1. Vor zwei Wochen erschien von der Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach das Buch
"Die Erschöpfung der Frauen". Anders als es bei männerpolitischen Büchern der Fall ist, machten die Leitmedien sofort Reklame dafür. "Die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach erläutert, warum Frauen noch lange nicht gleichberechtigt sind" fabulierte beispielsweise die
Berliner Zeitung.
Der Professor für Soziologie Walter Hollstein, Mitbegründer der "Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Männerforschung" sowie Gutachter des Europarates für Männer- und Geschlechterfragen, gelangt indies zu einer
kritischen Einschätzung: Während das Buch nach dem Medienrummel offenbar erfolgreich sei ("auf der Verkaufsliste von Amazon firmiert es unter den Bestsellern"), sei dieser erfolg nicht der Substanz von Schutzbachs Forschung zu verdanken:
Schutzbach behauptet ohne Daten und Fakten, schaut man auf diese, so wären die Männer das "erschöpfte Geschlecht": Sie sterben früher, sind im gesellschaftlichen Durchschnitt kränker, bringen sich signifikant häufiger um und leiden zum Beispiel auch mehr unter Corona.
Grundsätzlicher ist der Einwand, dass es in der Gender-Debatte wenig bringt, ein Geschlecht isoliert vom anderen zu betrachten. Darauf hat im deutschsprachigen Raum die Freiburger Soziologin Elisabeth Beck-Gernsheim in ihrer Untersuchung "Das halbierte Leben" schon 1980 beispielhaft hingewiesen.
Zum dritten stellt Schutzbach die Frauen erneut in die Opferecke. Insofern vertritt sie eine ausgesprochen reaktionäre Form von Feminismus.
Da es aber genau solche Bücher sind, die unsere Leitmedien feiern, dürfen wir noch viel mehr von dieser Sorte erwarten. Ein Werk mit einem faktengestützten und differenzierten Blick auf das Geschlechterverhältnis hat unter diesen Umständen auf dem Buchmarkt keine Chance.
2. Skandal in der Literaturszene: Die spanische Bestsellerautorin Carmen Mola entpuppte sich jetzt als ein
Autorentrio dreier Männer. Dass sich die Schriftsteller zu diesem Schritt veranlasst sahen, wundert mich nicht. Der Regensburger Juraprofessor und Richter Tonio Walter kommentiert den Streich:
Köstlich! Natürlich dienen diese Lügen dazu, die Verkaufszahlen zu erhöhen. Hätten sich drei Autorinnen ein männliches Pseudonym ausgedacht, wären alle begeistert ob der Schlauheit und empört nur, weil man offenbar allein als Mann Erfolg haben könne.
3. SPD und Grüne wollen das Bundeskabinett paritätisch mit Frauen und Männern besetzen. Die FDP indes
spricht sich gegen eine Quote aus. Zuallererst müsse die fachliche Kompetenz eine Rolle spielen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, befand FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Der Vize-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki bezeichnete starre Quotenregelungen als "kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale reduzieren". Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte "immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen", erklärte er.
Bei dieser Einstellung wünsche ich Kubicki in einer Koalition mit der SPD und den Grünen viel Vergnügen.
4. Der aktuellste Sexismus-Aufschrei gilt
dieser Bronzestatue einer Bäuerin, über die sich Politikerinnen als "Beleidigung aller Frauen" empören, weshalb sie ihre Entfernung fordern. Auch die
Süddeutsche Zeitung ist pikiert über die Darstellung: "hr Blick ist sinnlich, die rechte Hand erteilt keine Befehle, sondern hält das Gewand (keine Uniform) an der Brust."
Der Bildhauer, der diese Statue anfertigte,
verteidigt sich:
Er wies darauf hin, dass das Publikum keine Einwände gegen die Nacktheit von Männern, Kindern oder älteren Menschen in seinen früheren Werken hatte, und dass die Kontroverse nur deshalb entstand, "weil es sich um den Körper einer jungen Frau handelt".
5. Zur US-amerikanischen Hochschule Oberlin gehört das Baldwin Cottage, das männerfrei gehalten werden soll.
Jetzt muss dort die Heizung repariert werden.
Das Erschaudern darüber, dass dafür männliche Monteure anrücken müssen, wird zum Thema eines
entsetzten Artikels in der Studentenzeitung von Oberlin:
Am 7. Oktober erhielten die Bewohner des Baldwin Cottage eine E-Mail von Josh Matos, dem Gebietskoordinator für multikulturelle und identitätsbasierte Gemeinschaften.
"Ich wende mich an Sie, um Sie über den aktuellen Stand des Heizkörperprojekts zu informieren", schrieb Matos. "Ab morgen (Freitag, 8.10.) werden die Bauarbeiter zwischen 10 und 20 Uhr in die Zimmer gehen, um die Heizkörper zu installieren. Das bedeutet, dass sie für eine gewisse Zeit in Ihrem Zimmer sein werden, um die Arbeiten abzuschließen."
Vor dieser E-Mail war ich noch nie wegen der Installation von Heizkörpern kontaktiert worden, so dass mir das Wort "Aktualisierung" sofort als unwahr auffiel. Beim Lesen der zweiten Zeile, in der mir mitgeteilt wurde, dass ich weniger als 24 Stunden Zeit hätte, um mich auf die Ankunft des Montageteams vorzubereiten, wurde ich noch beunruhigter durch das zweideutige "für eine gewisse Zeit".
Im Allgemeinen bin ich sehr abgeneigt, wenn Menschen meinen persönlichen Raum betreten. Diese Angst wurde noch durch die Tatsache verstärkt, dass es sich bei den Mitarbeitern um Fremde handeln würde, die höchstwahrscheinlich nicht-transsexuelle Männer waren.
Baldwin Cottage ist das Zuhause des Women and Trans Collective. Auf der Website des Colleges wird das Wohnheim als "eine eng verbundene Gemeinschaft beschrieben, die Frauen und Transgender-Personen einen sicheren Raum für Diskussionen, gemeinsames Leben und persönliche Entwicklung bietet". Nicht-transsexuelle Männer dürfen nicht im zweiten und dritten Stock wohnen, und viele Bewohner entscheiden sich dafür, nicht-transsexuelle Männer nicht in diesen Raum einzuladen.
Ich war wütend, verängstigt und verwirrt. Warum hat die Hochschule die Installation nicht im Sommer abgeschlossen, als das Gebäude leer stand? Warum konnte man uns nicht genau sagen, wann die Arbeiter da sein würden? Warum wurden wir erst einen Tag vor Beginn der Arbeiten benachrichtigt?
Ich erwog, mich an Matos zu wenden, aber was sollte ich sagen? Es war unwahrscheinlich, dass das Kollegium am Tag vor der geplanten Installation auf meine Bedenken eingehen würde, und wenn doch, dann höchstwahrscheinlich in einer passiven Uns-tun-die-Unannehmlichkeiten-wirklich-leid-Nummer, unterstrichen durch das Beharren darauf, dass ich nicht übermäßig belästigt werden würde und dass die Installation notwendig sei, ob ich sie nun wolle oder nicht.
Am nächsten Tag wartete ich ängstlich. Die Arbeiter begannen mit der Installation in den Gemeinschaftsräumen, und ich konnte sofort sehen, dass sie alle Männer waren. Es war klar, dass das Kollegium nicht extra darum gebeten hatte, dass männliche Arbeiter nicht in die oberen Stockwerke von Baldwin gelassen werden. Die Vorhersage, wann sie mein Zimmer erreichen würden, war reines Rätselraten. Ich versuchte zu erahnen, ob ich im Unterricht sein würde, wenn sie ankamen, oder ob ich die Fremden in meinem Zimmer willkommen heißen müsste, nur um dann hinausgeworfen zu werden, damit sie Platz zum Arbeiten hatten.
Als es schließlich hartnäckig klopfte, zog ich mir schnell meine Maske an und rief wiederholt "Ich komme! Vier oder fünf Bauarbeiter standen draußen, begleitet von jemandem, von dem ich aufgrund seines adretten Poloshirts und seines Klemmbretts nur annehmen konnte, dass er ein Abgesandter der Hochschule war. Wir starrten uns einen Moment lang an, bevor ich zur Seite ging, um die Arbeiter eintreten zu lassen. Der Abgesandte gab Plattitüden von sich, dass die Arbeit nicht lange dauern würde, und ermutigte mich, meine Tür aufzustemmen. Sanftmütig fragte ich, ob ich in meinem Schlafsaal vielleicht keinen Heizkörper installieren lassen könne. Ich wusste, dass die Antwort nein lautete, bevor ich es überhaupt gesagt hatte, aber hey - einen Versuch war es wert.
Ich ging zum Unterricht, und als ich zurückkam, schienen sie fertig zu sein, obwohl Polo Man mich warnte, dass sie später in der Woche wiederkommen würden, um die Isolierung zu überprüfen. Und tatsächlich, am nächsten Tag waren sie wieder da. Ich fühlte mich leicht vergewaltigt und war ein wenig verärgert.
(…) Ich verstehe natürlich, dass Installationen wie diese Routine sind; die Hochschule muss ihre Einrichtungen gelegentlich verbessern, und wer bin ich, dass ich mich dem in den Weg stelle? Immerhin bekomme ich einen nagelneuen Heizkörper, gerade rechtzeitig zur kalten Jahreszeit. Aber warum wurde das Projekt nicht in den vier Monaten des Sommersemesters abgeschlossen, als das Gebäude nicht belegt war? Warum wurden wir nicht früher auf das Eindringen aufmerksam gemacht? Warum hat die Hochschule keinen Zeitplan erstellt, aus dem hervorging, wann die Arbeiter voraussichtlich in jedem Wohnheim und in jedem Zimmer eintreffen würden? Sie hätten Maßnahmen ergreifen müssen, damit sich die Studenten wohl und sicher fühlen - vor allem diejenigen, die sich dafür entschieden haben, in einem speziell ausgewiesenen sicheren Raum zu wohnen.
Dass man sich an kaum einem Ort unserer Gesellschaft vollständig vor dem Kontakt mit diesen ekligen Männern schützen kann, bleibt eine der größten Zumutungen unserer Zeit.