"Neuauflage des Prozesses gegen Harvey Weinstein: Das Ende von MeToo?"
1. "Neuauflage des Prozesses gegen Harvey Weinstein: Das Ende der MeToo-Bewegung?" titelt besorgt der Tagesspiegel. Weinsteins Anwalt rechne jetzt mit einem Freispruch. Dessen Verurteilung kam nämlich nach einem Verfahrensfehler zustande: Der vorsitzende Richter hatte es dem Gericht erlaubt, auch Zeugen zu befragen, deren Aussagen sich nicht auf die zu verhandelnden Anklagepunkte bezogen. Ebenfalls problematisch: Zwei der Frauen, die angeblich von Weinstein vergewaltigt worden waren, hatten danach noch einvernehmlichen Sex mit ihm.
Im neuen Prozess gibt es jetzt Maßnahmen, um Vorverurteilungen zu vermeiden – worüber der Tagesspiegel so berichtet:
Vor Gericht sind zum Beispiel die Worte "Überlebende" für die betroffenen Frauen und "Gewalt" untersagt – vorgeblich, um den Prozess zu entemotionalisieren. Dabei waren beide Begriffe eine Errungenschaft der MeToo-Bewegung: Frauen wollten keine machtlosen Opfer mehr sein, sexualisierte Gewalt konnte erstmals als solche bezeichnet werden.
"Sexualisierte Gewalt" konnte erstmals 2020 entsprechend bezeichnet werden, dank MeToo? Diese Behauptung ist kühn. Eigentlich geht es der Zeitung offenbar darum, einen ganz anderen Kampf auszufechten:
Trump ist der neue Held in der sogenannte Manosphere, in die der in Rumänien wegen Vergewaltigung und Menschenhandel angeklagte "Männerrechtler" Andrew Tate ebenso gehört wie der rechten Verschwörungstheorien nicht abgeneigte Podcaster Joe Rogan. Rogan hat sich kürzlich auch hoffnungsvoll im Fall Weinstein geäußert: Er sehe die Vorwürfe gegen den Hollywood-Mogul heute in einem anderen Licht.
"Männerrechtler" steht hier in Anführungszeichen, weil nichts darüber bekannt ist, dass sich Tate jemals selbst so bezeichnete, sondern weil das eine Methode fragwürdiger Journalisten war, echte Männerechtler ins Zwielicht zu rücken.
Dass der gesellschaftliche Trend weg von ideologischer Indoktrination geht, liegt dem Tagesspiegel insgesamt schwer im Magen:
Auch in der Filmindustrie ist dieser Backlash schon seit einer Weile zu beobachten. Bereits vor einem Jahr erklärte Disney-Chef Bob Iger, dass man sich wieder mehr auf Unterhaltung konzentrieren möchte und weniger auf "woke" Botschaften.
Das ist der eigentliche Streitpunkt, und das Verfahren gegen Harvey Weinstein ist die Arena, wo diese gesellschaftliche Debatte ausgefochten werden soll. Weinsteins Verurteilung bedeutet in dieser Logik einen Sieg für MeToo und damit diejenigen Opfer sexueller Gewalt, über die Zeitungen wie der Tagesspiegel sprechen, Weinsteins Freispruch bedeutet für MeToo eine Niederlage. Wenn man einen Strafprozess politisch derart überfrachtet, ist es kein Wunder, wenn es zu einem Fehlurteil kommt, weil er nicht ordnungsgemäß abgelaufen ist.
2. Dazu passt ein aktuelles Grichtsurteil aus Deutschland:
Nach einer sexuellen Belästigung auf einer Rolltreppe hat eine junge Frau in Kaiserslautern den übergriffigen Mann erstochen – nun hat ein Gericht die 21-Jährige deswegen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Im Prozess wegen des tödlichen Messerstichs im Hauptbahnhof verurteilte das Landgericht Kaiserslautern die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.
~ Schlimm genug, dass man die Täterin überhaupt mit einem Gerichtsprozess behelligt hat. ~
3. Der "Merkur" berichtet über einen Desertur aus der Ukraine:
Es gibt viele wie ihn, Männer, die das Kämpfen leid sind, die keinen anderen Ausweg sehen als die Flucht. In der Ukraine sollen Verfahren gegen rund 100.000 Soldaten laufen, die seit Kriegsbeginn unerlaubt die Truppe verlassen haben. Eine gewaltige Zahl, die in Wahrheit noch deutlich höher sein dürfte. "Auch über mich gibt es jetzt eine Kriminalakte", sagt Alex. Zu Hause in der Ukraine sucht man nach ihm.
Auf "Fahnenflucht" stehen in der Ukraine mehrere Jahre Haft.
4. Genderama hatte bereits berichtet, dass die angebliche Nachricht, eine Transsexuelle habe zwei Männer sexuell missbraucht, eine Falschmeldung war. "Am Donnerstag musste die Bild-Zeitung einräumen, eine komplette Artikelserie quasi herbeifantasiert zu haben", berichtet T-Online: "Es war alles erfunden, von Anfang bis Ende." Nicht nur bei T-Online fragt man sich jetzt, wie es überhaupt zu dieser bizarren Verleumdung kommen konnte. Wenn derartige Phantasiegeschichten in Leitmedien veröffentlicht werden und später auffliegen, schadet das allen Männern, die sexuelle Gewalt erleiden und denen wegen ihres Geschlechts niemand glaubt.
5. Auch die kanadische Hochschullehrerin und Professorin Janice Fiamengo hat inzwischen "Adolescence" gesehen und besprochen. Ein Auszug:
Die Serie geht auf keines der tatsächlichen Probleme ein, mit denen Jungen heute konfrontiert sind, wie z. B. die Abwesenheit des Vaters, schlechte Bildungs- und Berufsaussichten, hohe Drogenmissbrauchs- und Selbstmordraten oder das sadistische Versprechen der Kultur, dass "die Zukunft weiblich ist". Die Grausamkeit des ermordeten Mädchens wird als Einzelfall dargestellt, dem nur ein Frauenfeind die Schuld geben würde, während die tatsächliche Einsamkeit und Sehnsucht der Jungen nach Bestätigung nicht ernsthaft thematisiert wird.
Tatsächlich wendet sich "Adolescence" vehement gegen die Vorstellung, dass das britische Justiz- oder Bildungssystem oder irgendetwas in der britischen Gesellschaft einen Jungen aus der Arbeiterklasse wie Jamie im Stich lassen könnte. Im Gegenteil, die Serie betont den Anstand und das Mitgefühl derjenigen, die mit Jamies Fall zu tun haben. "Ich hasse Jugendstrafsachen", sagt die psychologische Gutachterin, eine freundliche Frau, als Jamie zum ersten Mal verhaftet und auf die Polizeiwache gebracht wird. "Niemand mag sie", sagt der Zulassungsbeamte (vielleicht die einzige respektable weiße männliche Figur in der Serie, in einer kleinen Rolle). Hier gibt es keine politischen Interessen, keine feige Gleichgültigkeit, keine plumpe politische Korrektheit. Wir müssen sogar für die allgegenwärtigen britischen Überwachungskameras dankbar sein.
(…) Alle schlechten oder schwachen Charaktere sind weiß und männlich, von dem Schuljungen, der nicht versucht, seine unbeholfene Freude über die Nachricht von dem Mord zu verbergen, über den Klassentrottel, der grunzende Geräusche von sich gibt, wenn die beiden Detektive die Schule besuchen, bis hin zu dem von Akne gezeichneten Funktionär in Jamies Haftanstalt, der, bedürftig und einschmeichelnd, aber mit einem Hauch von Anmaßung, seine Augen nicht von der hübschen jungen Psychologin lassen kann. Die wiederum bemerkt zwar seinen räuberischen Blick, ist aber nur darauf bedacht, ihre Arbeit mit der üblichen Gewissenhaftigkeit zu erledigen.
Die übliche Rollenverteilung nach Geschlecht und Hautfarbe also. Jamie, der Junge, ist nur ein Vertreter dieser insgesamt minderwertigen Gruppe:
Die Serie endet mit Jamies Vater, der seiner Frau und seiner Tochter mit seinem Temperament das Leben zur Hölle macht, was sich zu Beginn der vierten Folge entlädt, als jemand zu seinem 50. Geburtstag "Pedo" auf seinen Van sprüht. Er hat eine seltsame Begegnung mit einem jungen Mann in einem Baumarkt - der seine Unterstützung für Jamie wie ein Incel zum Ausdruck bringt - und verprügelt einen Jungen auf dem Parkplatz, bevor er die gekaufte Farbe auf seinen Van wirft. Die Mutter und die Tochter sind in seiner Wut gefangen und können weder ihn noch sich selbst befreien.
Als er und seine Frau danach in ihrem Haus sitzen und darüber sprechen, ob sie Jamies Gewalttätigkeit irgendwie hätten verhindern können, erfahren wir, dass der Vater von seinem Vater, der ihn immer geschlagen hat, zu dem gemacht wurde, was er ist. Er hat sich geschworen, seiner Familie so etwas nie anzutun - und er hat es auch nicht getan -, aber seine Wut verängstigt und verunsichert sie dennoch.
Die Frauen und Mädchen in "Adolescence" haben keine ähnlichen Probleme mit Gewalt oder Wut. Jamies Mutter und Schwester sind traurig, nicht wütend, und sie sind in erster Linie damit beschäftigt, den Vater zu trösten und zu beschützen. Die Mutter weint ihre Tränen im Geheimen, um ihn nicht zu belasten. Die Serie zeigt, dass Frauen ihr Bestes tun, um die unberechenbare Gewalt ihrer Männer in den Griff zu bekommen und zu zähmen, aber sie schaffen es nicht allein. Jamies Mutter hat vielleicht sogar Angst, ihrem Mann die Rolle einzugestehen, die sein "schreckliches Temperament" bei der Beeinflussung Jamies gespielt haben könnte. "Sag das nicht!", reagiert der Vater verletzt, als sie es erwähnt. "Ich habe ihm das nicht gegeben, oder? Oder?", und sie weicht zurück: "Nein."
Es ist an der Zeit, dass wir alle aufhören, Männer zu belügen, wenn es um den Schaden geht, den sie anrichten, schlägt die Serie vor.
Die Sorge des Tagesspiegels, mit der politichen Indoktrination in Filmen und Serien könne allmählich Schluss sein, erweist sich als unbegründet.
6. Die Post. Einer meiner Leser schrieb mir über Ostern:
Hallo Arne,
heute gab es bei Spiegel-Online unter dem Titel "So eine Schach-WM gab es seit fast 70 Jahren nicht" einen Artikel über die Schach-WM der Frauen. Die weltbeste Spielerin, die allerdings nicht mitgespielt hatte, steht auf Weltranglistenplatz 103. Dazu fragt der Spiegel gegen Ende des Artikels:
"Warum steht keine Frau in den Top 100?"
Die Antwort, die der Artikel gibt, ist bezeichnend. Ich zitiere das mal komplett:
--- "Im Durchschnitt haben Frauen dieselben Schachfähigkeiten wie Männer", sagte der Mathematiker Christian Hesse dem SPIEGEL. Das Bild der Weltrangliste ergibt sich Hesse zufolge aus der Gauß’schen Normalverteilung. Es spielen einfach viel mehr Männer als Frauen Schach, in Deutschland liegt das Verhältnis etwa bei 10:1. Dabei trete ein Effekt ein, der die deutlich größere Gruppe begünstige. Wenn zehnmal so viele Männer wie Frauen Schach spielen, sei es statistisch erwiesen, dass die »extremen Positionen« – also die besten und die schlechtesten Ergebnisse – von Männern erreicht würden. ---
Bei gleichen Verteilungen und bei einem Frauenanteil von 9% im Schach würde man statistisch auch 9 Frauen unter den Top 100 erwarten. Diese Erklärung im Artikel beantwortet die Frage leider nicht. Tatsächlich gibt es nur eine Erklärung dafür: die Standardabweichung ist bei Frauen kleiner. Wenn dieser Mathematiker explixit das Phänomen mit der Gaußverteilung erklärt hat, ist es nahezu unmöglich, dass er nicht auf die unterschiedlichen Standardabweichungen hingewiesen hat. Aber das scheint der Spiegel-Redaktion ja ziemlich unangenehm zu sein, denn das würde bedeuten, dass es auch bei einem Frauenanteil von 50% unter allen Schachspielern in der Spitzengruppe deutlich mehr Männer als Frauen gäbe. Lieber sollen die Leser mathematischen Unsinn glauben, als die permanent behauptete Frauendiskriminierung zu beweifeln. Das hat schon Orwell'sche Züge.
7. Mehr Post. Ein weiterer Leser schrieb mir zu der Äußerung von Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, Kinder würden nicht mehr von afghanischen Attentätern ermordet als von deutschen Vätern:
Iin keinem Kommentar dazu habe ich etwas gelesen wie "wenn sie von der Frage in diese Richtung ablenkt, hätte sie korrekter Weise erwähnen sollen, dass Kinder in Deutschland nahezu zwei mal häufiger von ihren Müttern als von ihren Vätern getötet werden."
Meine kurze Recherche hierzu war eine Anfrage bei der KI von Whatsapp:
> Wie ist das Verhältnis von Vätern zu Müttern bei der Beurteilung der Frage, von wem Kinder in Familien getötet werden?
> Laut verschiedenen Studien und Statistiken werden Kinder in Familien häufiger von Müttern getötet als von Vätern. Ein Beispiel dafür ist eine Studie des Bundeskriminalamtes (BKA) in Deutschland, die ergab, dass zwischen 2003 und 2012 in etwa 55% der Fälle von Kindstötungen die Mutter als Täterin identifiziert wurde, während in etwa 31% der Fälle der Vater als Täter identifiziert wurde.
Eine andere Studie, die von der American Academy of Pediatrics durchgeführt wurde, ergab ähnliche Ergebnisse. Laut dieser Studie wurden zwischen 1976 und 2007 in den USA etwa 53% der Kindstötungen von Müttern begangen, während etwa 42% von Vätern begangen wurden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Statistiken nicht bedeuten, dass Mütter generell gefährlicher für ihre Kinder sind als Väter. Es gibt viele Faktoren, die zu Kindstötungen beitragen können, wie zum Beispiel psychische Probleme, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, finanzielle Probleme oder eine Geschichte von Gewalt in der Familie.
Es ist auch wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass Kindstötungen ein sehr seltenes Verbrechen sind und dass die meisten Eltern ihre Kinder lieben und beschützen.
> Warum hört man über dieses Zahlenverhältnis so wenig, im Gegensatz zu Ffemiziden?
> Das ist eine gute Frage. Es gibt mehrere Gründe, warum das Zahlenverhältnis von Kindstötungen durch Mütter und Väter weniger bekannt ist als das Thema Femizide:
1. Medienberichterstattung: Die Medien berichten oft über Femizide, weil es ein sehr emotional und schockierendes Thema ist. Die Berichterstattung über Kindstötungen ist jedoch oft weniger ausführlich und wird oft als "Einzelfall" dargestellt.
2. Öffentliche Wahrnehmung: Die öffentliche Wahrnehmung ist oft davon geprägt, dass Frauen Opfer von Gewalt sind, während Männer als Täter wahrgenommen werden. Dies kann dazu führen, dass das Thema Kindstötungen durch Mütter weniger beachtet wird.
3. Feministische Diskurse: Die feministische Bewegung hat sich stark für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eingesetzt und das Thema Femizide in den Vordergrund gestellt. Dies ist wichtig und notwendig, aber es kann auch dazu führen, dass andere Formen von Gewalt, wie Kindstötungen durch Mütter, weniger beachtet werden.
4. Stigmatisierung: Die Stigmatisierung von Müttern, die ihre Kinder töten, kann dazu führen, dass das Thema weniger diskutiert wird. Die Gesellschaft hat oft Schwierigkeiten, mit dem Gedanken umzugehen, dass Mütter ihre Kinder töten können.
Es ist jedoch wichtig, dass wir alle Formen von Gewalt und Missbrauch ansprechen und bekämpfen, unabhängig davon, wer die Täter oder Opfer sind.