Studie: Weibliche Chefs mindern das Karriereglück bei Frauen
1.
Wie ist es, eine Frau als Chefin zu haben? Die Frage gibt regelmässig Anlass zu emotionalen Debatten, wie ein Blick in die Internetforen zeigt. (…) Das Thema interessiert aber nicht nur beim Smalltalk in der Kaffeepause, sondern ist ebenso für die Wissenschaft von Relevanz. So hat das renommierte "Human Resource Management Journal" kürzlich eine länderübergreifende Studie dazu publiziert. Die wichtigste Erkenntnis lautet: Frauen sind im Allgemeinen weniger zufrieden mit ihrer Karriere, wenn sie eine Frau als Vorgesetzte haben, als wenn der Chef männlich ist.
"Das Verblüffende an diesem Resultat ist, dass wir die geringere Zufriedenheit mit einer Frau als Chefin in allen von uns untersuchten Ländern feststellen konnten", sagt der Freiburger Professor Olivier Furrer, der zu den Co-Autoren der Studie gehört. "Die kulturellen Unterschiede hatten somit nur einen geringen Einfluss auf die Einschätzung der weiblichen Angestellten." Für die Analyse wurden 2300 Frauen aus 34 Ländern und fünf Kontinenten befragt, darunter waren die Schweiz und Deutschland.
Die Neue Zürcher Zeitung berichtet.
2. Im Cicero beschäftigt sich Hugo Müller-Vogg mit der Forderung der Unionsfrauen im Bundestag nach einer Frauenquote. Ein Auszug:
Die Vorsitzende der Frauengruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mechthild Heil, hat jetzt gegenüber der FAZ klar gemacht, was die Unionsfrauen verlangen: "Wir fordern 50 Prozent der Besetzungen in Leitungsfunktionen, also in Ämtern, aber dann auch in der Bundesregierung. Dabei geht es um den Fraktionsvorsitz, die Leitung von Ausschüssen, um Sprecherämter, aber auch um die Repräsentanz in Gremien, beispielsweise im Rundfunkrat."
Da die Union bisher noch keine Doppelspitzen kennt, ist eine "50 Prozent Besetzung" des Fraktionsvorsitzes nicht gerade logisch. Auch klingt die Begründung Heils nicht gerade überzeugend: Mehr Frauen in Führungspositionen würden die Politik für Frauen attraktiver machen. Die Tatsache, dass die CDU als erste und bisher einzige deutsche Partei mit Angela Merkel eine Frau 18 Jahre an der Spitze der Partei und 16 Jahre im Kanzleramt hatte, führte jedenfalls nicht zu einem Massenandrang von Frauen, die in den CDU-Geschäftsstellen ihre Mitgliedsanträge abgeben wollten.
(…) Nur werden zweifellos auch Männer auf Positionen gesetzt, in denen sie überfordert sind. Auch da spielt oft der Proporz eine Rolle, etwa die Zugehörigkeit zu einer bestimmten innerparteilichen Strömung oder einem Landesverband, dem aufgrund des landsmannschaftlichen Proporzes ein höheres Amt zusteht. Doch ist die Gefahr eines personellen Missgriffs größer, je weniger Aspiranten zur Verfügung stehen.
(…) In gewisser Weise haben Heil und ihre Frauen-Truppe der SPD eine Steilvorlage geliefert, ein paritätisch aus Frauen und Männern bestehendes Kabinett zu fordern. Lehnt Merz ab, haben die Genossen ihn in der Ecke, in den sie den CDU-Politiker so gern stellen – alter Macho ohne Gespür für die Bedürfnisse der Zeit. Wobei sich die Frage stellt, ob der Frauenanteil in politischen Positionen irgendjemanden ernsthaft interessiert – abgesehen von hauptberuflichen Feminist:innen (m/w/d) und in der Politik nach Höherem strebenden Politikerinnen.
Die SPD jedenfalls hat seit Jahrzehnten eine Frauenquote von "mindestens" 40 Prozent in ihrer Satzung verankert. Die wird strikt eingehalten. Den medialen Beifall, den das der SPD eingebracht hat, zahlt sich an der Wahlurne nicht nennenswert aus. Merz und die Union erzielten am 23. Februar bei den Männern 30 Prozent und bei den Frauen 27 Prozent, die SPD bei den Männern 15 und bei den Frauen 18 Prozent. Der Frauen-Malus schadete der Union also nicht sehr, ihr Frauen-Bonus hielt den Absturz der SPD auf ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten nicht auf. Offenbar orientieren sich selbst die allermeisten Wählerinnen mehr an den Inhalten und an der Person des Spitzenkandidaten und weniger an innerparteilichen Bemühungen zur Frauenförderung: Dass rote, grüne und schwarze Paritäts-Kampfgruppen das nicht wahrhaben wollen, steht auf einem anderen Blatt.
3. Wochenbettdepressionen nach der Geburt sind nicht allein Frauensache. Erstaunlich viele Männer sind davon betroffen.
4. In Dänemark gilt die Wehrpflicht zukünftig auch für Frauen.
5. "Nach Sex-Affären mit zwei Justiz-Mitarbeiterinnen: Knast-Casanova zwangsverlegt" titelt die Bildzeitung in einer selbst für "Bild"-Verhältnisse selten beknackten Schlagzeile, als ob die armen Mitarbeiterinnen unter der hypnotischen Wirkung des Häftlings gar nicht anders könnten, als mit ihm Sex zu haben. Man wartet jetzt eigentlich nur noch auf eine Schlagzeile wie "Nach Sex-Affären mit zwei Lehrerinnen: Grundschul-Casanova zwangsversetzt".
Zur Klarstellung ein wenig Hintergrund: In Deutschland ist es Justizmitarbeiterinnen und -mitarbeitern untersagt, sexuelle oder romantische Beziehungen zu Häftlingen zu führen. Solche Beziehungen verstoßen gegen das sogenannte Distanzgebot, welches eine Kernpflicht von Bediensteten im Strafvollzug darstellt. Dieses Gebot soll die professionelle Distanz wahren und das Vertrauen in die Justiz sowie die Sicherheit des Strafvollzugs gewährleisten. Verstöße gegen diese Pflicht können schwerwiegende dienstrechtliche Konsequenzen haben, einschließlich der Entfernung aus dem Dienst. Darüber hinaus regelt § 174a StGB den sexuellen Missbrauch von Gefangenen oder verwahrten Personen. Dieser Paragraph schützt Häftlinge vor sexuellen Handlungen, die durch Ausnutzung eines Machtverhältnisses entstehen könnten. Auch wenn eine Beziehung einvernehmlich erscheint, wird sie rechtlich als problematisch angesehen, da Häftlinge sich oft nicht frei von der Einflussnahme des Justizpersonals lösen können.
6. Eine isländische Ministerin, von der jetzt bekannt wurde, dass sie vor 30 Jahren ein Kind mit einem Teenager hatte, ist deshalb von ihrem Amt zurückgetreten.
7. Die Post. Gestern war die Netflix-Serie "Adolescence" Thema auf Genderama. Ich bin gestern Abend erst dazu gekommen, mir die ersten beiden Folgen (von insgesamt vier) anzuschauen. Filmisch ist die Serie sehr gut gemacht. Einer meiner Leser, der sie schon komplett gesehen hat, schreibt mir dazu:
Lieber Arne,
ich danke dir für die Besprechung der Netflix-Serie Adolescence. Sie lässt aber meines Erachtens einen ganz wichtigen Aspekt außer Acht bzw. die Zeitungsartikel, die du anführst, stellen die Herleitung der Tat schlicht falsch dar (na ja, kein Wunder bei taz, SZ etc.): Meiner Meinung nach ist die Serie definitiv keine Erzählung über toxische Männlichkeit, sondern über die Probleme des Heranwachsens („Adolescence“), nur eben zur Abwechslung mal das Heranwachsen eines jungen Mannes: existenzielle Angst, der eigene Platz in der Welt, Liebe, Anerkennung, Selbstwertgefühl.
In der Serie kommt nämlich deutlich zur Sprache, dass der Junge von dem Mädchen, das er mit mehreren Messerstichen tötet, übel gemobbt wurde und er sich noch dazu als Versager fühlt (nicht stark, nicht groß, nicht klug), nicht nur ihr gegenüber. Er ist ein junger Mann mit wenig oder keinem Selbstwertgefühl, der von den (bleibt unausgesprochen: jungenfeindlichen) Erzählungen seiner Umwelt geprägt wurde. An keiner Stelle wird hingegen gesagt, dass er sich an Andrew Tate, an Pornos oder an anderen üblichen verdächtigen Handlungsweisen orientiert hätte. Sie kommen nur beiläufig zur Sprache, wahrscheinlich um sie als Aspekte im Themenkomplex zu erwähnen.
Ich bin aber überzeugt, dass sie die Tat des Jungen nicht beeinflusst haben, sondern ganz deutlich sein schlechtes Selbstwertgefühl und das boshafte Verhalten des Mädchens. Zudem ist die Hauptfigur psychisch auffällig – was bei Attentaten der jüngeren Vergangenheit mit Migrationshintergrund oder bei den sogenannten Frauenmorden auch oft der Fall ist –, obwohl nicht ganz klar wird, ob diese psychische Auffälligkeit nicht eine Folge der Abspaltung der Tat von der eigenen Person ist (Dissoziation?). Die Hauptfigur ist wohl ein weißer Junge aus der englischen Arbeiterklasse, aber dass er ein Messer bei sich trägt, als er das Mädchen trifft, kann auch als Anspielung auf die Messerattentate der letzten Jahre durch Migranten gelesen werden (England unterscheidet sich hier wohl nicht sehr von Deutschland).
Die Serie ist also ganz, ganz einfach als das zu lesen, was sie darstellt: Die Verlorenheit junger Männer in einer Gesellschaft, die sie aufgegeben hat und in die sie keine Hoffnung haben, weil sie von dieser Gesellschaft (Mädchen/Frauen/Feminismus) verstoßen werden, noch bevor sie irgendetwas falsch gemacht haben. Das müssen junge Männer eben erst begreifen (durch Schmerz?): die Einsamkeit, das auf sich selbst Zurückgeworfensein, die Illusion der Liebe, die eigene Verletzlichkeit.
Ist aber nicht erstaunlich, dass die deutsche Medienlandschaft es wieder schafft, eine sehr offensichtliche Lesart so zu verdrehen, dass sie zu einer misandrischen Erzählung über angebliche toxische Männlichkeit wird. (Nichts und niemand darf die feministische Verschwörungstheorie stören.) Was aber ist an Verzweiflung, Einsamkeit, Verlorenheit, Schmerz … toxisch? In meinen Augen muss die Serie genau so gelesen werden: Bedenkt die Gefahr, die (für Mädchen und Frauen?) entsteht, wenn wir mit unseren Jungen weiterhin so mies umgehen. Darum gibt es auch eine sehr lange Szene, in der der Vater sich den Kopf zerbricht, was er wohl in der Erziehung falsch gemacht haben könnte. Diese Serie ist ein Appell, kein Vorwurf!
Ich bin zufällig auf die Serie gestoßen und wurde von Beginn an in ihren Bann gezogen. Sie ist wirklich sehr gut gemacht und die schauspielerischen Leistungen sind atemberaubend (neben der Kameraführung). Weil ich wusste, dass die Serie wieder misandrisch ausgelegt werden würde, wollte ich sie erst schlecht bewerten. Aber ich habe sie dann doch sehr gut bewertet, weil sie gut gemacht ist und eine sehr spannende Erzählung liefert – ganz egal, ob mir nun die Interpretation gefällt oder nicht.