kinder- und Familienbehörde Tusla sind Männer, wie neue Zahlen zeigen.
(…) Dr. Buckley sagte, dass immer mehr junge Menschen an Tusla verwiesen werden, die sich nicht mehr unter Kontrolle haben, und dass dies oft mit dem frühen Kontakt zu Gewalt in der Familie und zu Vorbildern zusammenhängt.
"Ich würde nicht sagen, dass es diesen Jugendlichen besser gehen würde, wenn sie männliche Sozialarbeiter hätten, aber jede positive Vorbildfunktion von Männern ist wahrscheinlich eine gute Sache", sagte sie.
(…) Donald O'Malley, Vorsitzender der Irish Association of Social Workers, sagte, wenn Sozialarbeiter gegenüber Vätern voreingenommen seien, liege das nicht am Geschlecht, sondern daran, dass die Mütter die Hauptbezugspersonen seien und es oft viel schwieriger sei, mit den Vätern in Kontakt zu treten. Sie könnten im Gefängnis sitzen, sind eher drogenabhängig oder haben erhebliche Alkoholprobleme.
"Ich weiß nicht, ob Männer, die sich in dieser Situation befinden, den Vätern gegenüber mehr Mitgefühl zeigen würden", sagte er.
O'Malley räumte ein, dass es mehr Männer in einer Organisation braucht, um sich für die Bedürfnisse von Männern einzusetzen und "die Leute daran zu erinnern, die Väter nicht zu vergessen".
(…) Abgesehen von der Bezahlung könnte seiner Meinung nach eine größere Sichtbarkeit der männlichen Sozialarbeiter dazu beitragen, mehr Männer für den Beruf zu gewinnen. Und im Bildungssystem müsse es einen stärkeren "Sinn für die Zivilgesellschaft" und die "gegenseitige Fürsorge" geben, und das müsse bis in die Grundschulen hineinreichen.