Freitag, April 21, 2023

Bundesforum Männer prangert in Bildzeitung Diskriminierung von Jungen an

1. Die Bildzeitung hat die mangelnde Bildungsgerechtigkeit für Jungen aufgegriffen:

Ganze sieben Prozentpunkte unterscheidet sich die Wahrscheinlichkeit von Jungs und Mädchen, das Gymnasium zu besuchen. Und zwar über alle Schichten hinweg.

Männer-Experte Schwerma kann das Problem genau benennen. Er sagt: "Die Entwicklungsstufen und Bedarfe von Jungen werden in allen Stufen des Bildungssystems nicht genügend einbezogen. Es braucht mehr Angebote, die sich direkt an Jungen richten."

In der Schule mit großen Klassen und wachsendem Lehrermangel bleibt wenig Zeit, auf die speziellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Die schlechteren Leistungen zeigen jedoch, dass gerade Jungs diese benötigen.

Das "Bundesforum Männer" schlägt zur Verbesserung Folgendes vor:

* Lese-Rechtschreib-Förderung

* sozialpädagogische, auf Jungs abgestimmte Angebote

* Pädagogische Fach- und Lehrkräfte müssen jungenpädagogisch geschult werden

Ein weiterer Grund für das schlechte Abschneiden könnte im Mangel an männlichen Pädagogen liegen. Den Jungs fehlt es an Männern zur Orientierung. Dadurch fällt es ihnen schwer, ihre Identität als Mann zu entwickeln. Diese innere Unsicherheit könnte schlechtere Noten bedingen. Zudem bieten Erzieherinnen und Lehrerinnen als Frauen Angebote eher für Mädchen aus, wodurch Jungs unbeabsichtigt auf der Strecke bleiben.


Die Männerrechtsbewegung spricht seit vielen Jahren über dieses Thema, ich selbst zum Beispiel in meinem 2009 erschienenen Buch "Rettet unsere Söhne". Damals wurden wir aus dem Lager, dem das Bundesforum zugehört, deswegen angegriffen: Wenn wir dieses Problem ansprächen, würden wir damit verschleiern, dass davon Jungen migrantischer Herkunft oder aus den unteren sozialen Schichten besonders betroffen seien, was zeige, dass wir dem rechten Lager zugehörten. Es freut mich, dass das Bundesforum sich jetzt von diesem Mumpitz absetzt und die Benachteiligung von Jungen klar benennt.



2. Die Neue Zürcher Zeitung ist beunruhigt darüber, dass sich immer mehr junge Männer Leuten wie Andrew Tate, "fragwürdigen Männercoaches oder Pick-up-Artists" zuwenden.

Um diesen Gefahren entgegenzutreten, muss die Diskussion um Gleichstellung die Männer einbeziehen. In den letzten Jahrzehnten drehte sie sich vor allem um die Ermächtigung von Mädchen und Frauen – und das zu Recht. Männer haben den Planeten und die Gesellschaften jahrhundertelang dominiert. Frauen verdienen in der Schweiz noch heute durchschnittlich 1500 Franken pro Monat weniger als Männer, sie besetzen seltener Chefposten, sind in der Politik untervertreten und im Alter stärker von Armut betroffen.


Ja, Frauen haben die Folgen ihrer Lebensplanung zu tragen.

Doch Frauenförderung und Männeranliegen sollten sich nicht ausschliessen – im Gegenteil. Sie müssen Hand in Hand gehen. Wer von Gleichstellung spricht, darf die jungen Männer nicht vergessen.

"Moderner Sexismus" – so deutlich benennen die Politologinnen und Politologen der Universität Göteborg das Problem. In einer breit angelegten Studie mit 32.000 Personen in fast allen EU-Ländern sind sie der Frage nachgegangen, wer sich gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter stellt. Überraschenderweise sind es nicht die vielgescholtenen "alten weissen Männer", sondern die jungen, die am meisten Gegenwehr leisten.


Spoiler: Einen Beleg dafür, dass die jungen Männer tatsächlich gegen Gleichberechtigung sind, werden wir in diesem Artikel nicht lesen. (Das tippe ich ein, bevor ich den Artikel tatsächlich gelesen habe, weil ich weiß, dass ich hier nicht enttäuscht werde.)

Westliche Demokratien seien in den letzten Jahrzehnten zunehmend geschlechtergerecht geworden, schreiben die Wissenschafter. Neuere Forschungsergebnisse deuteten nun aber auf einen Rückschlag hin. Der Grund: "Junge Männer nehmen die Fortschritte bei den Frauenrechten am ehesten als Bedrohung wahr."

Die Crux ist: Die Angst der Männer ist nicht ganz unberechtigt. Denn während sich die Situation der Frauen in den letzten Jahrzehnten in der westlichen Welt bedeutend verbessert hat, stagniert die Lage der Männer in gewissen Belangen – oder verschlechtert sich gar. Das sagen keine frauenverachtenden Männerrechtler, sondern die nackten Zahlen.


Ins Deutsche übersetzt: Diese verflixten Männerrechtler liegen in der Sache richtig. Wir Qualitätsjournalisten haben das oft ignoriert.

Zusammengetragen hat sie der britisch-amerikanische Autor Richard Reeves, ein ausgewiesener Fürsprecher der Gleichstellung. In seinem neuesten Buch "Of Boys and Men" zeigt er, dass amerikanische Männer mehr Gewalttaten verüben, häufiger suchtkrank sind, öfter Suizid begehen, schulisch schlechter abschneiden als Frauen und gemessen am Reallohn heute meist weniger verdienen als ihre Geschlechtsgenossen eine Generation zuvor.


Man könnte hier auch auf deutschsprachige Autoren hinweisen, die dasselbe schon seit Jahrzehnten schreiben, aber dann könnte man eben nicht über vermeintlich "frauenverachtenden Männerrechtler" herziehen. Also zieht man lieber einen US-Amerikaner heran, der Jahrzehnte später dasselbe sagt.

Reeves zitiert in seinem Werk eine bemerkenswerte Aussage der amerikanischen Wirtschaftswissenschafterin Melissa Kearney, die sich besorgt zeigt über das wirtschaftliche, soziale und familiäre Leben der Männer: "Seit 20, 30, 40 Jahren fokussiert die Forschung auf Frauen und Kinder. Wir müssen anfangen, uns auch über die Männer Gedanken zu machen."


Aber wäre das denn nicht schlimmer Frauenhass?

Diese Erkenntnis lässt sich nicht eins zu eins auf Europa und die Schweiz übertragen. Aber auch hierzulande sind Männer häufiger arbeitslos, werden öfter kriminell und haben eine tiefere Lebenserwartung als Frauen. Und auch in hiesigen Klassenzimmern ist in den letzten Jahren das Ungleichgewicht zulasten der Männer gekippt.

Buben schneiden bei der Pisa-Studie regelmässig schlechter ab als Mädchen. Machten 1980 noch etwas mehr junge Männer die Matura, sind die jungen Frauen heute deutlich in der Überzahl.


Gut, aber woher hätten man das alles wissen sollen? Vor Reeves hat miemand je darüber geschrieben …

Es ist Zeit, dass Bewegung in die Sache kommt.


Etwa gar eine … Männerrechtsbewegung?

Es ist Zeit, die Unsicherheit, das "Unbehagen" der Männer ernst zu nehmen, es zu benennen und darüber zu sprechen. Das gilt für das Bildungswesen, die Politik und die Männer selbst.


Aber sobald ihr diese Aufforderung ernst nehmt, schreiben wir Journalisten "Reingefallen!" und machen euch als Frauenhasser runter.

Denn sie haben sich bisher fast gar nicht in die Diskussion eingebracht. Abgesehen von einzelnen Gruppierungen, die in ihrem Dunstkreis angeregte Diskussionen führen, bleiben die meisten Männer stumm.


Ja, abgesehen von einigen hundert Männer-Aktivisten, die von den Leitmedien ausgegrenzt werden, schweigen viele aus Angst vor Ausgrenzung oder wegen mangelnder Information.

Doch auch sonst steckt die Diskussion hierzulande noch in den Kinderschuhen. In Schwedens Schulen ist bereits von einer "pojkkrisen", einer Bubenkrise die Rede. Australien hat unlängst ein Leseprogramm extra für Buben entwickelt. Die American Psychological Association hat spezifische Richtlinien für die Arbeit mit Knaben, Männern und Vätern herausgegeben.

Solche Unterstützung zahlt sich längerfristig aus. Haben junge Männer Erfolg in Schule und Beruf, verringert das die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu Vertretern des "modernen Sexismus" verkommen, wie die Göteborger Politologen in ihrer Studie zeigen. Wirtschaftliche Probleme, so die Forscher, führten nämlich häufig dazu, dass Männer die Frauenrechte als Bedrohung wahrnähmen.


Ins Deutsche übersetzt: Sobald Geschlechterpolitik nicht mehr einseitig zu Lasten der Männer geht, sinkt das Risiko einer Revolte gegen diese Geschlechterpolitik.

Man muss nicht gleich so weit gehen wie Richard Reeves, der in seinem Buch vorschlägt, Buben ein Jahr später einzuschulen als Mädchen, um die durchschnittlich etwas verzögerte Entwicklung auszugleichen. Aber für kommende Entscheide, Förderprogramme und Lehrpläne muss eine Erkenntnis berücksichtigt werden: Vergesst die Buben und die jungen Männer nicht.


Die "alten weißen Männer" hingegen darf man vergessen, da droht kein Aufbegehren.



3. "Die Zeit" beschäftigt sich mit den Benachteiligungen von Männern in der Ukraine. Wenn es sich dabei um "nicht binäre" Männer handelt, ist es nämlich total ungerecht, dass sie auch benachteiligt werden. Das verrät der Artikel "Kein Mann und trotzdem zum Bleiben gezwungen". Immerhin sprechen mehrere Leserkommentare an, wie fragwürdig diese Moral ist:

Wäre es im umgekehrten Fall möglich, hier einen Artikel zu lesen, wo in einem fiktivem Land nach dem Einmarsch religiöser Extremisten alle Frauen zwangsverheiratet werden und einem Transmann die Ausreise verweigert wird, weil im Pass noch das weibliche Geschlecht steht? Oder läge das Augenmerk dann doch auf den Frauen im Land?




4. Christian Schmidt zerpflückt Katharina Schulzes "15-Punkte-Plan für Geschlechtergerechtigkeit", in dem "Gerechtigkeit" bedeutet, dass man sich allein um die Anliegen einer Seite kümmert.



5. In Beiträgen deutscher Medien wird das Thema "Incels" ausschließlich zum Niedermachen der Männer benutzt, die sich dort finden. Das populärwissenschaftliche Magazin Psychology Today geht mit diesem Thema seriöser um und hat einen Artikel veröffentlicht, der erörtert, warum diese Bewegung für einige Männer anziehend wirkt.

Incels sind Männer, die sich unfreiwillig zölibatär fühlen, und viele geben Frauen die Schuld für ihren mangelnden sexuellen und/oder romantischen Erfolg. Trotz der psychologischen Forschung, die sich mit dem Incel-Phänomen befasst, haben wir immer noch Schwierigkeiten, die Ursachen dafür zu ergründen, warum sich viele junge Männer zu diesem Phänomen hingezogen fühlen.

Hier sind zwei Erkenntnisse, die uns helfen können, das Phänomen in die richtige Perspektive zu rücken. (…)

1. Junge Männer, die sich der Incel-Bewegung anschließen, werden eher ausgegrenzt

In einem Interview mit dem britischen Journalisten Piers Morgan aus dem Jahr 2022 wurde Jordan Peterson, ein umstrittener kanadischer Psychologe, gefragt, ob er sich als "intellektueller Held" der Incel-Gemeinschaft sehe.

Peterson antwortete: "Es ist sehr schwer zu verstehen, wie demoralisiert die Menschen sind, und sicherlich gehören viele junge Männer zu dieser Kategorie. Sie wissen nicht, wie sie sich für Frauen attraktiv machen können, die dazu neigen, wählerisch zu sein, und das zu Recht. Aber diese Männer sind einsam, und jeder beschimpft sie."

Eine kürzlich in der Zeitschrift Current Psychology veröffentlichte Studie ergab, dass "Incels" mehr Einsamkeit und weniger soziale Unterstützung erfahren als Männer, die keine "Incels" sind. Dies wird mit zahlreichen psychischen Problemen und Beziehungsschwierigkeiten in Verbindung gebracht. Wenn diese einsamen Männer eine Online-Gemeinschaft finden, die sie aufgrund gemeinsamer Erfahrungen zu "verstehen" scheint, strömen sie dorthin, um ein Gefühl der Zugehörigkeit zu bekommen.

Der Kern der Incel-Gemeinschaft ist ein Gefühl der Minderwertigkeit und der sexuellen und romantischen Bedeutungslosigkeit, das sich in Form von Hass auf Frauen äußern kann. Diese Männer glauben, dass die Frauen direkt für ihre Probleme verantwortlich sind. Dies kann zu einer weiteren Marginalisierung führen.

Um dem entgegenzuwirken, muss unbedingt überprüft werden, wie wir als Gesellschaft mit denjenigen umgehen, die sich unattraktiv fühlen oder aus anderen Gründen vom anderen Geschlecht nicht wahrgenommen werden. Der weit verbreitete Spott, das Mobbing, die Meme und die Ausgrenzung derjenigen, die einsam sind, müssen eingedämmt werden - und ein unterstützender Ansatz zur Selbstverbesserung muss zur Norm werden.

Das soll nicht heißen, dass jeder, der sich ausgegrenzt fühlt, in diesen Gemeinschaften Unterstützung sucht. Die Incel-Gemeinschaft kann Menschen mit bestimmten bereits vorhandenen Tendenzen anziehen, was zum nächsten Punkt führen kann.

2. Incels haben oft mit schweren, unbehandelten psychischen Erkrankungen zu kämpfen

In einer neuen Studie, die im Journal of Sexual Medicine veröffentlicht wurde, wurde festgestellt, dass Männer, die in Bezug auf die Eigenschaften von Incels hohe Werte erreichten, wahrscheinlich auch depressiv, ängstlich und paranoid sind. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass dieselben Männer (im Vergleich zu denjenigen, die niedrige Werte bei den Incel-Eigenschaften aufwiesen) eher zu einem ängstlichen Bindungsstil neigen. Die Studie ergab auch, dass eine hohe Punktzahl auf Skalen zur Messung von Paranoia, Depression und einem ängstlichen Bindungsstil das Auftreten von Incel-Eigenschaften vorhersagen kann.

In einem Interview wies der Hauptautor der Studie, Dr. Giacomo Ciocca, darauf hin, dass Angehörige der Gesundheitsberufe und Psychologen darin geschult werden sollten, diese Merkmale zu beurteilen.

Das Erkennen dieser Merkmale bei Menschen, die mit romantikbedingten depressiven, ängstlichen oder paranoiden Symptomen zur Therapie kommen, kann der Schlüssel zum besseren Verständnis sein. Einige Männer reagieren möglicherweise weniger auf therapeutische Interventionen, die sie als Mittel zur Kontrolle und Unterwerfung zu gefügigen "Beta"-Männern ansehen.

Die Studie ergab auch, dass ein sicherer Bindungsstil Personen, die bei Paranoia und Depressionen hohe Werte aufweisen, möglicherweise davor schützen könnte, sich einer Incel-Mentalität anzuschließen.

Schlussfolgerung

Diese Gruppe von Männern kämpft mit psychischen Problemen. Bevor sie sich der Bewegung anschlossen, wurden diese Männer wahrscheinlich an den Rand gedrängt, und sie sehen die Gemeinschaft als etwas Aufmunterndes an, ohne zu merken, dass sie sich selbst tiefer in die Unattraktivität und Verzweiflung stürzen. Größere Investitionen in die präventive psychische Gesundheit - die Bereitstellung von Beratung, Unterstützung und Ressourcen für marginalisierte Personen - sind der beste Weg, um das Problem in den Griff zu bekommen.


Aber Incels niederzumachen bereitet vielen Menschen ein wesentlich größeres Vergnügen.



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