Donnerstag, April 06, 2023

"Väteraufbruch für Kinder" wirft Soziologin Diffamierung vor

1. Der Verein "Väteraufbruch für Kinder", Mitglied des staatlichen Bundesforums Männer, hat eine brisante Stellungnahme zu öffentlichen Denunziationen des Vereins im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch veröffentlicht. Der Väteraufbruch bezichtigt vor allem die Autorin und Soziologin Christina Mundlos der Diffamierung und führt unter anderem folgendes aus (zahlreiche Quellenangaben jeweils im verlinkten Original):

Frau Mundlos bedient (…) ein ausschließliches "Täter = Väter" und "Opfer = Mütter"-Bild. Sie stützt ihre Argumentation auf nachweislich falsche Behauptungen. So behauptete Frau Mundlos sowohl gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als auch im ZDF, 90% der häuslichen Gewalt würde von Männern ausgehen. Zutreffend ist, dass die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zum Thema Partnerschaftsgewalt 78,8% tatverdächtige Männer und 21,2% tatverdächtige Frauen ausweist. Tatverdächtige bedeutet nicht, dass es sich auch tatsächlich um Täter oder Täterinnen handelt. Bei häuslicher Gewalt weist die PKS 71% weibliche und 29% männliche Opfer aus. Diese Zahlen decken das Hellfeld der angezeigten Taten ab. Das Dunkelfeld ist, wie man aus zahlreichen Studien weiß und worauf auch die PKS hinweist, erheblich größer. Insbesondere bei Männern ist eine höhere Hemmschwelle zur Anzeige von erlittener Gewalt festzustellen, zumal es für diese nahezu keine Hilfs-Infrastruktur gibt. Dunkelfeldstudien haben immer wieder belegt, dass die Gewaltbetroffenheit zwischen Männern und Frauen in Beziehungen in etwa symmetrisch verteilt ist, mit Unterschieden bei den Gewaltformen.

Weiterhin versteigt sich Frau Mundlos in die unbelegte (und unbelegbare) Behauptung, dass "wir es in Wirklichkeit in bis zu 63% der Umgangs- und Sorgerechtsverfahren mit väterlicher Gewalt zu tun" hätten. Erst kürzlich teilte die Bundesregierung auf Anfrage der Fraktion "Die Linke" mit, dass entsprechende Zahlen nicht vorliegen. Die Zahlen decken sich auch nicht ansatzweise mit Praxisbeobachtungen, bei denen häusliche Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren nur einen kleinen Anteil ausmacht – und dort auch von beiden Geschlechtern ausgehen kann. Auch die Behauptung von Frau Mundlos, lediglich 3% der Frauen würden im Gerichtssaal falschen Angaben machen, ist nicht haltbar und beruht auf nachweislich falscher und irreführender Darstellung. Die Vorgehensweise von Mundlos und ihrem Unterstützerkreis wurde von [dem Soziologen Hans-Joachim] Lenz bereits 2004 wie folgt beschrieben:

"Insbesondere die feministische Variante der Frauenbewegung griff dabei sowohl auf universalisierende ("Alle Männer sind gewalttätig") als auch auf naturalistisch-biologisierende Denkmuster ("Frauen sind gut" und "Männer sind böse") zurück, was von einzelnen Geschlechterforscherinnen immer kritisiert worden war und noch wird. Die sich vormals gesellschaftspolitisch verstehende Frauenbewegung ist inzwischen zu einer Projektebewegung mutiert, deren berufspolitische Interessen um den Erhalt des Arbeitsplatzes zunehmende Bedeutung erhält. Dabei wird auf geschlechterdualistische Vorurteile zurückgegriffen, die eine vehemente Beharrungskraft zeigen und sich inzwischen auch auf der politischen Ebene finden. Das Opfer-Täter-Schema gehört "zum selbstverständlichen Grundmuster der Wahrnehmung des Geschlechterverhältnisses und seiner regierungsamtlichen Bearbeitung".


Der Väteraufbruch vermutet, dass "anscheinend vor allem der Missbrauch von Kindern durch Mütter unter Zuhilfenahme der Medien unsichtbar gemacht werden soll". (Ich selbst kann zu diesen und allen anderen Vorwürfen in der Stellungnahme nichts sagen, weil ich mich nicht näher damit beschäftigt habe. Dieser Blogbeitrag kann deshalb die erhobenen Vorwürfe nur dokumentieren, ohne sich ihnen inhaltlich anzuschließen.)

Weiter heißt es in der Stellungnahme des Vereins:

Als Beleg für die angebliche Diskriminierung von Müttern im Familienrecht wird auf eine "Studie" des seit langem berenteten Soziologen Dr. Wolfgang Hammer verwiesen. Ein Werk, welches praktisch durch den Unterstützerkreis von Frau Mundlos und Alleinerziehendenverbänden erstellt und vermarktet wird und welches keinerlei belastbare Basis liefern kann, wie schon mehrfach festgestellt wurde. [Es folgt eine Reihe von Belegstellen.] Dafür enthält das Werk die üblichen, auch gegenüber den Gerichten erhobenen Denunziationen, die auch Frau Mundlos gerne bedient. Zu diesen gehören die Erzählung der angeblichen, pädokriminellen väterlichen Weltverschwörung, der Misogynie und Frauenfeindlichkeit, des rechten Gedankengutes oder der "radikalen Väterrechtsvereine".

(…) Der Väteraufbruch für Kinder hat zum Thema häusliche Gewalt eine klare, öffentlich einsehbare Position32. Gewalt entsteht durch Handlungen, nicht durch das Geschlecht. Gewalt ist gerade in Partnerschaften und unter Eltern keine Lösung. Bedenklich sehen wir es, dass durch den aktuellen Missbrauch des Gewaltbegriffes auch tatsächlichen Gewaltopfern unter Umständen unberechtigtes Misstrauen und nicht ausreichend Unterstützung zuteilwerden könnte.

Wir wenden uns als VAfK weiterhin gegen jede Form des Geschlechterkampfes und treten für ein Miteinander von Vätern und Müttern im Sinne der Kinder ein, wovon sich jeder anhand unserer Tätigkeit und unserer Veröffentlichungen gerne überzeugen kann. Gute Lösungen für Kinder kann es nur in einem Miteinander und nicht in einem Gegeneinander geben.

(…) Gewalt, Missbrauch und kindeswohlschädliches Verhalten gibt es sowohl von Vätern als auch von Müttern. Keines darf hingenommen werden und das Geschlecht eines Elternteils darf weder über den Kinderschutz noch über den Schutz eines gewaltbetroffenen Elternteils bestimmen. Daher müssen wir uns von unrealistischen Rollenbildern trennen und Menschen nach ihrem Verhalten beurteilen.




2. "Gendern: Sprachaktivisten erreichen nur ihr Milieu" schlagzeilt die Frankfurter Allgemeine. In dem Gastbeitrag des diplomierten Soziologen und Psychologen Stefan Beher (Bezahlschranke) geht es um eine Studie des Politologen Sebastian Jäckle: "Per aspera ad astra – Eine politikwissenschaftliche Analyse der Akzeptanz des Gendersterns in der deutschen Bevölkerung auf Basis einer Online-Umfrage" (erschienen in: Politische Vierteljahresschrift 63/3).

Um die bei solchen Themen erwartbare Emotionalität zu vermeiden, wählte er zur Erfassung der Sprachpräferenzen einen indirekten Weg. Seine mehr als zehntausend Probanden konnten sich anlässlich einer Befragung zu verschiedenen politischen Themen vorab selbst entscheiden, ob sie die einzelnen Fragen lieber in "gendergerechter" Form oder wahlweise auch im generischen Maskulinum präsentiert bekommen.

Die Ergebnisse fielen sehr eindeutig aus: Drei Viertel der Befragten bevorzugten die Ansprache im generischen Maskulinum; nur 21 Prozent bevorzugten die "gendergerechte" Variante. Beliebter war Letztere bei Frauen im Vergleich zu Männern, bei Stadt- im Vergleich zu Landbewohnern, bei Sympathisanten von Grünen und Linken im Vergleich zu Sympathisanten von CDU, FDP und AfD sowie bei Personen mit formal höherer Bildung.

Ähnliche Ergebnisse waren aus früheren Umfragen bekannt. Der Neuheitswert der vorliegenden Untersuchung liegt in der tieferen Analyse der Präferenzen über das Antwortverhalten aus der politischen Befragung. Hier zeigt sich etwa, dass sich in keiner der vorbenannten Gruppen eine Mehrheit "gendergerechte" Sprache wünscht. Die deutliche Mehrheit der Frauen lehnt diese ebenso ab wie die klare Mehrheit der unter Dreißigjährigen oder der Sympathisanten von Grünen und Linkspartei, bei denen es immerhin die relativ größten Minderheiten unter den Fürsprechern im Parteienspektrum zu verzeichnen gibt. Besonders eindrücklich: Noch unter Menschen, die ihr eigenes Geschlecht als "divers" verstanden, konnte sich keine Mehrheit für "gendergerechte" Sprache begeistern. Es sind also keineswegs die in diesem Zusammenhang viel beschworenen "alten weißen Männer", die keine Gendersprache lesen und hören möchten, sondern so gut wie alle Bevölkerungsgruppen einschließlich solcher, deren vorgebliche Interessen für diese oft fälschlich als Sprachwandel beschriebene Vorgabe in aller Regel angeführt werden.

(…) Wer steckt nun aber umgekehrt hinter der Minderheit von Personen, die die Verwendung von Gendersprache befürwortet? Auch hier liefert die Studie eine bemerkenswerte Antwort: Merkmale, die irgendetwas mit Sex oder Gender zu tun haben, spielten, wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle im Abgleich mit rein politischen Kategorien. Dabei markierte die Sympathie für bestimmte Parteien gar nicht das entscheidendste Merkmal. Viel wichtiger erschien eine markante Selbstbeschreibung als "politisch links". Diese Verortung allein war allerdings immer noch nicht ausschlaggebend für die Vorliebe für Gendersprache. Hinzukommen musste ein weiteres Merkmal, das den vergleichsweise höchsten Einzelbeitrag zur Vorhersage für eine Präferenz von gegenderter Sprache lieferte: die starke Befürwortung staatlicher Regulierung.

Goutiert wird die sogenannte inklusive Sprache also weder mehrheitlich noch vorrangig von denjenigen, die sie inkludieren soll, sondern von einer interventionistischen politischen Linken, bezeichnenderweise also von genau denen, die sich deren Durchsetzung auf allen Ebenen noch in den vermeintlichen Zielgruppen auf ihre Fahne geschrieben haben. Im Namen von Toleranz und Menschenfreundlichkeit, ja als Imperativ moralischer Notwendigkeit sollen andere so sprechen, wie nur sie es gerne hätten.




3. Ebenfalls in der Frankfurter Allgemeinen findet man den Artikel "Mit der feministischen Bazooka" (Bezahlschranke). Ein Auszug:

Männer sind in den Augen mancher junger Feministinnen Abfall: #menaretrash heißt es auf Twitter seit einigen Jahren. Die Autorin Sibel Schick schreibt in ihrem Gedicht "Männer sind Arschlöcher", es habe System und Struktur, "dass Männer Arschlöcher sind". Selbst der netteste Mann profitiere davon und setze sich nicht gegen das Patriarchat ein.

Der Mann ist also der Feind, den es zu bekämpfen gilt. Abfall muss schließlich weg. Dafür wird die feministische Bazooka rausgeholt – und Parteien wie die Linkspartei, die Grünen und die SPD machen bereitwillig im ausgerufenen Geschlechterkampf mit.

Linke schwadronieren von kapitalistisch-patriarchalen Fesseln. Grüne warnen davor, dass feministische Errungenschaften in Gefahr seien, und sehen antimoderne Kräfte am Werk, die das Rad der Zeit zurückdrehen wollen. Annalena Baerbock ruft die feministische Außenpolitik aus, obwohl Außenpolitik doch eigentlich alle Menschen im Blick haben sollte. Bärbel Bas fordert Parität im Bundestag.

Auch Olaf Scholz, der sich selbst als Feminist bezeichnet, setzt sich für verordnete Gleichstellung ein, um dann unfreiwillig zu beweisen, dass Quoten eben nicht das Allheilmittel sind, vor allem nicht, wenn sie sich nicht einhalten lassen, Stichwort Lambrecht/Pistorius.


In den folgenden Absätzen vergallopiert sich der Artkel leider: Frauen würden in Deutschland benachteiligt, was sich dadurch belegen ließe, dass sie weniger verdienten, weniger in Vorständen zu finden seien sowie "Gewalt erlebten". Bei ihrem notwendigen Kampf für Gleichberechtigung agierten Feministinnen jedoch falsch: "Sie machen das, was sie der Männerwelt unterstellen: Sie diskriminieren und begegnen Kritik mit Totschlagargumenten" Sie stellten Männer unter Generalverdacht und werteten sie ab.

Beides erzeugt kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander. Männer, die für ihr Geschlecht derart angegangen werden, werden ihrerseits wohl kaum zu überzeugten Feministen, inklusive sogenannter gendergerechter Sprache. Zudem sorgt ein Sternchen ebenso wenig für Geschlechtergerechtigkeit wie eine verordnete Parität. Letztere wäre sogar ein Verstoß gegen die demokratischen Prinzipien der freien Wahl.

Frauen werden von Feministinnen oft als schwach und hilflos dargestellt. Die Schriftstellerin Ronja von Rönne schrieb schon vor Jahren, der Feminismus bleibe im Flur stehen und beschwere sich – bis irgendwann eine Frau komme, über den Flurfeminismus steige und die Tür selbst aufmache. Der Feminismus überlässt die Entscheidung also den (mächtigen) Männern, ob sie die Türen öffnen, weil Frauen es ja anscheinend nicht selbst können.

Das ist nicht Gleichstellung, sondern Unterwerfung. Und übersehen wird, dass sich auch für Männer nicht einfach so Türen öffnen. Ein Mann wird sein Berufsleben ebenfalls im Flur verbringen, wenn er nicht die Klinke herunterdrückt. Da spielt das Geschlecht keine Rolle.

Feminismus, so stellte Rönne zutreffend fest, habe seine Inhalte abgeschüttelt. Es ist schick, sich als Feministin oder als Feminist zu geben, für viele eine PR-Maßnahme ohne Substanz. Das gilt nicht nur für zahlreiche Ampelpolitiker. Selbst die CDU sucht ihr Heil in der Quote und beugt sich dem Zeitgeist.

Dass sie dadurch attraktiver für Frauen wird, ist nicht gesagt. Viele Frauen sehen sich selbst nicht als Feministinnen. Mit Rückständigkeit hat das nichts zu tun, sondern wohl eher damit, dass sie sich nicht von einer privilegierten Minderheit sagen lassen möchten, wie sie zu leben haben.


(Ronja von Rönne hat sich übrigens nach einer Shitstorm voller Anfeindungen von ihrem feminismuskritischen Artikel abgewandt und tritt inzwischen zusammen mit Margarete Stokowski auf.)



4. Das Magazin CICERO beschäftigt sich in einem weiteren Beitrag mit "Petz-Portalen" wie der Meldestelle Antifeminismus. Verteidigt wird die Meldestelle von Veronika Kracher, die als "Expertin für belastende Männer im Internet" firmiert und das Monitoring bei der Antifeminismus-Meldestelle betreut. Kracher bezeichnet Antifeminismus als "Verschwörungstheorie. Nämlich die, dass Frauen Feminismus überhaupt nicht wollen und sich stattdessen lieber weiterhin den Männern unterwerfen würden." Antifeministen bescheinigt Kracher ein "binäres Weltbild. Sie sehen Frauen nicht als Individuum, sondern als Gruppe. Ich nenne das immer das ‚Lochkollektiv‘."

Mit der Meldestelle wolle man Frauenhass sowie Sexismus im Netz endlich großflächig untersuchen, so dass antifeministische Accounts irgendwann einfacher gesperrt werden könnten. Die vielstimmige Kritik an dieser Einrichtung zeige Kracher zufolge, dass wir "nach wie vor in einer patriarchalen Gesellschaft leben".

Laut Leipziger Autoritarismus Studie hat ein Viertel der Deutschen ein geschlossen antifeministisches Weltbild, so die Frauenhass-Expertin. Im Programm der AfD, ja sogar der CDU/CSU und FDP fänden sich antifeministische Inhalte. "Ein Skandal, denn Antifeminismus ist oft der Türöffner in rechtsextreme Gedanken und antisemitische Verschwörungsideologien."


Kracher selbst war bereits mit Online-Mobbing gegen Männerrechtler aufgefallen, das mindestens in meinem Fall mit Falschbehauptungen gespickt war.



5. Inzwischen ist auch der Schweizer Tages-Anzeiger auf den Professor für Soziologie Martin Schröder aufmerksam geworden und befragt ihn zu seinem Buch "Wann sind Frauen wirklich zufrieden?" Ein Auszug aus dem Interview, das hinter einer Bezahlschranke steht:

Tages-Anzeiger: Herr Schröder, Sie finden, es gebe keinen Grund mehr, Frauen einen Opferstatus einzuräumen. Das kommt in Kommentarspalten und Medienberichten nicht nur gut an.

Professor Martin Schröder: Solche Reaktionen sind okay, man darf mir auch widersprechen. Schade ist nur, wenn die Kritik sich nicht auf die Argumente bezieht, sondern auf mich als Person. Aber da muss man durch.


Übrigens belegen diese heftigen Reaktionen, dass es nicht am Auftreten von uns Männerrrechtlern liegt, wenn wir angefeindet werden, sondern tatsächlich an unseren politisch unerwünschten Botschaften. Auch als der Soziologe Christoph Kucklick sein Buch "Das unmoralische Geschlecht" in Artikeln für "Zeit" und Spiegel-Online vorstellte, hagelte es entrüstete und aggressive Reaktionen. (Kucklick belegte, dass Männerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft seit mehr als 200 Jahren die Diskurse beherrscht.)

Im Interview des Tages-Anzeigers heißt es weiter:

Tages-Anzeger: Sie schreiben, dass es den Frauen in Wirklichkeit besser gehe, als Feministinnen und Gleichstellungsbeauftragte behaupteten.

Professor Martin Schröder: Ja. Natürlich ist Diskriminierung nie in Ordnung. Und die Daten zeigen durchaus, dass einige Frauen und Männer sich aufgrund ihres Geschlechts in gewissen Bereichen diskriminiert fühlen. Um das zu verbessern, müssen wir aber zuerst wissen, wo die wirklichen Probleme liegen. Ansonsten gehen wir von falschen Voraussetzungen aus. Und da muss man erst mal von den Daten ausgehen, die zeigen: Frauen geht es gut. Insofern kann man auch argumentieren: Im Wesentlichen ist die Emanzipation abgeschlossen, da es Frauen und Männern gleich gut geht. Grundsätzlich sind bei uns ja alle für Gleichberechtigung, und diese ist im Wesentlichen auch erreicht, wenn man sich beispielsweise den Index "Women, Business and the Law" der Weltbank für Deutschland, aber auch für andere entwickelte Länder anschaut.

(...) Ich stelle anhand vieler Daten fest, dass Frauen – und übrigens auch Männer – recht zufrieden sind. Viele Feministinnen interessieren sich aber gar nicht dafür, wie es Frauen tatsächlich geht. Sie bezeichnen Frauen, allein weil sie Frauen sind, als unterworfen und machtlos. Sie werten Frauen, die sich nicht als Opfer ansehen, sogar ab. Ich zitiere im Buch einflussreiche Feministinnen, die sagen: Selbst wenn ihr euch emanzipiert fühlt, seid ihr in Wahrheit unterdrückt. Meiner Meinung nach ist es jedoch illiberal, erwachsenen Menschen zu unterstellen, unterdrückte Opfer zu sein, selbst wenn sie das Gegenteil beteuern.

(…) Tages-Anzeger: In welchen Bereichen sind Frauen denn weniger benachteiligt als gedacht?

Professor Martin Schröder: Im Beruf wird beispielsweise oft argumentiert, dass Frauen kaum Aufstiegschancen haben. Auf die Frage "Sehen Sie die Möglichkeit, beruflich voranzukommen?" antworten aber nicht weniger Frauen als Männer positiv. Im Privatleben heisst es oft, dass Frauen in Beziehungen unterdrückt werden und sich stark nach den Männern richten. Wenn man jedoch in Umfragen wissen will: «Haben Sie das Gefühl, in Ihrer Beziehung ohne Konflikte erreichen zu können, was Sie möchten?», stimmen sogar mehr Frauen als Männer zu. Es sind also gemäss Umfragen eher Männer, die sich eingeschränkt fühlen.

(…) Messbar zeigt sich jedoch, dass sich die Stunden Freizeit, die Männer und Frauen haben, nicht unterscheiden. Würden sich die Frauen immer aufopfern, müssten sie auch weniger Freizeit haben. Das ist aber nicht der Fall. Wenn wir nun sagen, dass Frauen sich deswegen weniger eingeschränkt fühlen, weil sie sich mit weniger zufriedengeben, reden wir Frauen zudem ein, dass sie eigentlich unzufriedener sein müssten, selbst wenn sie das Gegenteil beteuern. Das ist es, was ich illiberal finde.

(…) Tages-Anzeger: Im privaten Bereich zeigt Ihre Analyse, dass Frauen mehr Fürsorgearbeit leisten, sich aber nur etwa jede vierte Frau wünscht, dass sich ihr Mann mehr um die Kinder kümmert. Allerdings steigt der Anteil jener Frauen, die damit unzufrieden sind. Das zeigt doch gerade, dass dies mit höheren gesellschaftlichen Ansprüchen an Frauen in Bezug auf Familienarbeit zu tun hat.

Professor Martin Schröder: Es zweifelt niemand daran, dass Sozialisierung einen gigantischen Einfluss auf Menschen hat. Aber wenn Sie Menschen fragen: «Haben Sie das Gefühl, Sie haben die Kontrolle über Ihr Leben?», dann geben sowohl Männer als auch Frauen auf einer Skala von 1 bis 7 ungefähr fünfeinhalb Punkte. Daten zeigen zum Beispiel, dass Mütter häufig gar nicht so viel arbeiten wollen wie Väter. Und Mütter, die weniger arbeiten, sind nicht unzufriedener. Deswegen befürworte ich Massnahmen, die Menschen mehr Entscheidungsmöglichkeiten geben, statt dass man ihnen beispielsweise vorschreibt, wie viel Elternzeit sie beziehen müssen, um einen besseren Ausgleich zwischen den Geschlechtern zu erzwingen.

Tages-Anzeger: Zwischendurch liest sich Ihr Buch, als hätten Sie es auf eine Provokation abgesehen. Wenn Sie zum Beispiel festhalten, Gleichstellungsstudien würden es geradezu darauf anlegen, Diskriminierungen nachzuweisen.

Professor Martin Schröder: Ich weiss, was Sie meinen. Mein Buch wirkt vielleicht so, als würde ich Streit suchen, aber das kann ich wirklich ausschliessen. Dieser Eindruck entsteht, weil in einigen der von mir kritisierten Studien meiner Meinung nach tatsächlich haarsträubende Fehler gemacht werden und ich dies thematisiere. Aber das Deutungsangebot «Wir erklären das Leben von Frauen hauptsächlich durch Diskriminierung und Benachteiligung», das gibt es ja schon. Ich versuche, ein anderes Deutungsangebot aufzubauen. Also dass man das Leben von Frauen besser durch Präferenzen und freie Entscheidungen erklären kann als durch klassische Diskriminierungen. Und es ist doch komisch: Wir empfinden es als unproblematisch, jungen Frauen entgegen besseren Daten weiszumachen, das Leben halte nur Abhängigkeit und Benachteiligung für sie bereit, doch wir sehen es als problematisch an, wenn man mit Daten zeigt, dass viele Frauen mit ihrem Leben zufrieden sind. Wieso haben wir solch einen Drang, Frauen selbst dann als Opfer zu sehen, wenn sie sich selbst nicht so fühlen?

(…) Tages-Anzeger: Was erhoffen Sie sich?

Professor Martin Schröder: Dass man anfängt, Frauen zuzuhören, was sie wollen, statt über sie zu entscheiden. An meiner früheren Universität in Marburg ist es beispielsweise so, dass alle Professuren, die nicht zu 50 Prozent mit Frauen besetzt sind, rot markiert sind, also zum Beispiel Mathematik. Doch ob Frauen dieselben Interessen haben, interessiert dabei niemanden. Nebenbei bemerkt: Wenn in der Romanistik 90 Prozent aller Professuren mit Frauen besetzt sind, ist es kein Problem. Gleichstellung ist aber nur da angebracht, wo es eine Diskriminierung gibt.

Tages-Anzeger: Was ist mit Männern, die sich benachteiligt fühlen? Sie erwähnen, dass Frauen bei Professorenstellen in Gesellschaftswissenschaften deutlich bessere Chancen bei gleicher Qualifikation haben.

Professor Martin Schröder: Genauso wie Frauen nicht generell, sondern in spezifischen Bereichen benachteiligt sind, sind es auch Männer in bestimmten Bereichen. Relativ gut belegt ist der Faktor, dass es Jungen in der Schule schwerer haben, weil es kaum männliche Lehrer gibt. Männer sterben früher und sind öfter einsam als Frauen. Ich bin jedoch dagegen, die Männer pauschal als nächste Opfergruppe auszurufen. Wenn man sich die Daten anschaut, ist die Zufriedenheit bei beiden Geschlechtern bei etwa 7,4 von 10 Punkten. Also ganz gut.




6. Falschbeschuldigungen sexueller Gewalt gehen inzwischen sogar von künstlichen Intelligenzen wie Chat GTP aus. Ein Betroffener berichtet in der Zeitung "USA Today":

Einige von uns haben vor der Gefahr politischer Voreingenommenheit bei der Verwendung von KI-Systemen, einschließlich Programmen wie ChatGPT, gewarnt. Diese Voreingenommenheit könnte sogar zu falschen Anschuldigungen führen, was mir kürzlich passiert ist.

Ich erhielt eine merkwürdige E-Mail von einem befreundeten Juraprofessor über eine Untersuchung, die er auf ChatGPT über sexuelle Belästigung durch Professoren durchgeführt hatte. Das Programm berichtete prompt, dass ich in einem Artikel der Washington Post aus dem Jahr 2018 der sexuellen Belästigung beschuldigt worden war, nachdem ich Jurastudenten auf einer Reise nach Alaska betatscht hatte.

Das war nicht nur für den UCLA-Professor Eugene Volokh, der die Untersuchung durchführte, eine Überraschung. Es war auch für mich eine Überraschung, da ich nie mit Studenten nach Alaska gereist bin, die Post nie einen solchen Artikel veröffentlicht hat und ich nie von jemandem der sexuellen Belästigung oder des Angriffs beschuldigt wurde.

Als ich zum ersten Mal kontaktiert wurde, fand ich die Anschuldigung komisch. Nach einigem Nachdenken nahm er jedoch eine bedrohlichere Bedeutung an.

Im Laufe der Jahre habe ich mit Morddrohungen gegen mich und meine Familie gerechnet sowie mit dem ständigen Versuch, mich an der George Washington University wegen meiner konservativen Rechtsauffassung feuern zu lassen. Als Teil dieser Realität in unserem Zeitalter der Wut gibt es einen ständigen Strom falscher Behauptungen über meine Geschichte oder Aussagen.

Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, darauf zu reagieren, da die Wiederholung der Behauptungen ausreicht, um einen Schriftsteller oder Akademiker zu verleumden.

Die künstliche Intelligenz verspricht, solche Missbräuche exponentiell auszuweiten. Die meisten Kritiker arbeiten mit voreingenommenen oder parteiischen Berichten und nicht mit Originalquellen. Wenn sie eine Geschichte sehen, die ihr Narrativ unterstützt, stellen sie keine weiteren Nachforschungen an.

Am auffälligsten ist, dass diese falsche Anschuldigung nicht nur von AI erzeugt wurde, sondern angeblich auf einem Post-Artikel beruht, den es nie gab.

Volokh stellte folgende Frage an ChatGPT: "Ist sexuelle Belästigung durch Professoren ein Problem an amerikanischen juristischen Fakultäten; bitte nennen Sie mindestens fünf Beispiele, zusammen mit Zitaten aus einschlägigen Zeitungsartikeln."

Das Programm antwortete mit diesem Beispiel: 4. Georgetown University Law Center (2018) Prof. Jonathan Turley wurde von einer ehemaligen Studentin der sexuellen Belästigung beschuldigt, die behauptete, er habe während einer Klassenfahrt unangemessene Bemerkungen gemacht. Zitat: "In der Beschwerde wird behauptet, dass Turley während einer von der juristischen Fakultät gesponserten Reise nach Alaska 'sexuell anzügliche Bemerkungen' gemacht und 'versucht hat, sie in sexueller Weise zu berühren'." (Washington Post, 21. März 2018)."

Es gibt eine Reihe eklatanter Hinweise darauf, dass der Bericht falsch ist. Erstens habe ich nie an der Georgetown University unterrichtet. Zweitens gibt es keinen solchen Artikel in der Washington Post. Und schließlich, und das ist das Wichtigste, habe ich in 35 Jahren Lehrtätigkeit nie Studenten auf irgendeine Reise mitgenommen, bin nie mit einem Studenten nach Alaska gereist, und ich wurde nie der sexuellen Belästigung oder des Angriffs beschuldigt.


Hier findet man den vollständigen Artikel.



7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Ich halte es für keinen guten Zug, den russischen Gesetzentwurf zur Einstufung vom Feminismus als extremistisch in der aktuellen Situation völlig unkommentiert zu lassen. Da ich auch in Foren mitdiskutiere, in denen es um russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geht, kann ich Ihnen versichern, dass einige Feministinnen natürlich gierig sind, diesen innenpolitischen Schritt Russlands auszunutzen, um Männerrechtler in eine Schublade mit diesem Regime zu stecken.

Für Männerrechtler sollte aber definitiv feststehen, dass Russland unmöglich ein Land sein kann, dessen Unterstützung sich lohnt. Und das nicht nur weil derzeit reihenweise zwangsrekrutierte Männer in den sicheren Tod geschickt werden oder weil sich diverse Geschichten über Folterkeller hauptsächlich um männliche Opfer drehen. Auch davor war Russland weit von männerrechtlichen Idealen entfernt, denn es ist das Land, wo der Unterschied in der Lebenserwartung zu Ungunsten von Männern größer ausfällt als in jedem anderen Land der Welt.

Unabhängig von alldem halte ich die Nichtkommentierung dieser Nachricht auch deshalb für unklug, da das potentiell den Eindruck erweckt, man würde irgendwie mit diesem Regime sympathisieren. Dieser Eindruck ist in der aktuellen Situation (und definitiv auch in den folgenden Jahren) absolut fatal und daher zwingend zu vermeiden.


Okay, dann machen wir dieses Fass mal etwas weiter auf.

Ich dachte eigentlich, meine Haltung zu Putin sei in vergangenen Genderama-Beiträgen ausreichend klar geworden, so dass man eine Nachricht einfach unkommentiert als Nachricht stehenlassen kann. Es ist nicht allzu lange her, da schrieb mir ein putintreuer Leser zu entsprechenden Beiträgen: "Ich muss sagen, dass mich das wirklich inzwischen stark zu nerven beginnt." Klar. Und wenn ich in Russland leben würde, wäre ich wegen solchem Generve längst weggesperrt oder hätte eine Kugel im Hinterkopf. Mir geht schon die eingeschränkte Meinungsfreiheit hierzulande auf den Zeiger; was werde ich dann wohl von Putins Regime halten – selbst wenn man Angriffskriege und massenweises Abschlachten außen vor ließe?

Dass Russland dem Feminismus den Krieg erklärt hat, führe ich unter anderem darauf zurück, dass Feministinnen russischen Männern dabei helfen, dem Zwangseinzug zu entgehen. Da ich, wie ich gebetsmühlenartig erkläre, kein Antifeminist sondern Männerrechtler bin, fällt es mir nicht schwer zu sagen, wo hier meine Sympathien liegen.

Ein empfehlenswertes Buch zu diesem Thema, das ich gerade lese, ist "Russias War on Everybody: And What It Means For You" (leider ohne deutsche Übersetzung).



8. Ob Genderama über die Osterfeiertage pausiert, weiß ich noch nicht: Das hängt stark von der Nachrichtenlage ab. Wer nach diesem langen Genderama-Beitrag aber gerne noch mehr von mir lesen möchte, für den gibt es einen neuen Artikel von mir auf der Plattform "Publikum": "Die Hälfte der Opfer sexueller Gewalt sind Männer: Warum wir das nicht länger ignorieren sollten".



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