Donnerstag, Januar 30, 2025

"Ausmaß unbeschreiblicher Grausamkeit": Mädchengruppe filmt sich bei brutalem Gewaltexzess gegen 16-Jährige

1. Seit ich 2001 in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" auf das Problem brutaler Mädchengangs hingewiesen habe, eskaliert es immer mehr, ohne dass diese Entwicklung Teil der genderpolitishen Debatte wird. Wenn die Mädchen sich inzwischen nicht selbst dabei filmen würden, gäbe es nicht einmal Berichte wie diesen im "Focus". Ein Auszug:

Mit seinen eigenen Worten beschreibt "De Winterthurer" das Geschehen in dem Video: "Ein Ausmaß an unbeschreiblicher Grausamkeit, wie ein Mädchen von drei anderen zu Boden gerissen wird, gnadenlos auf ihrem Kopf herumgetrampelt wird, mit einem Schnitt am Vorderhals wird sie vor die Kamera gestellt ... alles wird gefilmt ...". In der Schlussszene ist das Mädchen in einem Wald, alles ist dunkel, sie muss sich nackt ausziehen ... alles wird gefilmt".

Nachdem er das Video auf seinem Instagram-Konto veröffentlicht hatte, hätten sich die Mädchen bei ihm gemeldet und ihn bedroht.

(…) Eine ähnliche Schreckenstat ereignete sich kürzlich in der österreichischen Hauptstadt Wien: Eine 12-jährige Schülerin wurde am 25. Oktober Opfer einer Jugendbande. Drei gleichaltrige Mädchen lauerten ihr auf, misshandelten sie schwer und zündeten ihr Haar an.




2. In der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) erklärt der deutsche Philosoph Philipp Hübl, wie Moral in der gegenwärtigen Empörungsgesellschaft zum Statussymbol und zur Waffe in politischen Debatten werde. Ein Auszug:

NZZ: Herr Hübl, vor einigen Tagen geriet der deutsche Politiker Stefan Gelbhaar in die Kritik wegen sexueller Übergriffe. Es zeigte sich bald, dass die Vorwürfe zumindest teilweise falsch waren. Eine Sprecherin der Grünen Jugend sagte darauf, falsche Beschuldigungen seien nicht so wichtig. Entscheidend sei, dass man den Opfern glaube. Wie ist das zu verstehen?

Philipp Hübl Das ist ein ebenso fataler wie interessanter Satz. Die Idee dahinter entspringt einer edlen Motivation: Man will Opfer von Sexualdelikten schützen. Weil man weiss, dass viele Sexualverbrechen im Dunkeln bleiben und nie angezeigt werden. Weil die Taten selten beweisbar sind, weil sich die Opfer schämen oder sie befürchten, dass man ihnen nicht glaubt. Der Satz "Wir glauben den Opfern" ist Ausdruck einer besonderen Fürsorge für Menschen, denen kein Unrecht geschehen soll.

NZZ: Was ist dagegen einzuwenden, dass Menschen sorgsam miteinander umgehen?

Philipp Hübl Nein, das ist soweit verständlich. Aber die Fürsorge darf nicht das alleinige Leitprinzip sein. Fürsorge beruht auf Mitgefühl. Auch das ist etwas Gutes, aber wir neigen dazu, eher mit Menschen mitzufühlen, die wir mögen, die uns ähnlich sind. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen. Ohne Korrektiv führt das zu Ungerechtigkeiten. Der Grundsatz, den Opfern zu glauben, unterstellt ja zugleich, dass wir wissen, wer ein Opfer ist und wer nicht. Darin liegt der Denkfehler. Niemand würde im Ernst sagen: «Wir glauben allen, die behaupten, Opfer zu sein.» Aber tatsächlich impliziert der Satz das, auch wenn es kaum in der Absicht der Sprecherin lag.

(…) NZZ: Strafen gibt es im Alltagsleben keine. Von daher ist vielleicht auch die Unschuldsvermutung nicht so zentral.

Philipp Hübl Doch, die Unschuldsvermutung muss natürlich auch im Alltag gelten. Es darf nicht sein, dass eine Behauptung reicht, um einen Menschen zum Schuldigen zu machen. Die Sprecherin der Grünen Jugend will Frauen zu Recht vor Diskriminierung und Gewalt schützen, übersieht aber kurioserweise die Möglichkeit der Verleumdung, die ja im Fall Gelbhaar nachgewiesen wurde.

NZZ: Aber auch die Bereitschaft, Leute öffentlich zu beschuldigen, die vielleicht gar keine Täter sind.

Philipp Hübl Nüchtern betrachtet könnte man sagen: Das Ganze ist eine Frage der Priorisierung, da wir ja nie perfekt urteilen. Was ist uns wichtiger: Keine Unschuldigen zu verurteilen oder kein Opfer zu verpassen? Die Rechtsprechung sagt verständlicherweise: Wir dürfen auf keinen Fall jemanden unschuldig ins Gefängnis stecken. Die Alltagsmoral ist heute mehr darauf fokussiert, den Opfern kein Unrecht zu tun.

NZZ: Hat die Sprecherin der Grünen Jugend nicht eine gesellschaftliche Tatsache benannt? Gilt die Unschuldsvermutung im Alltag wirklich noch?

Philipp Hübl In den öffentlichen Debatten ist sie tatsächlich kein Leitprinzip mehr. In sozialen Netzwerken ist die Schwelle niedrig, Vorwürfe in die Welt zu setzen. Sie verbreiten sich schnell, und schon wenn sie erhoben werden, sind die Beschuldigten in vielen Fällen erledigt. Da wird Moral als Waffe eingesetzt. Auch wenn sich die Anschuldigungen im Nachhinein als falsch erweisen, ist die moralische Reputation der Menschen langfristig beschädigt.


Auch Philipp Hübls Buch zu diesem Thema ist lesenswert.



3. In gleich zwei Interviews wird die Pornowissenschaftlerin Madita Oeming zu diesem Genre befragt. So erklärt sie beim Redaktionsnetzwerk Deutschland, wie sehr der Genuss erotischer Filme noch heute von Ideologen stigmatisiert wird:

"Das Internet hat Pornos einerseits durch die Verfügbarkeit normalisiert, auch durch Plattformen wie Only Fans, die in Mainstreammedien auftauchten, in Popkultur übergehen und relativ breit diskutiert werden. Gleichzeitig gibt es große Widerstände dagegen. Historisch betrachtet war jeder Sichtbarkeitsschub von Pornografie mit gesteigertem Widerstand verbunden – durch feministische oder konservative christliche bis rechte Gegenbewegungen."


In der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) kann die Wissenschaftlerin einige Punkte weiter ausführen:

Madita Oeming: Mit dem Aufkommen von Massenmedien durch die Industrialisierung erreichten pornografische Inhalte erstmalig ein breiteres Publikum. Das wurde von den Obrigkeiten als Gefahr für die soziale Ordnung verstanden. Die Erregung schien außerdem die Vernunft herauszufordern, die die sogenannte Aufklärung ja in den Mittelpunkt stellte.

FAZ: An diesem Dienstag vor 50 Jahren wurde Pornografie in der Bundesrepublik legalisiert. Was hat sich seitdem verändert?

Madita Oeming: Vieles – und gleichzeitig sehr wenig. Einerseits haben wir einen rasanten technologischen Wandel erlebt, der zu einem Boom der Pornonutzung geführt hat. Nach dem Pornokino kam der Videorekorder, der den Porno nach Hause gebracht hat – und schließlich das Internet. Porno ist heute einfach und kostenlos zugänglich. Gleichzeitig sehen wir eine Kontinuität des Tabus: Pornonutzung wird noch immer stigmatisiert und auch pathologisiert. Ich nenne es gerne ein alltägliches Tabu. Pornos sind weit verbreitet, aber trotzdem haben wir keine Gesprächskultur darüber entwickelt. Und sie nicht einmal vollständig entkriminalisiert.

(…) FAZ: Aber haben nicht der feministische Porno und Angebote wie die Plattform "Femtasy" Porno aus der Schmuddelecke herausgeholt? "Femtasy" richtet sich explizit an Frauen und wirbt mit Pastellfarben und "sexual wellbeing" für seine Erotik-Hörbücher – und erwirtschaftet damit nach eigenen Angaben bereits Millionenumsätze.

Madita Oeming: Ich finde nicht. Sie haben höchstens eine Hierarchie aufgemacht. Guter Porno, böser Porno. Das Label "feministischer Porno" – und gerade solcher Anbieter wie "Femtasy" – funktionieren ja ganz stark über die Abwertung herkömmlicher Pornografie und werden auch eher als Ausnahmen wahrgenommen. Somit verstärken sie insgesamt das negative Image.

FAZ: Was heißt das?

Madita Oeming: Sie arbeiten genau mit dem bekannten Narrativ, dass Pornos problematisch sind, um ihr eigenes Produkt als das Bessere und Ethische zu verkaufen. Was wir sehen, ist eigentlich nur eine dogmatische Verschiebung zu den vermeintlich besseren Pornos, die sich dann aber häufig nur durch Ästhetik, Komplexität oder künstlerische Qualität auszeichnen. Das sind keine feministischen Kriterien für mich. Hier wird die alteingesessene Abwertung von Sex und die Aufwertung von Kunst eigentlich nur wiederholt. Das finde ich kritisch.

(…) FAZ: Noch einmal zurück zu dem, was Frauen vermeintlich sehen oder hören wollen – lässt sich nicht sagen, dass es vor allem Männer sind, die Pornos schauen?

Madita Oeming: Mehr vielleicht, aber Frauen holen auf. Fast 80 Prozent der erwachsenen Frauen in Deutschland sagen, dass sie schon öfter Pornos gesehen haben. Selbst große Mainstream-Porno-Plattformen sprechen von einem Frauenanteil von 35 Prozent bei ihrem Publikum. Und sowohl Studien als auch Klickzahlen legen nahe, dass die geschlechterspezifischen Unterscheide kleiner sind als die individuellen. Also weder wollen alle Männer das Gleiche sehen, noch wollen Frauen grundsätzliche etwas anderes. Auch, dass Frauen grundsätzlich visuell nicht so leicht zu erregen seien wie Männer, ist ein Mythos und inzwischen widerlegt. Studien zeigen, dass Männer und Frauen rein körperlich identisch auf pornografische Reize reagieren.

FAZ: Aber warum hält sich diese Vorstellung dann so hartnäckig?

Madita Oeming: Wir klammern uns als Gesellschaft an Geschlechterunterschieden und biologistischen Erklärungen fest. Und die haben wir so sehr verinnerlicht, dass wir sie oft selbst glauben. In besagten Studien zeigte sich eine Diskrepanz zwischen der nicht kontrollierbaren neurobiologischen Reaktion und den Aussagen der Frauen. Entweder haben sie ihre körperliche Erregung nicht zugegeben oder sogar gar nicht wahrgenommen.


Auch über solche Untersuchungen hatte ich bereits 2001 in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" berichtet. Damals hatte Alice Schwarzer in ihrer Zeitschrift "Emma" noch viel geifernder als heute gegen Pornos gewettert – vermutlich weil sie als reines Männermedium galten und Schwarzer hoffte, über die Pornos einmal mehr die Männer niedermachen und beschämen zu können. Derartige Versuche waren politisch gefährlich einflussreich. Ich zitiere mal eine Passage aus meinem Buch, die das ganz gut zeigt:

Im September 1998 veröffentlichte die Zeitschrift "Emma" eine Petition für das gesetzliche Verbot von Pornographie. "Zwei von drei jungen Männern in Deutschland frequentieren heute regelmäßig pornographische Medien", heißt es darin. "Pornographie ist sexualisierter Hass. ... Er muss in der Zukunft ähnlich geahndet werden können wie Fremdenhass oder Antisemitismus: Wer in Wort, Schrift oder Bild zu Hass oder Gewalt gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, sie in ihrer Menschenwürde verächtlich macht oder erniedrigt, macht sich der Volksverhetzung schuldig und wird mit Freiheitsstrafe bestraft. ... Schon der Besitz von Pornographie ... muss international verboten, verfolgt und bestraft werden. Denn die Konsumenten von heute sind die Täter von morgen." Unterschrieben ist die Petition unter anderem von Sabine Bergmann-Pohl (CDU), Andrea Fischer (Grüne), Michaela Geiger (CSU), Regine Hildebrandt (SPD), Rita Süssmuth (CDU) und Christine Bergmann (SPD). Letztere ist inzwischen Frauenministerin in Bonn und schickt sich einem "SPIEGEL"-Interview zufolge gerade an, das geforderte Pornographie-Verbot durchzusetzen - wobei sie mit den Erotika sexueller Minderheiten wie der Sadomasochisten anfangen möchte. In Kanada sind genau die von "Emma" aufgestellten Forderungen übrigens 1992 Gesetz geworden.

Es ist auffallend, dass sich hier ein alle politischen Lager übergreifender Konsens gebildet hat. Selbst auf einen Einspruch der Liberalen darf man verblüffenderweise nicht rechnen, "Pornographie ist die erniedrigende Darstellung von Sexualität", behauptet Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Den weitaus größeren Teil der Konsumenten verleitet es zu Gewalt und Penetration ihres sexuellen Gegenübers." Hui. Pornographie "verleitet" also zur "Penetration", die hier in einem Atemzug mit "Gewalt" genannt wird, als wären's siamesische Zwillinge.


Ohne den Siegeszug des Internets, der es illusorisch gemacht hat, Pornos verbieten zu wollen, und ohne die wachsende Erkenntnis, dass auch zahllose Frauen solche Medien genießen, hätten wir solche Kreuzzüge entweder heute noch oder sie wären erfolgreich gewesen. Heute spricht kaum jemand über die damals weit verbreitete pseudowissenschaftliche Behauptung, der Konsum erotischer Filme würde zu Gewaltverbrechen führen. Ich fürchte jedoch, unter der Oberfläche gären solche Phantasien und damit verbundene Verbotswünsche noch immer. "Hilfe, er guckt Pornos!" titelte die "Emma" noch vor ein paar Jahren. "Zensur ist der stärkste Drang der menschlichen Natur" schrieb in den Neunzigern treffend ein Leitkolumnist der Los Angeles Times. "Sex kommt abgeschlagen an zweiter Stelle."



Mittwoch, Januar 29, 2025

"Wenn ich auf korrekte Grammatik poche, werde ich an Unis als rechts bezeichnet"

1. Für "Die Welt" (Bezahlschranke) berichtet der mehrfach preisgekrönte Wissenschaftsjournalist Tim Schröder über den Gender-Zwang an Universitäten. Ein Auszug:

Eines muss man der Ampelregierung zugestehen. Sie hat das Gendern in so ziemlich allen Bundesministerien, Bundesämtern und Institutionen, die aus Bundesmitteln finanziert werden, mit Erfolg durchgesetzt. Es genügt, einen Blick auf die Websites werfen. Beim Kraftfahrtbundesamt ist inzwischen von "Nutzendeninformationen" und "Kraftfahrenden" die Rede. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr kümmert sich um den Schutz von "zu Fuß Gehenden" und beim "Bundesamt für Flüchtlinge" begrüßt man "Kursteilnehmende" und "Asylbewerbende". Andere Behörden gendern durch permanente Beidnennung wie "Seniorinnen/Senioren". Und auch das Gendersternchen oder der Doppelpunkt werden nach wie vor gern verwendet – etwa in "Bürger*innenrat".


Schröder setzt diese Sprachverhunzung in Kontrast mit der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, die in einer Umfrage nach der anderen das Gendern ablehnt. (Genderama berichtete.)

Ungeachtet dieser Befunde, gendern die Behörden munter weiter. Und auch einige meiner Journalistenkollegen halten es für wichtig oder höflich, mit dem Gendern permanent kundzutun, dass sie stets an alle Geschlechter denken. Die Domänen, in denen am intensivsten gegendert wird, dürften indes die Hochschulen und die Forschungslandschaft sein. Wer heute die Tür zur Alma mater öffnet, tritt in eine Parallelwelt ein, in der das Gendern zur Pflicht geworden ist. Hier ist nur noch von "Forschenden", "Studierenden", "Dozierenden" und "BibliothekarInnen" die Rede – aller grammatikalischen Logik zum Trotz. An der Universität Köln zum Beispiel spricht man inzwischen statt vom "Softwareberater" von "einer Person, die kompetent in der Softwareberatung ist". Man dreht sprachliche Pirouetten, um das korrekte generische Maskulinum wie der "Wissenschaftler" oder "Experte" zu neutralisieren; das sich ja gerade dadurch auszeichnet, dass es Personen keinem Geschlecht zuordnet und somit geschlechtsneutral ist.

Doch wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Obwohl der Großteil der Bevölkerung dem Gendern nichts abgewinnen kann, gendert die akademische Elite. Zu einem Teil liegt es daran, dass das Gendern ein genuin akademisches Pflänzlein ist, das in den vergangenen Jahren vor allem in den Geisteswissenschaften kultiviert worden ist. Dass es sich in der gesamten akademischen Landschaft aber derart durchsetzen konnte, hat vor allem einen Grund: Weil Druck gemacht wird. Als Wissenschaftsjournalist schreibe ich für viele verschiedene Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Inzwischen ist es mir nicht mehr möglich, Texte mit generischem Maskulinum, also der korrekten Schreibweise, durchzukriegen. Die Beidnennung wie "Expertinnen und Experten" ist das Mindeste; wobei das grober Unfug ist, denn mit der Beidnennung spricht man explizit nur von "Frau" und Mann". Diverse Menschen, um die es den Befürwortern der Gendersprache ja in erster Linie geht, sind damit ausdrücklich ausgeschlossen.

Interessanterweise wird der Genderzwang meist nicht direkt ausgeübt. Er spielt sich subtiler ab. In den Verträgen, die ich unterschreiben muss, wird auf "Genderleitfäden" oder "Richtlinien" verwiesen. So etwa in dem Vertrag eines Forschungsinstituts, den ich kürzlich erhielt. Darin stand: "Wir empfehlen, bei der Nennung von Geschlechtern beide zu nennen oder geschlechterneutrale Formulierungen zu verwenden, vor allem in personalpolitischen Bereichen."

Da hier "empfohlen" wurde, wählte ich für meinen Text das generische Maskulinum als korrekte geschlechtsneutrale Form. Die E-Mail, die mir die Kollegin aus dem Institut schickte, las sich dann wie folgt: "Zum Thema Gendern haben wir sehr klare Richtlinien, die wir auch umsetzen müssen. Ich habe diese nun bereits auf den Text angewendet (siehe anbei). Wenn Sie sich damit nicht identifizieren können, würde ich auf Ihre Nennung als Autor verzichten." Die Empfehlung entpuppte sich als Zwang.

Genderbefürworter betonen nach wie vor, dass man tolerant sei. Jedem stehe es frei, zu gendern oder nicht. Ich erlebe beinahe wöchentlich, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Vorgaben sind knallhart und müssen umgesetzt werden. Ein Beispiel für das Selbstverständnis derer, die sich tolerant geben aber das Gendern einfordern, weil sie am längeren Hebel sitzen, liefert diese E-Mail-Korrespondenz mit einer Wissenschaftsagentur. Mit dem Anschreiben suchte die Mitarbeiterin nach freien Autoren für ein Technikmagazin.

Da sie mit "liebe Kolleg*innen" gegenderte, antwortete ich: "Vorab eine Nachfrage. Wie sieht es mit Ihrer Gender-Policy aus? Dürfen wir Autoren die Texte mit generischen Feminina und Maskulina schreiben?" Antwort der Agentur-Mitarbeiterin: "Lieber Herr Schröder, wieso, würden Sie nicht gendern wollen?" Meine Antwort: "Ich verwende ich meinen Texten grundsätzlich keine Gendersprache. Es wäre mir wichtig, dass, sollten die Texte als Namensartikel erscheinen, keine Gendersprache eingebaut wird." Agentur-Mitarbeiterin: "Lieber Herr Schröder, wie schade. Ich würde niemals jemanden zwingen, zu gendern. Aber wenn Sie nicht wollen, müssen Sie ja nicht für uns schreiben." Meine Antwort: "Kurz nochmal nachgefragt. Werden die Texte im Magazin nun gegendert oder nicht?" Agentur-Mitarbeiterin: "Lieber Herr Schröder, ja, es ist allerdings noch nicht klar, ob mit Sonderzeichen oder durch Nennung beider Geschlechter."

Als Journalist weiß ich inzwischen sehr genau, mit welchen Mitteln in der Wissenschaftskommunikation das Gendern eingefordert wird. Wie innerhalb der Hochschulen Druck erzeugt wird, war mir lange unklar. Durch Zufall traf ich vor wenigen Tagen einen Hochschullehrer, der bereit war, aus dem Hochschulalltag zu berichten. Er möchte anonym bleiben. "Auch bei uns gibt es ,Gender-Empfehlungen‘, die in der Praxis aber umgesetzt werden müssen", sagt er. "Fakt ist, dass ich in den vergangenen Jahren in der internen und externen Kommunikation keinen ungegenderten Text mehr veröffentlichen konnte. In jedem Fall muss ich mich mit den Gleichstellungsbeauftragten, Mit-Autoren oder Verlagen um Formulierungen intensiv auseinandersetzen, mit manchen gar streiten." Schicke man zum Beispiel ungegenderte Stellenanzeigen raus, werde man vom Gleichstellungsbüro postwendend angezählt.

"Im Alltag zeigt sich, dass die meisten Kollegen solchen Konflikten aus dem Weg gehen, um sich Ärger zu ersparen", sagt der Hochschullehrer. In letzter Konsequenz gendere man dann halt mit. "Die Diskussionen werden sehr schnell sehr emotional. Selbst wenn ich sachbezogen bleibe und auf korrekte Grammatik poche, werde ich schnell als konservativ und in manchen Fällen als rechts bezeichnet." Sein Hochschulalltag zeige, dass der Druck vor allem von einer Minderheit erzeugt werde – den Gleichstellungsbeauftragten und insbesondere auch den Studenten im Allgemeinen Studentenausschuss. "Die meisten anderen Studenten finden es sogar sehr gut, dass ich als einer der wenigen gegen das Gendern klar Stellung beziehe."

Doch in manchen Fällen sehe auch er sich gezwungen zu gendern – etwa bei der Bewerbung um eine neue Anstellung. "Wenn ich mich an einer anderen Hochschule um eine neue Position bewerbe, muss ich davon ausgehen, dass im Gremium Gleichstellungs- oder Diversity-Beauftragte sitzen. Da die erfahrungsgemäß zu den Genderhardlinern zählen, gendere ich mein Anschreiben, um nicht Gefahr zu laufen, gleich aussortiert zu werden." Dasselbe gelte für Drittmittelanträge bei Stiftungen. "Auch dort wird inzwischen umfassend gegendert. Das Risiko, mit einem ungegenderten Antrag anzuecken, kann ich nicht eingehen – also gendere ich."

Längst machten auch Wissenschaftsverlage Druck und verlangten gegenderte Manuskripte, sagt er. Auch dort poche er auf korrekte Grammatik. Bei Verlagen, die Wert auf seine Fachartikel legten, komme er damit durch. Bei anderen nicht. Dort könne er nicht mehr publizieren.




2. Im "Stern" setzt sich Viorica Engelhardt mit den Falschbeschuldigungen gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar auseinander. Ein Auszug:

Der seit 2017 grassierende #MeToo-Slogan "believe women" ist ein lobenswerter feministischer Anspruch. Doch er verkommt zur quasi religiösen Ideologie, wenn Nachfragen und Zweifel grundsätzlich unerwünscht sind. Es ist kein Widerspruch, empathisch zu sein und gleichzeitig genau zu recherchieren.

(…) Das grüne Selbstverständnis als feministische Partei kommt hier an einen wunden Punkt. Auf der Website der Grünen heißt es über die Arbeit ihrer Ombudsstelle: "Wir stellen die Betroffenengerechtigkeit in den Vordergrund. Die Perspektive der Betroffenen ist für uns handlungsleitend." Übersetzt bedeutet das: Wir sind vorsätzlich parteiisch.

(…) "Betroffenengerechtigkeit". Offenbar wird dieses Wort in der Grünen Jugend falsch verstanden. Es sollte nicht bedeuten, dass alle Frauen automatisch Recht haben, nur weil sie Frauen sind. "Betroffenengerechtigkeit" sollte heißen: Wir handeln im Sinne aller Menschen, die tatsächlich sexualisierte Gewalt erlebt haben. Niemand, der so eine furchtbare Erfahrung machen musste, wünscht sich Trittbrettfahrer(innen). Man müsse die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs "ernst nehmen", heißt es immer. Dieser Fall beweist, dass Vorwürfe "ernst nehmen" immer bedeuten muss, dass man sie sorgfältig prüft. Das ist gerade im Sinne von Feministinnen: Es erhöht die Glaubwürdigkeit aller tatsächlichen Opfer.

(…) Falschbezichtigungen gegen Männer sind keine Kollateralschäden, die man halt in Kauf nimmt, um die gute, feministische Sache voranzutreiben. Ganz im Gegenteil. Falschbezichtigungen sind unfeministisch. Denn Feminismus bedeutet: mehr Gerechtigkeit, mehr Solidarität. Gerade eine Bewegung, die sich richtigerweise für Opfer starkmacht, sollte das Ziel haben, tatsächliche Opfer von Trittbrettfahrer(innen) zu trennen. Sonst kostet es die Bewegung kostbares Vertrauen.


Leider enthält Engelhardts Artikel auch einigen Unfug, der natürlich als "Fakten", die "wahr sind", verkauft wird, darunter, dass Falschbeschuldigungen selten sind und häusliche Gewalt vor allem von Männern ausgeht. Hier hätte es der Autorin gut angestanden, selbst sorgfältig zu prüfen, bevor sie weit verbreitete Behauptungen einfach nachplappert.



3. Mit "Die fragilen Egos von Männern werden die Welt zerstören" verbreitet Tara-Louise Wittwer auf Spiegel-Online sexistischen Hass. Kernaussage des reichlich wirren verschriftlichten Wutanfalls ist, dass sich Elon Musk, Mark Zuckerberg und Donald Trump gegenseitig die Eier kraulen, wobei man sich bei Musk nicht sicher sei, ob er "eigentlich ein Echsenmensch" ist. Schönste Passage, bevor Wittwer beschließt, jetzt lieber Feenbücher zu lesen:

Kein krasser Komet, der uns alle niederschmettert im Emmerich-Style, keine Aliens sind auf die Erde gekommen, nicht mal Jesus ist auferstanden, niemand kommt, außer drei Männer, die in der absoluten Banalität ihrer eigenen Egos baden, die mit viel Geld ihre eigene Relevanz insofern erkauft haben, als wir alle ihre Sims geworden sind, die dabei zuschauen, wie sie uns untergehen lassen. Mein Gott, bin ich gelangweilt, sogar von mir selbst.


Die Ansprüche, damit ein Artikel auf Spiegel-Online erscheinen darf, sind befremdlich niedrig geworden.



Dienstag, Januar 28, 2025

"Diskriminierung weißer Männer": Trump macht alle Diversitätsbüros dicht

1.
Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat die Bundesbehörden angewiesen, mit der Entlassung von Angestellten in Diversitätsprogrammen zur Förderung von Minderheiten und Frauen zu beginnen. Demnach wies die Regierung die Behörden an, alle Büros und Stellen für Diversität und Inklusion binnen 60 Tagen zu schließen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Das geht aus einem Memorandum hervor, das die Personalbehörde veröffentlichte.

(…) Trump hatte am ersten Tag seiner Amtszeit einen Präsidentenerlass verabschiedet, mit dem die bisherigen Bemühungen der US-Bundesregierung im Bereich Diversität zurückgefahren werden. Die Trump-Regierung spricht in dem Zusammenhang von "diskriminierenden und illegalen Bevorzugungen", die einen Verstoß gegen die US-Bürgerrechte darstellen könnten. Trump argumentiert, die Programme würden weiße Menschen diskriminieren, vor allem Männer. Die DEI-Programme seien zudem eine Verschwendung von Steuergeldern. Es solle wieder eine strikt "leistungsbezogene" Einstellungspraxis angewendet werden.


N-tv berichtet.



2. In der Linken sieht man die Dinge komplett anders:

In der heutigen Konstituierung des Gleichstellungsausschusses im Landtag wurden zwei Männer als Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender mehrheitlich gewählt. Das ist alles andere als ein gutes Zeichen für mehr Gleichstellung findet die gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, Lena Saniye Güngör.


Hier geht es weiter.



3. Im Fall Gelbhaar führt inzwischen eine Spur ins Berliner Landesparlament.

Nach Informationen der Berliner Zeitung soll sich eine junge Abgeordnete der Grünen über ungewollte Berührungen von Gelbhaar beschwert haben. Hierzu gab sie gegenüber dem RBB eine eidesstattliche Versicherung ab. (…) Die Berliner Zeitung hat die junge Abgeordnete bereits am vergangenen Freitag um Stellungnahme gebeten. Die Frau wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern.

Wie die B.Z. berichtet, teilt sich die Abgeordnete ein Büro mit einem weiteren Grünen-Abgeordneten, dessen Name in diesem Fall immer wieder fällt: Louis Krüger aus Pankow. Dessen Mitarbeiterin Leonie Wingerath, Sprecherin der Grünen Jugend in Berlin, hatte als eine der Ersten öffentlich von "schweren Vorwürfen im Bereich sexualisierter Gewalt" gegen Gelbhaar gesprochen. Kurz darauf hatte sie das Zitat gegenüber dem RBB wieder zurückgezogen. Woher sie dieses Wissen hatte? Wingerath reagiert seit mehr als einer Woche nicht auf Anfragen der Berliner Zeitung.




4.
Jungen haben öfter Schulprobleme und werden eher mit ADHS oder Lese-Rechtschreib-Schwäche diagnostiziert als Mädchen. Liegt das auch am Bildungssystem?


Das hat sich die Süddeutsche Zeitung genauer angesehen.



5.
Nach einem Konflikt in einer Plieninger Kita schlägt eine Erzieherin einem Buben ins Gesicht. Der Träger kritisiert das Verhalten der Mitarbeiterin. Dann die Kehrtwende: Die Familie erhält Hausverbot, der Vertrag wird gekündigt. Die Eltern sind fassungslos, ihr Kind versteht die Welt nicht mehr.


Der Merkur berichtet.



6. Auf Spiegel-Online geht es darum, wie der Körperkult auch Männer in den Tod treiben kann.



7. In Österreich tobt ein Rechtsstreit, weil ein Mann, der sich jetzt angeblich als Frau fühlt, deshalb früher in Pension gehen möchte. Ihm wird unterstellt, nur deshalb so zu argumentieren, um seiner Diskriminierung als Mann zu entgehen. Dabei stehen seine Aussichten gar nicht so schlecht, wie sich einem Artikel der "Krone" entnehmen lässt:

Der Versicherungsträger äußert (…) den Verdacht, dass der Antragsteller ein Zugehörigkeitsempfinden zum weiblichen Geschlecht bloß rechtsmissbräuchlich behaupte, um schon vor Erreichen des für Männer geltenden Regelpensionsalters in den Genuss einer Alterspension zu kommen. – "Sie hat sich seit mehreren Jahren als Frau gefühlt", erwidert die klagende Partei. Vor dem Arbeits- und Sozialgericht geht Streit demnächst zurück an den Start. Dort kann die [Pensionsversicherungsanstalt] jetzt den Beweis antreten, warum die Eintragung als Frau nicht den Tatsachen entspricht. Gelingt der Beweis nicht, so ist der Versicherte laut OGH ab der Änderung der Eintragung seines Geschlechts im Zentralen Personenstandsregister, rechtlich dem weiblichen Geschlecht zugehörig zu behandeln.




Montag, Januar 27, 2025

Grüner Sexismus: "Das Tor zur Hölle hat sich nicht aus Zufall geöffnet"

Auch am Wochenende war der Sexismus, der sich bei den Grünen im Umgang mit ihrem Mitglied Stefan Gelbhaar entpuppte, Thema in mehreren erwähnenswerten Artikeln.

So schreibt Sabine Rennefanz auf Spiegel-Online:

Die #Metoo-Bewegung ist mittlerweile 8 Jahre alt. Es wurden Erfahrungen gesammelt, Frauen wurde geholfen und Urteile vor Gerichten gefällt. Aber die vergangenen Jahre haben auch gezeigt, wie wichtig es ist, Vorwürfe genau zu prüfen und zu unterscheiden: Handelt es sich um juristisch relevante Straftaten, um Machtmissbrauch oder um einen moralischen Fehltritt? Dass die Grünen diese Genauigkeit offensichtlich nicht aufbringen, ist unverzeihlich.

(…) Unter jungen grünen Aktivistinnen ist offenbar die radikale Denkrichtung stark vertreten, die alle Männer mit Macht pauschal als Täter sieht. Die jedes Hinterfragen einer weiblichen Äußerung bereits als Beleg für "toxische Männlichkeit" nimmt. Der Fall Gelbhaar zeigt, dass es offenbar auch "toxische Weiblichkeit" gibt.


Unter der Überschrift "Jeder Mann steht unter Generalverdacht, jede Frau gilt als potenzielles Opfer" bewertet Hannah Bethke in der "Welt" das Erbe von MeToo ähnlich kritisch:

Rund sieben Jahre nach dem ersten MeToo-Skandal sind die Maßstäbe verrutscht. Was mit einer historischen Bewegung gegen sexuelle Belästigung von Frauen begann, ist in zwei Extreme umgeschlagen, die zu einer rapiden Verschlechterung des gesellschaftlichen Miteinanders geführt haben.


Gelbhaars Fall zeige

wie sehr die Hemmschwelle zur Lüge, willentlichen Schädigung anderer Personen und moralischen Erpressung gesunken ist. Und das verrät nicht bloß etwas über die Abgründe seiner Partei, die hier systematisch versagt und vermeintlich diskriminierungssensibel die Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehrt hat. Die Genese der vorschnellen Anklage wird vielmehr durch ein gesellschaftliches Klima des Misstrauens begünstigt, das im Gefolge von MeToo gleichzeitig kategorische Abwehr und überbordende Vorsicht erzeugt.

So wichtig es am Beginn der Bewegung war, den Missbrauch von Abhängigkeiten, das System sexueller Belästigungen, mitunter der Gewalt gegen Frauen zu durchbrechen, so fatal ist es nun, als Zeichen des Bewusstseinswandels Verhaltenslehren der Sterilität zur Maßgabe eines korrekten Umgangs zwischen den Geschlechtern zu machen. Nicht nur in der Politik, auch in Betrieben, in Kultureinrichtungen und Universitäten grassiert unter Männern die Sorge, unrechtmäßig der sexuellen Belästigung bezichtigt zu werden.

Wer indes solche Folgen kritisiert, muss mit Häme rechnen. Zeitgemäße diskursive Reflexe drehen den Spieß gern um und spotten über die vermeintlich armen Männer, die Frauen erst jahrhundertelang unterdrückt hätten und jetzt Mitleid wollten. Doch derlei Spott ist in der Sache verfehlt. Es geht nicht darum, das Patriarchat wieder aufleben zu lassen oder Repression zu verschleiern.

Es geht um die Frage, in welchem gesellschaftlichen Klima wir arbeiten und leben wollen. Treten Befangenheit, Sorge und Ängstlichkeit an die Stelle eines unbeschwerten Miteinanders, hat das nichts mehr mit Gleichbehandlung, Respekt oder gar Emanzipation zu tun. Ein solcher Umgang ist auch nicht liberal, sondern vor allem unfrei.

(…) An manchen Universitäten etwa ist es für Dozenten mittlerweile üblich, die Bürotür nicht zu schließen, wenn sie Sprechstunden mit Studenten ausrichten. Die Gefahr sexueller Übergriffe soll damit gebannt werden. Man kann das als notwendige Sicherheitsmaßnahme verstehen, als Reaktion auf Grenzüberschreitungen, die sich in bestimmten Fällen ereignet haben. Doch es geht davon noch ein anderes Signal aus: Jeder Mann steht unter Generalverdacht, jede Frau gilt als potenzielles Opfer. Dass es ganz andere Gründe geben könnte, die Tür zu schließen, zum Beispiel, weil eine Studentin ungestört ihre Ideen vortragen möchte, kommt in der Ideologie der Safe Spaces überhaupt nicht mehr in Betracht.


In der Berliner "taz" ist von einem grünen Desaster die Rede:

"Es gilt als feministische Partei, Betroffenen zu glauben", sagte in dieser Woche Jette Nietzard, die Bundessprecherin der Grünen Jugend. Die Unschuldsvermutung, die andere in der Partei jetzt stärken wollen? Gelte vor Gericht, nicht für die Grünen. (…) Und wenn die eine Grundsatzfrage geklärt ist, bleibt noch die andere: Was folgt aus einem Vorfall, wenn er denn erst mal als wahr gilt? Wenn die Partei das Vergehen als bestätigt wertet: Muss sein Mandat verlieren, wer dreimal ungeschickt flirtet? Muss es dafür körperlich werden? Oder gar strafrechtlich relevant? Und wer entscheidet am Ende darüber? All diese Fragen sind in der Partei strittig.


Ebenfalls in der "taz" findet Carolina Schwarz, an "feministischen Selbstverständlichkeiten wie Believe the Women" solle man jetzt bitte nicht rütteln. Wie so oft sind unter einem missglückten "taz"-Artikel Leserkommentare darunter zitierenswerter. So schreibt "Emmo" zu dem Beitrag:

"Falschbeschuldigungen kommen nur in den seltensten Fällen vor"

Woher weiss die Autorin das? Welche Zahlen nimmt sie als Quelle? Oder ist da der Wunsch Mutter des Gedankens?

Der der Patriarchatsunterstützung sicherlich unverdächtige Forist Lowandorder meinte am 19.1. hier inner taz:

"… eine Hamburger Strafrichterin berichtete beim Richterratschlag ua im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Relevanz/Auswirkungen von #metoo - es sei erschreckend in welcher Höhe (an die 70 % ihrer Fälle im Zuge) sich während der mündlichen Verhandlungen sich die Anwürfe als unhaltbar herausstellten - einschließlich der Bandbreite der dahinterstehenden Motive. Und das alles trotz “Vorfilter“ von Polizei StA & RAs.

&

Beim Kongress der KritJur in Ffm - stimmte die RAin Burgsmüller - feministisches Urgestein "#me too ist für mich moderner Pranger!" zu. Und fuhr fort "Ich kann es meinen Geschlechtsgenossinnen nicht ersparen: Aber derzeit besteht meine Arbeit in gut 50 % der Fälle darin - Anzeigen Klagen etc auszureden! Weil die vorgebrachten Anschuldigen vorne & hinten nicht stimmen!"

Quelle: taz.de/Wende-in-de...059786&s=gelbhaar


Der "taz"-Leser Uwe 81 schreibt:

"Believe the women" ist in diesem Fall (bitte keine Verallgemeinerung) auch deshalb schwierig, da sich auch einige Frauen mit feministischem Hintergrund bei den Grünen für Gelbhaar einsetzen. Wem soll Mensch dann glauben?


Ja, die feministische Maxime, Frauen statt Männern zu glauben, wird knifflig, wenn Weibsvolk plötzlich dieselbe Auffassung wie Männer vertritt. Das bringt dorch die ganze Geschlechterhierarchie bei der Wahrheitsfindung durcheinander!

Falschbeschuldigungen sexueller Gewalt sind auch deshalb so häufig, weil die Täterinnen praktisch keinen Folgen befürchten müssen, wenn sie auffliegen. Das erklärt der auf Sexualstrafrecht spezialisierte Rechtsanwalt Alexander Stevens in der Berliner Zeitung:

"Leider stehen die Konsequenzen falscher Angaben, ob Falschaussage, falsche eidesstattliche Versicherung oder falsche Verdächtigung in keinerlei Relation zu den Folgen, die diese hätten, wenn die Falschheit nicht ans Licht kommt", so Stevens. Die Abschreckung, Behörden und Gerichte aus welchen Gründen auch immer zu belügen, ist in Deutschland laut Stevens relativ klein und steht in keinerlei Verhältnis zu den Folgen, die drohen, wenn der Lüge geglaubt wird.

"Wird man etwa fälschlicherweise einer Vergewaltigung beschuldigt, führt das im Falle einer Verurteilung zu bis zu 15 Jahren Gefängnis, wohingegen die falsche Verdächtigung meist mit einer kleinen Geldstrafe geahndet wird." Stevens geht davon aus, dass Gelbhaar eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren gedroht hätte, wenn der erfundene übergriffe Kuss, den Kreße erfunden hat, vor Gericht gelandet wäre.


Die "Rape Culture" im "Patriarchat" geht hier also sehr eindeutig zu Lasten der Männer. (Die Gründe? Unklar.)

Insofern dürfte eine Frage ungehört verhallen, die Anna Clauß auf Spiegel-Online zum Fall Gelbhaar stellt: Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der Feministinnen?

Dass Robert Habeck und fast alle anderen Grünen-Spitzenpolitiker zu all dem bislang auffällig stumm bleiben, ist wenig verwunderlich. Schließlich ist Wahlkampf. Was stattdessen seltsam ist: Wo bleibt der Aufschrei der #MeToo-Bewegung? Falsche Verdächtigungen schaden ja nicht nur Männern, sondern auch allen Frauen. Vor allem den Opfern echter Übergriffe, denen künftig noch zögerlicher geglaubt werden dürfte. Als die Chefin der Grünen Jugend Jette Nietzard vor ein paar Tagen sinngemäß sagte, die Unschuldsvermutung gelte vor Gericht, aber nicht in einer Partei – gab es da Widerspruch von Feministinnen? Öffentlich vernommen hat man ihn nicht.

(…) Vielleicht liegt das Schweigen vieler Feministinnen aber auch an einer anderen #MeToo-Maxime, über die niemand so gern spricht: False Balance! Es gibt so viele weibliche Opfer männlicher Gewalt, dass ein männliches Opfer weiblicher Verleumdung nicht weiter ins Gewicht fällt! Dass neuerdings auch Männer unverschuldet zu Opfern werden können, halten manche womöglich für eine Art späte Wiedergutmachung. (…) Viele Männer werden Mitleid mit dem armen Kerl haben. Manche Frau aber wird sich insgeheim fragen: Was, wenn er zwar kein Vergewaltiger, aber ein schmieriger Kerl war, der Frauen in den Ausschnitt gestarrt hat? Ist es da ein Wunder, dass es ihn trifft?


"Fehlende Empathie und fehlendes Interesse an den Opfern von Rufmordkampagnen treiben Männer aus nachvollziehbaren Gründen in eine Art Abwehrhaltung, die nicht zielführend ist", findet Anja Clauß. "Wer Übergriffe gegen Frauen verurteilt, muss Falschverdächtigungen gegen Männer genauso hart kritisieren."

Es ist bemerkenswert, dass diese Einstellung von keiner einzigen Feministin öffentlich geteilt wird.

Jan Fleischhauer schließlich kommentiert den Fall so:

Gibt es einen vergleichbaren Fall in der deutschen Parteiengeschichte? Ich kann mich an keinen erinnern. Dass man in der Politik mit Gerüchten und Unterstellungen arbeitet, um Konkurrenten zu Fall zu bringen, das hat es immer wieder gegeben. Aber eine Verleumdung, die eine Karriere zerstört, ohne dass jemand aus der Parteispitze auch nur eine Nachfrage stellt: Das ist einmalig. Auch einmalig beängstigend.

(…) Bei Journalisten abgegebene Versicherungen an Eides statt kennt das Strafrecht nicht, sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Wie eine Nachfrage des „Tagesspiegel“ ans Licht brachte, hat der RBB sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Identitäten der angeblichen Zeugen zu prüfen. Eine eidesstattliche Versicherung ohne Geburtsdatum und ladefähige Adresse: Das gibt es nur in der Berliner Welt.

Muss man noch erwähnen, dass die personellen Verflechtungen der Redaktion mit der grünen Partei außergewöhnlich eng sind? Man kennt sich, man schätzt sich. Der heutige Wahlkampfmanager der Grünen, Andreas Audretsch, der den Machtkampf gegen Gelbhaar für sich entschied: ein ehemaliger RBB-Redakteur. Der Ehemann der Berliner Spitzenkandidatin für die Bürgermeisterwahl Bettina Jarasch: war unter anderem Leiter der Abteilung "Aktuelle Magazine".

(…) Das Tor zur Hölle hat sich nicht durch Zufall geöffnet. Der Verzicht auf die Unschuldsvermutung ist bei den Grünen kein Versehen, es ist für sie Ausdruck von Fortschrittlichkeit. Die Parteispitze hat sich ausdrücklich von dem Prinzip verabschiedet, Anschuldigungen zu überprüfen, bevor man aus ihnen Konsequenzen zieht. „Wir stellen die Betroffenengerechtigkeit in den Vordergrund. Die Perspektive der Betroffenen ist für uns handlungsleitend“, erklärt die Ombudsstelle, bei der alle Verfahren landen, ihr Selbstverständnis.

Und daran soll sich auch nichts ändern. Eine feministische Partei könne sich keine Unschuldsvermutung leisten, erklärte die Vorsitzende der Grünen Jugend, Jette Nietzard, in Verteidigung der Parteilinie. Die Unschuldsvermutung gelte vor Gericht, aber die Grünen seien kein Gericht, sondern eine politische Organisation. Widerspruch vom grünen Kanzlerkandidaten? Keiner, jedenfalls keiner, den man vernehmen konnte. Lassen Sie es uns vielleicht so sagen: Wo immer Grüne demnächst politische Verantwortung übernehmen – von Positionen, in denen sie über das Schicksal von Menschen zu entscheiden haben, sollte man sie besser fernhalten.


Dem Team "Rechtsstaat statt Feminismus" jedenfalls konnte nichts Besseres passieren als der Fall gelbhaar kurz vor der Bundestagswahl. Nachdem den Grünen ihr Sexismus derart auf die Füße gefallen ist, überlegt man sich in deren Lager vielleicht, ob ein anderer Weg nicht doch der vernünftigere ist. Auch wenn man dazu wieder mal diesen vermaledeiten Männerrechtlern zustimmen muss, die seit Jahrzehnten auf diese Schieflage hinweisen.

Dabei steht nicht nur im Fall Stefan Gelbhaar das "Tor zur Hölle" derzeit weeit offen. So hat gerade ein weiterer Verlag die Zusammenarbeit mit dem Fantasy-Autor Neil Gaiman nach (von Gaiman zurückgewiesenen) Vorwürfen sexueller Übergriffe eingestellt.



Freitag, Januar 24, 2025

CICERO prangert Sexismus der Grünen an

1. Das Magazin Cicero kommentiert den Umgang mit dem Fall Gelbhaar bei den Grünen. Ein Auszug:

Der Grünen-Kreisverband Pankow, der Gelbhaar nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr als Direktkandidat für die kommende Bundestagswahl aufgestellt hat, beschloss bei seiner Mitgliederversammlung diese Woche eine Erklärung, die an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten ist. "Mit Entsetzen haben wir zur Kenntnis genommen, dass ein Teil der Anschuldigungen gegen Stefan Gelbhaar unter falscher Identität erhoben wurden, indem eine eidesstattliche Versicherung möglicherweise gefälscht wurde. Falls sich dieser Verdacht als wahr herausstellen sollte, begrüßen wir, dass strafrechtliche Konsequenzen eingeleitet werden sollen", heißt es darin.

Dann folgt eine Opferrangfolge, die Bände spricht: "Dieses Verhalten schädigt nicht nur unsere Partei und das Vertrauen in innerparteiliche Klärungsprozesse, sondern auch allen Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt und Belästigung sind. Aber auch Stefan Gelbhaar ist insofern Opfer erfundener Vorwürfe sowie einer möglichen Straftat geworden. Dadurch ist ihm politisch wie persönlich schwerer Schaden zugefügt worden. Dies bedauern wir ausdrücklich." Erst kommt die Partei, dann die Frauen, dann der heterosexuelle Realo-Mann, der zum Opfer kafkaesker innerparteilicher Klärungsprozesse wurde.

(…) Auf der neu- und altlinken Seite kommt jener totalitäre Ungeist, der die von überzeugten Maoisten mitgegründete Partei schon immer geprägt hat, zum Vorschein. Während die einen davon träumen, im Namen des Klimaschutzes Verbrennungsmotoren zu verbieten, Flugreisen zu beschränken und Fabriken nur noch bei geeigneter Wetterlage laufen zu lassen, bauen andere im Namen des (Queer-)Feminismus eine parteiinterne Paralleljustiz auf, die jede weibliche Anschuldigung gegen einen Mann so ernstnimmt, dass dieser erstmal seine Karriere und seinen Ruf opfern muss. Falls dann am Ende des Verfahrens seine Unschuld festgestellt wird, war es trotzdem richtig. So gehört es sich nunmal für eine feministische Partei. Und die Partei, die Partei hat immer recht.




2. Argentinies Präsident Javier Milei hat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die feministische Ideologie kritisiert:

"Männer und Frauen sind heute schon gleich vor dem Gesetz. Frauen-Quoten und ähnliche Massnahmen sind nichts als ein Versuch, sich Privilegien zu schaffen."

Schon bei seinem letztjährigen Auftritt am WEF kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten sandte Milei regelrechte Schockwellen durch das Davoser Publikum, das sich von den Hunderten Panels und Veranstaltungen gesittete Debatten und diplomatische Floskeln, aber selten nur nackte Provokation gewohnt ist.




3. Hat Simone Schmollack Urlaub? Die Berliner "taz" berichtet bemerkenswert unideologisch über das erste Männerhaus in Hamburg. Ein Auszug:

Die Erfahrungswerte Dinninghoffs und des Vereins decken sich mit den Zahlen einer Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes Niedersachsen: 40.000 zufällig ausgewählte Menschen nahmen 2013 an der Befragung in Niedersachsen teil, wovon 18.940 Personen – zu 51,3 Prozent Frauen – zu Erfahrungen häuslicher Gewalt in Paarbeziehungen antworteten. Der Anteil der weiblichen Opfer physischer wie psychischer Gewalt in Paarbeziehungen lag bei 9,4 Prozent, der der männlichen bei 6,1 Prozent. Bei einer Zahl von 2,3 Millionen männlichen Niedersachsen zwischen 20 und 60 Jahren ergäbe dies eine Zahl von rund 140.000 Opfern.

(…) Städtische oder staatliche Unterstützung bekommt das Projekt keine. Und so stellt der Verein jedes Jahr wieder Anträge an die Stadt Oldenburg, um eine finanzielle Förderung zu erhalten – und jedes Jahr wieder ohne Erfolg. "Ein Angebot für Männer ist für viele gleich ein Angebot gegen Frauen", sagt Dinninghoff. "Gerade in politischen Kreisen stoßen wir auf Skepsis."

Eine Skepsis, die auch Klaus Schönfeld, Gebietsvertreter des "Väternotruf.de" in Hamburg, kennt. Seit Jahren setzt er sich für die Einrichtung eines Männerhauses in der Hansestadt ein. Dabei geht es ihm nicht um eine Verharmlosung von Gewalttaten gegenüber Frauen, sondern um das Prinzip der Gleichstellung. "Ein klares Grundrecht unserer Verfassung ist die Gleichheit vor dem Gesetz, vor dem Staat und vor der Gesellschaft", sagt Schönfeld. Seine Erfahrungen, was den Bedarf an einem Männerhaus in Hamburg angeht, sind mit denen aus Oldenburg zu vergleichen. Täglich habe er es mit Vätern zu tun, die kurzfristig aus der gemeinsamen Wohnung rausgeworfen würden, die häusliche Gewalt erführen.

Auch in Schleswig-Holstein könnte es besser stehen um die Befassung mit Männern als Gewaltopfer in Partnerschaften: Zum 1. Januar musste in Kiel die Beratungsstelle für missbrauchte Männer schließen, dabei hätten 65.000 Euro gereicht für ein weiteres halbes Jahr – hätte sich bloß eine der Fraktionen im Landtag für den Fortbestand ausgesprochen. Das aber tat keine.


Es gibt eine außerparlamentarische Opposition, die genau dieses Missverhältnis anspricht. In der "taz" kommt diese Bewegung nur als Ziel polemischer Angriffe vor.



Donnerstag, Januar 23, 2025

Fall Gelbhaar: Grüne Jugend wendet sich gegen Unschuldsvermutung

1. Der Tagesspiegel berichtet über eine aktuelle Stellungnahme zu der Verleumdung des Politikers Gelbhaar:

Am Mittwoch positioniert sich die Spitze der Grünen Jugend in dem Fall nun relativ eindeutig. "Es gilt als feministische Partei, Betroffenen zu glauben", sagte Nietzard. "Wo Macht existiert, wird Macht missbraucht", so die Grüne-Jugend-Chefin weiter. Das passiere auch in einer feministischen Partei, sagte Nietzard und erwähnte, sie selbst sei ebenfalls schon betroffen gewesen.

"Was es aber bedeutet, in einer feministischen Partei zu sein, ist, dass Betroffenen geglaubt wird", sagte Nietzard weiter. Zwar wollte sie sich nicht zu Einzelheiten im Fall des Berliner Abgeordneten äußern, doch sie unterstellte ihm Fehlverhalten: "Stefan Gelbhaar ist nicht der einzige Mann, der in dieser Partei – oder in jeder anderen Partei – Fehler begangen hat. Wie groß diese sind, [...] weiß ich nicht."

Nietzard argumentierte weiter: "Die Unschuldsvermutung gilt immer vor Gericht. Aber wir sind eine Organisation, und wir sind kein Gericht." Es gelte "nicht unbedingt moralisch das Gleiche wie gerichtlich". Als Beispiel führt sie die Fälle Luke Mockridge und Thilo Mischke an. "Da wurden Männern Sendungen weggenommen, weil sich eine moralische Bewertung eben von einer gerichtlichen oder juristischen Bewertung unterscheiden kann", sagt Nietzard.


Die Menschen, die für das Canceln von Mockridge und Mischke verantwortlich waren, haben jungen Menschen damit gezeigt, dass die Unschuldsvermutung etwas ist, auf das man gut und gerne verzichten kann.

"Die Zeit" gibt in einem gelungenen Artikel einen Überblick über den Fall:

In den Tagen rund um Weihnachten, als das Land den Politiker Stefan Gelbhaar ganz neu kennenlernt, als vermeintlich übergriffigen Mann nämlich, als angeblichen Grapscher und Sexisten, wie es in den Nachrichten heißt, schluckt Gelbhaar jeden Morgen nach dem Aufstehen eine Tablette. Tavor, ein angstlösendes und beruhigendes Medikament, gegen das Herzrasen, das einsetzt, wenn er auf sein Handy guckt. Er kann kaum essen, nimmt Medikamente gegen Magengeschwüre und verliert sieben Kilogramm an Gewicht. "Es ging in Wellen", sagt Gelbhaar, "da ist diese Hoffnung, dass das irgendwie vorbeizieht."

Gelbhaar, 48, sitzt in einem Restaurant im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg und erzählt von diesen dunkelsten Tagen des Jahres. "Für mich war das eine kafkaeske Situation", sagt er. "Ich sollte mich gegen Vorwürfe verteidigen, die ich quasi nicht kannte."


Hier geht es weiter.



2. Der FOCUS berichtet über Gender Disappointment: "Tränen in den Augen": Mutter erfährt, dass sie einen Sohn bekommt und ist enttäuscht.



3. N-tv beschäftigt sich mit einem der häufigsten feministischen Irrtümer: "Frauen verdienen viel weniger als Männer? Falsch!"



4. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu dem Genderama-Top-Thema von gestern, der Haltung, dass ein Mann mindestens 4000 netto verdienen zu müssen, um als Partner in Frage zu kommen:

Servus Herr Hoffmann,

danke für Ihre heutigen Beiträge bei Genderama. Zum ersten: Möchten Sie vielleicht zwecks Einordnung für die Leserschaft noch die Werte von Durchschnitts- und Mediannetto 2024 einfügen?

Das Durchschnittsgehalt lag letztes Jahr nämlich bei 50.250 Euro brutto, das Median-Einkommen dagegen bei 43.750 Euro (https://www.finanz.de/gehalt/). Weil das immer gerne durcheinandergeht: Das Median-Einkommen zeigt, dass die Hälfte der Erwerbstätigen weniger verdient als dieser Betrag und die andere Hälfte mehr. Es gibt also eine größere Anzahl von Personen, die unter dem Durchschnittsgehalt verdienen, was ein deutlicher Indikator für die sehr ungleiche Einkommensverteilung in Deutschland ist. Das Durchschnittsgehalt wird dagegen gerne durch einige sehr hohe Gehälter nach oben gezogen, spiegelt aber nicht unbedingt die Situation im breiten Land wieder.

Nehmen wir trotzdem mal das Durchschnittsgehalt, dann sind wir bei einem Monatsnetto von 2740 Euro (Steuerklasse I). Das ist immer noch über 1200 Euro von der magischen Recall-Linie entfernt. Und die Damen wundern sich ernsthaft, dass sie keine Partner (mehr) finden? Ich jedenfalls gehe bei Frauen, die mehr am Geld als am Menschen interessiert sind, dezent auf Abstand, insbesondere wenn es sich bei Ihnen um derlei "(Anti)Sozialarbeiterinnen" handelt.




Mittwoch, Januar 22, 2025

"Minimum 4000 netto muss er verdienen" – Selbst Feministinnen wollen lieber reichen Mann

1. Wie sehr achten Gen Z und Millennials auf das Thema Geld, wenn sie daten? Dazu erfährt man einiges aus der Süddeutschen Zeitung:

Eine Studie des US-amerikanischen Versicherungskonzern Northwestern Mutual zeigt: Jüngere Generationen legen beim Dating wieder mehr Wert auf Geld. Fast die Hälfte der Gen Z ist die finanzielle Kompatibilität wichtiger als eine körperliche Anziehung. Das trifft auch auf 40 Prozent der Millennials zu. Hier erzählen fünf junge Menschen von ihren Erfahrungen und Vorstellungen von Geld im Bezug auf Dating:

= Magdalena, 28, Sozialarbeiterin =

"Meine Mutter hat früher bei uns Zuhause die Finanzen verwaltet. Sie war die Dominantere in der Beziehung. Mein Vater war eher zurückhaltend. Das Rollenbild habe ich unbewusst übernommen. So war es auch in meiner letzten Beziehung. Ich hatte immer das Gefühl, die Kontrolle behalten zu müssen.

Wir waren fünf Jahre zusammen. Mein Ex-Freund hatte finanzielle Schwierigkeiten. Ich habe in der Zeit meinen Abschluss gemacht. Nach dem Studium stieg mein Gehalt um das Dreifache meines vorigen. Das Gleichgewicht verschwand. Ich fand ihn irgendwann nicht mehr so attraktiv. Wir hatten auch keine Dates mehr. Wenn ich ihm zum Beispiel einen gemeinsamen Kurztrip vorschlug, sagte er immer, das ginge nicht. Geld war nicht der einzige Grund, aber das hat die Trennung ins Rollen gebracht.

Ich schaue nicht ausschließlich aufs Geld, aber für den ersten Eindruck zählt es bis zu 70 Prozent. Meine Männer suche ich gezielt aus. Sie sind gut gekleidet, fahren ein teures Auto und lassen mich bei den ersten Treffen nicht mal das Portemonnaie rausholen. Minimum 4000 Euro netto im Monat muss er verdienen. Einmal zeigte mir ein Bauunternehmer die Gebäude, die er gekauft hatte. Das fand ich unnormal attraktiv."


Hier geht es weiter.



2. Auch bei Feministinnen wächst diese Einstellung:

Sie heissen "Soft Girls", weil sie ein "sanftes" Leben wollen: Junge Frauen, die keine Lust haben auf Stress im Job, sondern lieber zu Hause bleiben und den gemeinsamen Haushalt führen, während der Partner das Geld verdient.

Sie schlüpfen freiwillig und bewusst in die traditionelle Rolle, die Wissenschaft spricht vom "reaktionären Feminismus"


Meldestelle für Antifeminismus ist verständigt.

Er gilt als Reaktion darauf, dass viele junge Frauen ihren Müttern dabei zusehen konnten, wie sie sich mit Job und Familie abrackerten – und trotz besserer Ausbildung weniger verdienten und weniger schnell aufstiegen als ihre Kollegen. Die Bilanz erscheint offenbar so bitter, dass sich manche junge Frau mit einer Mischung aus Trotz und Resignation fragt: Warum soll ich mir das antun? Der rückwärtsgewandte Feminismus schliesst sich damit laut "Sonntagszeitung" der Kritik von linker Seite an, die seit geraumer Zeit von der "Vereinbarungslüge" spricht.

Während aber linke Feministinnen zum Kampf aufrufen, tun ihre reaktionären Schwestern das Gegenteil: Weil sie überzeugt sind, dass sich ohnehin nichts ändere zwischen den Geschlechtern, nutzen sie die Regeln des Patriarchats zu ihren Gunsten, um sich ihren Traum von einem sorgenfreien Leben ermöglichen zu können.


Die Regeln des Patriarchats ermöglichen Frauen ein sorgenfreies Leben. Schön, dass das mal so klar gesagt wurde.

Auch andere Medien berichten über diesen Trend:

"Sie wollen einen reichen Mann und nennen es Feminismus."

"Warum der Soft-Girl-Trend gut für unser mentales Wohlbefinden ist"



3. Die Grünen haben eine Sprachregelung entworfen, wie man mit Wählern umgehen sollte, die verärgert über die Verleumdung und Vorverurteilung von Stefan Gelbhaar sind.

Gleichzeitig hat mit Özcan Mutlu ein Mitglied die Partei nach 35 Jahren verlassen:

"Die aktuellen Vorfälle sind kein isolierter Einzelfall, sondern Ausdruck eines tief verwurzelten strukturellen Problems im grünen Landesverband Berlin", kritisierte Mutlu. "Stefan Gelbhaar wurde aufgrund einer haltlosen und offensichtlich falschen Anschuldigung sexueller Belästigung nicht nur öffentlich diffamiert, sondern politisch vernichtet." Das Muster sei immer gleich: "Es wird mit Unterstellungen gearbeitet, die jeglicher Grundlage entbehren, deren Zerstörungskraft jedoch unwiderruflich bleibt."




4. Bei den Australian Open wechselte der Tennisspieler Carlos Alcaraz sein Shirt und erntete wegen seines durchtrainierten Körpers von Zuschauerinnen Pfiffe und anerkennendes Gejohle. Eigentlich keine große Sache. Manche aber weisen auf die Doppelmoral hin, die sich hier mal wieder zeigt:

Einige rügten jedoch das Verhalten der Zuschauer und betonten, dass es nicht akzeptabel wäre, wenn es sich gegen eine Frau richten würde.

"Stellen Sie sich vor, wenn Männer dies mit einer weiblichen Athletin tun würden. Der Aufschrei wäre gewaltig. Wenn Sie mich fragen, ist das ein gutes, harmloses Geplänkel, aber es sollte in beide Richtungen gehen", schrieb ein Fan auf X.

"Okay, vielleicht gehe ich zu weit, aber: Er ist übersexualisiert. Das ist schließlich meine Person, kein Spektakel für uns. Stellt euch vor, das passiert mit einer Frau", postete ein anderer.

"Stell dir vor, was passiert, wenn es eine Frau ist! Sofort wird es zur Belästigung", antwortete ein Dritter.


Dafür, einer hübschen Frau hinterher zu pfeifen ("catcalling"), drohen in Frankreich Bußgelder bis zu 1500 Euro, in Belgien, den Niederlanden und Portugal ist es ebenfalls verboten, darüber diskutiert wird auch in Großbritannien und Deutschland:

Ausgehend vom Justizministerium Niedersachsen soll eine Bundesratsinitiative bewirken, dass "Catcalling" als Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen wird. Es könnte dann mit Geldstrafen und einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. "Zu viele Mädchen und Frauen müssten erleben, dass Männer sie mit Worten oder Gesten zum bloßen Sexualobjekt degradieren", erklärte die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD). "Solche Belästigungen sind nicht harmlos und schon gar kein Kompliment. Damit muss endlich Schluss sein."




Dienstag, Januar 21, 2025

Vater kämpft vor Gericht für seine Kinder: Um seinen Sohn zu schützen, musste er seine Tochter aufgeben

1. Der Berliner Tagesspiegel berichtet ausführlich über einen besonders üblen Sorgerechtsstreit. Der Artikel ist lang, aber in Gänze lesenswert.



2. "Die Zeit" lässt Obdachlose ihre Erfahrungen schildern.



3. Beim "Stern" behauptet man, Robert Habeck habe als Kanzlerkandidat vergessen, dass er ein Feminist sei. Konkrete Vorwürfe kann ich dem Artikel nicht entnehmen. Offenbar wünscht sich die Verfasserin, dass feministische Themen von Habeck stärker in den Vordergrund gerückt werden.



4. Sachsen-Anhalt startet eine Befragung von Frauen, die Gewalt erfahren haben. Auf die Idee, auch Männer danach zu fragen, scheint dort niemand zu kommen.

(Die Gründe? Unklar.)



5. Eine US-Amerikanerin hat ihren zehnjährigen Pflegesohn zerquetscht, indem sie sich auf ihn setzte, Der Junge hatte vorher eine Nachbarin gebeten, die Behörden zu verständigen, weil er zu Hause misshandelt werde.



6. Ebenfalls in den USA gibt es einen neuen Fall von Falschbeschuldigung. Einmal mehr ist das Motiv, das der Verleumdung zugrunde lag, bizarr:

Eine Frau aus Pennsylvania hat nach eigenen Angaben einen unschuldigen Mann, den sie nie getroffen hat, fälschlicherweise beschuldigt, sie vergewaltigen und entführen zu wollen, nur weil er "gruselig" aussah.

Anjela Borisova Urumova, 20, bekannte sich am Donnerstag schuldig, eine falsche Anzeige gegen den 41-jährigen Daniel Pierson erstattet zu haben, den sie beschuldigte, sie entführen und vergewaltigen zu wollen.

Pierson wurde gegen eine Kaution von 1 Million Dollar festgehalten, wegen mehrerer Verbrechen angeklagt und verbrachte aufgrund der falschen Angaben einen Monat im Gefängnis.

Nach Angaben der Bezirksstaatsanwaltschaft von Bucks County behauptete Urumova, dass Pierson sie am 16. April 2024 vor einem Supermarkt angegriffen habe.

Sie behauptete, er habe ihr die Hose heruntergezogen und ihr ins Gesicht geschlagen.

"Im Rahmen der Ermittlungen sammelte und überprüfte die Polizei von Middletown Township verfügbare Überwachungsvideos von mehreren Einzelhändlern in der Gegend des gemeldeten Angriffs, und ein Detektiv der Staatsanwaltschaft von Bucks County führte eine forensische Überprüfung von Urumovas Handydaten durch", so die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung.

Die Überprüfung führte zur Entdeckung mehrerer Ungereimtheiten und widersprüchlicher Informationen zu Urumovas Darstellung des Angriffs.

Urumova wurde von den Behörden konfrontiert und "gab zu, dass sie über den gesamten Vorfall gelogen hatte" und bestätigte, dass sie von niemandem angegriffen worden war, so die Staatsanwaltschaft.

Urumova sagte auch, dass sie Pierson "gezielt" als ihren Angreifer identifiziert habe, weil sie "ihn und den LKW in der Vergangenheit gesehen" habe und ihn und das Fahrzeug der Polizei beschreiben konnte.

Sie beschrieb das Fahrzeug als einen dunkelblauen Ford F-150 Pickup mit einem "Thin Blue Line"-Aufkleber an der hinteren Windschutzscheibe und sichtbaren Dellen und Rost an der Außenseite.

Die Verletzung im Gesicht war angeblich auf eine Auseinandersetzung mit einem Familienmitglied zurückzuführen.

"Ihre Großmutter, die laut Urumova an Demenz leidet, erkannte sie nicht, als sie das Haus betrat, und warf einen Plastikgegenstand nach ihr, der sie an der Lippe traf. Dieser Vorfall verursachte angeblich die Risswunde an ihrer Lippe, die sie später Pierson anlastete", heißt es in der Strafanzeige (…).

Urumova bekannte sich in sieben Anklagepunkten für schuldig: jeweils ein Anklagepunkt wegen falschen Alarms gegenüber einer Behörde für öffentliche Sicherheit und wegen Manipulation oder Fälschung von Beweismaterial, zwei Anklagepunkte wegen falscher Berichte und drei Anklagepunkte wegen uneidlicher Falschaussage gegenüber Behörden.

Die Anklage gegen Pierson wurde fallen gelassen, und er kam frei.


Männer sind also vor Falschbeschuldigungen nicht mal dann sicher, wenn sie keinerlei Kontakt zu der Anklägerin hatten. Und "taz"-Autorin Simone Schmollack meint, Männer-Aktivisten würden sich angesichts dieser Wirklichkeit triumphierend auf die Schenkel schlagen ...



Montag, Januar 20, 2025

"FDP macht sich unglaubwürdig: Widersprüchliche Positionen zur Familienrechtsreform"

1.
Im Dezember 2024 veröffentlichte die FDP ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025. Darin propagiert die Partei im Kapitel „Ein modernes Familienrecht“ das Wechselmodell als „gesetzliches Leitbild bei der Betreuung minderjähriger Kinder nach einer Trennung der Eltern.“ Weiter sollen beide Eltern „berechtigt und verpflichtet sein, sowohl für den Unterhalt als auch für die Betreuung mit einem substantiellen Anteil zu sorgen.“

Diese Positionierung steht in Widerspruch zum Gesetzentwurf „Familienrechtsreformgesetz“ vom 17.12.2024, den die FDP kurz vor Weihnachten 2024 in den Bundestag einbrachte. Darin will sie im Unterhalts- und Umgangsrecht das „Residenzmodell“ mit „eine(r) betreut – der andere bezahlt“ gesetzlich auf Jahre hinaus als Leitbild für trennungswillige Eltern festschreiben.

Mehr noch: Im Recht für Trennungsfamilien soll sich beim Kindesunterhalt für die überwiegende Mehrheit der betroffenen Eltern NICHTS ändern. Für viele Eltern in den zweiten Haushalten sieht der Entwurf jedoch massive Benachteiligungen und Diskriminierungen vor, die einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht sicherlich nicht standhalten werden.


Hier geht es weiter mit dem Beitrag vom Forum Soziale Inklusion.



2.
Der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ist Belästigungsvorwürfen ausgesetzt. Ein wesentlicher Teil ist davon ist offenbar frei erfunden. Sie kosten ihn wohl trotzdem die Karriere.


So berichtet die ZDF-Nachrichtensendung "heute" über den Fall. In dem Beitrag heißt es weiter:

Mitten im Wahlkampf erschüttert eine mögliche Intrige die Berliner Grünen. Der Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der Grünen Stefan Gelbhaar sieht sich massiven Vorwürfen ausgesetzt - er soll mehrere Frauen belästigt haben. Insbesondere der rbb berichtete detailliert über die mutmaßlichen Fälle, dem Sender lagen sogar eidesstattliche Versicherungen der angeblich betroffenen Frauen vor.

Gelbhaar sprach stets von "Lügen", zog aber im Dezember seine Kandidatur für die Landesliste der Partei zurück. Er wird nach der kommenden Wahl wohl nicht mehr im Bundestag vertreten sein.

Jetzt zeigt sich: Eine der Hauptzeuginnen, die sich gegenüber dem rbb als "Anne K." ausgegeben hatte, gibt es in Wirklichkeit wohl nicht. Der rbb schreibt: "Anne K. war nicht diejenige, für die sie sich ausgab. Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert diese Frau gar nicht."

(…) Weitere Recherchen hätten laut rbb zu einer grünen Bezirkspolitikerin geführt - sie soll sich als Anne K. ausgegeben und unter diesem Namen die brisante eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Es gebe sogar Anhaltspunkte dafür, dass auch weitere anonyme Beschwerden über Gelbhaar, die bei der Ombudsstelle der Berliner Grünen eingegangen waren, von der Frau stammen könnten, heißt es beim rbb.

Der Sender stellte nun Strafanzeige gegen die grüne Bezirkspolitikerin und löschte einige seiner Berichte zu dem Fall. "Wir haben deshalb entschieden, sämtliche Beiträge, in denen es um konkrete Vorwürfe geht, aus dem Netz zu nehmen", heißt es. Warum der Sender die Identität der entscheidenden Belastungszeugin nicht besser prüfte, ist unklar.


Dass die Antworten auf die spannendsten Fragen immer "unklar" bleiben, hatten wir schon letzte Woche. Immerhin aber gibt es bei den Grünen personelle Konsequenzen:

Die Vorsitzende der Grüne-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Mitte, Shirin Kreße, legte am Sonnabend ihr Mandat nieder und trat aus der Partei aus. In einer E-Mail an den Kreisvorstand von Mitte und an die Vorsteherin der BVV erklärte sie am Samstagnachmittag ihren Verzicht auf das Mandat zum schnellstmöglichen Zeitpunkt, nannte aber keine Gründe dafür. Das bestätigten mehrere Quellen aus der Partei auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene dem Tagesspiegel.

Daneben erklärte Kreße ihren Parteiaustritt. Das bestätigte Nina Stahr, Co-Landeschefin der Berliner Grünen, am späten Abend. Damit kommt sie einem Parteiausschluss zuvor. Denn am Sonnabend hatte die Spitze der Bundespartei bereits angekündigt, ein Parteiausschlussverfahren durchzuführen, "sobald die Person (...) uns bekannt wird".

Nach Tagesspiegel-Recherchen soll Kreße unter falscher Identität eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, in der Gelbhaar sexuelle Belästigung vorgeworfen wurde. Kreße selbst reagierte auf Anrufe und schriftliche Anfragen des Tagesspiegel am Sonnabend nicht. Sie ist in der Landespartei, insbesondere im linken Flügel, gut vernetzt, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Feminismus und bis jetzt Mitarbeiterin eines Grünen-Politikers im Abgeordnetenhaus – seit Sonnabend aber nicht mehr.


Wie der Tagesspiegel weiter berichtet, hatte der Landesvorstand Gelbhaar zum Verzicht auf seine sehr aussichtsreiche Kandidatur aufgefordert, ohne dass dieser überhaupt darüber informiert wurde, worum es eigentlich ging. Deshalb konnte er sich auch nicht wehren. Gelbhaar verzichtete zugunsten von Robert Habecks Wahlkampfmanager Andreas Audretsch.

Zum Verdacht, dass Gelbhaar Frauen sexuell belästigt haben soll, trug auch der RBB bei. Am Freitag musste der Sender aber zugeben, dass er offenbar einer Täuschung aufgesessen war. Eine Grünen-Bezirkspolitikerin habe die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Gelbhaar erfunden und dafür eine andere Identität vorgetäuscht. Der Sender löschte alle Beiträge dazu.

Eine "Anne K." hatte dem RBB zwar eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, doch der Sender hatte diese offenbar nicht ausreichend geprüft. Pikant: Das Justiziariat des RBB hatte alle Berichte zu den Vorwürfen abgesegnet.

(…) Der RBB geht inzwischen selbst davon aus, dass die Bezirkspolitikerin die eidesstattliche Versicherung gefälscht hatte. In Telefonaten hätte "Anne K." den angeblichen Übergriff von Gelbhaar geschildert, persönlich getroffen hatte die Redaktion die Frau nicht, verbreitete aber den Vorwurf, Gelbhaar habe sie zu einem Kuss gezwungen.


Zum Hintergrund Shirin Kreßes heißt es im Tagesspiegel:

Die "Grüne Jugend" schmückte sich mit Kreße und beschrieb sie mit den Worten: "Besonders wichtig ist ihr hierbei ihre intersektionale, feministische Perspektive, um mehr Repräsentativität für die Büger*innen zu schaffen und sich für Menschen jeglicher Diskriminierungserfahrungen stark zu machen."


Die Neue Zürcher Zeitung berichtet weiter:

Auch die grüne Parteizentrale reagierte. Die Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak nannten den Vorgang "gravierend". Wer falsche Aussagen unter Eid tätige, begehe nicht allein eine Straftat, sondern füge auch der Partei "erheblichen Schaden" zu. Den Namen der grünen Bezirksvorsitzenden, die der Lüge bezichtigt wird, nannten die beiden allerdings nicht.

Sie erwähnten auch den Namen Gelbhaar nicht. Dabei ist seine Parteikarriere vollständig zerstört. Im Dezember verzichtete er zugunsten von Andreas Audretsch auf seinen Listenplatz für das deutsche Parlament, Anfang Januar verlor er auch die Direktkandidatur des Kreisverbandes Berlin-Pankow. Ob die Partei ihn wieder aufstellen kann, ist zudem aufgrund der Fristen ungewiss.

Der Fall könnte auch Robert Habeck schaden. Laut der "Berliner Zeitung" verzichtete Gelbhaar nicht unbedingt aus freien Stücken auf seinen Platz auf der Landesliste. Vorher habe es ein Gespräch mit der Bundesgeschäftsstelle gegeben. Nun stellen sich eine Reihe von Fragen: Wollte die Partei den Wahlkampfmanager ihres Spitzenkandidaten mit einem sicheren Sitz im Bundestag versorgen? Wusste man bei den Grünen Bescheid, wie wenig glaubhaft einige Vorwürfe gegen den Mann waren, und nahm die Situation trotzdem hin?

Klar ist schon jetzt: Es gibt bereits länger Kritik daran, wie man dort mit dem Fall umging. "Unsere Partei kann nicht jemanden wegen unbewiesener Vorwürfe rausschmeissen", sagte der Berliner Abgeordnete Andreas Otto von den Grünen vor einigen Tagen.


Mit dieser Auffassung gehörte er bei den Grünen offenkundig einer klaren Minderheit an. Das allerdings ist im woken Lager generell so. Aktuell wurden etwa mehrere Projekte des Bestseller-Autors Neil Gaiman wegen unbewiesener Vorwürfe gecancelt, die Gaiman selbst vehement abstreitet.

Zum unrühmlichen Verhalten des rbb in dieser Affäre äußert sich der Rechtsanwalt Carsten Brennecke auf X:

Nun berichtet der RBB, dass er offensichtlich einer Täuschung aufgesessen ist: Mindestens eine Frau, die Vorwürfe erhoben haben soll, existiert wohl gar nicht. Der RBB verteidigt sich, er habe hinreichende Tatsachengrundlagen für seine vernichtende Berichterstattung gehabt. Ihm seien eidesstattliche Versicherungen vorgelegt worden. Auf diese habe er vertrauen können, da sich derjenige strafbar mache, der eine falsche Versicherung abgibt? Ist das wirklich so?

Natürlich falsch: Hier zeigt sich, wie ahnungslos der RBB ist. Denn eine Person, die gegenüber dem RBB eine eidesstattliche Versicherung abgibt, macht sich gerade nicht strafbar. Strafbar ist die falsche eidesstattliche Versicherung nur, wenn sie vor einer "Behörde" i.S.d. § 156 StGB abgegeben wird. Journalisten sind aber keine Behörde. In einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber der Presse kann man also straflos lügen, dass sich die Balken biegen!

Nicht nur der RBB ist derart ahnungslos. Immer wieder verweisen Journalisten als vermeintliche Stütze ihrer Berichte auf angebliche eidesstattliche Versicherungen, die ihnen vorlägen, so damals auch der Spiegel in seiner rechtswidrigen Berichterstattung zu Rammstein-Sänger Lindemann.

Auch der Fall RBB dokumentiert die gravierenden Rechercheschwächen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Man war beim RBB offensichtlich nicht in der Lage oder willens, die Fakten ordentlich zu hinterfragen und ist aufgrund der eigenen Ahnungslosigkeit zu eidesstattlichen Versicherungen auf einen Betrug hereingefallen.

(…) Möglicherweise zeigt sich hier neben journalistischer Schwäche des öffentliche-rechtlichen Rundfunks noch ein zusätzliches Problem: Geschichten, die zu schön sind, möchte man vielleicht nicht "kaputt recherchieren"…


Auf den Seiten der "taz" zeigt sich Simone Schmollack angefressen:

Vielmehr dürften sich all jene, denen die #MeToo-Bewegung ohnehin in jeglicher Hinsicht missfiel, auf die Schenkel klopfen: Alles Lüge, da seht ihr es mal! Das ist fatal, nicht nur in Deutschland, wo #MeToo-Vorwürfe mittlerweile ernster genommen werden. Durch den allgemeinen globalen Rechtsruck kriechen allerorten die Maskulinisten, die in den vergangenen Jahren durch eine weltweit erstarkte feministische Bewegung in ihre Schranken gewiesen worden waren, aus ihren Löchern und triumphieren.


In Schmollacks Phantasie freuen sich "Maskulinisten" also über Falschbeschuldigungen, obwohl viele von ihnen genau das bekämpfen möchten. Nach dieser Logik haben sich also nach der Massenvergewaltigung von Gisèle Pelicot Feministinnen auf die Schenkel geklopft, weil sie MeToo dadurch bestätigt sahen, und sind "aus ihren Löchern gekrochen", um zu triumphieren? Interessantes Weltbild haben Sie da, Madame.

Immerhin schreibt Schmollack auch, eine Lehre aus dem Fall Gelbhaar sei, dass Frauen Falschbeschuldigungen als Waffe einsetzen können. Aber: Um diese Binsenweisheit zu lernen, war wirklich erst der Fall Gelbhaar notwendig? Im Ernst?

Treffsicher hingegen kommentiert die Berliner B.Z.: "Im Zweifel für den Angeklagten – das gilt bei den Grünen nicht mehr" Der Artikel fordert politische Konsequenzen bis hinauf zur Spitze der Partei.

Robert Habeck lehnt übrigens Interviewfragen zu diesem Skandal in seiner Partei ab. Dazu "möchte er sich ausdrücklich nicht äußern".



3. Ein virales Video über angebliche Gruppenvergewaltigung in Frankfurt stellt sich als Fake heraus:

Es ist nicht weniger als eine Horror-Geschichte, die sich derzeit auf Instagram verbreitet. Erzählt von einer KI-Frauenstimme: Eine 18 Jahre alte Frankfurterin verabredet sich über eine Dating-App mit einem Mann. Doch statt Romantik erwartet sie ein Martyrium.

Sie wird von ihm und einem Mittäter überwältigt und in eine Wohnung gezerrt. Dort, so verkündet die KI-Stimme, wird der Frau eine "lähmende Flüssigkeit" verabreicht, ehe sie über Stunden vergewaltigt und gefoltert wird. Die angeblichen Täter: zwei Afghanen.

Seine Wirkung verfehlt das knapp einminütige Video nicht. In den zwei Wochen seit seiner Erstellung wurde es fast 11.000 mal geliked. Mehr als 4.000 Menschen sind dem Aufruf gefolgt, das Video zu kommentieren - und damit die Reichweite des Beitrags weiter zu erhöhen. Neben rassistischen Parolen finden sich in den Kommentaren auch immer wieder Aufrufe zur Wahl der AfD.

Mehreren hunderttausend Instagram-Nutzern wurde das Video bereits angezeigt. Das Problem: Der Inhalt des Videos ist ungefähr so real wie die KI-Stimme der Erzählerin.


Die Frankfurter Rundschau hatte zuerst über das Video und seine Wirkung berichtet:

730 000 Mal wurde es bislang angesehen. Darunter auffallend viele Kommentare wie: "Seit schlau und wählt blau." Viele blaue Herz-Emojis und Deutschlandflaggen. Oder auch Sätze wie: "Raus! Raus! Raus damit!", "Danke Merkel." Bis hin zu: "Lösung: AfD." Und es gibt weitere rassistische Aussagen wie: "Wann lernen die deutschen Frauen, dass man sich nicht mit Tieren trifft?"

Nur wenige hinterfragen diese angebliche Vergewaltigung. Googelt man Sossenheim und Vergewaltigung, findet man im Netz nichts. In den Kommentaren unter dem Video postet jemanden einen Link zu einem Artikel der „Bild“-Zeitung, wo eine junge Frau im Oktober 2024 erzählte, dass sie von zwei Afghanen an einem Weiher in Sossenheim vergewaltigt worden sei. Die Tat, die 2022 passiert sein soll, wurde vor dem Wiesbadener Amtsgericht im Dezember 2024 verhandelt. Wie die Richterin der Frankfurter Rundschau am Freitag auf Anfrage mitteilte, seien beide Männer freigesprochen worden, "weil das Gericht nicht überzeugt war, dass die Aussage so stimmt." Das Urteil sei rechtskräftig.




4. Im bayrischen Wolfratshausen wurden auf Läden mit schwulen Inhabern Hakenkreuze gesprüht.



5. Ein fahnenflüchtiger russischer Sanitäter berichtet von den Schrecken an der Front:

Schockiert ist Schiljajew der Moscow Times zufolge von der russischen Militärtaktik, immer mehr Soldaten – und darunter auch viele kaum ausgebildete oder schlecht ausgerüstete – Soldaten zu Gefechten an die Front zu schicken. Als "Kanonenfutter", wie es heißt. Allein, um den Abnutzungskrieg weiter aufrecht zu erhalten. Das sei bei den ukrainischen Truppen anders: "Die ukrainischen Streitkräfte schätzen ihre Soldaten." Sichtbar werde das auch an den Zahlen gefallener Soldaten auf beiden Seiten: "Im Durchschnitt haben wir etwa sieben russische Leichen und ein oder zwei ukrainische evakuiert", benennt der Sanitäter das ungleiche Verhältnis.

Trotz seiner ursprünglich gut gemeinten Ambitionen, Menschenleben zu retten, holte es den Sanitäter moralisch immer wieder ein, überhaupt Teil des Kriegs zu sein: "Die Menschen, die wir laut Putin ‚befreien‘ sollten, hassten uns und machten das allein durch die Blicke deutlich, die man uns in einem Geschäft zuwarf. Ich wusste, dass ich ein Teil der Besatzungsmacht war – jeder Soldat dort wusste das. Nur die Zivilisten zu Hause verstehen es immer noch nicht."




Freitag, Januar 17, 2025

"In der Abtreibungsfrage ist es höchste Zeit, auch die Väter anzuhören"

1.
Dass Abtreibungen in Deutschland nach wie vor kriminalisiert werden, ist eine Katastrophe. Doch das feministische Argument, hier gehe es ausschließlich um eine Entscheidung der Frau, ist falsch. Denn jedes Kind hat einen Vater.


Hier geht es weiter.



2. Eine Schlagzeile über sexuellen Missbrauch in den USA klingt so, als wäre der Junge der Täter: "13-Jähriger soll seine Lehrerin geschwängert haben". Die amerikanische Variante dazu lautet: "South Jersey elementary school teacher accused of having sexual relationship, child with student". Ob man bei umgekehrten Geschlechtern von einer "sexuellen Beziehung" schreiben würde?



Donnerstag, Januar 16, 2025

"Hört endlich auf mit dem Väter-Bashing"

1. Die Frauenzeitschrift "Brigitte", normalerweise seit Jahren stramm feministisch unterwegs, hat ihr Herz für Väter entdeckt:

Neulich wieder, auf dem Schulhof. Drei Mütter haben ihre Kinder gebracht, stehen noch rum, reden. Da kommt ein Vater mit Sohn angeradelt. "Mist", ruft der Vater, "jetzt haben wir deinen Helm vergessen! Wo ist der gleich? Schuppen? Keller? Ach, egal. Geh rein, ich bring ihn noch vorbei." Sohn geht rein, Vater wetzt los. Da geht es schon los. Mutter 1: "War klar, ne?" Mutter 2: "Fußball aufm Handy ist halt spannender als Helm aufm Kopf, hö, hö." Beide: "Väter!" Großes Prusten. Mutter 3 schweigt. Mutter 1 gluckst: "Hab ich eigentlich schon erzählt, wie meiner Paula heute in die Kita schicken wollte? Zwei verschiedene Socken, Kleid falsch rum, hinten hing die Windel raus. Ich dacht, ich spinn ..." Mutter 2 unterbricht: "Das ist doch gar nichts! Also wenn MEINER die Kinder mal anzieht..."

Spätestens zu diesem Zeitpunkt räumt Mutter 3 gewöhnlich die Bühne. Weil sie es einerseits hasst, wenn Mütter andere Mütter maßregeln, andererseits das Witzereißen über Väter – die das meiste genauso gut oder schlecht machen wie die Durchschnittsmamas und trotzdem wegen jeder Kleinigkeit zum Vollhorst erklärt werden – mindestens genauso bescheuert findet. Falls es noch nicht klar sein sollte, Mutter 3 bin ich. Und ab sofort, das sei hier schwarz auf weiß verkündet, werde ich nicht mehr schweigen, sondern mich so richtig aufregen. Weil ich das Väter-Bashing satthabe.


Hier geht es weiter.



2. "Die Zeit" befindet: "Wer immer Femizid sagt, macht es sich zu leicht". Der Artikel enthält vernünftige Gedanken, aber auch er blendet männliche Opfer leider aus.



3. Die Post. Einer meiner Leser schrieb mir gestern:

Hallo Arne,

ich denke mal, dass du die Vorwürfe gegen Stefan Gelbhaar und seiner Abwahl als Direktkandidat mitbekommen hast. Laut Tagesspiegel mehren sich so langsam die Zweifel - und selbst der sonst so grünentreue Tagesspiegel nimmt mittlerweile das Wort "Intrige" in den Mund.

Aus dem kostenpflichtigen Checkpoint des Tagesspiegels:

"Sein Platz für die Direktkandidatur wurde Stefan Gelbhaar von den Grünen in Pankow vergangene Woche entzogen. Grund dafür waren im Dezember aus der Partei erhobene Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Insbesondere der RBB berichtete detailliert über die mutmaßlichen Taten und berief sich dabei auf Aussagen und eidesstattliche Versicherungen mehrerer Betroffener. Unterlagen aus dem Unterlassungsverfahren, die dem Checkpoint vorliegen, werfen jedoch Fragen dazu auf – und dürften die Intrigenvorwürfe in der Partei befeuern.

So ist die Urheberin einer eidesstattlichen Versicherung, die der RBB dem Landgericht Berlin als Grundlage für einen der Fälle vorgelegt hat, offenbar nicht an der in der eidesstattlichen Versicherung angegebenen Adresse gemeldet, wie eine Abfrage im Einwohnermelderegister zeigt. Auch vor Ort ist der Name an Klingel oder Briefkästen nach Checkpoint-Recherchen nicht zu finden. Langjährige Anwohner berichten, den Namen noch nie gehört zu haben. Der Grüne Landesverband teilte auf Anfrage mit, aus Datenschutzgründen nicht mitteilen zu können, ob es ein Parteimitglied mit dem Namen gebe.

All das heißt noch nicht, dass die konkret gemachten Vorwürfe unwahr sein müssen. Lässt jedoch Raum für Zweifel. Dazu trägt auch bei, dass für einen anderen Übergriff, den der RBB beschreibt, offenbar lediglich eine anonyme E-Mail als Quelle vorlag. Gegen einen weiteren schwerwiegenden Vorwurf gegen Gelbhaar, über den zwischenzeitlich auch medial berichtet wurde, hat der Grünen-Politiker mittlerweile selbst eidesstattliche Versicherungen von Zeugen vorgebracht, die auch dem Checkpoint vorliegen. Sie hätten demnach gemeinsam mit dem Politiker eine Parteiveranstaltung per Rad verlassen. Der mutmaßliche Vorfall im Anschluss an das Event könne sich daher nicht wie geschildert zugetragen haben, argumentiert Gelbhaar.

Sind damit gleich alle Zweifel am Verhalten von Stefan Gelbhaar ausgeräumt? Wohl nicht. Aber es dürfte die Stimmen jener Grünen lauter werden lassen, die eine Intrige gegen den Pankower Bundestagsabgeordneten stets für möglich gehalten haben."




Mittwoch, Januar 15, 2025

Überraschende Metastudie: Romantik und Beziehungen sind eher Männersache

Also gut, ihr habt gewonnen. :-) Über eine bestimmte Meldung wollte ich eigentlich gar nicht berichten, weil sie wenig mit der Benachteiligung von Männer zu tun hat und ich sie nicht wirklich für "News" halte. Inzwischen haben mich aber dermaßen viele von euch darauf aufmerksam gemacht, dass ich sie heute doch ansprechen möchte. Dann machen wir das Fass aber richtig auf und nicht nur als eine Meldung einer umfassenderen Medienschau.

Mit folgendem Absatz beginnt ein Artikel über eine neue Metastudie (Studie, die die Ergebnisse früherer Studien zusammenfasst):

Ob das nun die Titelseiten der Illustrierten sind oder Single-Frauen in Filmen, von denen eher ein mitleidiges Bild gezeichnet wird: Es braucht nicht besonders viel Kreativität, um festzustellen, dass unsere Gesellschaft gefühlige Angelegenheiten wie Liebe, Beziehung und Romantik insbesondere Frauen zuschreibt. Nicht alles zu glauben, was die Gesellschaft so sagt, ist die eine Sache. Nachzuforschen, die andere. Erkenntnisse legt jetzt die Humboldt-Uni in Berlin vor.


Das berichtet aktuell der MDR. In dem Beitrag heißt es weiter:

Wahring und Team wollten herausfinden, was da wirklich dran ist, an dem vermeintlich femininen Interesse an Romantik – und zwar Romantik im wissenschaftlichen Sinne, sprich: Liebesbeziehung. Die Forschenden haben mehr als fünfzig Studien zu heterosexuellen Beziehungen in westlichen Industriestaaten untersucht. Eine Frage, die die Psychologin bereits seit Uni-Zeiten umtreibt und der sie jetzt gemeinsam mit ihrem damaligen Professor in der vorliegenden Meta-Untersuchung nachgeht.

(…) Nun, das Ergebnis stellt den Volksglauben auf den Kopf. Heraus kam, "dass Männer eher sagen, eine Partnerschaft zu haben ist wesentlich für sie, um glücklich zu sein im Leben. Auch, dass Männer generell eher sagen, dass sie eine Beziehung suchen. Und auch, dass sie sich schneller und häufiger verlieben." Männer sind sogar die, die tendenziell eher die Liebe gestehen. Hinzu kommt: Männer profitieren eher psychisch von Liebesbeziehungen – und sogar körperlich.

(…) Warum sich die Relevanz einer Beziehung für Männer nun völlig konträr zum gesellschaftlichen Bild verhält, dazu gebe es verschiedene Erkläransätze. Aber einer sticht für Iris Wahring ganz besonders hervor: "Männer bekommen durchschnittlich weniger emotionale Unterstützung von Freunden und Familie als Frauen. Also sie sind mehr auf die Partnerschaft angewiesen, um emotionalen Unterstützung zu bekommen." Kein Wunder, dass Trennungen tendenziell eher von Frauen ausgehen, wie Wahring bereits bei einer Untersuchung im Herbst 2024 gezeigt hat.


Auch andere Medien, etwa Österreichs Standard, berichten. Zu diesem Artikel im "Standard" habe ich von euch auch die meisten Hinweise erhalten.

Das ist alles sehr überraschend – für unsere Leitmedien. Mal schauen, was einer dieser zurückgebliebenen Männerrechtler dazu vor 25 Jahren im ersten Kapitel seines Buchs Sind Frauen bessere Menschen? geschrieben hat (Belegquellen jeweils im Original):

Vor allem als Resultat der "Frauen-sind-besser-Bewegung" wurden Eigenschaften, die früher als weibliche Schwächen betrachtet wurden, nun zu Stärken umgemünzt. Infolgedessen erscheinen die Herren der Schöpfung eher als emotionale Krüppel, als "Eisenhans". Buchtitel nach der Masche "Männer lassen lieben" gibt es zuhauf. "Wenn die Liebe ein Geschlecht hat, dann ist es gewiss weiblich und nicht männlich", wird die Feministin Christa Mulack zitiert.

An der nach Geschlechtern geordneten Zuschreibung von Gefühlstiefe wird auch im Zeitalter der Emanzipation kaum gerührt. Aber stimmen diese Klischees wirklich? Können Männer tatsächlich kaum mithalten, wenn es um Gefühle geht? Und wie will man etwas so wenig Greifbares wie Emotionen überhaupt wissenschaftlich "beweisen"?

Beweisen kann man hier natürlich wenig. Aber es gibt etliche Belege dafür, dass das Gefühlsleben von Männern nicht nur von einem ausgetrockneten Brunnen weit entfernt ist, sondern dass es das von Frauen - generell gesprochen - in vielem weit übertrifft. Fangen wir mit der nüchternen Statistik an.

* Männer verlieben sich schneller als Frauen. In einer Studie, in der 700 Paare befragt wurden, zeigte sich, dass 20 % der Männer sich schon vor dem vierten Rendezvous verliebt hatten. Hingegen hatten nur 15 % der Frauen Amors Pfeil gespürt. Bei der zwanzigsten Verabredung waren sich 45 % der Frauen immer noch nicht über ihre Gefühle im Klaren, verglichen mit lediglich 30 % bei den Männern. Diese US-amerikanischen Ergebnisse werden durch sehr ähnliche Zahlen des Münchner Max-Planck-Instituts bestätigt. Dort stellte man fest, dass der Mann seine Entscheidung genau genommen bereits in den ersten Sekunden des Kennenlernens fällt: Wenn ihm seine Intuition sagt "Das ist die Richtige!", wird er unumkehrbar seine gesamte emotionale Energie auf diese Frau bündeln.

Sie hingegen weiß, dass sie Zeit hat, und die lässt sie sich auch: Während ihr Verehrer schon unaufhaltsam verstrickt ist, wägt sie noch skeptisch prüfend eine Begegnung nach der anderen ab, wobei der Großteil ihrer Entscheidungen vom Kopf gesteuert wird. Psychologen führen das darauf zurück, dass eine Frau außer einer romantischen auch eine ökonomische Entscheidung in dem Sinne fällen muss, wie gut der Betreffende als Ernährer geeignet wäre. Insofern überrascht es nicht, dass Frauen in Umfragen viel häufiger als Männer bekunden, jemanden auch dann heiraten zu würden, wenn sie nicht verliebt in ihn wären.

* Männer haben die größeren romantischen Ideale. Eine andere Untersuchung zeigte nämlich sehr deutlich, dass Männer eine wesentlich unpragmatischere Einstellung zur Liebe hatten, sich etwa viel weniger Gedanken über die soziale Position oder das Einkommen ihres möglichen Partners machten. Ihr Motto war: Solange sich zwei Menschen wahrhaft liebten, würden sich alle anderen Probleme schon lösen lassen.

Die Initiative zu einer Trennung geht in der Regel von Frauen aus. Männer hingegen waren bereit, um die Beziehung bis zum Äußersten zu kämpfen. Das zumindest behauptet eine Studie von Harvard-Soziologen. Laut einer Statistik von Anfang der neunziger Jahre verließen nur 60.000 Männer pro Jahr ihre Partnerin (davon 59 %, weil sie sich vernachlässigt fühlten), aber 160.000 Frauen ihren Partner.

Männer leiden nach einer Trennung definitiv mehr als Frauen. Sie fühlen sich eher einsam, machtlos, niedergeschlagen und ungeliebt und haben große Schwierigkeiten, damit klarzukommen. Während Frauen ihr Leben längst neu ausrichten, klammern sich Männer immer noch an die Hoffnung, dass sie nur das Richtige zu tun oder zu sagen brauchten, um die alte Harmonie wiederherzustellen. Dieser Zustand kann sich über Jahre hinziehen. Sie tragen sich auch häufiger mit Selbstmordgedanken. Ehemänner, deren Frauen sterben, begehen zehnmal häufiger Selbstmord als Frauen, deren Männer gestorben sind.

Insgesamt kommt die Autorin Kate Fillion unter der treffenden Überschrift "Frauen sind vom Mars, Männer von der Venus" zu dem Schluss, dass es in der Tat die Männer sind, die zu viel lieben: Ihre komplette geistige Verfassung scheint von ihren Beziehungen zu Frauen abzuhängen. Männliche Singles begehen doppelt so oft Selbstmord wie verheiratete Männer und leiden doppelt so oft unter psychischen Problemen - von Depressionen bis zu Nervenzusammenbrüchen - wie alleinstehende Frauen.

Auch die Ergebnisse von Umfragen können aufschlussreich sein: 72 % der 16- bis 29-jährigen Männer geben zu, beim Erstkontakt mit einer Frau schüchtern zu sein. Zwei von drei Männern haben Sehnsucht nach mehr Verständnis und fänden es klasse, wenn ihre Partnerin zärtlicher zu ihnen wäre. Drei von vieren möchten sich gerne mal wieder richtig verlieben. 38 % wünschen sich nichts sehnlicher, als dass ihre Frau (bzw. ihre Mutter) endlich aufhören würde, an ihnen herumzunörgeln. 41 % finden es schade, dass ihre Partnerin sich so wenig dafür interessiert, was sie tun, denken und schätzen. Gleichzeitig haben 17 % aber auch enorme Schwierigkeiten, ihre Gefühle offen zu zeigen.

Nun kann es an diesen 17% allerdings nicht liegen, dass dem männlichen Geschlecht der Ruf der Gefühlskälte vorausgeht. Es handelt sich hier immerhin nur um ein Sechstel der Gesamtheit. Stattdessen scheint es eine ganze Reihe von Gründen für diese Fehleinschätzung zu geben:

= Das männliche Rollengefängnis =

Zum einen können Männer in der Regel auf beruflicher Ebene Ängste, Depressionen und Hilflosigkeit nicht sehr offen zeigen. Typisch hierfür ist der Fall eines Bankangestellten, der eine Konferenz mit Tränen in den Augen verließ und daraufhin bei der nächsten Beförderung demonstrativ übergangen wurde. Aber auch auf privater Ebene herrscht das Lebensmotto: "Ein schwacher Mann kriegt keine Frau!" Und das ist leider Gottes keine bloße Paranoia. Zahllose Studien belegen, dass Männer richtig liegen, wenn sie der Forderung, mehr Gefühle zu zeigen, nicht so recht trauen. Sobald sie nämlich tatsächlich ihre Ängste und Sorgen offen legen, werden sie auch von ihren Partnerinnen allzu schnell als "zu feminin" und "nicht ganz auf der Reihe" betrachtet - statt als stark, ruhig, männlich, selbstsicher und kompetent.

Männer, die jammern oder Angst zeigen, wirken offenbar nicht sehr erotisch. Statt dessen wird Männlichkeit immer noch damit gleichgesetzt, den Belastungen des Lebens standzuhalten, ohne zu klagen. Die Familientherapeutin Olga Silverstein erklärt dazu: "Frauen wollen, dass er ein echter Mann ist. Wenn er aber ein Mann ist, dann mögen sie das auch nicht, weil das bedeutet, dass er zu dominant auftritt, und sie haben Angst vor ihm. Sie wollen alle Helden, aber sie wollen warmherzige, sanfte, liebende Helden... Oh! Was für ein Wunschtraum das doch ist!" Im Endeffekt sind Männer sowohl beruflich als auch privat von ihren eigenen emotionalen Bedürfnissen abgeschnitten.

= Psychologische Parteilichkeit =

Es ist kein Wunder, dass in etlichen psychologischen Studien die Frau als das emotional kompetentere Geschlecht ermittelt wird. Eine vergleichende Analyse etlicher dieser Untersuchungen ergab nämlich, dass diese durchgehend an der weiblichen Werteskala ausgerichtet waren. Selbstenthüllung, das Reden über Einstellungen und Gefühle, wurde als DAS entscheidende Kriterium für Intimität und Nähe ausgewählt. Männer, die dazu nicht bereit oder in der Lage waren, wurden wegen dieser "Unzulänglichkeit" bemitleidet oder kritisiert. Wenn man Männer aber nach ihrer eigenen Werteskala für Nähe und Zuneigung fragt, nennen sie Kriterien wie "gegenseitiges Geben und Nehmen", "einander helfen" und "gemeinsame Aktivitäten". Das lassen Psychologen aber nicht gelten. Für sie zeugt nur das Darüber-Sprechen von Reife, übrigens auch auf dem Gebiet der Sexualität, wo Männer ihre Gewogenheit am liebsten zeigen, indem sie "es" einfach tun.

(…) Für Männer zeigt sich [auch] eine enge Bindung zu anderen Männern eher durch gegenseitige Gefallen, freundschaftliche Wettkämpfe, Witze, Berührungen, gemeinsame Aktivitäten. Für sie ist es gerade entspannend, einmal nicht auf jedes Wort achten zu müssen, wenn Frauen abwesend sind. Durch diese unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen ist der Konflikt zwischen den Geschlechtern allerdings vorprogrammiert. In einem Experiment wurden Ehepaare angehalten, ihre Aktivitäten im Haushalt und in der Partnerschaft ebenso niederzuschreiben wie ihre Zufriedenheit mit der Beziehung. Es stellte sich heraus, dass die Frauen am glücklichsten waren, wenn ihre Männer etwas Nettes SAGTEN, während für Männer Taten und nicht Worte ausschlaggebend waren.

Daraufhin wiesen die Psychologen die Ehemänner an, mit ihren Liebesbekundungen etwas großzügiger zu verfahren. Die Frauen meldeten keine Verbesserung der Situation. Als daraufhin die Männer noch einmal gesondert befragt wurden, antwortete z. B. einer von ihnen, natürlich habe er seine Zuneigung verstärkt zum Ausdruck gebracht - indem er den Wagen seiner Frau gewaschen habe. Er hielt das für ein eindeutiges Zeichen seiner Liebe. Sie wusste es nicht zu deuten.

Kurz gefasst kann man beiden Geschlechtern nach dem Gesagten zwei wichtige Ratschläge mit auf den Weg geben. Frauen: Eure Männer lieben euch, auch wenn sie es nicht ständig sagen. Und Männer: Wenn ihr eure Zuneigung ab und zu in Worte packt, könnt ihr euch eine Menge Arbeit sparen.

= Fehlerhafte Selbsteinschätzung =

Beide Geschlechter glauben an ihre eigenen Stereotypen und Rollenerwartungen. Wenn man Frauen wie Männer danach fragt, wie sie sich selbst beschreiben würden (wie es oft gemacht wird), erscheint die Fähigkeit von Frauen, sich in andere einzufühlen und mit ihnen mitzuleiden, um ein Beträchtliches höher als bei Männern. Betrachtet man aber nonverbale Signale wie Veränderungen im Blutdruck, das Mienenspiel oder tatsächliche Hilfeleistungen, zeigt sich so gut wie kein Unterschied.


Das Kapitel geht noch ein paar Seiten lang weiter, aber ich denke, die Grundgedanken sind klar geworden. So wie bei vielen anderen Themen (etwa häuslicher Gewalt) sind Journalisten als diejenigen, die Geschlechterklischees oft am eifrigsten verbreiten, regelmäßig besonders verblüfft über Dinge, die in der seriösen Geschlechterforschung eigentlich seit Jahrzehnten bekannt sind.



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