Sehr geehrter Matthias Lohre,
Ihr vor zwei Wochen erschienener männerfreundlicher Artikel
"Die Brücke" hatte mir ausgesprochen gut gefallen, weshalb ich ihn auch in meinem Blog Genderama gerne verlinkt habe. Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, aber dieser Artikel gab durchaus Anlass zur Hoffnung, was die "taz" angeht. Nun wundern Sie sich in Ihrer aktuellen Kolumne
"Der Gott des Gemetzels" über die Reaktionen vieler männlicher Leser auf Ihren Beitrag, die offenbar vielfach in dieselbe Richtung gingen ("Wirklich erstaunlich, dass eine solche Kolumne die Kontrollpunkte der Feministischen Einheitsfront passieren konnte." etc.). Auf diese Kommentare reagieren Sie nun Ihrerseits kritisch.
Ich hingegen bin über diese Rückmeldungen an Sie und Ihre Redaktion überhaupt nicht überrascht und finde sie ausgesprochen sinnvoll und notwendig. Die Frauenbewegung hat es geschafft, sexistischen Journalismus zu Lasten von Frauen immer wieder zurückzudrängen und zu unterbinden. Das reicht bis in die Gegenwart hinein, wenn Sie etwa an Marina Weisband, bis vor kurzem noch Geschäftsführerin der Piratenpartei, denken (deren Vorwürfe sich übrigens auch gegen die "taz" richteten). Die Männerrechtsbewegung wird dasselbe tun müssen, wenn sie in der Bekämpfung von Sexismus ähnlich erfolgreich sein will.
Normalerweise kommen männerfreundliche oder gar feminismuskritische Beiträge an den Kontrollinstanzen der taz-Redaktion eben nicht vorbei. Ich erinnere mich beispielsweise an einen vorbildlich recherchierten und brillant geschriebenen Artikel eines Mitglieds der "Roten Männer in der SPD", in dem es um die Gleichverteilung der Geschlechter bei der Täterschaft häuslicher Gewalt ging, was durch
hunderte internationaler Studien inzwischen bestens belegt ist. Eine taz-Redakteurin wimmelte diesen vor mittlerweile fast zehn Jahren bei ihr eingereichten Artikel ähnlich ab, wie das heute noch Kristina Schröder tut, nämlich durch die Bemerkung, dass sie an eine solche Gleichverteilung schlicht nicht "glaube". Ein immenser Korpus wissenschaftlicher Forschung wird ignoriert, weil er dem persönlichen Glauben einer taz-Journalistin widerspricht. Infolgedessen fabuliert Ihre Kollegin Simone Schmollack noch in der "taz" von heute (
"Sicherheitsrisiko Ehemann") unter Bezugnahme auf eine obskure Kriminologin, dass weibliche Täterschaft in diesem Bereich nur den zehn Prozent entspräche, die vor einigen Jahren noch die amtlichen Kriminalstatistiken hergaben, wobei die Dunkelziffer (Männer outen sich wesentlich seltener als Opfer häuslicher Gewalt) ebenso stur ignoriert wird wie das Ansteigen auch der offiziellen Zahlen, seitdem vermehrt über häusliche Gewalt gegen Männer berichtet und das Tabu damit gebrochen wird.
Ebensogut erinnere ich mich an den Versuch Dr. Matthias Stiehlers vom Vorstand des Dresdner Institut für Erwachsenenbildung und Gesundheitswissenschaft, in Ihrem Blatt einen Artikel zu dem kritischen Verhältnis der Linken zum Thema Geschlechtergerechtigkeit zu veröffentlichen. Selbstverständlich wurde auch dieser Artikel, obwohl auch er ebenso überfällig wie gelungen war und die festgefahrene Debatte deutlich voranbrachte, von Ihrer Redaktion geblockt. Dr. Matthias Stiehler stellte ihn daraufhin dankenswerterweise meinem Zweitblog zur Verfügung, wo er auch seinen Disput mit der "taz"
schildert.
Ich selbst wurde von Ihrer Redaktion einmal für Ihre Wochenendskolumne angefragt, bei der die "taz" unterschiedliche Meinungen gegenüberstellt. Meiner Erinnerung nach ging es damals um das Thema "Jungenkrise". Ich hatte noch nicht angefangen zu schreiben, als die Anfrage bereits ohne Angabe von Gründen zurückgezogen wurde. In diesem Fall scheinen die redaktionsinternen Kontrollinstanzen in Ihrem Hause also funktioniert zu haben. Es ist bemerkenswert, dass es für die "taz" kein Problem darstellt, beispielsweise Thilo Sarrazin durch Henryk M. Broder interviewen zu lassen, dass ein Interview mit Vertretern selbst der linken Männerrechtsbewegung für Ihr Blatt aber bis heute unvorstellbar ist. Diese Bürgerrechtler werden von Ihren Kolleginnen lediglich mit hämischen und herabsetzenden Kommentaren bedacht, sollen aber um Göttin Willen nicht selbst zu Wort kommen. Dass sich einige entnervte Männer daraufhin Publikationen wie der Jungen Freiheit zuwenden ist nur die Konsequenz davon, dass linke Medien gegenüber dem Thema Männerrechte derart mauern. Ein vernünftiger Kampf gegen Rechts sähe so aus, dass die Linke dieses Thema endlich aufgreift, statt es weiter den Rechten zu überlassen.
Aber hier offenbart sich eben das Sexismus-Problem der "taz": Während eine politische Bewegung für Frauen gefeiert wird, wird eine politische Bewegung für Männer verteufelt, und ihre Inhalte werde totgeschwiegen. Wo Kritik am Feminismus, beispielsweise
faschistoiden Positionen in diesem Lager, tabuisiert ist, bis sie die Männerbewegung aufgreift, schießt Kritik am Maskulismus häufig über ihr Ziel hinaus.
Sie können unschwer recherchieren, dass ich die "taz" mehrfach für ein Jahr im Abonnement hatte. Beiträge von manchen Ihrer Autoren, beispielsweise Daniel Bax, schätze ich sehr. Mir ist auch bekannt, dass es selbst in Ihren Reihen Abweichlerinnen gibt, was die entschiedene Front gegen Männerrechtler angeht. So hatte mich einmal eine Ihrer Kolleginnen an die antirassistische Schülerzeitung
Q-Rage als Interviewpartner vermittelt. Aber ich lehne Ihre wiederholten Anfragen nach einem neuen Abonnement regelmäßig ab, seit mir Ihr Autor Thomas Gesterkamp in Ihrem Blatt unterstellte, auf meinem Blog Genderama zu rechtsextremen Websites zu verlinken (was schlicht nicht stimmt, weshalb Gesterkamp dafür auch niemals einen Beleg liefern konnte). Ein derartiger Journalismus ist abenteuerlich, und er findet sich in der "taz" eben nur, solange es gegen Männer und die Vertreter von deren Anliegen geht.
Eine Hoffnung auf Änderung sehe ich nur, solange Sie anhaltend so kritische Rückmeldungen erhalten, wie Sie es aktuell beklagen. Dass diese Rückmeldungen in einem Artikel mit der Überschrift "Der Gott des Gemetzels" ins Zwielicht gerückt werden, wie es mit feministischer Kritik an einer sexistischen Linie Ihres Blattes nie geschehen würde, verstärkt meinen Eindruck nur. Da wünsche ich mir doch lieber, dass Sie weiter so mutige und in Ihrem Blatt noch wie ein bizarrer Fremdkörper wirkende männerfreundliche Beiträge schreiben wie vor zwei Wochen.
Freundliche Grüße
Arne Hoffmann
(Der Brief wurde über Facebook zugestellt.)