Mittwoch, Februar 22, 2023

Doppelklatsche: Markus Söder kritisiert "feministische Außenpolitik", Henryk M. Broder Meldestelle Antifeminismus

1. Um die feministische Außenpolitik ist eine Kontroverse zwischen den Ampelparteien und der Opposition entbrannt. Das berichtet Claudia Kade für "Die Welt":

In einer Woche soll es so weit sein, und die Erwartungen in der Koalition schrauben sich bereits hoch: Wenn Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch nächster Woche ihre Leitlinien für eine feministische Außenpolitik vorstellen, soll ihnen eine Neuausrichtung der bisherigen Diplomatie gelingen – so der Anspruch aus dem Regierungsbündnis.

"Eine feministische Außenpolitik der Bundesregierung muss den Anspruch vertreten, die Lebensumstände von Millionen Frauen weltweit zu verbessern", sagt Ulrich Lechte, der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, WELT. "Indem wir mehr Mittel für Vorhaben einsetzen, die Frauen zugutekommen, kann die Bundesrepublik der internationale Vorreiter der modernen Außenpolitik werden." Feministische Außenpolitik sei die Förderung der Gleichberechtigung weltweit, denn Gleichberechtigung führe zu einer stärkeren Demokratie und einer freien Gesellschaft.

"Die Gleichberechtigung der Frau soll überall dort, wo es nötig ist, stärker in den Vordergrund gerückt werden", so Lechte. In den Konflikten und Kriegen der vergangenen Jahrzehnte habe sich gezeigt, dass Frauen eine besonders vulnerable soziale Gruppe darstellen und ihre Interessen bei Friedensverhandlungen stärker miteinbezogen werden müssen. "Frauen spielen in Krisenprävention, Schlichtung und Friedenssicherung eine elementare Rolle, die stärker in den Fokus rücken muss."

"Wie viele Studien zeigen, steigt beispielsweise die Chance, dass Friedensprozesse erfolgreich sind, wenn dort alle Perspektiven beteiligt sind und nicht nur die derjenigen am Tisch sitzen, die mit Gewalt viel Leid angerichtet haben", sagt Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger. Mit entsprechenden Strukturen im Ministerium, internationalen Allianzen, mehr Kooperation mit der Zivilgesellschaft, einer Strategie beim Budget und auch einer Beauftragten werde sichergestellt, dass es nicht nur bei schönen Worten bleibt.

"Feministische Außenpolitik ist kein Zauberstab und auch keine abstrakte Vision, sie zeigt neue und bessere Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zu einer alten, oft anspruchslosen Außenpolitik auf", so Brugger. Die Leitlinien für feministische Außenpolitik seien dabei ein wichtiger Baustein, auf dem die Nationale Sicherheitsstrategie aufbauen wird.

Wie Baerbock Deutschlands Sicherheit mit ihrem Machtanspruch verbindet SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich forderte, künftig Frauen in Fragen von Krieg und Frieden humanitär, finanziell und diplomatisch in den Fokus zu rücken. "Die jahrhundertealten patriarchalen Machtstrukturen in den internationalen Beziehungen gehören aufgebrochen und aufgelöst. Davon profitieren am Ende alle, Frauen wie Männer." Das müsse ein grundsätzliches Ziel deutscher Außenpolitik sein, dem sich alle Botschafterinnen und Botschafter verpflichtet fühlen sollten.

An Baerbock richtet Heinrich die Forderung, für die finanziellen Grundlagen der Neuausrichtung zu sorgen. "Das Auswärtige Amt sollte daraufhin hinwirken, dass feministische Außenpolitik auch in seinem Haushalt kein abstraktes Konzept bleibt." Es sei bekannt, dass Länder ökonomisch erfolgreicher sind, wenn Frauen entsprechend beteiligt werden. "Deshalb unterstützen wir den Vorschlag von Bundesentwicklungsministerin Schulze, perspektivisch über 90 Prozent der deutschen Entwicklungsgelder in Projekte zur Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit zu stecken."

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt äußert die Sorge, dass Baerbock sich mit dem geplanten "Kulturwandel" von jener "professionellen Diplomatie" verabschieden könnte, mit der die deutschen Diplomatinnen und Diplomaten über viele Jahrzehnte "kultursensibel weltweit deutsche Interessen vertreten". Bislang sei der Personalrat "offenbar nicht im Geringsten in die Erstellung der Leitlinien eingebunden", sagt Hardt. "Annalena Baerbock wäre gut beraten, sich von plakativen Phrasen zu lösen und konkret zu werden."

Konkret hätte sich die feministische Außenpolitik durch eine umgehende und unmissverständliche Positionierung an der Seite der protestierenden Frauen im Iran zeigen können. "Leider kam die deutsche Reaktion aus Kanzleramt und Auswärtigem Amt auf die Frauenproteste im Iran zu spät und zu lau." Man wolle es sich mit den frauenfeindlichen Herrschern in Teheran nicht verscherzen und werde damit am Ende niemandem gerecht.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel spricht von einem "unsinnigen Etikettenschwindel". Gute Außenpolitik sei immer Realpolitik und vertrage es nicht, mit ideologischen Konstrukten aufgeladen zu werden. "Eine Außenministerin, die sich ‚feministische Außenpolitik‘ auf die Fahnen schreibt, hat daher die Aufgabe und Bedeutung ihres Amtes nicht verstanden und ist offenkundig eine Fehlbesetzung."

Sevim Dagdelen, Obfrau der Linken im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, kritisierte: "Wer wie Annalena Baerbock Waffenlieferungen etwa an die Kopf-ab-Diktatur Saudi-Arabien genehmigt, die Frauen im eigenen Land brutal entrechtet und im Jemen-Krieg rücksichtslos tötet, sollte von einer wertebasierten und feministischen Außenpolitik besser schweigen. Diese Doppelmoral ist einfach unerträglich." Es brauche eine realistische und friedliche Außenpolitik, die auf Diplomatie für eine Verhandlungslösung in der Ukraine setzt, statt immer neuen Waffenlieferungen und einem Krieg gegen Russland das Wort zu reden.


Dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder zufolge handelt es sich bei feministischer Außenpolitik um ein "unverständliches Konzept":

"Außenpolitik heißt Diplomatie, nicht Mission. Wenn man nur noch versucht, die Welt zu missionieren, dann wird man am Ende recht einsam dastehen", sagte der CSU-Politiker der Mediengruppe Bayern. Seiner Ansicht nach sei Baerbocks Plan, "durch die Welt zu reisen und allen anderen zu erzählen, was sie zu tun und zu lassen haben, zum Scheitern verurteilt", sagte Söder.




2. Mit diesen Worten ist Markus Söder eigentlich ein Fall für die Meldestelle Antifeminismus. Zu ihren Kritikern hat sich inzwischen auch der Publizist Henryk M. Broder gesellt (Bezahlschranke). Broders Einschätzung nach wird die Amadeo-Antonio-Stiftung, zu der diese Meldestelle gehört, dass sie ihr Angebot ebenso ständig ausweiten muss wie die Marken De Beukelaer, Haribo und Ritter Sport, Schließlich lasse das Label "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit", gegen die sich die Stiftung richtet, großen Spielraum, der es erlaube, Verbrechen wie eine Vergewaltigung mit einer politischen Auffassung zu verquirlen. Broder verdeutlicht das, indem er die Meldestelle einfach nur umfassend zitiert:

Auch die Antonio-Amadeu-Stiftung ist nicht in der Lage, den Begriff "Antifeminismus" so zu definieren, dass er eine halbwegs konkrete Form annimmt, und behilft sich mit Textbausteinen von endloser Elastizität, zum Beispiel: "Unsere Arbeit als Meldestelle Antifeminismus verstehen wir ebenso als Teil eines gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Prozesses, der zum Teil neue Wege beschreitet und dabei kontinuierlich weiterentwickelt werden soll." Oder: "Wir erfassen Fälle, unabhängig davon, ob sie angezeigt wurden und unabhängig davon, ob sie einen Straftatbestand erfüllen oder unter der sogenannten Strafbarkeitsgrenze liegen. Relevant ist die antifeministische Dimension. Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen der Betroffenen."

Und wie werden die "Fälle" erfasst? Online über ein "Meldeformular" mit Angaben zum Tatort, zur Tatzeit, zu der Person des Angreifers ("Von wem ging der Angriff aus?") und der skurrilen Frage, "welche Aussagen und Inhalte" im Zuge der Tat "vermittelt" wurden.

Personen, die sich "nicht sicher sind", ob das, was sie erlebt haben, "wirklich" Antifeminismus war, bekommen diesen Rat mit auf den Weg: "Kein Problem, alle Meldungen sind wichtig und werden von uns ernst genommen und verarbeitet. Antifeminismus ist ein weites Feld und tritt in vielen Formen auf."

(…) Und nur für den Fall, dass jemand etwas melden möchte, ihm (oder ihr) aber gerade nichts einfällt, werden Beispiele genannt, was man/frau melden könnte, zum Beispiel: "Eine feministische Veranstaltung wird gestört, z. B. durch antifeministische Zwischenrufe"; "Die Arbeit einer Gleichstellungsbeauftragten (und/oder ihre Person) wird angegriffen"; "Wissenschaftler*innen der Gender Studies werden diffamiert".


Bei dieser großzügigen Definition, nach der alles Erdenkliche als antifeministisch zur Meldung gebracht werden kann, entpuppe sich Broder zufolge in der politischen Auseinandersetzung ein "vermintes Gelände", bei dem die Sprengfallen täglich mehr würden: von Kritik am "paritätischen Wahlgesetz" angefangen.

Und wenn Kritik an "Gender-Studies" als "diffamierend" empfunden wird, dann wird bald auch der Marxismus-Leninismus als "Wissenschaft" rehabilitiert werden. Ebenso Voodoo – als eine Methode der Fernheilung.

Man sollte der Versuchung widerstehen, die "Meldestelle Antifeminismus" der Antonio-Amadeu-Stiftung in einem Satz mit Einrichtungen zu nennen, die längst im Abgrund der Geschichte verschwunden sind. Es sind ganz andere Dimensionen, aber das Prinzip ist dasselbe: bedrohen, denunzieren und zersetzen – alles natürlich reinen Herzens und zum Wohle der Gesellschaft. An die Stelle der "Unschuldsvermutung" tritt ein "Generalverdacht", ohne dass Ferda Ataman, die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, aufsteht und "So geht es nicht!" ruft.

Der Unterschied zwischen damals und heute liegt in einem wichtigen Detail. War es früher der Staat, der für Disziplin sorgte, die Mitläufer belohnte und die Verweigerer bestrafte, so haben inzwischen die sogenannten Nichtregierungsorganisationen die Aufgabe übernommen. Der Staat beschränkt sich darauf, ihre "Projekte" finanziell zu unterstützen.




3. Noch ein Fall für die Meldestelle: Bei t-online wird die feministische "Sprachpolizei" kritisiert:

Das Gegendere mit Sternchen, Doppelpunkten und anderem Unfug lässt bereits viele Gemüter hochkochen, doch damit geben sich die Missionare nicht zufrieden. Sie wollen mehr. Und sind bereit, ihrem Wahn nicht nur nebensächliche Floskeln, sondern auch Kunstwerke zu opfern. Zwei Beispiele aus den vergangenen Tagen verdeutlichen, wie weit der Irrsinn schon gediehen ist:

Erstens will das Bundesgesundheitsministerium den nach jeder Medikamentenwerbung vorgeschriebenen Satz ändern. Künftig soll er so lauten: "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke." Der bisherige Satz "... und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" sei "seit Jahren wegen seiner geschlechtsspezifischen Formulierung Gegenstand von Diskussionen", behaupten Karl Lauterbachs Mitarbeiter, die ich korrekterweise vermutlich "Mitarbeiter*:_innen" oder so ähnlich nennen müsste. "Durch die Änderung soll nunmehr gleichstellungspolitischen Aspekten Rechnung getragen werden." Auf die Idee, dass der tagtäglich in Funk und Fernsehen runtergeratterte Zungenbrecher durch eine noch kompliziertere Formulierung womöglich endgültig diskreditiert werden könnte, sind die Ministerialen nicht gekommen. Sie tragen den Gender-Gral vor sich her und wollen dafür sogar das Heilmittelwerbegesetz ändern. Ordnung muss in Deutschland schließlich sein.

(…) Nun mag es Leute geben, die im Eifer der Sprachmissionare nur eine zu vernachlässigende Schrulle sehen. Ich sehe darin eine gefährliche Grenzüberschreitung. (…) Sprache ist mehr als nur eine Aneinanderreihung von Buchstabenkombinationen zur Verständigung. Sie ist Kunst, sie ist Genuss, sie ist formvollendete Schönheit.




4. Die Meldestelle REspect! gegen Hetze im Netz hat keine Probleme damit, dass Männer als Abfall bezeichnet werden. Dabei handele es sich nämlich um ein

"verbreitetes und oft genutztes (generalisierendes) Stilmittel, welches an einer Vielzahl von Produkten und Formaten vorzufinden ist. Beispiele hierfür sind neben dem von Ihnen gemeldeten T-Shirt Drucke, Songs, Youtube-, Instagram-, Facebook-, TikTok-Kampagnen. Ebenfalls ist es ein hin und wieder genutztes Stilmittel der MeToo-Bewegung. Allein die schiere Menge an Nutzer:innen des Stilmittels zeigt deutlich, dass es sich hier nicht um einen Gesetzesverstoß nach dem StGB handelt."


Während von der einen Meldestelle also "Antifeminismus" so breit und so vage definiert wird, dass alles Erdenkliche darunter fallen kann, gilt für die andere gerade die Allgegenwart von Männerhass im vermeintlichen Patriarchat als Grund dafür, dass er nicht zu beanstanden ist. Das legt zwei Folgerungen nahe:

* Wenn man Attacken auf Männer herausrechnet, sind Frauen die Hauptbetroffenen von Hass im Netz.

* Falls jemals der Slogan "Women are trash" massenhaft verwendet würde, wäre das keine Hate Speech mehr – sondern ein "verbreitetes und oft genutztes Stilmittel".

Auch REspect! wird natürlich staatlich gefördert, wie die Meldestelle auf ihrer Website offenlegt:

Die Meldestelle REspect! ist eine Maßnahme der Jugendstiftung Baden-Württemberg im Demokratiezentrum Baden-Württemberg in Kooperation mit der Bayerischen Staatsregierung. Das Demokratiezentrum wird gefördert durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg aus Landesmitteln, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat, durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" und aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales.




kostenloser Counter