1. Die Schriftstellerin
Cora Stephan berichtet als Reaktion auf die Meldestelle Antifeminismus, sich selbst für solches verbotenes Falsch-Denken anzuklagen. Ein Auszug:
Melde hiermit: Ich bin zutiefst antifeministisch eingestellt, seit Jahrzehnten, aus Erfahrung. Nehmen Sie die Verfolgung auf. Es lohnt sich. Man kann immer dazulernen.
Nicht, wie Sie behaupten, wer gegen Feminismus ist, entlarvt sich als menschen- oder frauenfeindlich, ganz im Gegenteil. Der Feminismus ist ein zutiefst menschenfeindlicher Irrweg, der ausgrenzt und entzweit und Frauen, die er zu vertreten behauptet, schadet.
Es sind Feministinnen, die ihr Lebensmodell – ab in den Aufsichtsrat! – als das einzig wahre behaupten und andere Lebensentwürfe als "reaktionär" diskriminieren. Es sind Feministinnen, die "Männer sind Abfall" tönen oder den "toxischen alten weißen Mann" zum Abschuss freigeben wollen.
Wer sich Feministin nennt, vertritt nicht "die Frauen", sondern höchstens die eigenen Interessen. Feminismus will Macht.
(…) Der Kampf um die Emanzipation ist hierzulande längst ausgekämpft. Es reicht, Frauen nicht an dem zu hindern, was sie wollen – ob das Karriere heißt oder der Verzicht darauf. Was also soll das noch, dieser feministische Furor, diese freche Behauptung, frau müsse privilegiert werden, weil sie noch immer so viel nachzuholen habe nach vieltausend Jahren Patriarchat? Das Ergebnis sehen wir derzeit mit unserer paritätisch zusammengesetzten Regierung. Wer sonst nichts kann, wird Quotenfrau – ein cleveres Geschäftsmodell für die eine oder andere, dazu braucht es nicht viel: weder Wissen noch Erfahrung.
Die Meldestelle ist heute auch großes Thema auf Seite 2 der Bildzeitung unter der Schlagzeile "Regierung fördert Anschwärz-Portal. Kritik an Familienministerin Paus. WERDEN WIR JETZT DIE BUNDES-PETZ-REPUBLIK?"
Hier findet man die Online-Fassung des Artikels (Bezahlschranke), wo auch Wolfgang Kubicki (FDP) vor "Denunziantentum" warnt.
Die Meldestelle wird inzwischen ebenso lagerübergreifend abgelehnt wie vor ein paar Jahren der Antifeminismus-Pranger der Heinrich-Böll-Stiftung, der schließlich begleitet von einer
Bitte um Entschuldigung vom Netz genommen wurde.
Unterstützung erhält die Meldestelle, bei der sich Bürger gegenseitig anschwärzen sollen, bislang von der Antifa und der "taz".
Kritisch wird sie hingegen auch von weniger bekannten Projekten gesehen, etwa dem Verein
Honestly Concerned, der sich gegen Antisemitismus engagiert. Dort heißt es: "Eine Stiftung auf Abwegen ... Sorry, aber für eine Meldestelle für 'Kritik an gendergerechter Sprache' haben wir kein Verständnis!"
2.
SPD und Grüne sprechen sich für das Gendern im öffentlichen Dienst in Niedersachsen aus.
Das Bekenntnis zur Gender-Sprache ist Teil einer Reihe von Forderungen zur Gleichstellungspolitik, die SPD und Grüne aufstellen. So sollen Beschäftigtengremien im öffentlichen Dienst künftig zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt werden, ebenso wie die Aufsichtsratsmandate, die das Land besetzt. Ausnahmen davon soll es nur "bei zwingenden Gründen" geben. Außerdem müssten alle Stellen, auch Führungspositionen, teilzeitgeeignet sein, heißt es weiter, und die Rolle von Gleichstellungsbeauftragten soll gestärkt werden.
3. Die
Neue Zürcher Zeitung berichtet, wie die Situation an Schweizer Schulen immer bedenklicher gerät:
Eigentlich sollte die öffentliche Schule politisch neutral und ideologiefrei sein. Ob sie diesem Auftrag gerecht wird, darüber wird seit je herzhaft gestritten, nicht nur unter Erwachsenen. Im letzten Jahr gab eine Maturaarbeit von drei Aargauer Gymnasiasten zu reden. Die drei hatten eine Umfrage unter mehr als 500 Schülern an vier Kantonsschulen durchgeführt. Das Ergebnis: Für einen Gutteil der Befragten hatte der Unterricht einen klaren Linksdrall – besonders ausgeprägt in Englisch, Geschichte und Geografie. Auch die Schüler, die sich selber als politisch links verorteten, sahen dies so. Und: Je weiter rechts sich Gymnasiasten einschätzten, desto unwohler fühlten sie sich, im Unterricht ihre Meinung zu äussern.
(…) Das generische Maskulinum ist zwar so elegant wie inklusiv, gilt aber nicht mehr als zeitgemäss. Lieber spricht man in den Schulstunden politisch korrekt, wenn auch inhaltlich meist falsch von Velofahrenden und Zufussgehenden. Auch wird zunehmend streng gegendert, mit Leerschlag, Doppelpunkt, Stern oder Binnen-I. Das kann dazu führen, dass eine Schülerin ihre Arbeit über demokratische Staatsformen mit der Anmerkung zurückerhält, sie habe "Bürgerpflicht" geschrieben, wo es doch "BürgerInnenpflicht" heissen müsse. Das ist kein erfundenes Beispiel, sondern gymnasialer Alltag.
Immerhin wehren sich zunehmend Schüler gegen ihre Dauerindoktraination in den unterschiedlichsten politischen Bereichen:
So ist von Schulen zu hören, bei denen sich die Mädchen und Buben klar für die Beibehaltung von getrennten Toiletten ausgesprochen haben und nichts von Unisex-WC wissen wollen. Auch beim Klima-Hype haben sich die Vorzeichen geändert. Die Klimaaktivisten, die vor vier Jahren an den Schulen fast Heldenstatus genossen, nerven die übrigen Schüler mit ihrem Aktionismus häufig nur noch. Das zeigte sich auch bei der Schulhausbesetzung in Zürich: So haben sich einige Schüler beherzt gegen die vom Rektor so wohlwollend empfangenen Klimaradikalen gewehrt. Es soll sogar zu einer Schlägerei mit Beulen gekommen sein.
The kids are alright. Kaum jemand mag eifernde Missionare.
4.
Edeka-Kunden meutern gegen die Gendersprache, die von der Supermarktkette zunehmend verwendet wird.
5. Das Väter-Netzwerk beschäftigt sich mit nicht eingehaltenen Versprechen der Ampel-Regierung:
Vaterschaftsfreistellung? Kindergrundsicherung? Dynamisierung des Elterngelds? Große Ankündigungen im Koalitionsvertrag, aber nichts passiert. Worauf die Ampel die knapp 12 Millionen Familien in Deutschland noch so alles warten lässt.
Hier geht es weiter.
Stattdessen macht Lisa Paus (Grüne) eine Meldestelle Antifeminismus auf. Sie kann ihrem Amt offenbar ebenso wenig gerecht werden wie ihre Vorgängerin Anne Spiegel.
6. Gestern widmete sich die Washingtoner Tageszeitung
The Hill der Situation junger Männer:
Mehr als 60 Prozent der jungen Männer sind alleinstehend, fast doppelt so viele wie ungebundene junge Frauen, was auf einen größeren Zusammenbruch des sozialen, romantischen und sexuellen Lebens der amerikanischen Männer hinweist.
Bei Männern in den 20ern ist die Wahrscheinlichkeit höher als bei Frauen in den 20ern, dass sie romantisch unbeteiligt, sexuell untätig, freundlos und einsam sind. Sie stehen an der Spitze einer Epidemie des Rückgangs von Ehe, Sexualität und Beziehungen, die das gesamte junge Amerika betrifft.
"Wir befinden uns in einer Beziehungskrise", sagt Niobe Way, Psychologieprofessorin und Gründerin des Project for the Advancement of Our Common Humanity an der New York University. "Wir sind von uns selbst und voneinander getrennt. Und es wird immer schlimmer."
Im schlimmsten Fall kann die soziale Abkopplung des jungen amerikanischen Mannes tragische Folgen haben. Junge Männer begehen viermal so häufig Selbstmord wie junge Frauen. Jüngere Männer sind in hohem Maße für die steigende Zahl von Massenerschießungen verantwortlich, ein Trend, den einige Forscher mit ihrer wachsenden sozialen Isolation in Verbindung bringen.
Gesellschaftliche Veränderungen, die in den Eisenhower-Jahren begannen, haben das Patriarchat ausgehöhlt, das einst in den amerikanischen Familien, Klassenzimmern und am Arbeitsplatz herrschte. Fast 60 Prozent der Bachelor-Abschlüsse werden heute von Frauen erworben. Männer verdienen immer noch mehr, aber bei den jüngsten Erwachsenen hat sich der Einkommensunterschied auf 43 Dollar pro Woche verringert.
Wissenschaftler sagen, dass die neue Ära der Geschlechterparität die Beziehungsdynamik neu gestaltet hat, indem sie junge Frauen stärkt und in vielen Fällen junge Männer aus der Gleichung entfernt.
(…) In den letzten Jahren war ein historischer Anstieg der Zahl der "unverpartnerten" Amerikaner zu verzeichnen, vor allem unter jungen Menschen. Die Pandemie hat alles noch schlimmer gemacht.
Das Pew Research Center hat herausgefunden, dass im Jahr 2022 30 Prozent der Erwachsenen in den USA weder verheiratet sind, noch mit einem Partner zusammenleben oder in einer festen Beziehung leben. Fast die Hälfte aller jungen Erwachsenen ist Single: 34 Prozent der Frauen und satte 63 Prozent der Männer.
Es überrascht nicht, dass der Rückgang der Beziehungen mit einem Rückgang des Sexuallebens einhergeht. Der Anteil der sexuell aktiven Amerikaner befindet sich auf einem 30-Jahres-Tief. Etwa 30 Prozent der jungen Männer gaben 2019 an, im vergangenen Jahr keinen Sex gehabt zu haben, verglichen mit etwa 20 Prozent der jungen Frauen.
Laut Pew ist nur die Hälfte der alleinstehenden Männer aktiv auf der Suche nach einer Beziehung oder auch nur nach gelegentlichen Dates. Diese Zahl ist rückläufig.
(…) Selbst erfahrenen Forschern fällt es schwer, das Beziehungsgefälle zwischen jungen Frauen und Männern vollständig zu erklären: Wenn die Zahl der alleinstehenden jungen Männer fast doppelt so hoch ist wie die der alleinstehenden jungen Frauen, mit wem gehen dann all die jungen Frauen aus?
Einige von ihnen gehen miteinander aus. Ein Fünftel der Generation Z bezeichnet sich als queer, und Untersuchungen legen nahe, dass bisexuelle Frauen einen großen Teil der queeren Gemeinschaft junger Erwachsener ausmachen.
Junge Frauen gehen auch mit etwas älteren Männern aus und heiraten sie, womit sie eine Tradition fortsetzen, die mehr als ein Jahrhundert zurückreicht. Das Durchschnittsalter bei der ersten Eheschließung liegt laut Volkszählungsdaten bei etwa 30 Jahren für Männer und 28 Jahren für Frauen.
Heterosexuelle Frauen werden immer wählerischer. Frauen "wollen nicht nach unten heiraten", um eine langfristige Beziehung mit einem Mann einzugehen, der weniger gebildet ist und weniger verdient als sie selbst, so Ronald Levant, emeritierter Professor für Psychologie an der University of Akron und Autor mehrerer Bücher über Männlichkeit.
In früheren Generationen traten junge Frauen beim Eintritt ins Erwachsenenalter in eine Gesellschaft ein, die von ihnen erwartete, einen finanziell stabilen Mann zu finden, der sie durch Jahrzehnte der Ehe und Mutterschaft unterstützen würde. In den 1950er und 1960er Jahren löste sich dieses Muster allmählich auf, und heute ist es so gut wie verschwunden.
In der sogenannten "Manosphäre" des Internets treten Männer, die sich einer Partnerschaft mit Frauen verweigern, unter dem Namen "Men Going Their Own Way" (MGTOW) auf. Von den Leitmedien werden sie kritisch bis ablehnend bewertet.
7. In dem außerordentlich langen Artikel
"Wir waren Kanonenfutter", der hinter einer Bezahlschranke steht, berichtet "Die Zeit" über den Russen Andrej Medwedew, der als Söldner der Wagner-Gruppe in der Ukraine gekämpft hat und dann nach Norwegen geflohen ist. Ich kann hier aus dem insgesamt lesenswerten Artikel leider nur einen vergleichsweise kurzen Auszug zitieren
Die Wagner-Gruppe ist eine russische Söldnerarmee. Ihre Männer kämpfen in Syrien und mehreren afrikanischen Ländern, aber bis vor einem Jahr war wenig über die Truppe bekannt, die russische Regierung hat lange bestritten, dass sie überhaupt existiert. Dann griff Russland die Ukraine an, und Zehntausende Wagner-Söldner zogen gemeinsam mit regulären russischen Soldaten in den Krieg. Einheiten der Gruppe sollen maßgeblich an Gräueltaten beteiligt gewesen sein.
Medwedews Identität wurde von der Wagner-Gruppe in einem Statement bestätigt. Die norwegische Polizei hat ihn zunächst in Haft genommen. Inzwischen wohnt er in einer geheim gehaltenen Unterkunft in Oslo. Dort, in der norwegischen Hauptstadt, treffen wir ihn in einer Hotellobby. Es ist der Anfang eines Gesprächs, das sich über zwei Tage ziehen wird. Vieles von dem, was Medwedew sagt, lässt sich belegen. Mit Zeitungsartikeln, Videos, Auskünften von Beteiligten. Anderes bleibt, was es ist: die persönliche Erzählung eines jungen Russen.
(…) DIE ZEIT: Herr Medwedew, Sie geben an, Sie seien am 6. Juli 2022, mehr als vier Monate nach Kriegsbeginn, zu Wagner gegangen. Warum wollten Sie als Söldner kämpfen?
Andrej Medwedew: Geld. Ich kam aus dem Gefängnis frei, hatte kein Geld, keine Bleibe. Was sollte ich tun? Was kann ich schon? Wer nimmt mich schon? Ich rief einen Freund an. Da kam uns die Idee mit Wagner.
(…) ZEIT: Sie wussten, dass Sie in die Ukraine fahren, in den Krieg?
Medwedew: Ja.
Man kann sagen, dass Andrej Medwedew ein Täter ist, schuldig wegen seiner freiwilligen Teilnahme an einem völkerrechtswidrigen Krieg. Er ist aber auch ein Zeuge, weil er bereit ist, von dem zu berichten, was er erlebt hat. Und er ist ein Opfer. Russland verfügt über ein riesiges Reservoir an verlorenen Seelen, aus dem sich der Staat bedienen kann.
(…) ZEIT: Sie haben sich etwa drei Monate nach Bekanntwerden der Massaker von Butscha bei Wagner verpflichtet. Waren Ihnen die Ereignisse von Butscha ein Begriff?
Medwedew: Im Straflager haben sie in den Nachrichten von Butscha erzählt. Da hieß es, Europa und die Ukraine hätten das alles erfunden. Die Leute seien gar nicht tot gewesen. Die hätten sich hingelegt und seien später wieder aufgestanden und weggegangen.
ZEIT: Sie haben das geglaubt?
Medwedew: Natürlich! Wir haben das alle geglaubt. Wir haben ja nur eine Seite zu sehen gekriegt. Der Rest fehlte. Propaganda. Deshalb zeigen sie einen wie mich nicht in den russischen Nachrichten.
ZEIT: Sie sagen, Sie hatten während Ihres Einsatzes Probleme mit Ihren Vorgesetzten bei Wagner. Was waren das für Probleme?
Medwedew: Wir mussten oft dumme Befehle befolgen.
ZEIT: Was ist ein dummer Befehl?
Medwedew: Nur mit einem Gewehr bewaffnet auf Panzer zuzulaufen ist ein dummer Befehl. Es sind so viele Jungs krepiert.
Medwedew gibt an, er habe einen Zug mit 30 bis 40 Kämpfern kommandiert – nur vier von ihnen hätten überlebt. Diese Aussage passt zu Berichten, wonach die Wagner-Söldner häufig in Wellen auf die Stellungen der Ukrainer zurennen müssen. Meist werden sie schnell getötet, aber so werden die Positionen der ukrainischen Soldaten erkennbar, und die russische Artillerie kann sie besser treffen. Laut Schätzungen sollen bereits mehr als 30.000 Wagner-Söldner verletzt oder getötet worden sein. Medwedew sagt: "Wir waren Kanonenfutter."
(…) ZEIT: Wie kommt es, dass Sie den Krieg, für den Sie sich freiwillig gemeldet haben, nun ablehnen?
Medwedew: Ich habe begriffen, was dort passiert. Die Ukrainer und wir sind früher gut miteinander ausgekommen. Wir haben Urlaub beieinander gemacht, wir waren Freunde. Dann haben die Mächtigen entschieden, unser Territorium auszudehnen. Aber die Menschen brauchen das nicht. Jeden Tag verlieren sie Ehemänner, Brüder, Väter. Ich will, dass das aufhört.
(…) ZEIT: Glauben die Wagner-Kämpfer daran, dass Russland den Krieg gewinnen kann?
Medwedew: Niemand glaubt daran. Niemand. Was meint ihr, warum es sonst die Hinrichtungen gibt?
ZEIT: Was genau haben Sie beobachtet?
Medwedew: Wenn du dich weigerst zu kämpfen, wirst du hingerichtet. Ich habe von vielen dieser Hinrichtungen gehört. Zwei habe ich selbst gesehen. Die Männer wurden erschossen. Einer war mein Kumpel. Er hatte sich einem Befehl widersetzt. Bevor sie ihn töteten, hat er noch versucht zu fliehen.
8. 22.000 Russen sind seit Putins Überfall auf die Ukraine in die USA geflüchtet. Das berichtet
CNN:
Nailia Manzurinas Augen füllten sich mit Tränen, als sie sich an den Moment erinnerte, als sie und ihre beiden kleinen Söhne sich von ihrem Mann in ihrer Heimat Russland trennen mussten.
"Gott sei Dank war es nur vorübergehend", sagte sie, während sie sich die Tränen wegwischte.
Es war Ende September 2022, und die Emotionen in Russland kochten hoch, weil Präsident Wladimir Putin gerade die erste Wehrpflicht des Landes seit dem Zweiten Weltkrieg eingeführt hatte. Videos in den sozialen Medien zeigten Mütter und Ehefrauen, die weinten, als ihre Angehörigen in den Krieg in der Ukraine hineingezogen wurden. Junge Männer strömten in Scharen in die Nachbarländer, um nicht in den Kampf hineingezogen zu werden.
Nailias Ehemann, Mikhail Manzurin, 25, hatte sich für die Einberufung qualifiziert, war aber mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht einverstanden. Und er war der festen Überzeugung, dass er nicht gegen seinen Willen zum Militärdienst gezwungen werden sollte.
"Ich will nicht die unschuldigen Menschen in der Ukraine töten. Sie schützen ihr Territorium. Sie beschützen ihre Häuser. Und ich will nicht Teil dieser Invasion sein", sagte Michail Manzurin.
Aus Angst, Mikhail könnte eingezogen werden, ins Gefängnis kommen oder Schlimmeres, beschloss die Familie zu fliehen und begab sich mit ihrem Neugeborenen Philip und ihrem Kleinkind Mark auf eine Odyssee durch mehrere Länder, die sie durch Kasachstan, Usbekistan, Dubai, Mexiko und schließlich in die Vereinigten Staaten führte - alles mit der Hilfe von Fremden.
Sie wurden Teil einer großen Welle von Russen, die in den Vereinigten Staaten Schutz vor dem Krieg suchten. Aus den von den amerikanischen Grenzbehörden veröffentlichten Daten geht hervor, dass sich die Zahl der von ihnen angetroffenen russischen Staatsbürger in den letzten sechs Monaten fast verdreifacht hat: von 1.645 Russen im August 2022 (dem Monat vor Beginn des russischen Wehrdienstes) auf 4.509 im Januar.
Insgesamt haben fast 22.000 Russen, einschließlich der Manzurins, seit Oktober 2022, dem ersten vollen Monat nach der Ankündigung des Wehrdienstes, versucht, über die Südgrenze in die Vereinigten Staaten einzureisen, so die neuesten Daten der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde.
Vor all dem, sagen die Manzurins, liebten sie ihr Leben in Russland. Das Paar genoss die Kindererziehung und Mikhail sagt, er verdiene gutes Geld, indem er in einem Nachhilfezentrum Englisch und Chinesisch unterrichtete.
Dann überfiel Russland im Februar 2022 die Ukraine.
"Es war schockierend", sagt Mikhail. "Mir wurde klar, dass mein Land etwas Falsches tat."
Obwohl er wusste, dass es nicht sicher war, sich zu äußern, sagt Mikhail, dass er seine Verachtung für den Krieg in den sozialen Medien und von der Kanzel seiner christlichen, nicht konfessionellen Kirche zum Ausdruck brachte.
Mikhail sagt, sein Chef habe ihn gezwungen, seinen Job zu kündigen, weil sich Eltern über seine öffentliche Anti-Kriegs-Haltung beschwert hätten. Mikhail sagt, dass er zu diesem Zeitpunkt dazu überging, online Sprachen zu unterrichten, und das Leben, wie sie es kannten, ging trotz des Krieges weiter.
Doch ihre Welt wurde im September 2022 auf den Kopf gestellt, als Putin die Wehrpflicht einführte. Kurz darauf, sagt Mikhail, küsste er seine Frau zum Abschied und nahm ein Taxi zur Grenze, wo er in einen Bus nach Kasachstan stieg. Der Bus war voll mit anderen jungen Männern, die ebenfalls aus Russland geflohen waren, so Mikhail.
"Ich habe gezittert", sagte Mikhail.
Als der Bus die Grenze nach Kasachstan ohne Zwischenfälle überquerte, jubelten alle Männer an Bord über ihre erfolgreiche Flucht und sagten: "Wir haben es geschafft!"
Nailia, 27, und ihre Söhne schlossen sich Mikhail eine Woche später an.
(…) Michail Manzurin sagt, er habe Bedenken gehabt, mit seiner Familie nach Amerika zu ziehen, weil die russische Propaganda und die Menschen in Russland behaupten, Amerikaner seien Individualisten, die sich nur um sich selbst kümmern und die Russen nicht mögen.
"Niemand kümmert sich um dich. Also wird dir auch niemand helfen", erinnert sich Manzurin daran, dass ihm das vor seiner Abreise aus Russland gesagt wurde.
Zu Mikhails Überraschung haben Pastoren und Gemeindemitglieder seine Familie seit seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten mit Lebensmitteln, Unterkünften, Kleidung und finanzieller Unterstützung versorgt.
(…) Mikhail sagt, dass seine Familie politisches Asyl beantragen wird und dass er davon träumt, dass seine Jungen eines Tages US-Bürger werden und in Freiheit und Sicherheit aufwachsen.