Donnerstag, Oktober 31, 2024

"In Körper und Seele geritzt": Ukrainische Männer werden in russischen Haftanstalten systematisch sexuell gefoltert

Ein Artikel, den der britische Guardian am Dienstag veröffentlichte, ist mir einen vollständigen Blogeintrag wert. Genderama ist ja unter anderem auch ein Menschenrechts-Blog, wobei der Schwerpunkt nach meinem letzten Buch darüber momentan auf sexueller Gewalt liegt.



Russische Truppen folterten Oleksii Sivak wochenlang und versetzten ihm in einem eiskalten Keller in seiner Heimatstadt Cherson Elektroschocks an den Genitalien, weil er sich ihrer Herrschaft widersetzt hatte.

Als die ukrainischen Truppen die Stadt im Herbst 2022 befreiten, wurde Sivak eine lange Liste von Fachärzten vorgelegt, die ihm bei seiner Genesung helfen könnten, und er wurde gebeten, diejenigen anzukreuzen, die er benötigte.

Fast alle Bereiche des Körpers und der Psyche waren abgedeckt, aber es gab keine Urologen, also Ärzte, die männliche Harn- und Geschlechtsorgane behandeln.

"Ich habe sie gefragt: 'Soll ich einen Gynäkologen aufsuchen?' Ich war schockiert", sagte er. "Seit 2014 [als russische Hilfstruppen die Krim und Teile der Ostukraine besetzten] herrscht Krieg, und niemand hat auch nur einen Gedanken an männliche Opfer sexueller Gewalt verschwendet."

Es war Sivaks erste Begegnung mit dem gefährlichen Schweigen über die Verletzungen, die ihm seine russischen Gefängniswärter zugefügt hatten, geboren aus Stigma und Tabu. Es war auch sein erster Schritt, ein Aktivist für eine Gruppe zu werden, die so gut wie unsichtbar ist, obwohl ihre Zahl mit beunruhigender Geschwindigkeit zunimmt.

Der UN-Menschenrechtsbeauftragte hat Hunderte von Fällen sexueller Gewalt durch russische Truppen seit dem vollständigen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 dokumentiert. Bei zwei Dritteln der Opfer handelt es sich um Männer und Jungen, die in russischen Gefängnissen gefoltert wurden.

Russland wendet systematische sexuelle Folter gegen Ukrainer, sowohl Zivilisten als auch Kriegsgefangene, in "fast allen" Haftanstalten an, in denen sie festgehalten werden, so die UN.

Dazu gehören "Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, Androhung von Vergewaltigung und Kastration, Schläge oder die Verabreichung von Elektroschocks an den Genitalien, wiederholte erzwungene Nacktheit und sexualisierte Erniedrigung".

"Die Zahlen in der Ukraine sind erschreckend", sagte Charu Lata Hogg, die Geschäftsführerin des All-Survivors-Project, das Männer und Jungen unterstützt, die sexuelle Gewalt erlitten haben.

Die Organisation führt eine weltweite Datenbank mit Fällen, die drei Jahrzehnte zurückreichen, und das Ausmaß des neuen Missbrauchs in der Ukraine sei beispiellos, sagte sie. Sexuelle Gewalt gegen Männer "kommt überall auf der Welt vor, aber es ist immer schwierig, die Fälle zu dokumentieren".

In der Ukraine haben die Vereinten Nationen in weniger als drei Jahren 236 Vorfälle sexueller Gewalt gegen Männer und zwei gegen Jungen registriert.

Die Zahlen sind wahrscheinlich auf die systematische Anwendung von Folter durch die russischen Streitkräfte und die Bemühungen der ukrainischen Behörden zurückzuführen, die Überlebenden zu unterstützen und Beweise zu sammeln.

"Ich denke, wir sollten die Befragungsmethoden würdigen, die diese Enthüllungen unterstützen", sagte Hogg. Die Rückkehrer "werden psychologisch betreut und recht bald nach ihrer Entlassung befragt, wenn das Trauma hoch ist und es den Überlebenden relativ leicht fällt, über ihre Erfahrungen zu berichten".

Auch wenn die Ukraine ein beeindruckendes Beispiel für die Aufzeichnung dieser Form der russischen Folter gibt, so beginnt sie doch gerade erst, sich mit ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen.

Sivak hat das erste ukrainische Unterstützungsnetz für männliche Überlebende aufgebaut, auch weil die ersten Wochen nach seiner Befreiung erschreckend einsam waren. Selbsthilfegruppen, Ressourcen und medizinische Hilfe richteten sich fast ausschließlich an Frauen.

"Eines der Ziele dieser Organisation ist es, einen Weg zu schaffen, den es vorher nicht gab, damit wir für andere ein Wegweiser sein können", sagte er.

Der Leidensweg der männlichen Überlebenden ist in der Ukraine wenig bekannt und wird nur selten diskutiert, selbst wenn das Land das sichtbare Opfer feiert, das andere Soldaten und Überlebende leisten. Bilder von Amputierten sind inzwischen weit verbreitet, aber es gibt keine Plakate oder Zeitschriftenartikel, die die weitgehend verborgenen Verletzungen der sexuellen Gewalt zeigen.

Nur wenige Überlebende sind bereit, öffentlich über Angriffe auf ihren Körper zu sprechen, die sich allzu oft wie Angriffe auf ihre Würde und Männlichkeit anfühlen.

Das Gefühl der Scham ist ein Grund dafür, dass Russland sexuelle Gewalt als Kriegswaffe einsetzt, und eine treibende Kraft hinter Sivaks Entscheidung, sich zu äußern. Er möchte, dass das Netzwerk der Überlebenden ein Leuchtturm für diejenigen ist, die versuchen, sich zu erholen, und eine Stimme für diejenigen, die immer noch festgehalten werden.

"Wenn ich schweige, ist es so, als wäre es nie passiert, und das bedeutet, dass es auch jetzt nicht passiert", sagte er. "Die Realität ist, dass viele Männer immer noch in Kellern sitzen. Wenn ich meine Stimme nicht erhebe, wie sollen dann diejenigen, die nicht frei sind, gehört werden?"

Andere Gefangene stehen im Mittelpunkt von Sivaks Aktivismus, weil sie der Schlüssel zu seinem Überleben und seiner Genesung waren. Die Männer, die zusammen in der Zelle in Cherson eingesperrt waren, waren Ärzte, Psychologen und Freunde füreinander, weil sie niemanden sonst hatten.

Nach ihrer Freilassung wurden die Gespräche wieder aufgenommen und entwickelten sich schließlich zu einer informellen Selbsthilfegruppe, der "Alumni-Vereinigung für inhaftierte und gefolterte Männer der Ukraine".

Der Name geht auf einen düsteren Scherz von Sivaks Frau Tamara zurück, die mit ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer praktischen Effizienz eine wichtige Stütze für ihn und andere Überlebende geworden ist.

Sie sah, wie er sich mit einem ehemaligen Zellengenossen traf und fragte die beiden: "Störe ich das Klassentreffen?" Daraufhin begannen sie, sich "Alumni" zu nennen.

Sie überlegten, ob sie einen weniger schnoddrigen Namen für die offizielle Vereinigung wählen sollten, der für Außenstehende leichter zu erklären wäre, aber sie kamen immer wieder darauf zurück, dass sie sich als eine Gruppe verstehen, die durch ihre gemeinsamen Erfahrungen geprägt ist.

"Wir sagen, wir sind Absolventen ohne Diplom, unsere Erfahrung ist in unsere Körper und unsere Seelen eingraviert", so Sivak.

Sein Leben als Aktivist begann am 24. Februar 2022, als russische Truppen in seine Heimatstadt Cherson einmarschierten. Bis dahin war er ein Seemann, ein "Geist des Meeres", mit Arbeitsverträgen, die normalerweise sieben bis neun Monate dauerten.

"Mein Aktivismus begann mit der vollständigen Invasion. Davor war mein Lebensziel nur, eine Familie zu gründen. Ich habe mich nie für Politik interessiert", sagte er.

Am 25. Februar sollte er ausfliegen, um einen neuen Vertrag anzufangen, aber er blieb, um sich um seine Familie zu kümmern und eine Kampagne zu starten, mit der er den neuen russischen Machthabern in der Stadt trotzte.

Sechs Monate lang leitete er tagsüber eine Suppenküche für ältere Einwohner und verbrachte die Nächte damit, die Stadt mit ukrainischen Flaggen, Bannern mit dem nationalen Dreizack, auf dem der doppelköpfige russische Adler aufgespießt ist, und anderen Anti-Besatzungs-Botschaften zu tapezieren.

Dann wurde er verhaftet und einem "Verhör" unterzogen, das in Elektroschocks an seinen Genitalien gipfelte. "Sie setzten sie normalerweise in den schlimmsten Stadien der Folter ein, denn was könnte schlimmer sein als das", sagte er. "Nur der Tod."

Die Aussagen von zurückgekehrten Gefangenen legen nahe, dass nur wenige vom Schlimmsten verschont bleiben. Zwei Drittel der männlichen Kriegsgefangenen und inhaftierten Sanitäter, die von den Vereinten Nationen seit März 2023 befragt wurden, hatten irgendeine Form von sexuellem Missbrauch in russischen Gefängnissen überlebt.

"Die weite geografische Streuung der Orte, an denen gefoltert wurde, und das Vorherrschen gemeinsamer Muster zeigen, dass Folter von den russischen Behörden als gängige und akzeptierte Praxis angewandt wurde, und zwar mit dem Gefühl der Straffreiheit", sagte Erik Møse, der Vorsitzende der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zur Ukraine.

In seiner Aussage vor dem UN-Menschenrechtsrat im September wies er auch auf "die wiederholte Anwendung sexueller Gewalt als eine Form der Folter in fast allen diesen Haftanstalten" hin.

Sivak ist der Ansicht, dass sexuelle Gewalt in russischen Gefängnissen so normal ist, dass die meisten Ukrainer, die dort inhaftiert sind, Überlebende sind, auch wenn sie manche Angriffe, wie Schläge oder Tritte auf die Genitalien, nicht als sexuelle Übergriffe erkennen.

"Wahrscheinlich ist fast jeder Mann, der aus der Gefangenschaft befreit wird, Teil unseres Netzwerks", sagte er. "Sie sind sich dessen nur nicht alle bewusst."




Mittwoch, Oktober 30, 2024

Bande von neun Lehrerinnen missbrauchte jugendliche Häftlinge

1. Eine Nachricht aus der britischen Boulevardzeitung Daily Star:

Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, nachdem eine Gruppe von neun Lehrern in einem Jugendgefängnis sexuelle Handlungen mit Minderjährigen vorgenommen haben soll.

Wie die kanadische Lokalzeitung "La Press" berichtet, kam es in der Jugendstrafanstalt Cité-des-Prairies in Montreal zu mehreren Vorfällen. In dem Zentrum sind Jugendliche untergebracht, die an Straftaten wie Drogenhandel, Schusswaffenbesitz, Zuhälterei und sogar Mord beteiligt waren.

Nun haben zwei "Informanten" behauptet, dass neun Erzieherinnen vor Ort in "sexuelles Fehlverhalten" mit mindestens fünf ihnen anvertrauten Minderjährigen verwickelt waren, darunter ein 15-Jähriger, der eine Mitarbeiterin geschwängert hat.

Die ungenannte Mitarbeiterin soll das Kind des Jugendlichen zur Welt gebracht haben. Eine zweite Mitarbeiterin wurde von einem anderen minderjährigen Insassen geschwängert. Eine andere Erzieherin wurde beim Küssen eines Minderjährigen gesehen, und eine weitere wurde auf einer Toilette im Dunkeln mit einem Teenager erwischt.

In dem Bericht wird behauptet, dass mehr als 30 Personen befragt wurden, die alle ähnliche Geschichten erzählten, und dass alle Beteiligten inzwischen "suspendiert oder entlassen" worden sind.


Die Leiterin des Jugendschutzsystems von Québec ist nach dem Skandal zurückgetreten.



2. Eine Meldung im September, die ich übersehen hatte: In irischen Schulen sollen zwischen den sechziger und den neunziger Jahren mehr als fünfzehntausend Jungen sexuell missbraucht worden sein.



3.
Es ist verführerisch, zu denken, dass am 5. November die Weichen gestellt werden, damit alles besser wird. Für Amerika und für den Rest der Welt. Zum ersten Mal könnte eine Frau Präsidentin der USA werden und damit das höchste Amt der Welt ausüben. Vor allem die Medien setzen grosse Hoffnung in Kamala Harris, nicht nur, weil sie die einzige Alternative zu Donald Trump ist. Sondern: Sie ist eine Frau. «Rettet sie die Welt?», fragt die "Zeit" in ihrer jüngsten Ausgabe.

Mit einer Frau am Schalthebel der Macht sind viele Hoffnungen verbunden. Man hat es gemerkt, als Joe Biden sich aus dem Rennen nahm und Harris ihre Kandidatur bekanntgab. In der allgemeinen Erleichterung projiziert man Wunschvorstellungen auf sie. Mit dieser Frau zögen Freude und Herzlichkeit ins Weisse Haus ein, so der Glaube. Die egoistische, aggressive und machtbesessene Politik der Männer wäre zu Ende.

Denn ist der Zustand der Welt nicht der Beweis, dass die Welt an die Wand gefahren wird, solange Männer die Machtpositionen besetzen, sowohl in der Politik wie in der Wirtschaft? Der Ukraine-Krieg geht bald in sein drittes Jahr, der Nahostkonflikt wird zum Flächenbrand. Klimakrise, wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Massenmigration, politischer Extremismus, geforderte Demokratien.

Da fällt es leicht, in Frauen Heilsbringerinnen zu sehen. Oder zumindest Friedensstifterinnen. Was sonst verpönt ist, nämlich Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu betonen, dient nun als Argumentationsstütze. Frauen seien friedliebender als Männer. Sie seien fürsorglicher und mitfühlender in Bezug auf das Leiden anderer. Das wird einmal mit der Sozialisation, dann wieder evolutionsbiologisch begründet. Frauen regierten deshalb umsichtiger, mit einem Wort: besser.


Hier geht es weiter.

Der Mythos, dass Frauen weniger bereit zum Krieg sind als Männer ist allerdings seit Jahren widerlegt: Wenn man überhaupt auf dieser Ebene argumentieren will, ist eher das Gegenteil der Fall.



4. Über 40 Prozent der Journalisten stehen den Grünen nahe. Trotzdem und trotz einer entsprechenden Berichterstattung ist die sexistische Partei in der Wählergunst inzwischen einstellig.



Dienstag, Oktober 29, 2024

Kritik an Alice Schwarzer wegen sexistischem Umgang mit Politikerin

1. Alice Schwarzers Magazin "Emma" verlieh der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Negativpreis "Sexist Man Alive". Kritikerinnen sprechen von Sexismus und einem "intellektuellen Fall" Schwarzers.

(Ich persönlich finde, Schwarzer hat ihr intellektuelles Niveau gehalten.)



2. Darf eine Straße den Namen eines Missbrauchstäters tragen? Darüber sollen die Bürger von Eslarn in der Oberpfalz bei einem Bürgerentscheid abstimmen. Es geht um die Georg-Zimmermann-Straße, die nach einem wegen Kindesmissbrauch verurteilten Priester benannt ist. Anwohner setzen sich gegen eine Umbenennung ein. Zum Entsetzen des Bürgermeisters und der Opfer.



3. Auf Tiktok teilte Monique ihre Erfahrung mit dem sogenannten Gender disappointment. Sie ist bereits Mutter einer kleinen Tochter und erneut schwanger. Als sie herausfand, dass es ein Junge wird, war sie zunächst fast schon schockiert. (Das verlinkte Video ist leider nur für Schweizer Leser zugänglich.)



4.
Narzissten meinen, sie seien allen überlegen? Nicht immer. Manche von ihnen fühlen sich minderwertig und begegnen ihren Mitmenschen mit Neid und Missgunst. Betroffen sind mehrheitlich Frauen.


Die Neue Zürcher Zeitung berichtet.



5.
Unlängst erzählte mir ein Bekannter, dass er beim Ausgehen in einer Frauenrunde sehr gut angekommen sei. Nicht wegen seines Aussehens oder seiner sympathischen Art oder wegen seines beruflichen Erfolgs. Nein, einfach weil er behauptet habe, Feminist zu sein. Das hat schon gereicht, um Kontakte abzustauben. Dabei war das einfach nur ein Joke. Und man muss sich fragen, ob diese Damen besonders auf der Höhe waren, wenn sie darauf hereingefallen sind und das nicht hinterfragt haben.


Hier geht es weiter mit dem Beitrag "ARD-Reporter will Feminist werden: Dieser Selbstversuch ist peinlich."



6. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Am Freitag ist in der Zeit Online ein Interview mit Frau Lucy Chebou erschienen. Überschrift: "Auf einmal wird auf die genetische Abstammung gepocht." Sie wird als Rechtsanwältin die sich für lesbische Paare einsetzt vorgestellt.

Zunächst einmal muss erwähnt werden, das die genetische Abstammung schon immer entscheidend war. Bei Müttern! Bei den Vätern nicht. Da ist es der Ehestatus.

Des Weiteren hat eine kurze Online-Recherche ergeben, dass diese Dame nicht nur Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes ist, sondern mittlerweile wohl auch Verfassungsrichterin in Berlin und sie schon in diversen Medien interviewt wurde.

Getriggert, wütend gemacht und Tränen in die Augen getrieben hat mir dieses Interview, weil ich als unverheirateter leiblicher Vater zunächst kein Sorgerecht hatte, und es erst erkämpfen konnte, als 2013 die Groko auf Druck der EU das Gesetz geändert hat.

Jetzt frage ich mich, ob diese Frau wirklich nicht auf meiner Seite steht, oder ob man, um etwas Positives zu erreichen, lieber den Lesben hilft um nebenbei den Vätern zu helfen. Funktioniert Feminismus so? Ist an dieser Stelle dann Feminismus auch gut für Männer? Oder sieht sie tatsächlich nur die Benachteiligung lesbischer Nichtmütter?

"Chebout: Die Ungleichbehandlung von Ehemännern und Ehefrauen knüpft an das Geschlecht des zweiten Elternteils an. Das ist laut Grundgesetz verboten: 'Niemand darf auf Grund seines Geschlechts benachteiligt werden.' Das geltende Abstammungsrecht, das nur einen Mann als zweiten Elternteil vorsieht, ist darum aus meiner Sicht verfassungswidrig. Auch mehrere Amts- und Oberlandesgerichte sehen das so: Sie haben unsere Verfahren ausgesetzt und die Fälle dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Dort liegen sie nun seit 2021.

ZEIT ONLINE: Diese Woche haben Sie in zehn Verfahren Verzögerungsrügen erhoben, um den Gerichten zu signalisieren, dass sie unangemessen lange dauern.

Chebout: Die Familien, die ich vertrete, befinden sich seit Jahren in einer rechtlich unsicheren Situation. Als ich die Kinder kennenlernte, waren sie Säuglinge, jetzt können sie sprechen, laufen, sind kleine Menschen. Manche von ihnen verstehen schon, dass ihnen Unrecht widerfährt. Es wurden Geschwister geboren, es gab Schicksalsschläge, Trennungen. Man könnte sagen: Justice delayed is justice denied. Gerechtigkeit, die zu spät kommt, ist keine mehr."

Ist es nicht unfair, wenn wir die Abstammung unterschiedlich je nach Geschlecht regeln, wie sie es im Interview beklagt?

Die letzten zwei Sätze finde ich sehr schön. Denn als Vater ohne Sorgerecht ist halt die Regelung, die zu spät kam, keine Gerechtigkeit.




Montag, Oktober 28, 2024

Ampel streitet über Reform des Familienrechts

1.
Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) ist verärgert über das Vorpreschen ihres Kollegen Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) bei der vereinbarten Reformierung des Familienrechts. Buschmann hatte seine Referentenentwürfe als Reaktion auf die Obstruktionsstrategie seiner Kabinettskollegin unabgesprochen den Justizressorts der Länder zur Verfügung gestellt und zu einem internen Gespräch für den 25.10.2024 geladen.

Mit einer gemeinsamen Erklärung vom 24.10.24 machen nun 10 Verbände Stimmung gegen Buschmanns Entwürfe. Auffallend ist dabei: Alle 10 Verbände erhielten massive staatliche Zuwendungen aus Paus Ministerium, in Summe knapp 22 Mio. Euro über die letzten fünf Jahre. Dies sorgt für Zweifel in der Zivilgesellschaft an der politischen Unabhängigkeit dieser Vorfeldorganisationen.

Auch inhaltlich gibt es Irritationen: So geben etliche Verbände in ihrem Namen formal ein ganzheitliches Verständnis von Familie vor: Zukunftsforum Familie, Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie, Familienbund der Katholiken, Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung, flankiert vom Kinderschutzbund und der AWO.

Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Für diese Lobbyorganisationen endet ihr Verständnis von Familie mit dem Tag der Trennung von Eltern. Ab diesem Zeitpunkt existieren für sie nur noch ein Elternteil und dessen wirtschaftliche Bedürfnisse. Dabei ist ihnen bekannt, dass die Kinder in den meisten Trennungsfamilien von beiden Eltern betreut werden - wenn auch zu unterschiedlichen Anteilen.

Das Engagement der anderen teilnehmenden Verbände erscheint ehrlicher und glaubwürdiger: Verband alleinerziehender Mütter (VAMV), Deutscher Juristinnenbund, Deutscher Frauenrat, Frauenhauskoordinierung. Für diese langjährig vom Bundesfrauenministerium BMFSFJ finanzierten Lobbyverbände existiert der Begriff "Trennungsfamilien" praktisch nicht. Sie ignorieren konsequent die Erkenntnisse aus der Familienforschung, dass Kinder für ihre gesunde und resiliente Entwicklung zum Erwachsenen beide Eltern brauchen.

Im am 24.10.2024 von den 10 Verbänden veröffentlichten "Appell" an das Bundesjustizministerium ist die Sorge "Wie geht es den Kindern?" nur nebensächlich wahrnehmbar. Der Schwerpunkt liegt auf Fragen des Unterhaltsrechts. Die Lobbyverbände setzen sich dafür ein, dass eine paritätische Betreuung von Kindern verhindert wird und Finanzströme vollumfänglich zum mehrbetreuenden Haushalt fließen. Die Bedarfe der Kinder in den zweiten Haushalten sind für sie nicht existent.


Hier geht es weiter.



2. Mehrere Leser haben mich auf ein Interview in der Neuen Zürcher Zeitung hingewiesen, das sie sehr lesenswert fanden: "Warum der Papa mehr ist als bloß eine schlechtere Mutter".



3.
Im langen Kampf der Familie gegen die Bundeswehr-Bürokratie gibt es ein tragisches Ende: 19 Jahre nach seinem traumatischen Einsatz im Kosovo ist Tino Rabe gestorben. Seine Mutter wirft den Behörden "unterlassene Hilfeleistung" vor.


Die "Freie Presse" berichtet.



4. 130 israelische Deserteure erklären in einem gemeinsamen Brief, warum sie sich weigern, weiter zu kämpfen.



Freitag, Oktober 25, 2024

Sind Incels der Schlüssel zur Frage der Gewaltlosigkeit?

1. Im Magazin des Zentrums für männliche Psychologie beschäftigt sich Shane Satterley, der schwerpunktmäßig zu Terrorismus, Radikalismus und Männergewalt forscht, mit Incels und den von den Leitmedien geschürten Vorurteilen gegen diese Gruppe. Ein Auszug:

Incels stellen Behauptungen auf, die tatsächlich durch umfangreiche Forschung gestützt werden. In einer groß angelegten Umfrage zu Trends in sexuellen Beziehungen von 2010 bis 2018 stellten die Autoren fest, dass die Zahl der Personen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, die angaben, Jungfrauen zu sein, in diesem Zeitraum bei Männern zunahm, bei Frauen jedoch nicht. Eine Vielzahl interkultureller Untersuchungen zeigen, dass Frauen im Durchschnitt Männer mit sozioökonomischem Erfolg, gesellschaftlicher Dominanz und körperlicher Attraktivität bevorzugen.

Die Incel-Behauptung, dass die weibliche Paarungswahl tatsächlich das "Alpha" auswählt, steht völlig im Einklang mit unserer Evolutionsgeschichte, der natürlichen Selektion und den weiblichen Paarungsstrategien unserer Spezies – und unserer nächsten Primaten-Cousins. Darüber hinaus kann unsere moderne Online-Dating-Welt, in der die attraktivsten 20 % der Männer oft mit mehr als einer Person gleichzeitig ausgehen, zumindest beiläufig als eine polygyne moderne Dating-Umgebung beschrieben werden, zu der nur eine kleine Anzahl von Männern Zugang hat eine große Anzahl von Frauen. Typischerweise wird ein Mann von durchschnittlicher Attraktivität von etwa 0,87 % der Frauen auf Dating-Apps wie Tinder "geliked", und die durchschnittliche Frau liked nur 12 % der Männer. Frauen sind sehr wählerisch und wie zu erwarten, sind die Übereinstimmungen in Dating-Apps nicht gleichmäßig verteilt. (…) Was die Incel-Subkultur jedoch am meisten frustriert und deprimiert, ist die Tatsache, dass die attraktivsten 80 % der Frauen alle um die attraktivsten 20 % der Männer konkurrieren.

(…) Die Incel-Subkultur wird aufgrund einiger Fälle von Incel-Gewalt zunehmend mit frauenfeindlicher Gewalt und sogar Terrorismus in Verbindung gebracht, doch im Mainstream-Diskurs werden ihre Perspektiven oft zu stark vereinfacht oder falsch dargestellt.

Diese vorherrschende Charakterisierung von Incels als in erster Linie frauenfeindlich ist eine reduzierende und wenig hilfreiche Interpretation, die die nuancierte Komplexität ihrer Weltanschauung nicht erfasst. Eine umfassendere Analyse legt nahe, dass ihre Beschwerden und ihre Weltanschauung besser durch die Linse der Menschenfeindlichkeit als durch die geschlechtsspezifische Antipathie verstanden werden können. Das Incel-Phänomen stellt im Kern eine tiefe Desillusionierung gegenüber gesellschaftlichen Strukturen und der menschlichen Natur dar. Ihr Diskurs ist zwar oft aufrührerisch, spiegelt aber ein allgegenwärtiges und tiefes Gefühl der Entfremdung von einer Gesellschaft wider, die sie als grundsätzlich ungerecht und oberflächlich empfinden. Dies wird am deutlichsten durch das hohe Maß an Suizidgedanken, Depressionen und Angstzuständen in der Incel-Subkultur deutlich. Diese Entfremdung geht über die Geschlechterdynamik hinaus und umfasst eine umfassendere Kritik an sozialen Hierarchien und Wertesystemen.

Entscheidend ist, dass die Incel-Weltanschauung einen universellen menschlichen Zustand postuliert, der von oberflächlichen Urteilen und Ungerechtigkeit geprägt ist. Ihre Frustration richtet sich daher nicht nur gegen Frauen, sondern gegen einen gesellschaftlichen Rahmen, der ihrer Meinung nach einen erheblichen Teil der Bevölkerung benachteiligt, unabhängig vom Geschlecht. Darüber hinaus kann die Incel-Weltanschauung als Manifestation umfassenderer soziologischer Trends interpretiert werden, darunter die zunehmende soziale Isolation (insbesondere für Männer), die Auswirkungen der digitalen Kultur auf zwischenmenschliche Beziehungen (insbesondere negativ für junge Mädchen und Frauen) und sich verändernde Paradigmen der Männlichkeit in zeitgenössische Gesellschaft. Während frauenfeindliche Elemente im Incel-Diskurs unbestreitbar vorhanden sind, vereinfacht die Kategorisierung der Bewegung als primär frauenfeindlich (oder frauenfeindlich gewalttätig) ein komplexes soziologisches Phänomen dramatisch. Eine genauere Charakterisierung würde die Incel-Weltanschauung als eine dogmatische, nihilistische und menschenfeindliche Reaktion auf wahrgenommene gesellschaftliche Funktionsstörungen beschreiben, die tiefe Probleme der sozialen Entfremdung und Desillusionierung in der Moderne widerspiegelt.

Die Tatsache, dass eine Handvoll dieser einsamen, depressiven und selbstmordgefährdeten jungen Männer sich der Gewalt zuwandte, ist völlig vorhersehbar, und es ist überraschend, dass es nicht viel mehr Gewalt gibt, wenn man bedenkt, wie viele Menschen sich als Incel bezeichnen. Schätzungen gehen davon aus, dass es weltweit etwa 21.000 Incels gibt (wie in aktuellen Incel-Foren gezählt), was in etwa der Zahl der ausländischen Kämpfer (20 - 30.000) entspricht, die für ISIS im Irak und in Syrien kämpfen. Die Tatsache, dass wir zwischen 2009 und 2022 weltweit nur etwa 15 Fälle zuordnen können, die potenziell mit Incel-Gewalt in Verbindung stehen, ist erstaunlich. Darüber hinaus - und das ist eine sehr aussagekräftige Erkenntnis - wurde jetzt nachgewiesen, dass "die Gewaltbereitschaft der Inzels im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung relativ gering zu sein scheint". Wenn man jedoch über Incels liest, bekommt man den Eindruck, dass sie die neue ISIS sind, die aus der bösen Frauenfeindlichkeit schöpfen, die überall in der Gesellschaft vorhanden ist. Eine gute Forschungsfrage lautet: "Was tragen Incels dazu bei, die männliche Gewalt auf globaler Ebene zu begrenzen?"

Halten wir es für einen Zufall, dass sich ein globaler Bevölkerungszusammenbruch abzeichnet, eine Epidemie von kinderlosen Frauen (von denen die meisten unfreiwillig kinderlos sind) und eine Untergruppe von Männern, die nicht in der Lage sind, sich zu verabreden? Was sind die soziologischen Faktoren, die zu diesen Trends beitragen? Das Verständnis dieser Nuancen ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung wirksamerer Strategien zur Bewältigung von Problemen im Zusammenhang mit Einsamkeit, sexueller Deprivation, psychischer Gesundheit und Ressentiments, die potenziell den Extremismus schüren können. Doch anstatt diese Subkultur junger Männer nur zu etikettieren und zu entfremden, sollten wir vielleicht anerkennen, dass sie in globale soziologische Trends verwickelt sind, für die es keine einfachen Lösungen gibt, die aber - wie ihre kinderlosen weiblichen Gegenstücke - unser Mitgefühl verdienen.




2. Auch für das Wirtschaftsmagazin Forbes ist die zunehmende Einsamkeit von Männern ein Thema – weil sie Frauen belastet:

In den letzten drei Jahrzehnten sind die sozialen Netze von Männern im Vergleich zu denen von Frauen erheblich geschrumpft. Dadurch sind viele Männer zunehmend auf die emotionale Unterstützung von Frauen angewiesen, eine Dynamik, die nach Ansicht einiger Forscher eine unangemessene Belastung für Frauen darstellen kann.

Forscher der Universität Stanford erklären diese Belastung, die sie als "Mankeeping" bezeichnen, in der Zeitschrift "Psychology of Men and Masculinities". Sie argumentieren, dass Frauen die emotionale Last auf sich nehmen, die Lücken in den sozialen Kreisen der Männer zu füllen. Da die sozialen Beziehungen der Männer abnehmen, kann die unsichtbare Arbeit, die Frauen in die emotionale Unterstützung der Männer investieren, erheblich sein.

Angelica Ferrara, Hauptautorin der Studie und Postdoktorandin am Clayman Institute for Gender Research an der Stanford University, sagt, dass ihre vorläufigen Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass manche Frauen mehrere Stunden pro Woche damit verbringen, sich um das emotionale und soziale Wohlbefinden der Männer in ihrem Leben zu kümmern. (...) Interessanterweise betrachten Männer emotionale Aufgaben oft als einen natürlichen Teil der Beziehungspflege, während Frauen diese Bemühungen eher als Arbeit bezeichnen.


Wann die ersten wohl Geld dafür verlangen werden, dass sie sich darum sorgen, ob es ihrem Partner gut geht?



Mittwoch, Oktober 23, 2024

MeToo mal wieder: Mainzer Studentin wegen übler Nachrede verurteilt

1.
Im Zusammenhang mit dem Skandal um mutmaßliche sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch in der hessischen Linkspartei ist eine Studentin aus Mainz wegen übler Nachrede zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht Wiesbaden verpflichtete die junge Frau mit einem bereits Anfang September gefällten Urteil außerdem zu einer Zahlung von 2000 Euro Geldauflage und der Ableistung von 200 gemeinnützigen Arbeitsstunden. Darüber hinaus muss die Studentin 5000 Euro Schmerzensgeld an einen ehemaligen Mitarbeiter der Fraktion der Linkspartei im hessischen Landtag zahlen. Der Mann stand im Zentrum des "MeToo"-Skandals, der die Partei im Frühjahr 2022 stark erschüttert hatte.


Hier geht es weiter.



2. Mit "Meine gewalttätige Ex-Frau hat mich nach jahrelanger körperlicher Misshandlung fast zum Selbstmord getrieben" betitelt die britsche Tageszeitung "Sun" einen Bericht des Schauspielers Charlie Lawson. Während Lawson privat misshandelt wurde, spielte er beruflich eine der Rollen, die unsere Medien für Männer vorgesehen haben: den Frauenprügler Jim McDonald in der Fernsehserie "Coronation Street", dem Vorbild der deutschen "Lindenstraße".



3. Benjamin Dittrich erkrankt nach der Geburt seines Sohnes an Depressionen. Er lernt: Auch anderen Männern geht es so.



4. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

vielleicht sollte auch dies einmal auf Ihrem Blog erwähnt werden: Männer erinnern an die Knochenarbeit, die von Männern unter schwierigen und lebensgefährlichen Bedingungen geleistet wurde. Hier sind es Senioren des Dresdner Männernetzwerks, die auf die Bomätscher, Treidler an der Elbe, aufmerksam machen.

Es bleibt einem Dresdner Stadtteilblogger, dem Journalisten Heiko Weckbrodt, vorbehalten darüber zu berichten. Soweit ich das übersehe, tut das die Regionalpresse (zumindest online) nicht.




Dienstag, Oktober 22, 2024

"Das Problem der Demokraten mit männlichen Wählern ist nicht kompliziert"

Der US-amerikanische Männerrechtler Richard Reeves hat im einflussreichen Politikmagazin "Politico" einen Artikel veröffentlicht. (Im Ausland ist so etwas möglich.) Die Dinge, die Reeves der Partei der Demokraten ins Stammbuch schreibt, passen zu derart weiten Teilen auch hierzulande, dass ich den Beitrag in Gänze übersetzt habe.



Nur noch wenige Wochen bis zur Wahl, und der Kampf um die Stimmen der Männer wird immer hitziger. Die Unterstützung junger Frauen ist den Demokraten gewissermaßen sicher, aber bei jungen Männern scheint noch alles offen zu sein, und das Trump-Vance-Ticket ist auf dem Vormarsch, wobei einige Umfragen einen zweistelligen Vorsprung zeigen.

Ironischerweise könnte eine Wahl, bei der es wegen des Abtreibungsrechts eigentlich um Frauen gehen sollte, am Ende durch die Stimmen junger Männer entschieden werden.

Die Republikaner haben von Anfang an aggressiv um die Stimmen der Männer geworben. Donald Trump wurde auf dem RNC-Kongress von Dana White, dem Chef der UFC, vorgestellt. Hulk Hogan riss sich das Hemd vom Leib. Die Botschaften der GOP waren nicht subtil: Wir mögen das, was die meisten Männer mögen, und wir mögen Männer. Trump und JD Vance sind in mehreren Podcasts aufgetreten, die bei jungen Männern beliebt sind. Eine republikanische Wählerwerbung, die sich an junge Männer richtet, wird bei College-Football-Spielen beworben.

Die Demokraten versuchen nun, aufzuholen. Kamala Harris hat eine "Chancen-Agenda" für schwarze Männer ins Leben gerufen und verspricht Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmern, zur Regulierung von Kryptowährungen und zur Einstellung von mehr männlichen Lehrern. Berichten zufolge erwägt sie einen Auftritt im Podcast von Joe Rogan, der ein enormes Publikum von überwiegend Männern hat. Die Strategen der Demokraten scheinen mit Verspätung erkannt zu haben, dass es schwer sein wird, ohne männliche Stimmen zu gewinnen. Die Frage ist, ob dies nicht zu wenig ist und zu spät kommt.

Allerdings gibt es hier ein politisches Paradoxon, das sich die Demokraten zunutze machen könnten. Die Republikaner signalisieren zwar eine männerfreundliche Haltung, aber ohne jegliche politische Substanz. Die Demokraten verfügen über bestehende Initiativen, die einen guten Ausgangspunkt für eine starke männerfreundliche politische Plattform darstellen. Sie haben jedoch gezögert, sie als solche zu verpacken, und könnten viel mehr tun.

Es gibt jetzt eine echte politische Chance für eine Partei, eine Agenda zu entwerfen, die Männer anspricht - und ihre wirklichen Probleme angeht.

Entgegen der Meinung im linken Lager verwandeln sich junge Männer nicht in eine Generation von Frauenhassern. Die Unterstützung für die Gleichstellung der Geschlechter nimmt weiter zu, auch bei Männern unter 30 Jahren. Das Problem scheint eher darin zu liegen, dass viele Männer in der politischen Linken einfach nicht viel Anerkennung für ihre Anliegen oder gar ihre Identität finden.

Wenn die Demokraten die "Frauenpartei" sind, wie ein Parteistratege behauptete, ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass die Männer sich in eine andere Richtung orientieren. Das offizielle Parteiprogramm listet die Gruppen auf, denen die Partei mit Stolz dient; Frauen sind aufgeführt, Männer jedoch nicht. Im Weißen Haus gibt es einen neuen Rat für Geschlechterpolitik, aber er hat sich mit keinem einzigen Thema befasst, das Jungen oder Männer betrifft.

Das Versäumnis, sich mit Männerfragen zu befassen, erweist sich als teurer Fehler, insbesondere in unserer Politik und Kultur. Die Herausforderungen, vor denen viele Männer, insbesondere Männer aus der Arbeiterklasse und farbige Männer, stehen, sind keine Erfindung der Online-"Manosphäre". Sie sind real. Aber sie wurden nicht ausreichend thematisiert oder manchmal sogar nicht einmal zur Kenntnis genommen. Dies hat ein Vakuum hinterlassen, das in vielen Fällen durch reaktionärere Stimmen aus der Manosphäre gefüllt wurde.

Wenn Probleme vernachlässigt werden, metastasieren sie zu Beschwerden. Und Missstände können im Dienste reaktionärer Ziele zu Waffen werden. Die Lösung ist also fast schon komisch einfach: Vernachlässigen Sie die Probleme nicht.

Der Fehler, der auf beiden Seiten gemacht wird, besteht darin, die Gleichstellung der Geschlechter als Nullsummenspiel zu betrachten; dass mehr für Jungen und Männer zu tun bedeutet, weniger für Mädchen und Frauen zu tun. Es gibt so viel für Mädchen und Frauen zu tun, und zwar nicht nur an der Gesundheitsfront: Investitionen in die Pflegewirtschaft, um vor allem berufstätigen Müttern zu helfen; Erhöhung des Frauenanteils in kritischen Berufen, nicht zuletzt in der Welt der Technik und der Politik; Modernisierung der Karriereleitern, um die "Erziehungsstrafe" zu verringern; Abbau von Hindernissen beim Zugang zu Kapital für Unternehmerinnen und vieles mehr.

Aber wenn man sich für Frauen einsetzt, müssen sich die Politiker nicht von den Männern abwenden. In der realen Welt werden die Interessen von Männern und Frauen nicht gegeneinander ausgespielt, auch wenn unsere Kulturkrieger uns etwas anderes erzählen. Es gibt viele fortschrittliche junge Frauen, die sich um die geistige Gesundheit ihres Bruders sorgen, und viele Frauen aus der Arbeiterklasse, die sich um die Berufsaussichten ihres Mannes sorgen. Es ist schwer, eine Gesellschaft mit blühenden Frauen zu schaffen, wenn es den Männern schlecht geht.

Es ist noch nicht zu spät, eine explizite politische Agenda für Jungen und Männer in den Schlüsselbereichen Gesundheit, Bildung und Familienleben aufzustellen. Wer dies tut, würde ein starkes Signal an die männlichen Wähler senden: Wir sehen euch. Wir sind uns eurer Herausforderungen bewusst, und wir haben positive Ideen, wie wir euch helfen können.

Wie Harris kürzlich sagte, muss sie sich jede Stimme verdienen, auch die der Männer. Eine bessere Rhetorik und eine breitere Öffentlichkeitsarbeit sind gut. Noch besser wäre jedoch etwas politische Substanz.

Hier ist ein guter Anfang:

= Bildung =

Jungen und Männer geraten in der Bildung ins Hintertreffen. In einem durchschnittlichen Schulbezirk sind Jungen im Lesen und Schreiben fast eine Klassenstufe im Rückstand. (In Mathematik gibt es keine Lücke.) Die häufigste High-School-Note für Mädchen ist jetzt eine Eins; für Jungen ist es eine Zwei. Die Zahl der männlichen High-School-Abgänger ist seit 1984 nicht mehr gestiegen. Männer sind auf dem College-Campus drei zu zwei in der Unterzahl. Jungen und Männer aus einkommensschwachen Familien sowie schwarze Jungen und Männer stehen vor den größten Bildungsherausforderungen.

Es gibt viel, was getan werden kann und sollte, um ein männerfreundlicheres Bildungssystem zu schaffen. Im Jahr 2024 ist keine bildungspolitische Agenda vollständig ohne einige geschlechtersensible Elemente, darunter die folgenden:

* Mehr männliche Lehrer rekrutieren: Der Anteil der männlichen Lehrer im primären und sekundären Bildungsbereich ist von 33 %, als Ronald Reagan Präsident war, auf heute 23 % gesunken. Es gibt heute weniger Männer im Lehrerberuf als Frauen im MINT-Bereich; weniger Männer in Grundschulen als Frauen bei der Luftwaffe. Männliche Lehrer sind wichtige männliche Vorbilder für Jungen und scheinen deren schulische Leistungen zu verbessern. Die Harris-Kampagne hat gerade versprochen, mehr zu tun, um den Anteil schwarzer männlicher Lehrer zu erhöhen, was notwendig, aber nicht ausreichend ist. So wie Frauen Stipendien und andere Anreize geboten werden, um in MINT-Fächer einzusteigen, sollten Männer ähnliche Anreize erhalten, um in den Lehrerberuf einzusteigen, auch als zweite oder sogar dritte Karriere.

* Flexibles Schuleintrittsalter: Bieten Sie Eltern die Möglichkeit, ihre Söhne für ein zusätzliches Jahr im Vorkindergarten anzumelden oder den Eintritt in den Kindergarten zu verschieben. Diese Flexibilität könnte dazu beitragen, die Entwicklungslücke zwischen männlichen und weiblichen Schülern zu schließen, die sich schließlich in ein Leistungsgefälle verwandelt.

* Ausbau der beruflichen und technischen Bildung: Mehr Investitionen in Berufsschulen und Programme für die Karriere im technischen Bereich, die praktisches Lernen und praktische Fähigkeiten vermitteln. Studien zeigen, dass Jungen, die technische Gymnasien besuchen, bis zu einem Drittel mehr verdienen können. Diese Programme bereiten die Schüler auf stark nachgefragte Berufe wie Elektriker, Klempner und Tischler vor.

* Förderung der Lehrlingsausbildung: Die USA sind das Schlusslicht in der internationalen Rangliste der fortgeschrittenen Volkswirtschaften, was die Lehrlingsausbildung angeht. Hier muss unbedingt mehr investiert werden, denn die Ausbildung am Arbeitsplatz wird mit dem Unterricht im Klassenzimmer kombiniert und bietet einen Weg zu stabilen, gut bezahlten Arbeitsplätzen, ohne dass ein vierjähriger Hochschulabschluss erforderlich ist.

* Community Colleges unterstützen: Vor allem für Männer können zweijährige Colleges eine solide Grundlage für eine Karriere bieten und in vielen Fällen eine bessere Rendite als ein Bachelor-Abschluss ermöglichen. Stärkere Investitionen in diese Einrichtungen, die wie bei den jüngsten Reformen in Texas und anderswo an die Leistung geknüpft sind, würden vor allem die Ergebnisse für Männer verbessern.

= Gesundheit =

Die Kluft in der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen hat sich von fünf auf sechs Jahre erhöht. Männer haben bei 13 der 15 häufigsten Todesursachen eine höhere Sterblichkeitsrate als Frauen. Am größten ist die Kluft bei den beiden häufigsten Todesursachen: Herzkrankheiten und Krebs.

Auch die Krise der psychischen Gesundheit wirkt sich auf Jungen und Männer anders aus als auf Frauen und Mädchen. Die Selbstmordrate bei Männern unter 30 Jahren ist seit 2010 um mehr als ein Drittel gestiegen und liegt nun höher als bei Männern mittleren Alters. Die Zahl der jährlichen Suizidtoten unter Männern ist mit 40.000 viermal so hoch wie unter Frauen.

Die Raten von Substanzkonsumstörungen und Todesfällen durch versehentliche Drogenüberdosierungen sind bei Männern viel höher und haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Doch die Gesundheit von Männern wird in der Politik stark vernachlässigt. Die Bundesregierung hat 29 öffentliche Gesundheitsziele für Frauen und 18 für LGBTQ+-Personen. Für Männer gibt es nur 4.

Hier könnte viel getan werden. Stellen Sie sich eine Rede von einem der Kandidaten vor, in der er verspricht:

* Einrichtung einer Task Force zur Verhinderung männlicher Selbstmorde: Die Krise der männlichen Selbstmorde muss auf nationaler Ebene anerkannt werden. (Zurzeit erkennt das Gesundheitssystem die geschlechtsspezifische Kluft nicht einmal an). Ein erster Schritt könnte eine spezielle Arbeitsgruppe des Weißen Hauses sein, die Strategien zur Verringerung der Selbstmordrate bei Männern erforscht und umsetzt. Dazu könnten Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Untersuchungen zur psychischen Gesundheit und gezielte Unterstützungsdienste gehören.

* Einrichtung eines Büros für Männergesundheit: Im Kongress liegt bereits ein von den Demokraten unterstützter Gesetzentwurf vor, der die Einrichtung einer speziellen Behörde im Gesundheitsministerium vorsieht, die sich mit Fragen der Männergesundheit befasst und dem bereits bestehenden Büro für Frauengesundheit ähnelt. Dieses Büro würde Forschung, Politikentwicklung und Programme zur Bekämpfung von gesundheitlichen Ungleichheiten bei Männern koordinieren.

* Männliche Verhütungsmittel abdecken: Bei all der Diskussion über reproduktive Rechte wurde die Tatsache, dass Verhütungsmittel für Männer nicht durch das "Affordable-Care"-Gesetz abgedeckt sind, nicht angesprochen. Dies schafft unausgewogene Anreize für Paare, sich für eine weibliche Sterilisation statt für die viel sicherere und wirksamere männliche Vasektomie zu entscheiden. Es vermittelt auch die regressive Botschaft, dass Verhütung nur eine Angelegenheit der Frauen ist. Wenn das genannte Gesetz nicht geändert werden kann, könnte eine künftige Regierung mit den Bundesstaaten und privaten Versicherern zusammenarbeiten, um die Abdeckung zu erweitern.

* Festlegung von Gesundheitszielen für Männer: Aufnahme spezifischer Ziele zur Verbesserung der Gesundheit von Männern in die nationale Gesundheitsagenda, z. B. Senkung der Raten von Herzerkrankungen, Krebs und psychischen Problemen bei Männern. Erhöhung des Anteils männlicher Fachkräfte im Bereich der psychischen Gesundheit: Der Anteil der Männer in psychosozialen Berufen ist drastisch gesunken und hat sich z. B. bei Sozialarbeitern und Psychologen halbiert. Die Repräsentation ist wichtig, weil viele männliche Patienten die Möglichkeit wünschen, mit einem männlichen Therapeuten zu arbeiten. Die politischen Entscheidungsträger sollten Männer ermutigen, eine Karriere im Bereich der psychischen Gesundheit in Erwägung zu ziehen, indem sie Stipendien, den Erlass von Darlehen und Sensibilisierungskampagnen anbieten.

= Familie =

Vielen Männern fällt es schwer, eine enge Verbindung zum Familienleben aufrechtzuerhalten. Auch hier sind die Herausforderungen für Männer aus der Arbeiterklasse und Schwarze besonders akut. Der Anteil der Männer ohne Hochschulabschluss, die Kinder zu Hause haben, ist von 67 Prozent im Jahr 1980 auf 51 Prozent im Jahr 2022 gesunken, womit sie die Gruppe sind, die am seltensten mit Kindern zusammenlebt. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass jeder vierte Mann im Alter von 40 Jahren noch nie verheiratet war. Bei den Frauen ohne Hochschulabschluss werden die meisten Kinder heute außerhalb der Ehe geboren.

Der ehemalige Präsident Barack Obama hat es so formuliert: "Zu viele Väter fehlen in zu vielen Leben und in zu vielen Häusern, und das Fundament unserer Familien ist dadurch geschwächt." Es reicht jedoch nicht aus, mit dem Finger auf Männer zu zeigen oder sie als "Versager-Väter" zu beschimpfen. Es besteht ein dringender Bedarf an einer väterfreundlichen öffentlichen Politik:

* Gleichberechtigter, unabhängiger bezahlter Elternurlaub: Die Argumente für eine bundesweite Politik des bezahlten Elternurlaubs sind überzeugend. Es ist jedoch wichtig, dass sowohl Mütter als auch Väter gleichberechtigt Zugang zu ihrem eigenen Urlaub haben. Dieser "Use-it-or-lose-it“-Ansatz für den Urlaub von Vätern hat erhebliche Auswirkungen auf die Inanspruchnahme und das kontinuierliche Engagement zwischen Vätern und Kindern. Sie sendet auch ein starkes Signal: Väter sind genauso wichtig wie Mütter.

* Reform des Familienrechts für unverheiratete Väter: Die Familiengerichte leisten zumeist gute Arbeit bei der Schaffung von Familien, die von Rechtswissenschaftlern als "Post-Scheidungs-Familien" bezeichnet werden, und unterstützen gemeinsame Sorgerechtsregelungen und kontinuierliche Beziehungen zwischen beiden Elternteilen und ihren Kindern. Anders verhält es sich mit unverheirateten Vätern, die in den meisten Staaten mit einem komplexen und schwierigen rechtlichen Terrain konfrontiert sind, wenn es um die Sicherung des Sorgerechts geht. Untersuchungen von Wissenschaftlern wie Kathryn Edin zeigen, dass viele unverheiratete Väter sich einbringen wollen, aber auf rechtliche und systemische Hindernisse stoßen. Zu den Reformen könnten die Vereinfachung der Vaterschaftsfeststellung und die Gewährleistung eines fairen Zugangs zum Sorgerecht und zum Umgangsrecht gehören.

* Einführung einer Steuergutschrift für Eltern ohne festen Wohnsitz: Steuergutschriften für Eltern mit geringem Einkommen sind eine gute Idee. Aber sie sollten auch Eltern ohne festen Wohnsitz einbeziehen, von denen die meisten Väter sind, wie von Wissenschaftlern wie Ronald Mincy vorgeschlagen. Dies würde Anreize für eine verantwortungsvolle, engagierte Vaterschaft schaffen und das wirtschaftliche Wohlergehen der Kinder fördern.

Insgesamt ist es wichtig, dass Väter eine Rolle spielen, unabhängig davon, ob sie mit der Mutter verheiratet sind oder mit ihr zusammenleben. Es ist an der Zeit, dass die Familienpolitik mit der Realität des modernen Familienlebens und insbesondere mit der sich verändernden Form der Vaterschaft Schritt hält.

Viele dieser Maßnahmen werden Zeit brauchen, um umgesetzt zu werden. Aber allein die Festlegung dieser Maßnahmen würde das Nullsummenspiel in Geschlechterfragen beenden.

Kann eine der beiden Parteien zeigen, dass sie sich gleichermaßen um das Wohlergehen von Männern und Frauen, Mädchen und Jungen kümmert? Noch ist Zeit dafür.




Als Männerrechtler könnte man noch vieles, sogar sehr vieles, ergänzen, aber wie Richard Reeves schon sagt: Das wäre immerhin mal ein Anfang.



Montag, Oktober 21, 2024

Frankfurter Allgemeine: "Auch Männer sind Opfer sexueller Gewalt"

1. "Auch Männer sind Opfer sexueller Gewalt" schlagzeilt die Frankfurter Allgemeine und nimmt den Prozess um den Rapper Sean Combs als Aufhänger, um das Thema allgemeiner anzusprechen:

Dass nun auch mehrere Männer Klage erhoben haben und Gewaltakte durch Combs schildern, wäre noch vor einigen Jahren kaum denkbar gewesen – zu tief saß bei den meisten Opfern ähnlicher Taten das Gefühl, nicht gehört zu werden. So gehen Wissenschaftler davon aus, dass noch weniger Vergewaltigungen mit männlichen Opfern angezeigt werden als die von Frauen, die insgesamt weit überwiegen.


Nur im Hellfeld, das von Strafanzeigen erfasst wird. Was übrigens sehr lange gar nicht anders möglich war:

Das FBI änderte zum Beispiel erst 2012 seine Definition von Vergewaltigung, indem es eine Formulierung abschaffte, die explizit erzwungenen Sex mit Frauen beschrieb. Dadurch waren Taten gegen Männer lange gar nicht gezählt worden. Dass sich in den vergangenen Jahren auch dank der MeToo-Bewegung das Verständnis sexueller Gewalt noch einmal erweitert hat, nützt auch männlichen Opfern von Vergewaltigung oder Belästigung, die in einer US-Studie zu 46 Prozent angeben, die mutmaßliche Täterin sei eine Frau. Die wenigen Untersuchungen, die es zum Thema gibt, betonen, dass sich das soziale Umfeld oft weigere, Männer (…) als Opfer zu akzeptieren und ihnen Hilfe anzubieten.


Klar, die "Me-Too"-Bewegung. Dass sich Feministinnen irgendwann auf ihre Fahnen schreiben würden, worauf Männerrehtler seit Jahrzehnten hinweisen, war abzusehen. Trotzdem ist es erfreulich, dass dieses Thema allmählich sichtbarer wird.



2. Wenn ich bei der Recherche nach neuen Nachrichten zur Geschlechterdebatte eine Schlagzeile wie "Wer schuldig ist, entscheidet das Gericht, nicht die Öffentlichkeit" zum Vergewaltigungsprozess von Avignon finde, weiß ich kurioserweise sofort, dass dieser Artikel nicht von einem Journalisten stammen kann. Sondern, in diesem Fall, vom ehemaligen Bundesrichter Thomas Fischer, der die allgemeine Berichterstattung beanstandet:

Die Berichte, Bewertungen, Auswertungen, Kommentierungen des Verfahrens sind inzwischen unüberschaubar. Der Tenor der Veröffentlichungen ist ähnlich: Die Schuld der (aller) Angeklagten wird weithin als feststehend vorausgesetzt; die Hauptverhandlung dient nurmehr als Hintergrund und Folie für allgemeine, fallübergreifende, gesellschaftspolitische Verlautbarungen. Das ist menschlich verständlich, aber falsch.

(…) Das Ergebnis der öffentlichen Vorführung wie des Prozesses insgesamt stehen für die Öffentlichkeit schon fest. Es geht nurmehr um eine ganz neue Form des gemeinsamen Gruselns. Eine "Bewegung" hat das Verfahren gekapert und führt einen Stellvertreter-Prozess. Ob diese politische Zielsetzung richtig oder falsch ist, spielt für den Prozess keine Rolle.


3. Die Neue Zürcher Zeitung beschäftigt sich mit der politischen Kluft zwischen jungen Frauen und Männern:

Auch Soziologen im angelsächsischen Raum halten die Tatsache, dass Buben in der Schule weniger reüssieren, für ein Gleichstellungsproblem, auf das dringend Massnahmen folgen müssten. Etwa eine spätere Einschulung der Buben, damit der biologische Entwicklungsvorsprung der Mädchen sie nicht länger benachteiligt.

Markus Theunert, Psychologe und Gesamtleiter des Dachverbandes «männer.ch», ist der Meinung, dass man sich heute nicht wundern dürfe, wenn junge Männer die Faust im Sack machten: "Wir liessen und lassen sie mit einer verwirrenden Doppelbotschaft allein." Schule und Eltern verlangten anständige, kommunikative und einfühlsame Jungs, in der Peer-Group allerdings seien Muskeln und Durchsetzungskraft gefragt. Auch in Politik und Wirtschaft setze sich letztlich nur durch, wer die «patriarchalen Machttechniken» beherrsche. "Die jungen Männer sind ja nicht blöd», sagt Theunert, «sie nehmen diese Doppelzüngigkeit wahr und setzen mangels Alternativen lieber weiter auf die Dividende, die das Patriarchat verspricht."


Da wären wir durchaus einer Meinung, wenn man den Quatsch vom "Patriarchat" mal endlich weglassen und sich dafür klarmachen könnte, dass auch Frauen eine Doppelbotschaft senden, wenn sie sich zugleich einen feministisch korrekten und einen beruflich erfolgreichen Mann wünschen.

Auch n-tv beschäftigt die Frage, warum es junge Männer inzwischen eher nach rechts zieht:

Neben Zukunftsängsten und Frust weist Generationenforscher [Rüdiger] Maas vor allem auf die von den Parteien adressierten Themen hin. "Am Ende geht es im eher linken Spektrum schlicht öfter um Punkte wie Gleichberechtigung und Feminismus und eben weniger um Themen, die klassischerweise für junge Männer attraktiv sind."




4. Auch in der Ukraine herrscht das "Patriarchat". Dort hat das Militär bei Razzien in Kiew mal wieder mehrere Männer festgenommen.

Wie die "Daily Mail" berichtet, waren deren Dokumente "nicht ordnungsgemäss". Videos zeigen, wie zwei Männer am Freitag nach einem Konzert der ukrainischen Rockband Okean Elzy vor dem Palast des Sports von Offizieren abgeführt wurden. Einer der Männer rief verzweifelt "Lass mich in Ruhe!", während drei Polizisten ihn in Richtung eines ausserhalb des Veranstaltungsortes eingerichteten Rekrutierungsschalters zogen. Anwesende Frauen filmten den Vorfall und riefen "Schande!" in Richtung der Beamten.

Die Razzien fanden Berichten zufolge an mehreren Orten in der Hauptstadt statt, darunter Restaurants, Clubs, Bars und Konzertorte. Männer, die keine Dokumente vorweisen konnten, die sie vom Militärdienst befreien, oder deren Papiere fehlerhaft waren, wurden festgenommen und abgeführt.




5. "Die Zeit" berichtet über das betrübliche Schicksal einer Frau, die eine Tochter wollte und doch nur Jungs bekam.

"Sosehr ich auch versuchte, meine Enttäuschung zu überspielen, es gelang mir nicht", sagt Peukert heute. Eine Freundin erzählte ihr später, dass sie sofort die "extreme Trauerstimmung" gespürt habe. Es klinge vielleicht merkwürdig, sagt Peukert. "Aber für mich war dieses Gefühl vergleichbar mit dem Tod einer nahestehenden Person."


Diese Ausrichtung war offenbar nicht neu:

Als Kind brach sie in Tränen aus, als eine Puppe mit Penis unter dem Weihnachtsbaum lag.


Später setzte sich das stärker fort:

In der zweiten Schwangerschaft brach sich Peukerts Traurigkeit Bahn, auf die Szene bei der Gynäkologin folgten Momente von Selbstzweifel und Enttäuschung. Bis Peukert ein Satz herausrutschte, der sie in die Realität zurückholte. "Ich sagte zu meinem ungeborenen Sohn, dass er vielleicht lieber gehen solle."


Ich frage mich, ob zwischen Frauen wie Peukert und SPIEGEL-Redakteurinnen wie Elisa von Hof, die sich eine Welt ohne Männer wünscht, psychologische Parallelen bestehen. Immerhin erkennt "Die Zeit" welche große Rolle hier der Zeitgeist spielt:

Früher wurde öfter auf einen Jungen gesetzt, weil er die Familie ernähren konnte, in manchen Kulturen gar als Stammhalter. Heute machen Frauen genauso Karriere wie Männer, ihnen werden zudem stärkere soziale Kompetenzen zugesprochen. Sie gelten als einfühlsamer, weniger verhaltensauffällig und übernehmen eher Verantwortung innerhalb der Familie.


Wenn einem Frauen seit Jahrzehnten unaufhörlich als bessere Menschen verkauft werden, erscheint große Enttäuschung über männlichen Nachwuchs beinahe nachvollziehbar.



Freitag, Oktober 18, 2024

Die Welt: "Die Krise der jungen Männer geht uns alle an"

1. In einem Beitrag für "Die Welt" beschäftigt sich Franziska Zimmerer mit der Situation der jungen Männer. Ein Auszug:

Es verändert sich etwas. In den USA, Großbritannien und Kanada sind mehr Frauen zwischen 20 und 24 Jahren in einem Beschäftigungsverhältnis als Männer. In Großbritannien verdienen Frauen in dieser Altersklasse erstmals auch mehr als Männer.

Ist das Grund zur Freude? Nicht wirklich. Denn die Zahl junger Männer in den wirtschaftsstarken Staaten, die weder arbeiten noch studieren oder eine Ausbildung machen, steigt. Fast ein Fünftel der jungen Männer in Deutschland hat keinen weiterführenden Abschluss. Selbst für Frauen, die erbittert gegen das Patriarchat ankämpfen und nach Jahrtausenden von Benachteiligung und Unterdrückung ihre Chance wittern, müsste die Entwicklung beunruhigen.

(…) 82 Prozent der Drogentoten in Deutschland sind Männer. 77 Prozent der an Suizid verstorbenen jungen Menschen bis 29 Jahren sind Männer.


Zimmerer kommt darauf zu sprechen, wie Frauen und Männer politisch in verschiedene Richtungen streben: die Frauen eher nach links, die Männer eher nach rechts.

Dieser Kampf ist auch im aktuellen US-Wahlkampf zu beobachten. Männer unterstützen in mehreren Umfragen eher Trump, Frauen Kamala Harris. Weil sich mit dem Wahlkampfthema "Girlpower" keine Präsidentschaftswahl gewinnen lässt, das hat Hillary Clinton gezeigt, versucht das Team von Harris insbesondere schwarze Männer anzusprechen – allerdings auf völlig absurde Art.

Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten stellte in dieser Woche ihre "Opportunity Agenda for Black Man" vor. Darin zu finden sind zwei originelle Punkte mit noch originelleren Begründungen: Mehr Schutz von Kryptowährungen, "damit Schwarze Männer wissen, dass ihr Geld sicher ist". Außerdem möchte sie nicht-medizinisches Marihuana legalisieren, damit "Schwarze Amerikaner in dieser neuen Industrie Karrierechancen finden". Ob dieses Bild von schwarzen Männern als Krypto handelnden Kiffern und Dealern irgendwem außer Donald Trump hilft, bleibt abzuwarten.

(…) Stattdessen braucht es männliche Vorbilder für Jungs und junge Männer. Es braucht Lehrer, Kindergärtner, Mentoren im privaten Umfeld. Vaterfiguren, die Werte wie Respekt und Toleranz und Charaktereigenschaften wie Selbstwert, Verantwortungsbewusstsein und Widerstandsfähigkeit vorleben. Was es nicht braucht: eine Verteufelung einer lauten pseudo-politisierten Bubble, die Männer zum Ursprung aller gesellschaftlichen Probleme macht. Also Männer, rettet euch Männer!




2. Der Feminist Nils Pickert ist stocksauer auf den SPIEGEL-Artikel "Ohne euren Männerhass wäre die Welt noch schöner". Er habe, berichtet Pickert, "den Text von Ralf Neukirch auf Instagram als verlogenen Scheißtext bezeichnet, der unfassbar wehtut." Neukirch werbe nämlich "auf den Nacken von Frauen für Männerrechte".

Auch diese Strategie existiert seit Jahren. Und sie schmerzt mich ganz persönlich. Denn auch wenn ich nachvollziehen kann, dass Neukirch für seine drei Söhne keine Welt möchte, die Männer hasst, und in seinem Text Probleme anspricht, mit denen Jungen und Männer tatsächlich konfrontiert sind, ist das eine furchtbare, um nicht zu sagen widerliche Strategie. Ich schreibe, mache und tue seit über 15 Jahren zu feministischen Themen. Jedes Mal, wenn ich einen Text über Gewalt gegen Frauen schreibe, kotzen mir irgendwelche Dudes in die Kommentare, was denn mit Gewalt gegen Männer sei? Also habe ich mir angewöhnt, zurückzufragen: Ja, was ist denn damit? (…) Und was zur Hölle ist eigentlich mit dir Ralf, dass du ganz entspannt verschweigst, wer in den meisten Fällen die Täter sind.

Aber wer bedroht denn Jungen, dass sie das Handy herausrücken? Wer bricht Nasen? Wer hat denn den Sohn deines Bekannten zusammengeschlagen? Ja genau, Ralf. Einfach nicht dazuschreiben. Einfach so tun, als wären Jungen und Männer nicht durch allgegenwärtige Männlichkeitszurichtungen die größte Gefahrenquelle für Jungen und Männer. Als würden Jungen und Männer nicht mehrheitlich durch andere Jungen und Männer bestohlen, beraubt, geschlagen, vergewaltigt und getötet. Und dann am Ende Frauen noch vorwerfen, sie würden das alles nicht sehen wollen. (…) Frauen wollen einfach nur das Mindeste und es wird ihnen zumeist von Männern vorenthalten. Sie würden gerne nicht betäubt, geschlagen, vergewaltigt und ermordet werden.




3. Clint Eastwoods Tochter Francesca wurde wegen häuslicher Gewalt festgenommen.

Die Schauspielerin (31) wurde verhaftet, nachdem sie ihren Freund angeblich körperlich angegriffen hatte, als sie durch Beverly Hills, Kalifornien, fuhren. (…) Francescas Freund habe die Polizei angerufen, nachdem ihr verbaler Streit handgreiflich geworden sei, und die Beamten wiesen ihn an, zum Beverly Hills Police Department zu fahren. (…) Die Beamten sprachen nach der Ankunft des Paares auf der Polizeiwache mit beiden Parteien, bemerkten aber sichtbare Verletzungen bei dem Mann. Die Entdeckung führte zur Verhaftung von Francesca.




4. Das ist auch ein Erfolg der Männerrechtsbewegung: Der SWR hat den dreiviertelstündigen Beitrag "Meine Frau schlägt mich" am 10. Oktober ausgestrahlt und in die ARD-Mediathek gestellt. Die Tabus, über die ich auch von Nils Pickert noch nie irgendetwas gelesen habe, bröckeln weiter.



5. Die Zahl der Kriegsdienstverweigerungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.

2022 hatten 1.123 Personen einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung (KDV) gestellt. 2023 waren es bereits 1.609 Anträge. Im laufenden Jahr 2024 nahm der Trend noch einmal Fahrt auf: Bis zum 31. August gab es schon 2.053 Anträge. (…) Die größte Gruppe unter den Antragstellern sind mit 835 Anträgen "Ungediente", zumeist junge Männer, die für den Fall einer Wiedereinsetzung der Wehrpflicht deutlich machen wollen, dass sie für mögliche Kriegseinsätze nicht zur Verfügung stehen.

(…) Die allgemeine Wehrpflicht für junge Männer wurde 2011 ausgesetzt, aber nicht abgeschafft. Sie kann jederzeit wieder eingesetzt werden, wenn ein Spannungs- oder Verteidigungsfall festgestellt wird. Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat zudem angekündigt, im Fall seiner Wahl die Wehrpflicht beziehungsweise den verpflichtenden Ersatzdienst auf junge Frauen auszudehnen.

"Dazu müssten wir das Grundgesetz ändern", sagte Merz vor wenigen Tagen in der ARD-Talkshow von Caren Miosga . In Artikel 12a Grundgesetzes ist bisher nur die Rede von Männern, die zum Dienst verpflichtet werden können. Für Merz ist jedoch "selbstverständlich", im Ernstfall Frauen einzubeziehen.




6. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

in dem von Ihnen gestern verlinkten Spiegel-Online-Artikel hatte Silke Fokken Folgendes gesagt:

In der jüngsten Pisa-Studie zeigte sich erneut, dass 15-jährige Mädchen schlechter in Mathematik abschneiden als Jungen. Das ist seit Jahren in vielen OECD-Ländern so, aber kein Naturgesetz, wie etwa Finnland zeigt.

Ich will nicht sagen dass es in Wirklichkeit doch ein Naturgesetz sei, aber die immer wieder zu hörende Behauptung, dass die nordischen die (durchschnittliche) Mathe-Schwäche der Mädchen beseitigt hätten ist falsch. Schaut man sich die Ergebnisse von Finnland in der PISA-Studie 2022 nämlich genauer an sieht man, dass die Mädchen in Finnland zwar tatsächlich leicht bessere Ergebnisse in Mathematik zeigen als die Jungs. Allerdings ist es auch so, dass die Mädchen in Naturwissenschaften, wo die Geschlechterdifferenzen in der Mehrheit der OECD-Länder eher gering sind, ebenfalls einen klaren Vorsprung gegenüber den Jungs haben. Und beim Lesen, wo in allen Ländern die Mädchen die Nase vorne haben, ist der Vorsprung der Mädchen in Finnland besonders groß.

Zusammengefasst haben die Mädchen in Finnland in allen Kompetenzbereichen einen Vorsprung gegenüber den Jungs, aber in Mathematik ist er am kleinsten. Es wurde also nicht Mathe-Schwäche der Mädchen beseitigt sondern der Vorsprung der Mädchen beim gesamten Bildungsniveau wurde so stark vergrößert, dass sie auch in ihrem schwächsten Bereich über den Jungs liegen.

Hier sieht man womöglich auch eine Erklärung für das Gender-Equality-Paradox: Mädchen und Frauen streben halt nach der Schule die Fachgebiete an, in denen sie die größten Vorteile gegenüber dem männlichen Geschlecht haben, während Jungs und Männer die Fachgebiete anstreben, in denen ihre Nachteile gegenüber dem weiblichen Geschlecht am geringsten sind. Damit wäre das kein Paradox sondern das Ergebnis einseitiger Geschlechterpolitik.




Donnerstag, Oktober 17, 2024

Shell-Jugendstudie: Junge Männer jetzt "Sorgenkinder der Nation"

1. "Jeder vierte junge Mann in Deutschland bezeichnet sich als rechts" schlagzeilt n-tv:

Insgesamt stufen sich die 12- bis 25-Jährigen wie bereits 2019 als leicht links ein. Auffällig ist jedoch eine deutliche Veränderung bei den männlichen Jugendlichen: Rund ein Viertel der jungen Männer bezeichnet sich selbst als rechts oder eher rechts - 2019 waren es noch weniger als jeder fünfte. Unter den weiblichen Jugendlichen ordnen sich hingegen lediglich 11 Prozent dem rechten oder eher rechten Lager zu. Die Zahl blieb in den vergangenen Jahren relativ unverändert. Gleichzeitig ist bei den männlichen Jugendlichen aber auch der Anteil derjenigen, die sich eher links oder links positionieren, von 38 Prozent im Jahr 2019 auf 41 Prozent leicht gestiegen.


Für Spiegel-Online sind junge radikale Männer deshalb jetzt die "Sorgenkinder der Nation"

Junge, radikale Männer gelten als "Sorgenkinder« der Nation". Laut Shell-Jugendstudie sind darunter viele Bildungsverlierer. Eine Debatte über sie ist wichtig, darf aber nicht den Blick aufs Wesentliche verstellen. Gleichzeitig dürfen Politik und Gesellschaft gerade jetzt keinesfalls die Mädchen und jungen Frauen aus dem Blick verlieren.


Einer meiner Leser schrieb mir zu diesem Artikel Silke Fokkens:

Nicht einmal minderjährige männliche Kinder verdienen bedingungslose Hilfe und Unterstützung.


Fokkens Spiegel-Online-Artikel dient in weiten Teilen der Abwehr von Forderungen nach einer besseren Jungenpolitik und glänzt mit der üblichen Selbst-Schuld-Rhetorik:

Es deutet auch nichts darauf hin, dass Mädchen im Unterricht bevorzugt würden.


Das ist falsch. Vermutlich hat Silke Fokken ihre Recherche auf ihre eigene feministische Bubble begrenzt.

Die meisten Erklärungen laufen im Wesentlichen darauf hinaus, dass Jungen öfter den Unterricht stören, lauter, unmotivierter und weniger "anstrengungsbereit" sind, wie es im Pädagogen-Jargon heißt. Eine Dissertation aus dem Jahr 2008 zeigt, dass vor allem eine bestimmte Typologie von Jungen tendenziell schulische Probleme hat: Sie inszenieren sich selbst etwa als "aggressiv-prahlerisch" oder "verbal-provokativ", lassen also öfter einen coolen Spruch los, beleidigen andere, prügeln sich, spielen den Klassenclown. Dieses Verhalten steht ihnen beim Lernen im Weg und hat viel mit typisch männlicher Sozialisation zu tun, auch mit geschlechtsstereotypen Erwartungen von Erwachsenen.


Oder damit, dass Jungen bemerkt haben, stören zu müssen, dait sie mit ihren Bedürfnissen gesehen werden. Das ist keine neue Einsicht: Eigentlich haben wir das alles schon vor 15 Jahren durchgenommen, auch auf Genderama.

An anderer Stelle versucht Silke-Fokken, das Thema Jungenkrise darauf umzuleiten, was man noch alles für Mädchen tun müsse:

In der jüngsten Pisa-Studie zeigte sich erneut, dass 15-jährige Mädchen schlechter in Mathematik abschneiden als Jungen. Das ist seit Jahren in vielen OECD-Ländern so, aber kein Naturgesetz, wie etwa Finnland zeigt.


Es ist kein Naturgesetz, sondern Teil des sogenannten Gender-Equality-Paradox. Erst kürzlich wurde dazu eine weitere Untersuchung vorgelegt:

Eine neue Studie, die in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlicht wurde, hat ergeben, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den individuellen akademischen Stärken - Mädchen liegen beim Lesen und Jungen in Mathematik und Naturwissenschaften vorne - in Ländern mit größerer Geschlechtergleichheit und höherem Wohlstand größer sind.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik (MINT) fortgesetzt, selbst in Ländern mit einem hohen Grad an Geschlechtergleichheit. Trotz Bildungsfortschritten sind Frauen in vielen MINT-Disziplinen unterrepräsentiert. Frühere Forschungen haben ein "Paradoxon der Geschlechtergleichheit" dokumentiert, bei dem die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Bezug auf akademische Präferenzen und die Beteiligung an MINT-Fächern in Ländern mit Geschlechtergleichheit stärker ausgeprägt sind. Dieses Paradoxon stellt die Erwartung in Frage, dass eine größere Gleichstellung der Geschlechter die Geschlechterunterschiede bei der Berufs- und Bildungswahl verringern sollte.


Die Spiegel-Online-Autorin liegt also falsch: Mehr Feminismus und mehr Geschlechtergleichheit werden diese Schieflage nicht gerade rücken. Es stellt sich auch die Frage, ob das nötig ist, wenn Frauen und Mädchen, je mehr sie die freie Wahl haben, sich umso mehr ihren eigenen Vorlieben zuwenden.

Dazu passt ein aktueller Artikel der Frankfurter Allgemeinen

Obwohl sich für Frauen immer mehr Türen öffnen, wollen viele nicht durch sie hindurchgehen. Fast jede dritte Frau gibt an, überhaupt kein Interesse an einer Führungsposition zu haben – doppelt so viele wie bei den Männern. (…) Dies geht aus einer neuen Studie der "Initiative Chef:innensache" hervor, die der F.A.S. vorliegt. (…) Während 54 Prozent der befragten Frauen ihre Karriere zumindest temporär für die Familie zurückzustellen bereit sind, behaupten dies nur 38 Prozent der Männer von sich.




2. Der Frankfurter Allgemeinen ist in der Shell-Jugendstudie noch etwas anderes aufgefallen:

Mit Blick auf sogenannte Zeitgeistthemen stellt die Shell Jugendstudie fest: "Insgesamt sind deutlich mehr Jugendliche gegen das Gendern in der deutschen Sprache als dafür." 42 Prozent lehnen eine geschlechtersensible Sprache ab, 22 Prozent äußern sich dafür, 35 Prozent ist das Thema egal. Schon hier machen sich Geschlechterunterschiede bemerkbar, die auch für andere "woke" Themen gelten.

Während sich 33 Prozent der jungen Frauen für das Gendern aussprechen, sind nur zwölf Prozent der Männer dafür – aber fast jeder zweite Mann, der sich nicht als ausschließlich heterosexuell definiert. Auch das Thema Feminismus ist Frauen wichtiger als Männern (59 zu 20 Prozent).




3. Mit der Einschätzung "Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen" lehnt Friedrich Merz es ab, dass es unter seiner Kanzlerschaft ebenso viele Frauen wie Männer im Kabinett gäbe.

Merz sagte im Interview mit den Sendern RTL/ntv, er halte wenig von derartigen Vorschlägen. "Sehen Sie, das ist so schiefgegangen in der letzten Bundesregierung mit der Verteidigungsministerin", sagte Merz mit Blick auf die frühere SPD-Ministerin Christine Lambrecht. Diese sei eine »so krasse Fehlbesetzung«, das sollte man nicht wiederholen.


Vor allem auf X (Twitter) äußern sich Feministinnen darüber verärgert: "Von der Merz CDU haben Frauen nichts zu erwarten."

Solche Attacken gehen stillschweigend davon aus, dass eine größere Repräsentanz in der Regierung besser für alle Frauen in der Bevölkerung wären. Genau das aber widerlegt eine aktuelle Studie:

Im politischen und medialen Diskurs wird häufig angenommen, dass weibliche Parlamentsabgeordnete die Präferenzen von Bürgerinnen besser vertreten würden als ihre männlichen Kollegen. Aus dieser Annahme leitet sich oft die Forderung ab, die zahlenmäßige Vertretung der Geschlechter im Parlament solle annähernd gleich sein, damit die potenziell unterschiedlichen Präferenzen der Bürgerinnen und Bürgern angemessen repräsentiert werden. (…) Ob weibliche Parlamentsabgeordnete die Präferenzen von Bürgerinnen tatsächlich besser vertreten als ihre männlichen Kollegen, untersuchen wir in einem großen Forschungsprojekt zur politischen Repräsentation (vgl. Kläy et al. 2024a, 2024b).

(…) Die Ergebnisse stellen gängige Annahmen infrage und werfen ein neues Licht auf die Frage der politischen Repräsentation: Die Unterschiede in der substanziellen politischen Repräsentation sind gering und auf wenige spezifische Themenbereiche beschränkt. Zudem reagieren weibliche Parlamentsabgeordnete nur leicht stärker auf die Präferenzen der Bürgerinnen als ihre männlichen Kollegen.

(…) Aufschlussreich in diesem Zusammenhang war mitunter die Forderung der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die von den EU-Ländern verlangte, jeweils eine Frau und einen Mann als potenzielle Kandidaten für Kommissionsposten zu nominieren. Von den Medien wurde dies als Maßnahme zur Förderung der Geschlechtergleichheit interpretiert und entsprechend gelobt. Gleichzeitig hätte eine Nominierung von zwei Kandidaten – wären alle Länder der Forderung gefolgt – die Entscheidungsmacht der Kommissionspräsidentin erheblich gesteigert, da sie plötzlich zwischen jeweils zwei Kandidaten statt nur einem hätte wählen können. Es erscheint naheliegend, dass es also nicht nur um Geschlechtergleichheit gegangen ist, sondern wohl auch um Entscheidungsmacht. Insofern erachten wir es als besonders sinnvoll, in der weiteren Forschung zur politischen Repräsentation die Eigeninteressen der Entscheidungsträger in Parteien oder anderen Machtpositionen genauer zu analysieren. Gegeben andere Forschungsergebnisse unseres Teams (vgl. Debski et al. 2018; Stadelmann et al. 2014) wäre es erstaunlich, wenn die Eigeninteressen der Entscheidungsträger keinen relevanten Einfluss auf deren Verhalten hätten.




4. "Die Welt" beanstandet, wie Barack Obama um schwarze Männer als Wähler wirbt:

Statt schwarze Männer mit Inhalten zu überzeugen, unterstellte Obama ihnen, dass politische Bedenken gegen Harris nur vorgeschoben seien – und eigentlich Sexismus der Grund für deren mangelnde Begeisterung sei. "Ihr könnt euch eben nicht mit der Vorstellung anfreunden, dass eine Frau Präsidentin ist". Eine beleidigende und haltlose Unterstellung."




5. In Brasilien wird Mord jetzt strenger bestraft – wenn die getötete Person weiblich ist. Vor der Gesetzesänderung "wurde die Tötung von Frauen lediglich als schwerere Variante eines gewöhnlichen Mordes klassifiziert", heißt es in dem verlinkten Artikel.



Dienstag, Oktober 15, 2024

"Eine günstige Gelegenheit, den lästig gewordenen Ehemann loszuwerden": Die Schicksale hinter dem Eintritt in die russische Armee

1. In der Neuen Zürcher Zeitung berichtet die russische Schriftstellerin Sonja Margolina, wozu es führt, dass der russische Staat mittlerweile immer höhere Entschädigungen zahlen muss, um Freiwillige für den Einsatz in der Ukraine zu mobilisieren.

Der für russische Verhältnisse enorme und immer höher steigende Sold und das üppige "Grabesgeld" machen den Kontrakt mit der Armee und das Risiko, als Kanonenfutter zu enden, attraktiv.

Das Töten von Menschen und die Möglichkeit des eigenen Tods hält die 1983 in Leningrad geborene Journalistin und Dichterin Xenia Bukscha in ihrem Aufsatz "Ökonomie der Verzweiflung" in der "Nowaja Gaseta" für eine durchaus rationale ökonomische Wahl. In vielen abgehängten Regionen befänden sich Menschen in einer deprimierenden Lage, in der sie weder sich selbst helfen noch Unterstützung hätten finden können. Wegen Problemen mit Wohnen, Gesundheit, Arbeit oder ihren Nächsten steckten sie in einer Sackgasse. Um da herauszukommen, hätten sie sich bei Banken verschuldet und Mikrokredite aufgenommen, deren Tilgung oft vierzig Prozent des Monatsgehalts aufzehrten. Unter einer solchen finanziellen und psychologischen Last zu leben, sei unerträglich und erniedrigend.

Vor diesem Hintergrund ist auch die selbst im Vergleich mit armen Entwicklungsländern ungewöhnlich niedrige Lebenserwartung der russischen Männer zu erklären. Im Jahre 2022 verloren 70 000 ihr Leben an Wodka, Drogen und Selbstmord. Glaubt man den offiziellen Zahlen der russischen Opferzahlen in der Ukraine, dann scheint der Krieg weniger verlustreich zu sein als der Frieden, in dem die in die sozialökonomische Sackgasse geratenen Männer mittleren Alters an Verzweiflung sterben.

(…) Auch nach der Scheidung müssen die Partner oft eine Wohnung teilen, weil der Mann sich weigert auszuziehen oder er sich die Trennung nicht leisten kann. In einer solchen Sackgasse gefangen, träumen nicht wenige Partnerinnen, aber auch die Mütter der verlorenen Söhne davon, die zur Last gewordenen und oft gewalttätigen Taugenichtse loszuwerden. Den Familienangehörigen bietet der Krieg in der Ukraine oft die Möglichkeit, nach dem Tod ihrer Männer nicht nur an unvorstellbar viel Geld zu kommen, sondern auch wieder frei atmen zu können.

Bereits nach der Teilmobilisierung im Herbst 2022 erschienen in den Dating-Chats Anzeigen von auf diese Weise reich gewordenen jungen Witwen, die auf der Suche nach einem neuen Partner waren. Es kommt auch vor, dass Ehefrauen ihre Gatten beim Wehramt denunzieren. Eine häufige Frage an das juristische Online-Portal Pravoved lautet daher: "Wie kann ich meinen Ehemann zur SVO (Spezialoperation) schicken, ohne dass er davon erfährt? Er will nicht arbeiten."

(…) Der Fernsehkanal Currenttime.tv hatte im Frühjahr 2024 Interviews mit Männern veröffentlicht, die von ihren Müttern und Ehefrauen in den Krieg getrieben worden waren, auch wenn diese keine wirklichen Geldsorgen hatten.

Sergei, der Flugblätter gegen den Krieg verbreitet hatte, wurde vorübergehend festgenommen und hatte sich für die Ausreise ins Ausland entschieden. Seine Mutter war empört und warf ihm vor, dass er seine Heimat nicht schützen wolle. Sie suchte etwas, erzählte er, um stolz auf mich sein zu können. "Du wirst als Mann sterben. Alle werden stolz auf dich sein ... Deine Frau wird die Witwe eines Helden sein." Sie hatte seinen jüngeren Bruder angestiftet, zum Wehramt zu gehen und dort zu erzählen, dass Sergei vorhabe, vor der Mobilisierung zu fliehen.

Georgi, der ebenfalls emigrieren wollte, musste sich von seiner Mutter anhören: "Vielleicht solltest du es doch probieren, es könnte ja sein, dass du lebend zurückkehrst." Eine junge Frau namens Anna erzählte Currenttime.tv die Geschichte ihrer Schulfreundin, die ihren ungeliebten Mann wegen des enormen Solds von 80 000 Dollar an die Wagner-Gruppe "verkauft" haben soll. Im letzten Monat schwanger, setzte sie ihn ins Auto und fuhr mit ihm zum Wehramt.

(…) Die Verführung der Gesellschaft mit Geld, argumentiert die ehemalige Vorsitzende der "Soldatenmütter von Petersburg", die 81-jährige Ella Poljakowa, habe mit der Armut, aber auch damit zu tun, dass viele Familien durch die Kriege zerstört worden seien. Im Ergebnis waren viele Mütter mit Söhnen zurückgeblieben, die keinen "Wert" mehr hatten und die man als "wertlos" empfand. Hypotheken, Kredite, Mikrokredite, all die Schulden drückten auf das Bewusstsein. Es ging nur noch um nacktes Überleben.


Um Barack Obama zu zitieren: Männlichkeit bedeutet, "eine schwere Last zu tragen, ohne sich zu beschweren."



2. Telepolis berichtet über die immer deutlicher zurückgehenden Anmeldungen zum Wehrdienst in den USA:

Von den Männern in den USA, die 2023 das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben sich weniger als 40 Prozent für den Wehrdienst gemeldet – gegenüber mehr als 60 Prozent im Jahr 2020 vor Beginn des Krieges in der Ukraine.

(…) Laut Gesetz müssen sich amerikanische Männer innerhalb von 30 Tagen nach ihrem 18. Geburtstag registrieren lassen. Öffentliche Erklärungen von Befürwortern der Wehrpflichtregistrierung rechtfertigen die Vorbereitung auf die Wehrpflicht als notwendig für nationale Notfälle, Selbstverteidigung oder angebliche existenzielle Bedrohungen wie eine chinesische Invasion auf dem amerikanischen Festland.

(…) Die meisten Männer melden sich schließlich, aber oft erst Jahre, nachdem sie am besten für die Wehrpflicht geeignet sind. Das SSS erlaubt Männern, sich bis zu ihrem 25. Geburtstag ohne Sanktionen zu registrieren. Einige Männer zögern die Registrierung absichtlich oder unabsichtlich hinaus, bis sie fast 25 Jahre alt sind.

Auf diese Weise minimieren sie ihr Risiko, der Wehrpflicht unterworfen zu werden, während sie gleichzeitig ihren Anspruch auf eine Beschäftigung auf Bundes- oder Staatsebene oder auf die Teilnahme an anderen Programmen in ihrem späteren Leben wahren.


Wie Telepolis näher ausführt, wird die Wehrpflicht sowohl von Donald Trump als auch von Kamala Harris unterstützt.



3. In einem Essay von Hanna Voss über die Kriege im Nahen Osten geht es auch um Männerfeindlichkeit in der propagandistischen Berichterstattung vieler Medien:

Die libanesische Autorin Lina Mounzer schreibt dieser Tage von der systematischen Entmenschlichung arabischen Lebens: "Die westliche Presse übersetzt uns in eine Sprache, die ihnen unsere Auslöschung erträglicher macht. Unsere Viertel sind nicht mehr die Orte, an denen wir spielten, aufwuchsen, Kinder großzogen und Freunde besuchten – sie sind Hochburgen." Die Leiber unserer Männer sind nicht mehr die geliebten Körper, an die wir uns schmiegten, die Hände, die uns hielten oder die starken Arme, die uns trugen, die weichen Lippen, die uns gute Nacht küssten. Sie sind 'Verdächtige', 'Militante', 'Terroristen', und ihr Tod ist immer gerechtfertigt, denn sie sind Männer, und unsere Männer sind Schurken – und so war es schon immer, so sind wir schon immer gewesen, für sie."

Auch ich erwähne in diesem Text, wie mir dann bewusst wird, explizit die getöteten Frauen und Kinder, weil ich denke, dass getötete arabische Männer in Deutschland sowieso automatisch als Terroristen gelten. Die Großväter, Brüder und Onkel, die Apotheker, Taxifahrer und Tierärzte. Ich kann deshalb nur im Ansatz ahnen, was arabischstämmige Menschen in Deutschland immer wieder erleben. Wie abfällig und geringschätzig man sie beäugt, wie sie alle miteinander in einen Topf geschmissen werden, Antisemiten sowieso, sind die ja alle, Deckel drauf, fertig.




4. Italien hat die ersten männlichen Migranten nach Albanien zurück geschickt. Frauen und Kinder werden weiterhin nach Italien gebracht.



5. Die "Frankfurter Allgemeine", die es in einem ganzseitigen Artikel noch für kompletten Unfug erklärte, was ich über die gesellschaftlichen Nachteilen für Männer zu sagen hatte, kommt in einem aktuellen Beitrag (Bezahlschranke) allmählich auf den Trichter. Wie Rainer Hank findet, "sollte man die Frage, wo die Opfer stecken, neu justieren".

Ein paar Daten: Seit Wintersemester 2021/2022 studieren erstmalig mehr Frauen als Männer an deutschen Hochschulen. In einer ganzen Reihe reicher Länder ist inzwischen der Anteil der Frauen mit einem Diplom höher als der der Männer. In den USA und Großbritannien beträgt der Unterschied jeweils mehr als zehn Prozent. Im Vereinigten Königreich sind inzwischen mehr junge Frauen in Lohn und Brot als junge Männer. Auch das Gender-Pay-Gap beginnt sich zu drehen.

Das sind Daten der OECD, die ich einem statistischen Überblick der „Financial Times“ von Mitte September entnehme. Man könnte eine Erfolgsfanfare erschallen lassen, gäbe es nicht eine Kehrseite. Das sind die jungen Männer. Sie fühlen sich im Wettbewerb mit den überholenden Frauen überfordert und nicht zu besseren Leistungen herausgefordert. Stattdessen neigen sie zu Resi­gnation. Über alle OECD-Länder hinweg wächst der Anteil junger Männer, die sich nicht in Job oder Lehre befinden. In Großbritannien, Frankreich, Spanien und Kanada befinden sich inzwischen mehr junge Männer als Frauen abseits gesellschaftlicher Teilhabe. So etwas gab es seit dem Beginn der Industrialisierung nicht. (…) Die Ausbildungsvergütungen für Mädchen sind inzwischen höher als für Jungen. Die Löhne und Gehälter in vergleichbaren Berufen und bei vergleichbaren Qualifikationen lassen bis ungefähr zum dreißigsten Lebensjahr keine Diskriminierung mehr erkennen.


Rainer Hank stellt klar:

Wenn junge Frauen weder in Ausbildung noch in Arbeit sind, dann weil sie sich auf Familie und Kinder fokussieren. Das ist bei jungen Männern nicht der Fall. Sie machen buchstäblich nichts, leiden zunehmend unter psychischen Krankheiten. Und neigen dazu, populistische und extremistische Parteien (seien sie rechts- oder linksextremistisch) zu wählen.


Bemerkenswert ist das Fazit des Artikels:

Ich fasse zusammen: Die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Arbeitswelt ändern sich dramatisch. Die alten Narrative – Frauen sind immer Opfer – werden dagegen unverändert weitererzählt. Dabei sind im Zeitverlauf die Frauen die wahren Gewinner wachsender Gleichberechtigung. Das ist ein Fortschritt, den Frauen und Männer feiern sollten, statt die alten Weinerlichkeiten zu pflegen.


Dass Männer ebenso politisch für eine Verbesserung ihrer Situation eintreten sollten, wie das seit über 50 Jahren die Frauen tun – so weit ist die Frankfurter Allgemeine noch nicht.



Montag, Oktober 14, 2024

Zölibat neuer Trend unter jungen Frauen: "Ihr seid schwach, wenn ihr Gefühle für Männer habt"

1.In einem aktuellen Trend unter Frauen der sogenannten Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) geht die Feindseligkeit gegenüber Männern so weit, dass für die betreffenden Frauen eine Partnerschaft nicht mehr in Frage kommt:

"Alle Mädchen gehen in den Zölibatsstreik und hungern die Männer sexuell aus, bis sie lernen, sich richtig zu verhalten", propagiert beispielsweise die amerikanische Influencerin Lana Del Redneck . Die 26-Jährige hat es in Sachen Männern offensichtlich gründlich satt: "Bemüht euch nicht um Dates, dezentralisiert Männer, lasst euch scheiden, legt ein Gelübde zum Zölibat ab. Ich habe es satt, dass Frauen verrückt nach Männern sind. Ihr seid schwach, wenn ihr Gefühle für Männer habt, ihr müsst erwachsen werden."

Und auch die 24-jährige Coachin Victoria de Vall schreibt auf Twitter: "Wir sind durch damit, so zu tun, als wäre die Hook-up Culture empowering". Seit 2020 lebt sie selbst enthaltsam, nachdem sie sich eingestand, dass sie sich mit ihren männlichen Sexualpartnern "unsicher" fühlte: "Mir wurde klar, dass ich nicht wusste, wie Intimität aussieht", sagt sie öffentlich.

Auch deutsche Influencerinnen zeigen sich begeistert von der Idee, den Männern den Rücken zu kehren: "Die Frauen haben derart genug von Männern, dass sie lieber aussterben, als zu heiraten" erzählt zum Beispiel die TikTokerin "mlleopossum" begeistert in einem Video . "Sie sagen: ihr seid alle Arschlöcher, wir haben keinen Bock mehr auf patriarchale Strukturen. Also ich finde das geil."




2. Das Handelsblatt versucht zu erklären, warum Frauen immer linker und Männer immer rechter wählen. Der an erster Stelle genannte Grund: "Verunsicherte Männer". Der an zweiter Stelle genannte Grund: "Reale Interessen von Frauen". So etwas wie reale Interessen von Männern scheint es für das Handelsblatt nicht zu geben. Der Sender NBC News sieht in einem gestern veröffentlichten Beitrag die Dinge klarer:

Der wirtschaftliche Alltag vieler junger Männer unterscheidet sich deutlich von dem anderer demografischer Gruppen, da sie die Auswirkungen einiger der wichtigsten Wahlkampfthemen wie die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente, Kinderbetreuung oder Hypothekenzinsen weniger stark zu spüren bekommen. (…) Einer der größten finanziellen Druckpunkte für junge Männer sind hingegen die höheren Mieten, die seit 2020 um etwa 20 % gestiegen sind. (…) Junge Männer sind im Vergleich zu jungen Frauen eher finanziell von ihren Eltern abhängig. Laut einer Pew-Umfrage bezeichnen sich 74 % der Frauen als finanziell weitgehend unabhängig, gegenüber 62 % der jungen Männer.


Das sind harte wirtschaftliche Faktoren und nicht Gefühle wie "Verunsicherung". Die Regierung Biden/Harris tut zwar einiges in diesem Bereich, sendet an die jungen Männer aber zugleich ablehnende Signale:

Diese Initiativen könnten durch eine Stimmung gedämpft werden, die Forscher unter jungen männlichen Wählern gehört haben, dass sie sich auf der Linken nicht gesehen oder willkommen fühlen, da die Demokraten zunehmend Programme zur Unterstützung anderer Gruppen, wie Frauen oder Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft, in den Vordergrund gestellt haben.

"Was ich sehe und höre, ist, dass sie sich auf der Linken sicherlich nicht willkommen fühlen", sagte [der Männerrechtler Richard] Reeves. "Ich denke, es ist symptomatisch für das Versagen der Linken und insbesondere der Demokraten, die Probleme von Jungen und Männern anzuerkennen und anzugehen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie auf ihrer Seite des Ganges repräsentiert, gesehen und gehört werden."

In einer Fokusgruppe von NBC News mit jungen Männern, die zu Trump tendieren, nannten fast alle Teilnehmer die Wirtschaft und die Inflation als ihr wichtigstes Thema.




3. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama äußert sich jetzt auch in dieser Debatte und verkündet zum Thema Männlichkeit: "Echte Stärke bedeutet, hart zu arbeiten und eine schwere Last zu tragen, ohne sich zu beschweren." Als politisches Angebot für männliche Wähler erscheint mir das dürftig.



4. Das konservative Wochenmagazin Washington Examiner kommentiert ein Interview, das Kamala Harris letzte Woche geführt hat:

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin trat im Podcast "Call Her Daddy" auf und wiederholte auf die Frage der Moderatorin Alex Cooper, ob es Gesetze gebe, die der Regierung die Kontrolle über den Körper eines Mannes geben, ein entschiedenes Nein.

(…) Die Vizepräsidentin liegt falsch. Die Regierung kontrolliert den Körper des Mannes, weshalb das Argument der körperlichen Autonomie im Vergleich mit Gesetzen zum Thema Abtreibung keinen Sinn ergibt.

Viele Menschen führen die Wehrpflicht als Beispiel für die staatliche Kontrolle über den männlichen Körper an. Männer zwischen 18 und 25 Jahren müssen sich im Gegensatz zu Frauen registrieren lassen. Wenn sie eingezogen werden, müssen diese Männer in Kriegen kämpfen, die sie nicht führen wollten. Einige Männer sind dabei ums Leben gekommen. In unserem Land gibt es lebende Veteranen des Zweiten Weltkriegs, des Koreakriegs und des Vietnamkriegs, die Opfer der Einberufung geworden sind. Das können wir von Frauen nicht behaupten.


Aber Männlichkeit bedeutet Barack Obama zufolge ja, eine schwere Last zu tragen, ohne sich zu beschweren. Was unter anderem bedeutet: Geh an die Front und halt die Klappe. Von dem Verteter einer Partei, die sich gerne als fortschrittlich zeigen möchte, ist das ein Eigentor.



Freitag, Oktober 11, 2024

Großbritannien: Jetzt kümmert sich Anti-Terror-Einheit um Jungen, die sexistische Sprüche klopfen

1. Die britische Daily Mail berichtet:

Teenager drohen Ermittlungen durch Anti-Terror-Polizisten, wenn sie sich im Klassenzimmer sexistisch äußern, berichtet die Mail on Sunday.

Das Innenministerium erwägt, Lehrern die Möglichkeit zu geben, frauenfeindliche Äußerungen an das Prevent-Programm der Regierung zu melden, das zur Bekämpfung islamischer Extremisten eingerichtet wurde. Sogar Äußerungen über den "Platz der Frau in der Küche" könnten ausreichen, um eine Überweisung an das Programm auszulösen, hieß es gestern Abend.

Kritiker sagen, der Schritt würde die Arbeit von Prevent bei der Deradikalisierung potenzieller Terroristen in einer Zeit großer globaler Spannungen verwässern.

Der Plan - der Sexismus mit islamischem Extremismus gleichsetzen würde - wurde in den letzten Wochen bei hochrangigen Treffen zwischen Experten des Innenministeriums und der Prevent-Einheit diskutiert. Das Innenministerium erwägt eine Ausweitung des Prevent-Programms, um die wachsende Frauenfeindlichkeit unter Teenagern zu bekämpfen, die durch abscheuliche Social-Media-Influencer wie Andrew Tate angeheizt wird, aber einige Beamte warnen, dass die Pläne die Gefahr bergen, dass die Anti-Radikalisierungs-Einheit zu einem "Flügel der Sozialdienste" wird.

Eine Prevent-Quelle sagte gestern Abend: "Viele Jungen haben extreme sexistische Ansichten über Mädchen, die Lehrer hören und weiterleiten werden. Dadurch wird das System überlastet, und Prevent kann sich nicht mehr auf islamistischen oder rechtsextremen Extremismus konzentrieren."




2. Der Schauspieler Jan Joef Liefers hat sich zu MeToo geäußert:

"Mancher Mann denkt heute viermal drüber nach, bevor er einer Frau ein Kompliment macht, denn es könnte für ihn nach hinten losgehen." Er kenne Männer, die wieder aus dem Fahrstuhl steigen, wenn sie dort allein mit einer fremden Frau stünden, sagte der gebürtige Dresdner.


Die goldene Regel für die kommenden Jahre: Besser mal auf ein Kompliment verzichten, als den Einsatz einer Anti-Terror-Einheit zu riskieren.



3. In Uganda ist die Massenbeschneidung von Männern zu einer Touristenattraktion geworden:

Die Tänzer wippten mit den Hüften im Takt der Trommler, die den Weg anführten, in Erwartung des Beginns der Massenbeschneidung beim Volk der Bamasaaba im gebirgigen Osten Ugandas.

Doch das ausgelassene Treiben auf den Straßen verbarg einen Streit, der sich hinter den Kulissen zusammenbraute, da einige Einheimische ihren König wegen der sehr öffentlichen Vorführung von Imbalu, der ritualisierten Beschneidung von Tausenden von Jungen alle zwei Jahre in dieser abgelegenen Gemeinde nahe der Grenze zu Kenia, in Frage stellten.

Könnte man daraus einen Karneval machen, der für die Blicke von Ausländern inszeniert wird? Oder sollte es eine heilige Zeremonie bleiben, bei der die Familien ihre Söhne in aller Stille darauf vorbereiten, sich mutig dem Messer zu stellen?


Öhm … vielleicht keines von beidem?

Die Stammesbeschneidung wird von einem traditionellen Chirurgen durchgeführt, der ein Messer benutzt, das in der Regel aus geschmolzenen Nägeln hergestellt wird. Bamasaaba, die Hunderte von Kilometern entfernt in der ugandischen Hauptstadt Kampala leben, sind dafür bekannt, dass sie Jagd auf Imbalu-Verweigerer machen, die sie dann mit Gewalt beschneiden. Die Körper unbeschnittener Männer können vor der Beerdigung geschändet werden.

Die Beschneidung "hilft uns, stark zu sein", sagte Peter Gusolo, ein traditioneller Chirurg, und drückte mit einer Geste die angebliche sexuelle Stärke seines Volkes aus. Diejenigen, die sich der Beschneidung widersetzen, werden beschnitten, "selbst wenn sie im Sterben liegen", sagte er. "Wir beschneiden euch in der Nacht. Wir begraben euch am Morgen."

(…) Der erste Initiationskandidat in diesem Jahr war ein Teenager, dessen Gesicht mit Schlamm und selbstgebrautem Bier verschmiert war. Er spreizte die Beine und starrte unverwandt in den Himmel, während um ihn herum ein Schwarm wütender Menschen drängte und schob und Mut forderte. Der Chirurg nahm den Jungen ohne Betäubung in die Hand und häutete ihn mit einer raschen Bewegung seiner Hände. Ein Mitglied der Familie des Jungen, das den Jungen vor der Bedrohung durch Hexerei schützen wollte, sammelte die Haut ein und nahm sie mit nach Hause.

(…) Wilson Watira, der Vorsitzende des Organisationskomitees von Imbalu, verteidigte die Rolle der Regierung als Unterstützer der Bamasaaba-Tradition. (…) In der Vergangenheit hielten die Menschen das Ritual für barbarisch und brutal, sagte Watira. "Das ist der Grund, warum wir gesagt haben: 'Nein, wir sind nicht barbarisch. Wir können diese Sache sehr attraktiv machen, und ihr werdet es genießen.'"


Gut, Uganda wäre auch eine Komikernation, wenn das Land auf solche Genitalverstümmelungen verzichten würde.



4. In den USA ist eine solche "heilige Zeremonie" mal wieder schief gegangen:

Ein Geschworenengericht in Palm Beach County hat einem Jungen nach einer misslungenen Beschneidung, die er als Neugeborenes von Dr. Berto Lopez aus West Palm Beach erhalten hatte, 100 Millionen Dollar als Schadenersatz zugesprochen.

Laut der von der Familie des Jungen eingereichten Klage vermaselte Dr. Lopez den chirurgischen Eingriff an dem Säugling am 15. Februar 2021, zehn Tage nachdem die Ärztekammer von Florida ihm die medizinische Zulassung entzogen hatte.

„Zuerst wusste ich nicht wirklich, was vor sich ging. Ich wollte dem Arzt glauben, weil er sagte, dass er eine Arterie getroffen hatte und es deshalb zu den Blutungen kam. Aber dann wurde uns ziemlich schnell klar, dass er unserem Sohn eine so schreckliche Verletzung zugefügt hat“, sagte der Vater aus Riviera Beach, dessen Namen wir nicht nennen, um die Identität seines Sohnes zu schützen.

Nach dem Eingriff wandte sich die Familie an eine Anwaltskanzlei in Boca Raton, Grossman Roth Yaffa Cohen, um Hilfe.

Sie erfuhren, dass Dr. Lopez im Laufe seiner Karriere mehrfach verklagt worden war. Lopez wird mit fast 20 schweren Verletzungen in Verbindung gebracht, darunter sechs Todesfälle von Patienten.


"Wir beschneiden euch in der Nacht. Wir begraben euch am Morgen."

Die Geschworenen hörten Sachverständige und die Familie des Jungen. Sie sahen auch eindrucksvolle Fotos von der misslungenen Beschneidung des Jungen. "Der Schaden ist, dass fast der gesamte Kopf des Penis durchtrennt oder amputiert wurde", sagte Cohen. "In den Akten steht, mehr als 50%."


Ich weiß, man steht auch hierzulande als Extremist da, wenn man so etwas fordert, aber: Könnte man solche Verstümmelungen nicht grundsätzlich bleiben lassen?



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