Mittwoch, Oktober 22, 2025

Die große Feminisierung

Im US-amerikanischen Magazin Compact, das sich auf eine sozialdemokratische Tradition bezieht, hat die Journalistin Helen Andrews dieser Tage einen Beitrag über "die große Feminisierung" veröffentlicht. Was sie damit meint, erklärt sie in ihrem Debattenbeitrag, bei dem ich auch eine Veröffentlichung auf deutsch sinnvoll finde. (Die Vorstellung, eine deutsche sozialdemokratische Zeitschrift könnte diesen Aufsatz veröffentlichen, ist allerdings absurd.)



2019 las ich einen Artikel über Larry Summers und Harvard, der meine Sicht auf die Welt veränderte. Der Autor, der unter dem Pseudonym "J. Stone" schrieb, vertrat darin die These, dass der Tag, an dem Larry Summers als Präsident der Harvard University zurücktrat, einen Wendepunkt in unserer Kultur markierte. Die gesamte "woke" Epoche lasse sich aus diesem Moment ableiten – aus den Umständen seiner öffentlichen Ächtung und vor allem aus der Frage, wer sie betrieb: Frauen.

Die Grundzüge der Affäre um Summers waren mir bekannt. Am 14. Januar 2005 hielt er auf einer Konferenz zum Thema "Diversifying the Science and Engineering Workforce" einen Vortrag, der eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Darin äußerte er, dass die geringere Präsenz von Frauen in den Naturwissenschaften teilweise auf "unterschiedliche Begabungsverteilungen im oberen Leistungsbereich" zurückzuführen sei – sowie auf unterschiedliche Interessen zwischen Männern und Frauen, die nicht bloß durch gesellschaftliche Prägung erklärbar seien. Einige der anwesenden Professorinnen fühlten sich durch seine Aussagen beleidigt und gaben sie entgegen der Absprache an eine Journalistin weiter. Der daraufhin ausgelöste Skandal führte zu einem Misstrauensvotum der Harvard-Fakultät und schließlich zu Summers’ Rücktritt.

Der Essay argumentierte, dass Frauen den Präsidenten von Harvard nicht nur gestürzt hätten – sondern dies auf eine sehr weibliche Weise taten. Sie setzten auf emotionale Appelle statt auf logische Argumente. "Als er begann, über angeborene Unterschiede in der Begabung zwischen Männern und Frauen zu sprechen, konnte ich kaum atmen, weil mich solche Vorurteile körperlich krank machen", sagte die Biologin Nancy Hopkins vom MIT. Summers veröffentlichte daraufhin eine Erklärung zur Klarstellung seiner Aussagen, dann eine weitere und schließlich noch eine dritte, jedes Mal mit eindringlicherem Ton. Fachleute meldeten sich zu Wort und erklärten, dass alles, was Summers gesagt hatte, im Rahmen des wissenschaftlichen Mainstreams lag. Diese sachlichen Einwände zeigten jedoch keinerlei Wirkung auf die aufgeheizte Stimmung.

Diese "Cancel Culture" sei weiblich, argumentierte der Essay, weil jede Form des Cancelns weiblich sei. Cancel Culture sei schlicht das, was Frauen tun, sobald sie in einer Organisation oder einem Berufsfeld zahlreich genug vertreten sind. Das ist die sogenannte "These der großen Feminisierung", die derselbe Autor später in einem Buch ausführlich darlegte: Alles, was man heute als "Wokeness" bezeichnet, sei lediglich ein Begleitphänomen demografischer Feminisierung.

Die Erklärungskraft dieser einfachen These war verblüffend. Sie schien tatsächlich die Eigenarten unserer Zeit zu entschlüsseln. Wokeness sei keine neue Ideologie, kein Ableger des Marxismus und auch keine Folge von Ernüchterung nach der Obama-Ära. Es handle sich schlicht um weibliche Verhaltensmuster, die auf Institutionen angewandt werden, in denen Frauen bis vor Kurzem kaum vertreten waren. Wie konnte mir das zuvor entgehen?

Vermutlich, weil ich – wie die meisten Menschen – Feminisierung als etwas betrachte, das längst in der Vergangenheit liegt, vor meiner Geburt. Wenn wir etwa an Frauen im juristischen Bereich denken, fallen uns die erste Frau ein, die eine juristische Fakultät besuchte (1869), die erste, die vor dem Supreme Court ein Plädoyer hielt (1880), oder die erste Richterin am Supreme Court (1981).

Ein viel bedeutenderer Wendepunkt war jedoch erreicht, als an den juristischen Fakultäten erstmals mehr Frauen als Männer studierten – das war 2016 – und als die Mehrheit der jungen Anwälte in Kanzleien weiblich wurde, was 2023 geschah. Als Sandra Day O’Connor an den Obersten Gerichtshof berufen wurde, waren nur fünf Prozent aller Richter Frauen. Heute stellen Frauen 33 Prozent der Richter in den USA und 63 Prozent derjenigen, die Präsident Joe Biden ernannt hat.

Ein ähnlicher Verlauf lässt sich in vielen Berufen beobachten: eine Pioniergeneration von Frauen in den 1960er- und 1970er-Jahren, ein stetiger Anstieg des Frauenanteils in den 1980ern und 1990ern und schließlich das Erreichen des zahlenmäßigen Gleichgewichts – zumindest in den jüngeren Jahrgängen – in den 2010er- oder 2020er-Jahren. 1974 waren nur 10 Prozent der Reporterinnen und Reporter der New York Times weiblich. 2018 wurde die Redaktion mehrheitlich weiblich, heute liegt der Anteil bei 55 Prozent.

Die medizinischen Fakultäten erreichten 2019 eine weibliche Mehrheit. Im selben Jahr stellten Frauen erstmals die Mehrheit der landesweit hochgebildeten Erwerbstätigen. 2023 wurden sie auch zur Mehrheit unter den Hochschullehrenden. In Führungspositionen in den USA stellen Frauen zwar noch keine Mehrheit, liegen aber mit 46 Prozent bereits nah daran. Das zeitliche Muster passt also: Der Aufstieg der sogenannten Wokeness fiel in die Jahre, in denen viele einflussreiche Institutionen demografisch von männlich dominiert zu weiblich geprägt wurden.

Auch inhaltlich ergibt sich ein Zusammenhang. Alles, was man mit Wokeness verbindet, bedeutet eine Vorrangstellung weiblicher Werte gegenüber männlichen: Empathie vor Rationalität, Sicherheit vor Risiko, Zusammenhalt vor Wettbewerb. Andere Autoren, die eigene Varianten der These von der "großen Feminisierung" formulierten – etwa Noah Carl oder Bo Winegard und Cory Clark, die sich mit deren Auswirkungen auf die Wissenschaft beschäftigten – stützten sich auf Umfragen, die deutliche Unterschiede in den politischen Grundhaltungen der Geschlechter zeigen. Eine dieser Erhebungen ergab zum Beispiel, dass 71 Prozent der Männer den Schutz der freien Meinungsäußerung wichtiger fanden als gesellschaftlichen Zusammenhalt, während 59 Prozent der Frauen das Gegenteil angaben.

Die entscheidenden Unterschiede betreffen jedoch nicht Einzelpersonen, sondern Gruppen. Einzelne Menschen sind individuell und es gibt täglich Ausnahmen, die jedes Klischee widerlegen – doch Gruppen von Männern und Frauen zeigen über längere Zeiträume hinweg beständige Unterschiede. Statistisch betrachtet ist das plausibel: Eine zufällig ausgewählte Frau kann größer sein als ein zufällig ausgewählter Mann, aber in einer Gruppe von zehn zufälligen Frauen ist es höchst unwahrscheinlich, dass deren Durchschnittsgröße über der von zehn zufälligen Männern liegt. Je größer die Gruppe, desto stärker nähern sich ihre Merkmale dem Durchschnitt an.

Weibliche Gruppendynamik begünstigt Konsens und Kooperation. Männer geben einander Anweisungen, Frauen hingegen schlagen vor und versuchen zu überzeugen. Kritik oder negative Einschätzungen müssen, wenn sie überhaupt geäußert werden, sorgfältig in Freundlichkeit eingebettet sein. Wichtiger als das Ergebnis einer Diskussion ist, dass sie stattgefunden hat und alle beteiligt waren. Der zentrale geschlechtsspezifische Unterschied in Gruppendynamiken betrifft die Haltung zu Konflikten: Männer tragen Konflikte offen aus, während Frauen dazu neigen, Gegner verdeckt zu unterminieren oder auszugrenzen.

Die Journalistin Bari Weiss beschrieb in ihrem Rücktrittsschreiben an die New York Times, wie Kollegen sie in internen Slack-Nachrichten als Rassistin, Nazi und Fanatikerin bezeichneten – und, wie sie betonte, der "weiblichste" Aspekt sei gewesen, dass Mitarbeitende, die als ihr gegenüber freundlich galten, von anderen schikaniert wurden. Weiss hatte einmal eine Kollegin aus der Meinungsredaktion eingeladen, mit ihr einen Kaffee zu trinken. Die Journalistin, eine Frau mit gemischtem ethnischem Hintergrund, die häufig über Rassismus schrieb, lehnte ab. Offensichtlich war das ein Bruch elementarer beruflicher Umgangsformen – und, so der Essay, ein typisch weibliches Verhalten.

Männer seien im Allgemeinen besser darin, Dinge voneinander zu trennen, während Wokeness in vieler Hinsicht ein gesellschaftsweites Versagen eben dieser Trennung darstelle. Früher konnte ein Arzt persönliche politische Überzeugungen haben, hielt es aber für seine berufliche Pflicht, diese außerhalb des Behandlungszimmers zu lassen. Inzwischen, da die Medizin weiblicher geprägt sei, tragen Ärzte Anstecknadeln oder Schlüsselbänder, die ihre Haltung zu umstrittenen Themen – von LGBTQ-Rechten bis zu Gaza – zum Ausdruck bringen. Mitunter nutzten sie sogar das Ansehen ihres Berufs, um politische Moden zu stützen, etwa als manche Mediziner erklärten, die Black-Lives-Matter-Proteste dürften trotz der Corona-Beschränkungen weitergehen, da Rassismus ein Problem der öffentlichen Gesundheit sei.

Ein Buch, das half, diese Zusammenhänge zu verstehen, war Warriors and Worriers: The Survival of the Sexes der Psychologin Joyce Benenson. Sie vertritt die These, dass Männer Gruppendynamiken entwickelten, die auf Krieg ausgerichtet sind, während Frauen Verhaltensmuster entwickelten, die dem Schutz ihrer Kinder dienen. Diese uralten, in der Frühgeschichte entstandenen Gewohnheiten erklären, warum Forscher in einem modernen psychologischen Experiment – das Benenson zitiert – beobachteten, dass Männer, die gemeinsam eine Aufgabe erhielten, um Redezeit wetteiferten, einander lautstark widersprachen und anschließend gut gelaunt eine Lösung präsentierten. Eine Gruppe von Frauen, die dieselbe Aufgabe bekam, fragte dagegen höflich nach dem persönlichen Hintergrund der anderen, suchte viel Blickkontakt, lächelte und wechselte sich regelmäßig ab – schenkte der eigentlichen Aufgabe jedoch wenig Beachtung.

Der Sinn des Krieges besteht darin, Konflikte zwischen zwei Gruppen zu entscheiden – und das funktioniert nur, wenn danach wieder Frieden einkehrt. Männer entwickelten deshalb Strategien, um sich mit Gegnern zu versöhnen und mit jenen in Frieden zu leben, mit denen sie gestern noch kämpften. Weibchen – selbst bei anderen Primatenarten – zeigen sich in der Regel weniger versöhnlich. Das liegt daran, dass die Konflikte von Frauen traditionell innerhalb der eigenen Gemeinschaft stattfanden, meist um begrenzte Ressourcen. Diese Auseinandersetzungen wurden nicht offen, sondern verdeckt ausgetragen – ohne klaren Abschluss.

All das passte zu meinen eigenen Beobachtungen von Wokeness. Doch die anfängliche Begeisterung über eine neue Erklärung wich bald einem unguten Gefühl. Wenn Wokeness tatsächlich das Resultat der großen Feminisierung ist, dann war der Ausbruch kollektiver Verwirrung im Jahr 2020 nur ein Vorgeschmack auf das, was noch bevorsteht. Man stelle sich vor, was geschieht, wenn die verbliebenen Männer in den prägenden gesellschaftlichen Berufen in den Ruhestand gehen und die jüngeren, stärker feminisierten Generationen die vollständige Kontrolle übernehmen.

Die Gefahr, die von Wokeness ausgeht, kann je nach Bereich unterschiedlich groß sein. Es ist bedauerlich, dass die geisteswissenschaftlichen Fakultäten inzwischen vollständig feminisiert sind, doch die meisten Menschen bekommen das im Alltag kaum zu spüren. Andere Bereiche sind entscheidender. Man muss kein Journalist sein, um in einem Land zu leben, in dem das, was in der New York Times steht, den öffentlichen Rahmen für das bestimmt, was als Wahrheit gilt. Wenn diese Zeitung zu einem Ort wird, an dem die Meinung der eigenen Gruppe unbequeme Fakten unterdrücken kann – stärker noch als bisher –, betrifft das alle.

Das Feld jedoch, das mir die größte Sorge bereitet, ist das Rechtssystem. Wir alle sind auf seine Funktionsfähigkeit angewiesen, und, um es deutlich zu sagen: Die Herrschaft des Rechts wird nicht bestehen, wenn die juristische Profession mehrheitlich weiblich wird. Rechtsstaatlichkeit bedeutet nicht nur, Regeln niederzuschreiben, sondern ihnen auch dann zu folgen, wenn das Ergebnis emotional schwerfällt oder der eigenen Sympathie für eine Seite widerspricht.

Ein feminisiertes Rechtssystem, so die Argumentation, könnte jenen Sondergerichten ähneln, die im Jahr 2011 unter Präsident Obama im Rahmen des Antidiskriminierungsgesetzes Title IX an Universitäten zur Ahndung sexueller Übergriffe eingerichtet wurden. Diese Verfahren folgten zwar einem schriftlich festgelegten Regelwerk und ließen sich daher formal als Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit bezeichnen, doch es fehlten ihnen viele der zentralen Schutzmechanismen, die das eigentliche Rechtssystem garantieren sollte – etwa das Recht, der eigenen Anklägerin gegenüberzutreten, das Recht zu erfahren, welcher konkreten Tat man beschuldigt wird, und das grundlegende Prinzip, dass Schuld auf überprüfbaren Tatsachen beruhen muss, nicht auf nachträglichen Gefühlen einer der beteiligten Personen. Diese Sicherungen wurden, so der Vorwurf, abgeschafft, weil diejenigen, die die Regeln formulierten, mit den Anklägerinnen – meist Frauen – sympathisierten und nicht mit den Beschuldigten – überwiegend Männern.

Diese beiden Rechtsauffassungen prallten besonders deutlich bei den Anhörungen zur Bestätigung von Brett Kavanaugh als Richter am Supreme Court aufeinander. Die "männliche" Position lautete, dass Christine Blasey Ford ohne konkrete Beweise dafür, dass sie und Kavanaugh jemals im selben Raum waren, seine Karriere nicht durch ihre Anschuldigungen zerstören dürfe. Die "weibliche" Haltung dagegen sah in ihrer emotionalen Reaktion selbst eine Form von Glaubwürdigkeit, die der Senatsausschuss respektieren müsse.

Sollte die juristische Profession mehrheitlich weiblich werden, werde sich, so die Befürchtung, die Denkweise solcher Title IX-Tribunale und der Kavanaugh-Anhörungen ausbreiten. Richterinnen würden die Regeln zugunsten bestimmter Gruppen dehnen und gegenüber anderen besonders streng anwenden – etwas, das bereits jetzt in beunruhigendem Maß vorkomme. In den 1970er-Jahren konnte man noch annehmen, dass eine stärkere Beteiligung von Frauen im juristischen Bereich nur geringe Auswirkungen hätte. Diese Annahme, schließt der Text, lasse sich heute nicht mehr aufrechterhalten: Die Veränderungen werden tiefgreifend sein.

Merkwürdigerweise herrscht auf beiden Seiten des politischen Spektrums weitgehend Einigkeit darüber, welche Veränderungen bevorstehen – man streitet sich lediglich darüber, ob sie positiv oder negativ zu bewerten sind. Dahlia Lithwick beginnt ihr Buch Lady Justice: Women, the Law, and the Battle to Save America mit einer Szene aus dem Supreme Court des Jahres 2016, während der mündlichen Verhandlung zu einem texanischen Abtreibungsgesetz. Die drei Richterinnen Ginsburg, Sotomayor und Kagan "ignorierten die festgelegten Redezeiten und fielen ihren männlichen Kollegen lebhaft ins Wort". Lithwick feierte dies als "Ausbruch aufgestauter richterlicher Girl Power", der "Amerika einen Vorgeschmack darauf gab, was echte Geschlechterparität oder etwas, das ihr nahekommt, für künftige Frauen in einflussreichen juristischen Institutionen bedeuten könnte".

Lithwick lobt die Richterinnen für ihre respektlose Haltung gegenüber den formalen Regeln des Rechts, die ihrer Ansicht nach ohnehin aus einer Zeit der Unterdrückung und des weißen Machtanspruchs stammen. "Das amerikanische Rechtssystem war im Kern eine Maschine, geschaffen, um wohlhabende weiße Männer zu privilegieren", schreibt sie. "Aber es ist das einzige, das wir haben, also müssen wir damit arbeiten." Wer das Recht als Relikt eines alten Herrschaftssystems betrachtet, wird es zwangsläufig instrumentell einsetzen. Sollte sich diese Haltung im gesamten Rechtssystem durchsetzen, werden die äußeren Strukturen zwar gleich bleiben – doch in Wahrheit hätte eine stille Revolution stattgefunden.

Die "große Feminisierung" sei ein historisch einmaliges Phänomen. Andere Zivilisationen hätten Frauen zwar das Wahlrecht eingeräumt, ihnen Eigentumsrechte zugestanden oder sogar die Thronfolge erlaubt. Doch noch nie in der Menschheitsgeschichte habe eine Gesellschaft Frauen so viele zentrale Institutionen überlassen – von politischen Parteien über Universitäten bis hin zu den größten Wirtschaftsunternehmen. Selbst dort, wo Frauen nicht an der Spitze stehen, prägen sie zunehmend die Unternehmenskultur, sodass selbst ein männlicher Geschäftsführer innerhalb der Grenzen agiert, die seine Personalchefin vorgibt. Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass all diese Institutionen unter diesen völlig neuen Voraussetzungen weiter funktionieren werden. Doch worauf gründet sich diese Annahme eigentlich?

Das Problem liegt nicht darin, dass Frauen weniger talentiert wären als Männer oder dass weibliche Formen des Umgangs objektiv minderwertig seien. Das Problem, so die Argumentation, besteht darin, dass diese Formen des Miteinanders für die Ziele vieler zentraler Institutionen ungeeignet sind. Eine mehrheitlich weibliche Wissenschaft etwa mag bestehen – doch sie wird, wie die bereits heute stark weiblich geprägten Fakultäten zeigen, andere Schwerpunkte setzen als offene Debatte und die unbedingte Suche nach Wahrheit. Und wenn die Wissenschaft die Wahrheit nicht mehr sucht – welchen Sinn hat sie dann? Wenn Journalisten keine eigenwilligen Individualisten mehr sind, die notfalls anecken, welchen Wert hat ihr Beruf dann noch? Und wenn Unternehmen ihren wagemutigen Unternehmergeist verlieren und sich in eine feminisierte, selbstbezogene Bürokratie verwandeln, werden sie dann nicht unweigerlich erstarren?

Falls die große Feminisierung tatsächlich eine Bedrohung für die Zivilisation darstellt, stellt sich die Frage, ob man überhaupt etwas dagegen tun kann. Die Antwort hängt davon ab, wie man ihr Entstehen erklärt. Viele Menschen sehen in ihr ein natürliches Phänomen: Frauen hätten endlich die Chance erhalten, mit Männern zu konkurrieren – und sich schlicht als die Besseren erwiesen. Deshalb, so diese Sichtweise, gibt es heute so viele Frauen in Redaktionen, an der Spitze politischer Parteien und in leitenden Positionen großer Unternehmen.

Der Journalist Ross Douthat beschrieb dieses Denken in einem Gespräch mit Jonathan Keeperman, bekannt unter dem Pseudonym „L0m3z“, einem rechten Verleger, der den Begriff "Longhouse" als Metapher für Feminisierung populär machte. Douthat fragte: "Männer beklagen sich, dass Frauen sie unterdrücken. Ist das sogenannte Longhouse nicht einfach ein langgezogenes männliches Gejammer darüber, dass sie im Wettbewerb nicht gut genug abschneiden? Vielleicht sollten sie sich zusammenreißen und sich endlich den Bedingungen des 21. Jahrhunderts stellen?"

Das ist es, was Feministinnen glauben, doch sie liegen falsch. Feminisierung ist kein organisches Ergebnis davon, dass Frauen Männer übertrumpfen. Sie ist ein künstliches Produkt sozialer Steuerung, und sobald dieser äußere Druck entfällt, würde sie innerhalb einer Generation wieder zusammenbrechen.

Der offensichtlichste "Daumen auf der Waage" ist das Antidiskriminierungsrecht. Es ist illegal, zu wenige Frauen in einem Unternehmen zu beschäftigen. Besonders in höheren Managementebenen kann Unterrepräsentation eine Klage nach sich ziehen. Folglich erhalten Frauen Jobs und Beförderungen, die sie unter normalen Umständen vielleicht nicht bekommen hätten, allein um die gesetzlich geforderte Zahl einzuhalten.

Für Arbeitgeber ist dieses Vorgehen rational, denn die Folgen, es nicht zu tun, können gravierend sein. Texaco, Goldman Sachs, Novartis und Coca-Cola gehören zu den Unternehmen, die wegen Diskriminierungsvorwürfen gegen Frauen in Einstellungs- und Beförderungsverfahren Vergleichszahlungen in Höhe von neunstelligen Beträgen leisten mussten. Kein Manager will derjenige sein, der sein Unternehmen durch eine Diskriminierungsklage 200 Millionen Dollar kostet.

Das Antidiskriminierungsrecht führt faktisch zu einer Feminisierung jedes Arbeitsplatzes. Ein wegweisender Fall von 1991 stellte fest, dass Pin-up-Poster an den Wänden einer Werft eine feindliche Umgebung für Frauen darstellen – und dieser Grundsatz wurde später auf viele Formen männlichen Verhaltens ausgeweitet. Dutzende Unternehmen im Silicon Valley wurden verklagt wegen sogenannter "Frat Boy Culture" oder "toxic Bro Culture", und eine auf solche Fälle spezialisierte Kanzlei wirbt mit Vergleichen zwischen 450.000 und acht Millionen Dollar.

Frauen können ihre Vorgesetzten verklagen, wenn der Arbeitsplatz sich wie ein Studentenverbindungsheim anfühlt – Männer hingegen können nicht klagen, wenn ihr Büro eher wie ein Montessori-Klassenzimmer wirkt. Folgerichtig neigen Arbeitgeber dazu, die Arbeitsumgebung "weicher" zu gestalten. Wenn Frauen also heute in modernen Berufen besser zurechtkommen, liegt das dann wirklich daran, dass sie Männer übertrumpfen? Oder liegt es daran, dass die Regeln so geändert wurden, dass sie begünstigt werden?

Aus der Entwicklung der Feminisierung über die Zeit lassen sich viele Rückschlüsse ziehen. Sobald Institutionen eine 50-50-Aufteilung erreichen, tendieren sie dazu, diese Parität zu überschreiten und zunehmend weiblich zu werden. Seit 2016 ist der Frauenanteil an juristischen Fakultäten jedes Jahr gestiegen; 2024 lag er bei 56 Prozent. Psychologie, einst ein überwiegend männliches Fach, ist heute stark weiblich geprägt: 75 Prozent aller Doktortitel in Psychologie gehen an Frauen. Es scheint einen Kipppunkt zu geben, ab dem Institutionen immer stärker feminisiert werden.

Das sieht nicht nach einer Überlegenheit von Frauen gegenüber Männern aus. Es sieht danach aus, dass Frauen Männer durch die Einführung weiblicher Normen aus ehemals männlich dominierten Bereichen verdrängen. Welcher Mann möchte schon in einem Umfeld arbeiten, in dem seine Eigenschaften nicht geschätzt werden? Welcher selbstbewusste Doktorand würde eine akademische Laufbahn einschlagen, wenn seine Kommilitonen ihn ausgrenzen, sobald er seine Meinungsverschiedenheiten offen ausspricht oder eine kontroverse Position vertritt?

Im September hielt ich auf der National Conservatism Conference eine Rede entlang der Argumentation des Essays. Ich war unsicher, die These der großen Feminisierung in einem so öffentlichen Rahmen zu präsentieren. Selbst in konservativen Kreisen gilt es noch immer als heikel zu behaupten, dass es in bestimmten Bereichen zu viele Frauen gebe oder dass Frauen in großer Zahl Institutionen so verändern könnten, dass diese nicht mehr richtig funktionieren. Ich achtete deshalb darauf, meine Argumentation so neutral wie möglich zu formulieren. Zu meiner Überraschung war die Resonanz überwältigend: Innerhalb weniger Wochen hatte das Video der Rede auf YouTube über 100.000 Aufrufe und wurde zu einer der meistgesehenen Reden in der Geschichte der Konferenz.

Es ist gut, dass Menschen für das Argument empfänglich sind, denn das Zeitfenster, um auf die große Feminisierung zu reagieren, schließt sich. Es gibt Frühindikatoren und Spätindikatoren für Feminisierung, und wir befinden uns derzeit in einer Zwischenphase: Die juristischen Fakultäten sind mehrheitlich weiblich, während die Bundesrichter nach wie vor überwiegend männlich sind. In einigen Jahrzehnten wird der Geschlechterwechsel seinen natürlichen Abschluss erreicht haben. Viele glauben, Wokeness sei vorbei, ausgelöscht durch den "Vibe Shift", also den politischen und kulturellen Stimmungswandel. Doch wenn Wokeness das Ergebnis demografischer Feminisierung ist, wird sie so lange bestehen bleiben, wie sich die demografischen Verhältnisse nicht ändern.

Als Frau selbst bin ich dankbar für die Möglichkeiten, die ich hatte, eine Karriere im Schreiben und Redigieren zu verfolgen. Glücklicherweise bedeutet die Lösung des Feminisierungsproblems nicht, Frauen Türen zu verschließen. Es geht schlicht darum, faire Regeln wiederherzustellen. Derzeit existiert ein nominal an Leistung orientiertem System, in dem es für Frauen aber praktisch unmöglich ist zu scheitern. Machen wir das Einstellungsverfahren wirklich leistungsbezogen – nicht nur auf dem Papier –, und wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Erlauben wir wieder eine männlich geprägte Arbeitskultur. Entfernen wir das Vetorecht der Personalabteilung. Viele werden überrascht sein, wie stark unsere aktuelle Feminisierung auf institutionelle Veränderungen zurückgeht, wie etwa die Einführung von Personalrichtlinien, die durch rechtliche Anpassungen ermöglicht wurden und die sich durch neue Gesetze auch wieder ändern ließen.

Denn schließlich bin ich nicht nur Frau. Ich habe viele kontroverse Meinungen und werde es schwer haben, mich zu entfalten, wenn die Gesellschaft konfliktscheu und konsensorientierter wird. Ich bin Mutter von Söhnen, die ihr Potenzial niemals voll ausschöpfen werden, wenn sie in einer feminisierten Welt aufwachsen müssen. Ich – wir alle – sind auf Institutionen angewiesen wie das Rechtssystem, die wissenschaftliche Forschung und die demokratische Politik, die das amerikanische Lebensmodell stützen; und wir werden alle leiden, wenn diese Institutionen nicht mehr die Aufgaben erfüllen, für die sie geschaffen wurden.




Dienstag, Oktober 21, 2025

"Ich bereue es, Männer herabgewürdigt zu haben. Mit 63 bin ich jetzt allein"

1. Die Journalistin Kate Mulvey zieht Bilanz über ihr Leben:

Ich bin überzeugt, dass der Grund, warum ich mit 63 immer noch allein am Tisch sitze, statt mit einem Partner sesshaft zu sein, darin liegt, dass – wie bei so vielen Frauen meiner Generation – der Feminismus mein Liebesleben zerstört hat. Statt uns zu stärken, hat uns die zweite Welle des Feminismus eingeredet, Ehe und Häuslichkeit seien etwas, das man um jeden Preis meiden müsse, und Männer seien Gegner statt Gefährten. Ich habe zwar eine erfolgreiche Karriere als Autorin und Rundfunksprecherin, aber ich war nie verheiratet, habe keine Kinder, und meine längste Beziehung hielt acht Jahre. Das bereue ich.

Ich hatte mir immer vorgestellt, verheiratet zu sein, zwei wunderbare Kinder zu haben und in einem Haus auf dem Land zu leben. Für meine sogenannte Befreiung habe ich einen hohen Preis gezahlt. Ich war siebzehn und Schülerin an der Godolphin and Latymer – einer der akademisch anspruchsvollsten Schulen Großbritanniens –, als ich mit der Frauenbewegung in Berührung kam. Damals versprach die Bewegung Aufbruch und Begeisterung. In den Mittagspausen sog ich mit meinen Freundinnen die Parolen von Germaine Greer und Betty Friedan auf: "Verhaltet euch wie Männer!", riefen sie, während sie ihre BHs verbrannten und Hausarbeit wie Familie zum Feind erklärten. Mit 25, bewaffnet mit einem Abschluss in Französisch und Italienisch, war ich eine selbstbewusste Feministin, stolz auf meinen Intellekt und entschlossen, keinem Mann das letzte Wort zu lassen.

(…) Männer nannten mich "einschüchternd", "furchteinflößend" und "rechthaberisch". Heute erkenne ich, dass ich nicht nur beweisen wollte, ihrem Intellekt ebenbürtig – oder überlegen – zu sein, sondern dass ich jeden Kontakt mit einem Mann behandelte, als wäre er ein Gegner. Wenn mir jemand Blumen schenkte, lächelte ich nicht und stellte sie ins Wasser, sondern fuhr ihm über den Mund: "Kauf mir lieber ein gutes Olivenöl oder einen schönen Balsamico", sagte ich mit einem genervten Augenrollen zu einem unglücklichen Verehrer, der daraufhin schneller welkte als der Strauß in seiner Hand. Er hatte sich Mühe gegeben, mir eine Freude zu machen – und ich machte ihn fertig dafür.

Ich legte so großen Wert darauf, einen "starken Mann" zu finden, der mir gewachsen war, dass ich vergaß, dass Männer auch nur Menschen mit Gefühlen sind. Mehr noch: Ich vergaß, dass auch ich Gefühle hatte, und versteckte meine Sanftheit. Heute weiß ich, dass ich mir Liebe wünschte, aber zu große Angst hatte, mich verletzlich zu zeigen. Ich benutzte meinen scharfen Verstand, um mein zu empfindliches Herz vor weiterer Zurückweisung zu schützen.




2. In der "Welt" böllert Franziska Zimmerer über eine Seite hinweg gegen Männer. Mehr als drei Viertel der Leser teilen ihre Meinung nicht.



3. Der SPIEGEL hat den Therapeuten Dr. Matthias Stiehler zur Situation ungewollt kinderloser Männer interviewt. Zu Beginn des Interviews schon stellt er klar, was auch bei etlichen anderen Themen gilt:

Unsere Gesellschaft tut sich oft schwer, die spezifischen Nöte von Männern wahrzunehmen – vor allem, wenn es um emotionale oder existenzielle Themen geht. Bei Frauen werden die Nöte rund um Kinderlosigkeit interessiert aufgenommen, bei Männern höre ich häufiger: "Ach, die sollen sich nicht so anstellen." Es gibt einen Gendergap in der Wahrnehmung. Dabei ist das Leid nicht weniger real.




4. In den USA besteht die Kontroverse zwischen Demokraten und Republikanern weiter, was Männer betrifft:

Die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez aus New York geriet während der CNN-Townhall-Veranstaltung mit Bernie Sanders am Mittwochabend in die Kritik, als sie darauf einging, warum sie glaubt, dass die Republikaner mehr Erfolg dabei haben, die Unterstützung junger Männer zu gewinnen.

"Sie sind in der Lage, eine Generation junger Männer zu radikalisieren, anzusprechen und auszunutzen, insbesondere indem sie sie von einer gesunden Männlichkeit weg und hin zu einer unsicheren Männlichkeit führen, die die Dominanz über andere erfordert, die ärmer, brauner, dunkler oder eines anderen Geschlechts sind als sie selbst", sagte Ocasio-Cortez und löste damit heftige Reaktionen in den sozialen Medien aus.

Senator Tommy Tuberville, Republikaner aus Alabama, ein SEC-Meisterschafts-Gewinner und Football-Trainer, der 40 Jahre lang auf Highschool- und College-Ebene trainierte, antwortete Fox News Digital auf die Frage nach seiner Reaktion auf die Aussage von Ocasio-Cortez.

"Als ich trainierte, habe ich meinen Spielern beigebracht, dass dies das beste Land der Welt ist und dass einem keine Grenzen gesetzt sind, wenn man hart arbeitet – egal, wie man aussieht", sagte Tuberville. "Leider haben die ‚woken‘ Demokraten in den letzten zwanzig Jahren jungen Männern eingeredet, sie seien rassistisch, sexistisch und toxisch – nur weil sie Männer sind."

Weiter erklärte er: "Die Demokraten haben versucht, Männern wegen ihrer Hautfarbe Jobs zu verweigern und sie während der #MeToo-Bewegung ohne Grund zu canceln. Kein Wunder, dass mehr als die Hälfte der jungen Männer in diesem Land bei der Präsidentschaftswahl 2024 für Donald Trump gestimmt haben. Wenn die Demokraten nich damit aufhören, Männer zu dämonisieren, werden sie nie wieder eine Wahl gewinnen."




5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zur Medienschau von gestern:

Moin Herr Hoffmann,

beim Artikel der Londoner Times bzgl. des Missbrauchspotentials der neuen Schutzgesetze kam mir sofort der Gedanke der Projektion.

Es gibt genügend Feministinnen denen man sicherlich vieles Vorwerfen kann - aber Empathie oder Verständnis Männern gegenüber leider nicht.

Und so stelle ich mir auch hier die Frage, ob die Motivation der Aussagen auf einem klaren Feindbild basiert, dem man alles zutraut - oder doch eher auf eigenen Plänen - und der Vorstellung, dass die Gegenseite so ticken könnte wie man selbst.

Einer nüchternen Analyse der Fakten oder einem humanitären Menschenbild scheinen diese Gedanken ja nicht zu entspringen.

Nebenbei: Der Beitrag des Psychoanalytikers zum Fall Schockmel war hochinteressant. Einmal den täglichen Wahnsinn ausblenden, in sich gehen und die zugrundeliegenden Mechaniken analysieren. Nicht die schlechteste Übung.

Ich kann mich an keine gemäßigte Bewegung erinnern, die ähnlich opferhungrig ist.

Beste Grüße und vielen Dank für die großartige Arbeit!




Montag, Oktober 20, 2025

Feministinnen besorgt: "Männer werden Gesetze gegen Hassverbrechen ausnutzen, um Frauen Männerhass vorzuwerfen"

1. Die Londoner Times berichtet

Männer werden neue gesetzliche Regelungen gegen Sexismus nutzen, um Frauen "böswillig" ins Visier zu nehmen – davor warnt die feministische Organisation Engender, die von Schottlands sozialliberaler Regierung finanziert wird.

Die Gruppe erklärte, der Plan, das Merkmal "Geschlecht" als geschützte Kategorie in das schottische Gesetz gegen Hasskriminalität aufzunehmen, könne den falschen Eindruck erwecken, es gebe ein "gleichwertiges Verhältnis" zwischen Frauenfeindlichkeit und Männerfeindlichkeit. Männer, so Engender, verdienten keinen gleichrangigen Schutz.

Der Vorschlag kommt von den sozialliberalen Ministern, nachdem sie ein Gesetz aufgegeben hatten, das allein Frauenfeindlichkeit direkt unter Strafe stellen sollte – man befürchtete zu große politische Spannungen. Stattdessen soll nun "Geschlecht" als geschützte Kategorie in das bestehende Gesetz aufgenommen werden. Damit könnten Männer, die Frauen aus geschlechtsspezifischen Motiven angreifen, härter bestraft werden.

Engender warnt jedoch, die Regelung könne Männern zugleich ein Instrument in die Hand geben, um Frauen anzugreifen. Wer sich als Opfer von Männerfeindlichkeit – also von Hass oder Vorurteilen gegen Männer und Jungen – sehe, hätte dann denselben Anspruch auf Schutz.

"Der gleiche Schutz, den Männer durch geschlechtsbezogene Bestimmungen im Hate Crime Act erhalten, könnte auch böswillig genutzt werden – etwa von Personen, die die Arbeit von Frauenorganisationen untergraben oder einzelnen Frauen Männerfeindlichkeit vorwerfen wollen", so Engender. "Das derzeitige politische und gesellschaftliche Klima erhöht aus unserer Sicht das Risiko solcher Vorfälle."

(…) Ein Sprecher der schottischen Regierung erklärte abschließend: "Die Aufnahme des Merkmals ‚Geschlecht‘ in das Hasskriminalitätsgesetz wird neuen Schutz für Frauen und Mädchen schaffen. Zwar werden auch Männer und Jungen davon profitieren, doch Frauen und Mädchen sind überproportional von geschlechtsbezogener Diskriminierung betroffen – und daher werden sie am meisten profitieren."


~ Schlimm, wie einfach so hingenommen wird, dass auch Jungen und Männer von einem Gesetz gegen Hasskriminalität profitieren könnten. ~



2. Der SWR sieht das neue Buch von Tara-Louise Wittwer, in dem sie einen aggressiven Feminismus feiert, kritisch.

Mit allem, was Tara-Louise Wittwer in diesem zweihundert Seiten langen Insta-Wutmonolog in Buchform aufführt, hat sie vollkommen Recht. Nur leider bleibt der Eindruck von Erkenntnislosigkeit. Denn Frauen wissen, dass sie nachts alleine nicht durch den Park gehen können – Mütter wissen, dass sie überlastet sind – und wir wissen, dass Hexenverfolgungen im Mittelalter Massenmorde an Frauen waren.


Das alles "wissen" wir mit derselben Sicherheit wie dass Kinder Schläge brauchen, Rauchen eine sinnvolle Maßnahme gegen Stress darstellt und Frauen nicht einparken können. Sobald man sich vom Volksaberglauben gelöst hat, muss man feststellen, dass tatsächlich Männer die meisten Opfer von Gewalt im öffentlichen Raum sind, Mütter und Väter täglich etwa gleichviel leisten und etliche Opfer der "Hexenverfolgungen" männlich waren. Insofern ist es bemerkenswert, dass selbst eine Journaistin die offenbar bis zur Halskrause voll mit solchem "Wissen" ist, Wittwers Buch als unzureichend empfindet.

Da bleibt wenig Reflexion über Wege aus der vorhandenen Ungerechtigkeit. Hier kommt die Autorin über ein allgemeines Gefühl von Schwesterlichkeit und gegenseitiger weiblicher Unterstützung nicht hinaus.


Klar. Wenn schon die Diagnose auf einer komplett weltfremden Ideologie beruht, kann daran auch keine vernünftige Therapie anschließen. (Aber Hauptsache, das Buch verkauft sich immer noch bombe.)



3. Die Augsburger Allgemeine berichtet (hinter einer Bezahlschranke) über den Folterskandal im bayrischen Männergefängnis JVA Gablingen:

Manchmal habe sie das Pippi Langstrumpf-Lied im Kopf, soll Susanne B. einem vertrauten Mitarbeiter geschrieben und verkündet haben: Sie kreiere "ihre Anstalt" jetzt so, dass sie darin anständig arbeiten könne. Was die stellvertretende Leiterin der JVA Augsburg-Gablingen damit gemeint haben könnte, kam mit der Aufdeckung des Folterskandals um Bayerns modernstes Gefängnis Ende Oktober 2024 ans Tageslicht.

(…) Offensichtlich hatte Susanne B. die abgeschottete Gefängniswelt tatsächlich "widewidewitt" so gestaltet, wie es ihr gefiel. Ein Jahr später und mit dem vorläufigen Abschluss der polizeilichen Ermittlungen, die sich auch um mehr als 40.000 Chatnachrichten drehen, stellt sich heraus: Es war alles noch schlimmer.

Anfang Oktober 2024 leitete die Augsburger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren zum Skandal in der JVA Gablingen ein, über das unsere Redaktion als Erstes berichtete. Es richtet sich gegen mindestens 18 Bedienstete, darunter die frühere Leiterin des Gefängnisses, Zoraida Maldonado de Landauer, und ihre damalige Stellvertreterin Susanne B. Es geht um Körperverletzung im Amt und um versuchte Strafvereitelung. Früh bestand der Verdacht, dass in dem Gefängnis mit gut 600 Haftplätzen ein System aus Machtmissbrauch, Schikane und Gewalt installiert wurde. Dass Insassen geschlagen wurden. Dass Häftlinge nackt, ohne Matratzen und teils viel zu lange in Spezialzellen im Keller gesteckt wurden. Solch menschenverachtenden Zustände in einem deutschen Gefängnis sind bislang beispiellos. Bei der Frage, wie es so weit kommen konnte, richtet sich der Fokus vor allem auf eine Frau: Susanne B.

(…) Die Gablinger SiG rückt also frühmorgens an. Fünf kräftige Beamte und ein Rauschgiftspürhund. Und eine Frau, die eigentlich nicht zu dieser Truppe gehört: Susanne B. Die jungen Häftlinge müssen in der Turnhalle zur Durchsuchung antreten. Es dauert nicht lange, bis die Situation eskaliert. Am Ende stehen fünf verletzte Gefangene. Sie berichten von Würgegriffen sowie heftigen Schlägen ins Gesicht und in die Rippen. Bedienstete des Jugendgefängnisses sind entsetzt über den Einsatz. Und einer aus der SiG wird in einem Chat nicht ohne gewissen Stolz schreiben: "Einen durch den Fitnessraum geworfen, zwei abgewürgt und einen in den bgh geworfen."

Ein Experte aus hohen Justizkreisen bezeichnet B.'s Anwesenheit in dem fremden Gefängnis als "absolut unüblich". Der Vorfall ist ebenfalls Gegenstand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, wie das Justizministerium bestätigt.

Wenn man sich in fremden Häusern schon so aufführt, wie mag es dann erst in der eigenen JVA zugehen? Einen Tag nach dem Einsatz im Jugendknast rücken Polizei und Staatsanwaltschaft zur ersten von mehreren Razzien in der JVA Gablingen an.

(…) Nach Recherchen unserer Redaktion stehen zwischen Anfang 2023, dem Arbeitsbeginn von Susanne B., und Oktober 2024 rund 110 Unterbringungen in den Kellerzellen im Verdacht, in irgendeiner Weise rechtswidrig gewesen zu sein. Das ist beinahe jeder zweite Fall in diesem Zeitraum. Außerdem gehen Polizei und Staatsanwaltschaft in mehr als 60 Fällen dem Verdacht von Körperverletzung im Amt nach. Erschütternde Zahlen. Susanne B. schien manchmal selbst den Überblick über die bgH-Belegungen verloren zu haben.

Einmal, das geht offenbar aus den von Ermittlern gesicherten Chatnachrichten zwischen Susanne B. und SiG-Leuten hervor, soll B. einen Häftling dort vergessen haben. Zynisch soll sie angemerkt haben, dass es dem Herren dort ja aber nicht schlecht gehe. Dabei erinnern die Umstände der Unterbringungen in den Keller-Zellen oft an Folter. Während die Gefangenen normalerweise zumindest eine Papierunterhose und eine Matratze, manchmal auch einen Sitzhocker zur Verfügung gestellt bekommen, war es im Ermittlungszeitraum in Gablingen eher der Normalfall, dass sie nicht einmal diese Mindestausstattung erhielten. Viele waren über Tage hinweg nackt und ohne Matratze eingesperrt, mussten stundenlang auf dem Boden liegen. Ein Häftling schilderte unserer Redaktion, wie er sich aus Brot Kugeln geformt hat, um diese als Polster für die Hüft- und Schulterknochen zu verwenden.

Ein Bediensteter erzählte, dass Häftlinge, die zwei bis vier Wochen in den Kellerzellen ausharrten, alles Menschliche verloren hätten. "Ich erlebte, wie manche durchdrehten." Die frühere Anstaltsärztin Katharina Baur berichtete von einem Mann, der aus lauter Verzweiflung mit dem Kopf gegen die Wand rannte, bis er blutete. Susanne B., die die meisten Unterbringungen angeordnet haben soll, schien sich ihres mutmaßlich rechtswidrigen Handelns bewusst gewesen zu sein. Zumindest soll sie das nach Informationen unserer Redaktion gegenüber einem vertrauten Mitarbeiter im Chat eingeräumt haben. Nicht nur das. Sie soll sich damit sogar gebrüstet haben, Grenzüberschreitungen nach außen "anständig darzustellen". Genervt zeigte sich Susanne B. offenbar von Anstaltsärztin Baur.

(…) Nach ihrem Start im Gablinger Gefängnis formte sie offenbar die Sicherungsgruppe aus vorwiegend jungen Justizbediensteten zu einer Art Leibgarde. Und das entgegen dem Willen erfahrener Beamter. Wer Kritik übte, wurde gemobbt. So erzählen es jedenfalls Zeugen. Ein Ex-Wärter berichtete von einem Regiment der Angst und Schikane. "Bedienstete, die den Mund aufmachten, wurden fertig gemacht." Er sei als Nestbeschmutzer beschimpft und für alle sichtbar sanktioniert worden. Monatelang sei er für den verhassten Schleusendienst eingeteilt worden, seine Bewertungen schlecht ausgefallen. "Ich war psychisch am Ende." Ganz anders B.s Umgang mit der Sicherungsgruppe. Die SiG schien ihr besonders ans Herz gewachsen. Einer der Beamten sogar mehr, als es für das hierarchische Dienstverhältnis gut sein konnte.

(…) Ein Ermittler, der anonym bleiben möchte, zeigt sich angesichts der Zustände in Gablingen entsetzt: "Die abfällige Art, wie in den Chats über Gefangene und den Umgang mit ihnen gesprochen wird, zeugt von einer hohen Gewaltbereitschaft – und offensichtlich hatten manche sogar Spaß daran."

Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Susanne B. ließ die Vorwürfe bislang über ihre Verteidiger entschieden zurückweisen. Eine aktuelle Anfrage unserer Redaktion um eine Stellungnahme ließen die Anwälte Holm Putzke, Alexander Stevens und Thomas Krimmel unbeantwortet.

Die Augsburger Staatsanwaltschaft will bis Ende des Jahres die erste Anklage erheben. Die dürfte neben der ehemaligen Gefängnischefin Zoraida Maldonado de Landauer und dem Rädelsführer aus der Sicherungsgruppe vor allem die frühere Vize-Knastchefin Susanne B. betreffen. Spätestens in einem öffentlichen Strafprozess wird sich dann zeigen, "widdewidde" wie sie sich die Welt machen wollte, die ihr gefällt.


Wenn es solche Vorwürfe gegen einen männlichen Direktor eines Frauenknastes gäbe, wäre sein Foto auf der Titelseite des SPIEGEL und in der Tagesschau zu sehen – Unschuldsvermutung hin oder her

Apropos …



4. Der Rammstein-Sänger Till Lindemann musste eine Signierstunde verlegen, weil es Drohungen und Anfeindungen gegen ihn gab.



5. Im Luxemburger Wort meldet sich der Psychoanalytiker Thierry Simonelli zu den Anfeindungen zu Wort, die es gegen den Abgeordneten Dr. Schockmel nach seiner Kritik am Feminismus gab:

Am 14. Oktober trugen zahlreiche Abgeordnete der luxemburgischen Abgeordnetenkammer demonstrativ Ansteckpins mit der Aufschrift "Ich bin Feminist". Ausgangspunkt der Empörungswelle war ein Meinungsbeitrag, in dem Dr. Gérard Schockmel dem luxemburgischen Feminismus unterstellte, zunehmend polarisierend und männerfeindlich zu agieren.

Über die Substanz dieses Textes lässt sich gut streiten. Was sich in der Reaktion auf ihn vollzog, war jedoch keine demokratische Auseinandersetzung, sondern ein rituelles Zeichen kollektiver Empörung. Nicht die Argumente wurden geprüft, sondern die Person wurde markiert. Schockmels Denken wurde nicht herausgefordert, sondern der moralische Abweichler wurde symbolisch angegriffen.

Dass ein Parlament seine gemeinsame Ablehnung in Form identischer Bekenntnissymbole inszeniert, ist kein rein ästhetisches Detail. Es verweist auf einen Mechanismus politischer Affektsteuerung, der weniger der Rationalität des Diskurses als der Dynamik quasi-religiöser Reinheitsvorstellungen verpflichtet ist.

In der politischen Theorie, wie in der Massenpsychologie, findet sich hier ein bekanntes Motiv: Das Kollektiv stabilisiert sich durch den gemeinsamen Ausschluss. Elias Canetti hat diese Dynamik in "Masse und Macht" (1960) als Transformation der inneren Unruhe in äußere Gewalt beschrieben. Sigmund Freud analysierte sie in "Massenpsychologie und Ich-Analyse" (1921) als Regression der Ichfunktionen in der Identifikation mit einem idealisierten Objekt, dem Führer, der Norm oder der moralischen Instanz.

Das Subjekt der Masse entäußert das eigene Über-Ich und ordnet sich der Affektsteuerung des Kollektivs unter. Innere Konflikte und aggressive Wunschregungen werden so auf ein Objekt der Verwerfung, den Abweichler, den symptomatischen Anderen projiziert.

Der Fall Schockmel belegt diesen Mechanismus exemplarisch. Die moralische Entrüstung dient der Herstellung symbolischer Reinheit. Damit wird der Ansteckpin zum Amulett der Zugehörigkeit zu einer moralischen Gemeinschaft. In solchen Situationen wird der moralische Diskurs totalitär. (…) Eine hegemoniale Gefühlsordnung, die sich selbst zur moralischen Wahrheit erklärt, entzieht sich systematisch der Auseinandersetzung und ersetzt die Sprache der politischen Vernunft durch eine Grammatik der Ausschließung.

(…) Diese Dynamik erinnert nicht zufällig an René Girards Theorie des Sündenbocks (La violence et le sacré, 1972). Die soziale Ordnung stabilisiert sich durch periodische Opfer. Der Sündenbock absorbiert die innere Gewalt der Gemeinschaft, indem er zur Projektionsfläche kollektiver Schuld und Angst gemacht wird. In dieser Logik bedarf es dann immer neuer Objekte der Verwerfung und niemand ist davor sicher, selbst zum Träger des Stigmas zu werden.

Die tragische Dimension der Affäre liegt nicht in der Person Schockmels, sondern in der symbolischen Umfunktionierung des Feminismus selbst. Eine Theorie, die zur Kritik von Machtverhältnissen, zur Anerkennung von Differenz und zur Emanzipation angetreten ist, verliert ihre kritische Kraft, sobald sie zur offiziellen Moral des Staates wird.


Den letzten Absatz hätte ich nicht besser formulieren können.



Freitag, Oktober 17, 2025

Ex-Bundespräsident Christian Wulff: "Mein Sohn sagt, ich soll dem Männerhass entgegentreten"

1. Die Volkswagen-Stiftung berichtet in einem Artikel, der auf ihrer Website nicht mehr zu finden ist, den ich aber rechtzeitig archiviert habe, über eine feministische Veranstaltung:

"Retro ist wieder in, nur nicht der Feminismus!" Der werde als Gefahr beschimpft – so hieß es in einem von drei Poetry-Slam-Beiträgen, mit denen Schülerinnen der IGS Roderbruch die Diskussion unter dem Titel "Starke Männer braucht das Land? Frauen zwischen Aufbruch und Rollback" am 11. Oktober 2025 einleiteten.

Und damit war man gleich mittendrin im Thema. Christian Wulff, Bundespräsident a. D., bestätigte ein Erstarken eines autoritären Männerbildes als weltweiten Trend. Ein Trend, bei dem Empathie als Schwäche ausgelegt werde. Mit den Beiträgen der Schülerinnen dagegen hatte der CDU-Politiker so seine Probleme. Sein 17-jähriger Sohn habe ihm mit auf den Weg gegeben, dem Männerhass entgegenzutreten, den der Schüler nach eigenen Aussagen selbst erlebe. Moderne, aufgeschlossene Männer wie sein Sohn empfänden die "Generalisierung als extrem radikale Herausforderung", so Wulff.

Er selbst kämpfe gegen Formulierungen, wie "die Katholiken, die Muslime, die Frauen, die Männer". Die größte Errungenschaft Europas in den zurückliegenden 20 Jahrhunderten, argumentierte der Politiker, sei die Erfindung des Individuums. Und dafür habe auch Hannah Arendt immer gestanden. Ein Freund-Feind-Denken – insbesondere beim Thema Geschlechter – würde nur den Rechtsextremisten in die Hände spielen.


Bevor man sich mit diesem wichtigen Thema ausführlicher beschäftigen kann, grätscht rechtzeitig der Männerberater Björn Süfke dazwischen, der dem Bundesforum Männer nahesteht, und erklärt, dass der Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten lediglich halluziniere: "Es gebe keinen Männerhass, sondern eine ganz klare Kritik an einer traditionellen Form von Männlichkeit. Und darunter würden ja auch Männer selbst leiden." Das ist zweifelhaft, aber daran kann die folgende feministische Diskussion besser anschließen. Dabei vertritt Christian Wulff weiter seine Position:

"Keiner ist verpflichtet, Feminist zu sein", entgegnete Wulff, und verwehrte sich dagegen, dem konservativen ein rechtes Männerbild entgegenzusetzen: "Ich kenne keine Konservativen, die nicht für Gleichstellung sind." Er kenne aber genügend unter ihnen, die sich gegen ein Freund-Feind-Schema aussprechen würden – und sich nicht vorschreiben ließen, wie sie zu schreiben oder zu reden haben.


Die feministische Professorin Ulrike Lembke hält dagegen:

Anti-Feminismus und Anti-Gendern seien Kernpolitikfelder der Rechtsextremen, untrennbar verbunden mit Rassismus, Behindertenfeindlichkeit und Antisemitismus. Man müsse sich – egal, ob konservativ oder links – klar entscheiden auf welchem Feld man mitspiele.


Auch Björn Süfke mischt in der Debatte weiter mit:

"Es braucht überhaupt keine Männlichkeit", so Süfke. Männlichkeit und auch Weiblichkeit seien soziale Konstruktionen, willkürliche Anforderungsprofile, "die wir Leuten aufzwingen".


Es ist vorhersehbar, wohin dieser Gesprächskreis führt:

Deutlich wurde am Ende der Veranstaltung, dass es gar nicht so einfach ist, über Geschlechterrollen und Feminismus zu diskutieren. Christian Wulff sprach von einer rechthaberischen Gesprächskultur, Ulrike Lembke schilderte, dass sie seit einiger Zeit die Erfahrung gemacht haben, dass konservative Kolleg:innen nicht mehr den Austausch suchen würden.


Das wundert Frau Lembke tatsächlich? Nachdem sie zuvor die Ablehnung der Gendersprache, die von drei Vierteln der Deutschen geteilt wird, ins rechtsextreme Lager geschoben und gefordert hat, man müsse sich "klar entscheiden auf welchem Feld man mitspiele"? Ich bin nicht einmal konservativ, aber in einer Unterhaltung mit Frau Lembke würde ich angesichts derartiger Polemik auch keinen Sinn sehen.



2. "Die Deutschen fühlen sich sprachlich unter Druck gesetzt" berichtete gestern "Die Welt":

In einer neuen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Sprachlernplattform Babbel ist das Gefühl, nicht immer so reden zu können, wie einem der Schnabel gewachsen ist, auch in Zahlen belegt. Die Umfrage liegt WELT vor.

Danach haben 46 Prozent der Deutschen das Gefühl, dass Deutschland sprachlich unter Druck steht oder Sprache zu stark reguliert wird, vor allem die Älteren. Jeder Zweite sagt, Sprachsensibilität wird übertrieben. 43 Prozent sind überzeugt, dass sich in Deutschland eine Cancel Culture entwickelt hat. Auch hat jeder Vierte (26 Prozent) schon mal eine Diskussion gemieden – aus Angst, etwas Falsches zu sagen.

Besonders deutlich zeigt sich dieser Druck bei der sogenannten "geschlechtergerechten" Sprache mit Partizipien wie Lesende, Binnen-I oder Gendersternchen. Grundannahme der Vertreter dieser Sprachvarianten ist, dass das "generische" oder "genderneutrale" Maskulinum Frauen nicht ausreichend inkludiert oder sichtbar macht. Der Rat für deutsche Rechtschreibung rät vom Gendern mit Sonderzeichen ausdrücklich ab. In vielen Behörden, Bildungseinrichtungen oder Unternehmen ist es aber dennoch verbreitet.

(…) Die Ursachen für die als auferlegt empfundene sprachliche Korrektheit sehen viele in der medialen Berichterstattung (51 Prozent), im Wirken von Aktivisten (50 Prozent) und durch politische Debatten (44 Prozent). Der Freundes- und Bekanntenkreis wird nur von zehn Prozent der Befragten genannt. Jeder Zweite sagt, er achte im privaten Umfeld weniger auf sprachliche Korrektheit. Zuhause oder im Vereinsheim – gewissermaßen in einem "safe space" – sprechen die Deutschen also noch freier.




3. Heute Nacht war die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang zu Gast bei Markus Lanz. Lang versucht seit einiger Zeit sichtlich, zumindest ein wenig aus dem ideologischen Bunker der Grünen auszubrechen. Männerpolitisch spannend wird die Diskussion ab Minute 44, als Lanz berichtet, wie angefressen er über die inflationsmäßig herabsetzende Verwendung des Begriffs "alter weißer Mann" sei:

"Ich frage mich bis heute: Wer kam irgendwann auf die Idee, alte weiße Männer als das ultimative Feindbild grundsätzlich zu beschreiben, wenn man doch darum bemüht ist, möglichst nicht diskriminierend durch die Welt zu laufen – und dann diskriminierst du jemanden aufgrund seines Geschlechts: Mann, Alter: alter weißer Mann, und seiner Hautfarbe. Das ist die perfekte Definition von Rassismus und Diskriminierung. Mehr geht nicht."


Ricarda Lang lächelt beschämt und versucht abzuwiegeln, unter anderem indem sie einen verengten Rassismusbegriff anlegt (nur strukturell verstärkter Rassismus zählt dabei als Rassismus), gibt aber zu, dass der von Lanz kritisierte Kampfbegriff die Gruppe der alten weißen Männer über denselben Kamm schere, beispielsweise als Menschen auf der Sonnenseite des Lebens. Wenn sie aber einem Mann, der unter sehr schwierigen Verhältnissen lebe, erzähle, er sei wegen seines Geschlechts auf der Gewinnerseite und müsse mal seine Privilegien abgeben,

"dann denkt der sich: Gott, es soll noch schlimmer werden als jetzt gerade. Darauf habe ich ja gar keinen Bock. Das heißt, die Leute gehen in die totale Abwehr."


Dieses Schubladendenken mache Mehrheiten kaputt, zumal es viele Männer gebe, die nicht auf der Gewinnerseite stünden.

Wir haben für ein paar Sekunden eine maskulistische Einsicht bei einer Grünen in einer vielgesehenen Talkshow. Mal schauen, ob das Spuren hinterlässt.



4. Nachdem in Luxemburg ein paar Tage lang auf den Abgordneten Dr. Gérard Schockmel eingeprügelt wurde, weil er einen feminismuskritischen Artikel veröffentlicht hatte (Genderama berichtete), distanziert er sich jetzt entschieden vom Antifeminismus. Die Behauptung, er selbst wäre antifeministisch, sei "völliger Blödsinn".

"Ich habe lediglich Gedanken und Sorgen geäußert, die mich beschäftigen. Ich finde, dass sich manche aktuellen feministischen Positionen weit von dem humanistischen Feminismus entfernt haben, mit dem ich mich identifiziere. Ich habe kein Problem mit dem Feminismus, aber Feminismus ist nicht gleich Feminismus. Manche Positionen sind sehr radikal. Ich bin Arzt, und auch in der Medizin gibt es Dinge, die ich kritisiere. Das bedeutet aber nicht, dass ich gegen Ärzte bin.

(…) Mir "Rückständigkeit" vorzuwerfen, ist substanzlos. Sobald man feministische Forderungen auch nur hinterfragt, kommen heftige und intolerante Reaktionen. Das finde ich problematisch. Politiker trauen sich kaum noch, offen zu sprechen. Es herrscht ein toxisches Klima, in dem man seine Reputation oder sogar sein Amt riskieren kann. Niemand kann diese Risiken eingehen und man legt sich selbst einen Maulkorb an. (…) Es heißt oft, Männer sollten zu Abtreibung oder feministischen Fragen lieber schweigen – das halte ich für problematisch. Man muss darüber ruhig sprechen können. Leider erinnert die mediale Aufbereitung inzwischen an soziale Netzwerke: Wir leben in einer Art Cancel Culture."




Donnerstag, Oktober 16, 2025

Süddeutsche Zeitung: "Wer weiße Männer aus den Bibliotheksregalen räumt, stellt womöglich zu spät fest, dass sie Alliierte waren"

1. Die Süddeutsche Zeitung kommentiert die Säuberung von Bibliotheken, die Bücher von weißen Männern betrifft:

Auf Festivals, in Preisreden, auf Podien wird die Forderung, alte weiße Männer lieber heute als morgen aus dem Kanon zu entfernen, so oft und so gedankenlos vorgetragen, dass sie längst etwas Ritualisiertes hat.


Das sei bedenklich, weil das gegnerische Lager darauf reagiere:

Die Literaturwissenschaft beobachtet schon seit einiger Zeit, dass der Umbau des Kanons zu den zentralen Kulturkampftechniken der autoritären Rechten zählt. Sie gemeinden Bücher ein, interpretieren sie um und versuchen, Werke, die vom liberalen Lager als zu weiß, zu männlich, zu hetero suspendiert werden, in ihren eigenen Gegenkanon zu integrieren – auf Augenhöhe mit faschistischer Literatur.


Generell sei es zweifelhaft, Autoren allein wegen ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts zu verbannen, die das Denken vieler Linker teilten:

Heute liest die Literaturwissenschaft Thomas Mann als einen schwulen Aktivisten, der sich für eine Demokratie auf deutschem Boden stärker eingesetzt hat, als viele Linke es je getan haben, einschließlich Brecht. Sie liest einen Kleist, der sich in seiner Novelle "Die Verlobung in St. Domingo" mit den Sklavenaufständen in Haiti beschäftigt, einem klassisch postkolonialen Thema. Und sie liest, wie Schiller, Novalis, Kant die Idee eines freien Menschen entwickeln, der sich von der Zugehörigkeit zu einer Nation nicht verzwergen lassen will.

(…) Das hieße alles erst einmal: lesen. Wenn man fordert, weiße Männer aus den Bibliotheksregalen zu räumen, wird der Applaus immer preiswerter zu haben sein. Im schlimmsten Fall stellt sich zu spät heraus, dass sie eigentlich Alliierte waren.


Ich finde es ja erfreulich, wenn die Süddeutsche Zeitung sich dagegen stellt, dass Autoren wie ich aus Bibliotheken verbannt werden. Der Artikel ist mit Sicherheit gut gemeint. Trotzdem hinterlässt er einen seltsamen Nachgeschmack: Er legt nahe: Solche Säuberungen wären dann in Ordnung, wenn durch eine Lektüre bestimmter Bücher nachweisbar wäre, dass die Linke entsprechende Autoren NICHT als Verbündete gewinnen könnte. Könnte man eine Novelle Kleists nicht als "postkolonial" einordnen, wäre die Entfernung seiner Werke aus öffentlichen Bücherregalen dann okay? Darf die Meinung Andersdenkender, solange es sich nicht offenkundig um Volksverhetzung etcetera handelt, in öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken nicht ebenfalls vorkommen – und sei es, damit man deren Denken gründlicher versteht und seine eigene Meinung daran schärfen kann?



2. In Luxemburg geht das Theater um den DP-Politiker Schockmel weiter, nachdem eine große Tageszeitung einen feminismuskritischen Artikel von ihm veröffentlicht hatte. (Genderama berichtete.) So behauptet ein Leitartikel des Tageblatts, Kritik an der feministischen Weltsicht sei eine "Einstiegsdroge"

Es gibt keinen Zweifel. Die Aussagen, die der DP-Abgeordnete Gérard Schockmel in seinem Wort-Gastbeitrag zum Thema Abtreibungsrecht niedergeschrieben hat, sind dezidiert antifeministisch – und stellen eine grobe Verzerrung feministischer Ideen und Ideale dar. Nicht ohne Grund haben sie schnelle und harte Reaktionen aus einem breiten Spektrum hervorgerufen. Von Chamber-Kollegen über Politikerinnen seiner eigenen Partei (darunter die Diversitätsministerin und die DP-Chefin) bis zur Zivilgesellschaft.

Es gibt in diesem Fall eine persönliche und gesellschaftliche Ebene. Die persönliche Ebene hat mit der Person Schockmel zu tun und dreht sich um die Frage: Ist ein Abgeordneter mit solchen Vorstellungen von politischen Freiheitsbewegungen tragbar für die liberale Fraktion im luxemburgischen Parlament? Diese Frage muss die DP selbst in den kommenden Tagen beantworten. Die gesellschaftliche Ebene reicht jedoch weit über die Person Schockmel hinaus – und geht uns alle an. Denn hier zeigt sich ein Muster, das historisch zwar altbekannt ist, aber nichtsdestotrotz in jüngster Zeit neue Brisanz entwickelt hat: antifeministische Ideen als Vorhut autoritärer, freiheitsfeindlicher und am Ende oft extrem rechter Ideologien. Es beginnt mit dem angeblichen "Maulkorb" für Männer, mit Sprechverboten, einem Abtreibungsrecht, das zu weit gehe, und endet beim Feminismus als Untergang des Abendlandes. Antifeministische Argumente sind das Einfallstor für Gedankengut vom extremen politischen Rand ins bürgerliche Milieu der Mitte.


Hier senkt sich leider die Bezahlschranke, aber man erahnt schon, mit welcher kruder Logik es weitergeht: Weil radikal rechtes Denken oft mit Antifeminismus begänne, müsse auch Feminismuskritik tabuisiert werden (was natürlich keinen "Maulkorb" darstelle). Diese Logik krankt an demselben Denkfehler wie die Logik, die man tatsächlich aus der Drogendebatte kennt. Dort argumentieren einige: Weil viele Leute, die Heroin konsumieren, mit Haschisch angefangen haben, müsse man Haschisch verbieten. Dem haben Befürworter einer Legalisierung von Haschisch entgegengehalten: Es konsumieren zahllose Menschen Cannabis, ohne später zu Heroin zu greifen. Viele, die Heroin konsumieren, haben früher Schokoriegel gegessen – verbieten wir deshalb jetzt Schokoriegel?

Ich habe natürlich keinerlei Lust, hier eine Debatte über Drogenpolitik aufzumachen, behaupte aber, dass dieses Argument im Zusammenhang mit Feminismuskritik Sinn ergibt. Man könnte zum Beispiel argumentieren: Rechtsextreme lehnen die Gendersprache ab, deshalb sollten Zeitungen keine Artikel veröffentlichen, die die Gendersprache kritisieren. Was dabei natürlich übersehen wird: Wie zahllose Umfragen zeigen, mag eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung die Gendersprache AUCH NICHT. Ohne dass all diese Menschen deswegen in den Rechtsradikalismus abzurutschen drohen. Ganz ähnlich verhält es sich mit Kritik am Feminismus.

Bemerkenswert ist, wie sehr die Luxemburger Politik wegen eines einzigen feminismuskritischen Artikels aus dem Häuschen ist. Selbst dieses Minimum an Gegenrede in der Presse erträgt man dort nur schwer. Das Luxemburger Wort berichtet über die Reaktion der Grünen:

Zum Start der neuen Chamber-Session am Dienstagnachmittag wollten die Abgeordneten von "Déi Gréng" [den Artikel] nicht unkommentiert im Raum stehen lassen. So stellten die Grünen auf Initiative der Abgeordneten Joëlle Welfring 60 lilafarbene Buttons her, auf denen in weißer Schrift "Ech si Feminist" aufgedruckt stand. Diese hefteten sie sich vor Beginn der Sitzung ans Revers und verteilten sie an Abgeordnete aller Parteien.

"Es war uns wichtig, nach den toxischen Äußerungen des DP-Abgeordneten Gérard Schockmel ein Zeichen im Namen des Feminismus zu setzen", begründete Welfring die Aktion, die spontan entstanden sei, gegenüber dem "Luxemburger Wort".

Die Resonanz der Grünen fällt positiv aus: Zahlreiche Deputierte aller politischer Couleur hätten die Buttons entgegengenommen, berichtet die Abgeordnete Djuna Bernard. Einige hefteten sie sich auch ans Revers, wo die grünen Abgeordneten zudem Sonnenblumen trugen und die LSAP-Fraktion traditionell mit roten Rosen reüssierten.

Wie bei der Übertragung der Chambersitzung zu beobachten war, trat die CSV-Abgeordnete Octavie Modert mit dem Button ans Rednerpult.

Als Gérard Schockmel kurz vor 14 Uhr vor der Chamber ankam, mied er die direkte Konfrontation mit den grünen Abgeordneten. Auf dem Balkon wurde er von Abgeordneten der DP herzlich begrüßt und posierte schließlich mit ihnen für das obligatorische Gruppenfoto.




3. Die Post. Einer meiner Leser weist mich auf einen weiteren Artikel der Süddeutschen Zeitung über ein gestern ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgericht hin, das sie als "Sensation" bezeichnet: Wer mit dem Argument fehlender Ausgewogenheit bei ARD und ZDF den Rundfunkbeitrag nicht zahlen will, kann das vor Gericht ausfechten.

Die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen entfällt, "wenn das gesamte Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Anforderungen an die gegenständliche und meinungsmäßige Vielfalt und Ausgewogenheit über einen längeren Zeitraum gröblich verfehlt", heißt es in dem Grundsatzurteil. Der Beitrag ist kein Automatismus, bedeutet das, keine immerwährende Garantie. Er ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Sender das liefern, was sie versprochen haben. Und ob sie das tun, kann vor Gericht überprüft werden.


Mein Leser schreibt mir dazu:

Wäre es nicht super spannend darauf hin zu arbeiten ob in den letzten 10 Jahren der ÖRR in Sachen Gleichberechtigung ausgewogen agiert hat? Sämtliche Archive gerichtlich überprüfen lassen wie oft auf die zahlreichen rechtlichen Diskriminierungen von Männern hingewiesen wurden und wie oft es um "Pinktax" ging? Wie oft wurden Männer verbal erniedrigt und diffamiert ("toxisch") und wie oft im Vergleich dazu Frauen? Wie viele Sendungen gab es in den letzten Jahren die sich speziell an Frauen richten und wie viele die sich speziell an Männer richten. Wie oft werden frauenspeziefische Themen behandelt (zum Teil ja durchaus zu recht) und wie oft männerspezifische?




4. Mehr Post. Ein weiterer Leser schreibt:

Lieber Arne,

dieser Tage waren wieder sehr interessante Beiträge in deinem Blog zu lesen. Besonders schön zu lesen ist, wenn sich doch hin und wieder Menschen finden, die sich trauen, der feministischen Ideologie entgegenzutreten. Leider war es heute schon wieder deprimierend.

Folgende Gedanken möchte ich gerne dazu äußern:

1. In meiner universitären Ausbildung und auch danach konnte ich jeder einzelnen "feministischen Studie" Verfahrensfehler und thematische Einseitigkeit vorwerfen. Diese Verwerfungen in der Wissenschaft korrelieren interessanterweise mit solchen in der Politik und der Beobachtung zunehmender Einseitigkeit öffentlich-rechtlicher Medien und ihrer Hinwendung zur aktivistischen Berichterstattung (ein Oxymoron) oder – wie du heute zitierst – mit der zunehmenden Forderung antidemokratischer Zensur gegen Meinungen, die nicht dem "Feminismus" entsprechen. Ob dazu nicht auch gut die Durchsetzung von Frauenquoten und der Versuch passen, das Maskulinum als „grammatisch neutrales Standardgeschlecht“ aus der deutschen Sprache zu tilgen ("Gendern")?

2. In Luxemburg wurde vor Schockmels Äußerung beschlossen, die "Freiheit" zur Abtreibung in die Verfassung aufzunehmen (wie in Frankreich). Schockmel beschwert sich in dem von dir verlinkten Artikel nicht nur über eine Art Gesinnungsdiktatur des Feminismus, sondern erwähnt zurecht auch gute Gründe, warum weder ein Recht noch die Freiheit zur Abtreibung in der Verfassung eines Landes etwas zu suchen hat – interessanterweise geäußert von einer Feministin, Simone Veil. Aber leider wird es wohl auch in Luxemburg dazu kommen, ohne gleichzeitig an die Freiheit oder die Rechte des Mannes oder des Kindes zu denken. Wo ist das demokratisch und gleichberechtigt?

3. Ich glaube in der Tat auch, dass es nicht nur um positive Diskriminierung, sondern um absolute Macht für Frauen (zum Gebären eines Kindes fähige Personen) und die Abschaffung des Männlichen und der Männlichkeit an sich geht – also im Grunde ein faschistisches Projekt. Und auch ich habe die Nase voll davon, dass Männlichkeit und Männer immer nur negativ dargestellt werden, wie es Brendon Gleeson kritisiert. (…) Der diskriminierende Begriff "Toxische Männlichkeit" will einfach nicht verschwinden. Nach wie vor wird aber nur eine Wehrpflicht für Männer diskutiert!

(…) Manche sprechen inzwischen ganz offen an, welche gesellschaftliche Errungenschaft der Feminismus gebracht hat: uneingeschränkte Verachtung alles Männlichen und Hass auf Männer. Viele Männer machen bei ihrer eigenen Vernichtung übrigens nur allzu gerne mit. Dabei wäre der Kampf gegen Feminismus eigentlich eine Selbstverständlichkeit für jeden aufrechten Demokraten und Humanisten.




Mittwoch, Oktober 15, 2025

"Entlassen aus dem Gefängnis, das Männer bricht"

1. Unter der Überschrift "Entlassen aus dem Gefängnis, das Männer bricht" berichtet die Berliner "taz" über die Freilassung palästinensischer Gefangener in Israel. Ein Auszug:

Unter den Freigelassenen sind aber auch über 1.700 Menschen aus dem Gazastreifen. Sie wurden nicht während des Überfalls militanter palästinensischer Gruppen in Südisrael am 7. Oktober 2023 festgenommen, sondern im Laufe des darauffolgenden Kriegs. Die meisten sind Männer, doch auch einige Frauen und Kinder sind unter ihnen.

(…) Tal Steiner vom Public Committee Against Torture in Israel, einem Verband, der sich gegen Folter einsetzt, sagt: Schon vor dem 7. Oktober 2023 seien die Bedingungen in israelischen Haftanstalten nicht einfach gewesen. „Aber willkürliche Gewalt war nicht normal vor dem 7. Oktober“, betont sie. Die Berichte der Gefangenen – über bewusstes Aushungern, physische und psychische Gewalt – seien alle ähnlich. Und Dutzende Häftlinge seien in den vergangenen beiden Jahren in israelischen Gefängnissen umgekommen, die taz dokumentierte zwei dieser Fälle.


Auch der SPIEGEL berichtet.



2. Der Unternehmerin Christina Block stehen neue Prozesse voraus, weil sie falsche – Kinderpornovorwürfe gegen ihren Ex-Mann und dessen Familienanwalt erhoben haben soll.



3. Nachdem der Luxemburger Abgeordnete Dr. Gérard Schockmel, Mitglied der sozialliberalen Demokratesch Partei (DP), in einem Gastartikel für die Tageszeitung "Luxemburger Wort" den Feminismus kritisiert hatte, hält der politische Druck gegen ihn an:

Das Planning Familial (nationale Anlaufstelle für sexuelle Gesundheit und Aufklärung) sprach am Dienstag von einem "antifeministischen Diskurs, der gegen das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung" gerichtet sei. DP-Parteipräsidentin Carole Hartmann kündigte an, dass der Fall im Laufe dieser Woche intern besprochen werde. Noch wolle sie keine Schlüsse ziehen: "Ich habe eine Verantwortung gegenüber der Partei. Ich bin mit Herrn Schockmel und anderen Mitgliedern im Gespräch. Es ist wichtig, alle anzuhören." Die Parteipräsidentin ließ zugleich durchblicken, dass sie den öffentlichen Auftritt des Arztes bedauere. In Bezug auf Schockmels Aussagen zum Feminismus spricht Hartmann von einer "individuellen, isolierten Meinungsäußerung". Sie kündigte weitere Gespräche mit dem Abgeordneten an, machte aber deutlich, dass seine Position auch hier nicht die Haltung der DP widerspiegelt.


Die marxistische Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek berichtet:

Zu jenen, die auf die reaktionären Ansichten des DP-Abgeordneten reagierten, gehört die Plattform JIF "Journée Internationale de la lutte pour les droits des Femmes". In ihrer Stellungnahme hieß es, ins Deutsche übersetzt: »Der Feminismus ist keine Ideologie gegen Männer, sondern eine wichtige Bewegung für Gleichberechtigung, Freiheit und Würde aller Menschen. Er hat Fortschritte ermöglicht, von denen die gesamte Gesellschaft profitiert. Die Bedeutung des Feminismus lässt sich gerade an der Heftigkeit seiner Kritiker messen. Die Geschichte zeigt uns, dass der oft kaum verhüllte Hass auf Frauen umso stärker zum Ausdruck kommt, wenn neue Rechte errungen werden und sich feministische Kräfte zusammenschließen. Das sehen wir heute bei diesem Text. Den Feminismus oder das Recht auf Abtreibung in Frage zu stellen, bedeutet, die grundlegendste Freiheit anzugreifen: die Freiheit, über sein Leben selbst zu entscheiden. Den Feminismus als 'gnadenlose Ideologie' zu bezeichnen, sagt nichts über den Feminismus aus, sondern viel über die Angst derer, die es nicht ertragen können, andere Stimmen als ihre eigene zu hören."

Zur Rolle des "Luxemburger Wort" bei der Verbreitung solch reaktionärer Ideen hieß es seitens der JIF wie folgt: "Was das 'Luxemburger Wort' betrifft, so kann es sich seiner sozialen Verantwortung nicht durch einen einfachen Hinweis entledigen, dass 'die geäußerten Meinungen nicht die Redaktion verpflichten'. Eine Zeitung, die sich als eine der Säulen der nationalen Presse versteht, kann nicht ohne Rücksicht auf die Folgen eine Plattform für unbegründete, verächtliche und desinformierende Äußerungen bieten. Im Namen einer sogenannten Meinungsfreiheit, auf die sich oft auch die gefährlichsten Persönlichkeiten unserer Zeit berufen, trägt das Wort einmal mehr dazu bei, Äußerungen zu banalisieren, die den sozialen Zusammenhalt schwächen."


Mit anderen Worten: Der feministischen Plattform zufolge hätte ein Artikel, der ihre Ideologie kritisiert, erst gar nicht veröffentlicht werden dürfen.



Dienstag, Oktober 14, 2025

Abgeordneter erntet Shitstorm: "Der Feminismus gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt"

Heute machen wir eine männerpolitische Reise durch verschiedene Länder Europas: Luxemburg, Irland, Russland und Italien sind die Stationen.



1. In einem Gastbeitrag zur Abtreibungsdebatte hat der Luxemburger Politiker Dr. Gérard Schockmel auch zum Feminismus Stellung bezogen. Schockmel ist Abgeordneter der Demokratesch Partei (DP), die in Luxemburg an der Regierung beteiligt ist. In seinem Beitrag gelangt er zu der folgenden Einschätzung:

Die Debatte hierzulande wird dominiert von der Ideologie des Feminismus in seiner hiesigen Ausprägung: eine rücksichtslose Ideologie, welche die eine Hälfte der Bevölkerung (Frauen) gegen die andere Hälfte (Männer) aufwiegelt, unsere Gesellschaft polarisiert, radikalisiert und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Ein Feminismus, der mit tiefem Hass und Intoleranz reagiert, wenn seine Forderungen in Frage gestellt werden. (…) Ein Feminismus, welcher die systematische Diskriminierung des Mannes zum Ziel hat und diese als "positive Diskriminierung" bezeichnet. Ein Feminismus, der fordert, dass mit staatlichem Zutun gewaltsam eine ausgesuchte Klientel von Frauen in höhere Ämter befördert wird. Nicht die Gleichstellung, nicht demokratische Werte wie Toleranz und Pluralismus sind das Ziel, sondern es geht um Macht, Einfluss, Posten und Privilegien.

Der politische Einfluss des hiesigen Feminismus ist enorm, da Frauen die Hälfte unserer Gesellschaft und die Hälfte unserer Wählerschaft ausmachen. Die Unterstützung der Männer ist dem hiesigen Feminismus sicher, denn kein Mann in führender Position kann es sich mittlerweile in Luxemburg leisten, eine gegenteilige Meinung zu den feministischen Forderungen zu vertreten, ohne zugleich seinen Ruf und seine Stellung zu gefährden. Dasselbe gilt für Politiker, ob Mann oder Frau, und für das Parlament als Ganzes. Das Diktat des Feminismus zwingt unseren Politikern und Männern in führenden Positionen einen Maulkorb auf.

Es ist verständlich, dass Frauen spontan und prinzipiell für Frauenrechte sind und daher Initiativen unterstützen, welche sich aktiv für Frauenrechte einsetzen. Für Frauen bedeutet Frauenrechte zu stärken eine positive und fortschrittliche Entwicklung, die dem Wohl der Gesellschaft dient. Die allerwenigsten Frauen sind sich der subversiven, gesellschaftlich destruktiven Kraft des hiesigen Feminismus bewusst.


Wie um zu beweisen, dass Feminismuskritik tatsächlich zu den großen Tabus unserer Gesellschaft gehört, reagierten auf diesen Beitrag viele Leser mit einem Shitstorm, der sich gewaschen hat.

LSAP-Präsidentin Francine Closener sprach von einem "traurigen und pathetischen" Text, DP-Gemeinderätin Colette Mart von einem "schockierenden". (…) DP-Präsidentin Carole Hartmann distanzierte sich gegenüber RTL Luxemburg von den Aussagen. Der Gastbeitrag sei nicht im Namen der Partei veröffentlicht worden, betonte sie. (…) Yuriko Backes, DP-Ministerin Ministerin für Gleichstellung und Diversität, betonte dagegen, der Feminismus sei nicht nur eine "historisch bedeutende", sondern auch eine "absolut notwendige" Bewegung. Er setze sich gegen ein "soziales Ungleichgewicht" ein – die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Diese habe sich, so Backes, auch in Luxemburg noch bis vor wenigen Jahrzehnten rechtlich niedergeschlagen, etwa beim Wahlrecht oder beim damaligen Verbot für Frauen, ohne Zustimmung ihres Vaters oder Ehemannes berufstätig zu sein.

(…) Francine Closener äußerte Unverständnis darüber, dass ein Abgeordneter der DP, der sich selbst als sozialliberal bezeichnet, "derart frauenfeindliche" Aussagen tätigen könne. Sie stellte die Frage, wie groß die Angst vor Gleichstellung sein müsse, um den Feminismus als radikale Ideologie zu bezeichnen. Zudem kritisierte sie, dass damit nicht nur die Rechte der Frauen, sondern grundlegende Menschenrechte infrage gestellt würden.

(…) Marc Baum, Abgeordneter von déi Lénk, der in den sozialen Medien den Hashtag #IchbinFeminist nutzt, erklärte, (…) der Artikel sei geprägt von "offenkundiger Verachtung für Frauen" und "patriarchalen Herrschaftsfantasien" und zeige, dass der Weg zu einer wirklich gleichberechtigten Gesellschaft noch lang sei.

Stéphanie Empain, Präsidentin von déi Gréng, urteilt, dass Feminismus keine "Diktatur" sei. "Feminismus ist eine Haltung, die uns alle befreit, Frauen UND Männer", stellt sie fest. "Es geht nicht um Spaltung, sondern um Chancengleichheit und Gleichberechtigung".


Alles in allem scheint Dr. Schockmel ein ordentlicher Stich ins Wespennest gelungen zu sein.



2. Der irische Schauspieler Brendan Gleeson ("The Banshees of Iverin") hat es satt, dass Vaterschaft als toxisch dargestellt wird.

Der irische Schauspieler Brendan Gleeson erklärte, dass nicht jeder Vater "toxisch" sei und dass er es leid sei, zu sehen, wie Vaterschaft auf der Leinwand so schlecht dargestellt werde. (…) Bei seiner Rede auf dem BFI London Film Festival am Sonntag betonte Gleeson, (…) wie wichtig es sei, Vaterschaft auf der Leinwand zu feiern.

Der Hollywoodstar sagte gegenüber der Nachrichtenagentur PA: "Ich glaube, Väter haben es in letzter Zeit sehr schwer. Und ich glaube nicht, dass jeder Vater toxisch ist, und ich glaube auch nicht, dass irgendjemand anderes das glaubt. Ich hatte es plötzlich satt, dass Vaterschaft als etwas dargestellt wurde, das fast schon Missbrauch war oder in irgendeiner Weise toxisch oder durch diese emotional verkümmerten Menschen, die ihre Kinder nicht umarmen konnten, in irgendeiner Weise verkürzt wurde, was auch immer es war."




3. Die Münchner Tageszeitung Merkur berichtet mit Bezug auf andere Artikel, wie Russland mit fahnenflüchtigen Männern umgeht:

Das Nachrichtenportal t-online verweist auf das ukrainische Projekt "Ich will leben", wonach sich die Zahl fahnenflüchtiger russischer Soldaten im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt habe. (…) Bis Ende 2025 könnten nach Schätzungen des ukrainischen Projekts binnen eines Jahres bis zu 70.000 russische Soldaten desertieren. Was laut t-online in etwa zehn Prozent der russischen Truppenstärke in der Ukraine entsprechen soll. Einzig im vergangenen Sommer sollen sechsmal mehr Soldaten Putins desertiert sein als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. Dennoch kann das russische Militär diese Verluste offenbar gut kompensieren.

Laut dpa hat Putin jüngst per präsidialem Dekret die Einberufung von 135.000 russischen Männern zum Militärdienst angeordnet, um die heftigen Verluste im Ukraine-Krieg wieder auszugleichen. Diese haben es weiter in sich. (…) Der britische Geheimdienst hatte die russischen Verluste im Juni auf eine Million getöteter, verwundeter oder vermisster Soldaten geschätzt. 250.000 dieser Soldaten aus Russland gelten laut dieser Schätzung aus London als tot oder vermisst, 400.000 bis 500.000 seien so schwer verwundet worden, dass sie nicht mehr in die Gefechte zurückkehren könnten.

Jenen, die desertieren und die dabei geschnappt werden, sollen dagegen drakonische Strafen drohen. So sollen immer wieder Soldaten etwa nicht vom Fronturlaub zurückkehren oder nach Verwundungen heimlich aus Krankenhäusern verschwinden. Laut t-online geht das russische Militär mit außergerichtlicher Gewalt dagegen vor. Desertierte und danach gefangen genommene Soldaten sollen etwa gefoltert werden.

Es soll auch schon zu Exekutionen gekommen sein, also zu Erschießungen. CNN berichtet davon, dass Deserteure brutal gegeneinander kämpfen müssten oder in engen Gruben eingesperrt werden. Ferner werde wohl eine sogenannte "Karussellstrafe" angewandt. Deserteure werden dabei etwa mit einem Seil an ein Fahrzeug gebunden und in voller Fahrt zum Beispiel über ein Feld geschleift.




4. Il Messaggero, einer der größten italienischen Tageszeitungen mit Sitz in Rom, berichtet über eine 27-jährige Frau, die ihren Ex-Partner monatelang gestalkt und bedroht hatte, obwohl es eine einstweilige Verfügungdagegeben gab und sie eine Fußfessel tragen musste. Sie klingelte ständig an seiner Tür, bedrohte seine Familie und kündigte an, sein Auto zu beschädigen, veröffentlichte öffentlich Morddrohungen in den sozialen Medien und kontaktierte ihn mehrfach, ohne Rücksicht auf die gerichtliche Anordnung, dies zu unterlassen. Dabei schickte sie ihm Nachrichten wie: "Ich bin eine Frau, ich kann dich ruinieren, auch wenn du im Recht bist."



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