Correctiv & Süddeutsche keilen gegen Väterrechtler: "Die Spur führt ins Maskulinisten-Milieu"
1. In einem Beitrag des Netzwerks "Correctiv" und der Süddeutschen Zeitung geht es zunächst darum, dass Gerichte Müttern bei einer Scheidung ihre Kinder wegnähmen (also ihr Umgangs- und Sorgerecht eingeschränkt wird), wenn diese Frauen häusliche Gewalt und Missbrauch schilderten. Als Beleg führt der Beitrag die mehrfach als unwissenschaftlich zerpflückte (siehe hier und hier) "Studie" des Soziologen Wolfgang Hammer an.
Der Artikel schießt in seinem Verlauf zunehmend polemisch gegen Positionen der Väterrechtler, die das überholte Motto "das Kind gehört zur Mutter" bei Scheidungsfällen hinterfragen. Die Binse etwa, dass ein Elternteil dem früheren Partner häufig das gemeinsame Kind entfremdet, wird folgendermaßen ins Zwielicht gerückt:
Das sogenannte Elterliche Entfremdungssyndrom PAS ist heftig umstritten. Geprägt wurde der Begriff von dem amerikanischen Psychologen Richard A. Gardner, der auch dafür warb, Kindesmissbrauch als normal zu akzeptieren statt den Täter zu verurteilen; Kinder wollten Geschlechtsverkehr und "können den Erwachsenen verführen".
Nun wird das Thema Eltern-Kind-Entfremdung inzwischen breit diskutiert, und es gibt dazu lesenswerte und sachliche Beiträge. Der zitierte Absatz in dem Artikel von Correctiv und Süddeutscher Zeitung bereitet allerdings eine umfassendere Attacke auf Menschen vor, die für die Rechte von Vätern und anderen Männern eintreten. So heißt es dort weiter:
Solche Konzepte verbreiten sich nicht zufällig, es gibt Gruppen, die sie vehement propagieren: Anfang des Jahres rief ein Bündnis aus mehreren Gruppen in einer Aktion mit dem Titel "Genug Tränen" dazu auf, "Elterliche Entfremdung" als Form von psychischer Gewalt gegen Kinder anzuerkennen, ins Strafgesetzbuch aufzunehmen und bei der Ausbildung von Familienrichtern verpflichtend mit einzubeziehen. Hinter dem Bündnis stehen mehrere Väterrechtsgruppen, darunter auch Akteure mit Verbindungen ins Maskulinisten-Milieu.
Der korrekte Begriff lautet "Maskulisten": eine Bewegung für Menschen- und Bürgerrechte, der es darum geht, Benachteiligungen, soziale Problemlagen und Menschenrechtsverletzungen zu Lasten von Männern anzugehen und so unterschiedliche Probleme anzugehen wie häusliche Gewalt gegen Männer, Benachteiligung von Jungen in der Schule, Obdachlosigkeit, sexistische Justiz, einseitige Gesundheitspolitik, sexuelle Gewalt gegen Männer im Krieg, Genitalverstümmelungen, Schwulenfeindlichkeit und vieles mehr. All das erfährt man aus dem Beitrag von Correctiv und der Süddeutschen allerdings nicht einmal im Ansatz. Dort heißt es stattdessen:
Maskulinisten sind selbsternannte Männerrechtler. Sie halten Männer für das eigentlich unterdrückte Geschlecht, bestreiten strukturelle Benachteiligungen von Frauen und verbinden ihre Forderungen mit antifeministischen Ressentiments – und bisweilen mit offenem Frauenhass.
Dass Männer inzwischen stärker benachteiligt sind als Frauen, sobald man diese Benachteiligungen erst mal zur Kenntnis nimmt, ist wissenschaftlich belegt. Der Mythos, Frauen seien strukturell benachteiligt, wurde gestern von einem Soziologen auf Spiegel-Online demontiert. Und der Frauenhass an den Rändern der maskulistischen Bewegung spiegelt den Männerhass im Mainstream des feministischen Milieus.
In den folgenden Abschnitten wird als Kronzeuge gegen Väterrechtler Thomas Gesterkamp angeführt:
"Das ist eine sehr heterogene Gruppe", sagt er. "Ich würde sagen, verbitterte, enttäuschte Väter werden wie beim Rattenfänger von Hameln vereinnahmt von rechten Väterrechtlern."
Ein Beispiel ist der Verein "Forum soziale Inklusion" (FSI). Der Name klingt harmlos, dahinter steckt offenbar Kalkül: Gesterkamp nennt das "Maskulinisten-Mimikri". Das heißt: Diese Initiativen verstecken ihre antifeministischen Positionen hinter weichen, fast progressiv klingenden Begriffen. Und sie suchen systematisch Einfluss auf die Politik.
Das FSI ist im Lobbyregister des Bundestages erfasst: Wie es aussieht, pflegen die Väterrechtler gute Kontakte zur CSU, zur AfD und zur FDP. 2020 beschloss die Große Koalition, dass das FSI 400.000 Euro Fördermittel erhalten sollte – dafür hatte ein CSU-Politiker gesorgt. Später allerdings verhinderte das Bundesfamilienministerium eine Auszahlung der Gelder.
Selbstverständlich wird das von Correctiv und der Süddeutschen mit keiner Silbe als Skandal benannt. Zielscheibe des neuen Verlautbarungsjournalismus ist nicht mehr die Regierung, sondern kleine NGOs wie Manndat und FSI. Verrückterweise wird gerade, dass man dem Forum Soziale Inklusion nichts vorwerfen kann, verwendet, um es rhetorisch ins Zwielicht zu rücken. Es erscheint als besonders gefährlich, denn dort verstecke man seine – unterstellte – "wahre Einstellung" besonders gut.
Nach außen wirkt der FSI gemäßigt. Allerdings scheint Gründer Gerd Riedmeier Verbindungen in trübe Bereiche zu pflegen: So war Riedmeier Sprecher der IG Jungen, Männer und Väter, zu der unter anderem auch der Verein Manndat gehörte, der von einer "generellen Hasskultur gegen Männer" phantasiert und den AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider im Interview verbreiten ließ: Es drohe ein "beschleunigter Verfall mit ‚Schwachsinnsbegriffen‘ wie ‚Regenbogenfamilie‘ oder ‚Patchworkfamilie‘".
Zu der Frage, ob eine "Hasskultur gegen Männer" eine reine Phantasie ist, kann sich jeder ein eigenes Urteil bilden. MANNdat über die Äußerungen eines Interviewpartners anzugehen (MANNdat befragte Vertreter unterschiedlicher Parteien bis hin zur "Linken"), ist allerdings irre: Nach der verqueren Logik, mit der Correctiv und Süddeutsche Zeitung Gerd Riedmeier attackieren, könnte man jedem, der mit Journalisten zusammenarbeitet, die schon mal ein AfD-Mitglied interviewt haben, nachsagen, er "pflegte Verbindungen in trübe Bereiche". Wie abenteuerlich soll das noch werden? Gibt es keine redaktionelle Endabnahme mehr, die über solche Artikel mal drüberschaut?
Im Beitrag von Correctiv und Süddeutscher geht es jetzt nur noch um Stimmungsmache:
Riedmeier trat auch als Mitveranstalter beim "Deutschen Genderkongress" 2015 auf, einem Vernetzungstreffen von Väterrechtlern, Anti-Gender-Aktivisten und anti-feministischen Organisationen wie dem Hetzportal Wikimannia.
Die Person, die die Website "Wikimannia" führt, ist auf dem Kongress nicht aufgetreten. Was aber ist das Problem bei "anti-feministischen Organisationen"? Beteuert derzeit nicht sogar die Meldestelle Antifeminismus immer wieder, dass Kritik an feministischen Positionen eine legitime Haltung sei?
Ebenfalls mit dabei beim "Deutschen Genderkongress" war auch: die Bundesvereinigung Liberale Männer, die der FDP nahesteht. Im Vorstand ist der FDP-Politiker Sebastian von Meding, dessen Firma im Impressum der Website des Gender-Kongresses steht. Meding antwortet nicht auf Anfrage dazu, sondern droht mit einer Klage auf Schadenersatz.
Hier hätte ich schon gerne genauer gewusst, gegen was konkret Meding mit einer Klage gedroht haben soll: wohl kaum gegen eine bloße Anfrage hin.
Nach Einschätzung von Experten dringen die Positionen der Väterrechtler über die Liberalen Männer in die FDP vor.
"Nach Einschätzung von Experten, die so anerkannte Fachleute sind, dass wir sie hier unmöglich namentlich nennen können …"
Eine ihrer Kernforderungen hat sich die FDP bereits zu eigen gemacht: Die Partei hat sich dafür ausgesprochen, das sogenannte Wechselmodell als Standard festzulegen, also dass die Kinder je die Hälfte ihrer Zeit bei Vater und Mutter leben. In gleichberechtigten Beziehungen mag das eine gute Lösung sein. Für Opfer von häuslicher Gewalt aber könnte ein solcher Leitgedanke den Rechtfertigungsdruck noch erhöhen. Deswegen lehnen Grüne und Linke das Modell als Standardlösung ab.
Womit wir endlich beim Ziel dieser abenteuerlichen Achterbahnfahrt angekommen sind: Es geht gegen das Wechselmodell, also gleichberechtigte Sorge beider Eltern nach ihrer Trennung. Außerdem stört Gerd Riedmeier mit seinem integrativen Ansatz. Riedmeier stört so richtig, weil man ihn nicht einfach als rechten Polterer abtun kann, man sich vom Totschweigen als Strategie aber auch nichts mehr verspricht.
Zuletzt bleiben Correctiv und Süddeutscher noch eines zu melden:
Die FDP distanziert sich auf Anfrage von den Liberalen Männern: Man "weise darauf hin", dass der Verein "keine Vorfeldorganisation der FDP" sei. Mögliche Nähen des Vereins zu anderen Gruppen oder Positionen seien nicht bekannt und "für die FDP irrelevant."
Die FDP ist ja nun in den letzten Jahren generell nicht mehr durch die männer- und väterfreundlichen Positionen aufgefallen, mit denen sie ca. 2014 bis 2017 noch versucht hatte, Wähler für sich zu gewinnen. Warum diese Partei aber gegen die eigenen liberalen Unterstützer keilt, offenbar in der verzweifelten Hoffnung, dann endlich von den Leuten gemocht zu werden, die begeistert mit Slogans wie "Fuck AFDP" herumholzen, wird das Geheimnis dieser Partei bleiben. Mit dieser Strategie ist es kein Wunder, dass sie aus einem Landtag nach dem anderen fliegt.
Grundsätzlich scheint das Motto dieses Artikel zu sein, ordentlich mit Dreck zu werfen, weil bestimmt irgendetwas hängen bleiben wird. Letztlich beschmutzt sich dadurch allerdings das Netzwerk "Correctiv", von dem ich zuvor einen ganz guten Eindruck hatte, lediglich selbst.
2. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Eine kleine Richtigstellung zu Ihrem letzten Beitrag auf Genderama zur Einstellung der Ermittlungen gegen Justin Roiland wegen häuslicher Gewalt: Natürlich ist klar, dass Roiland, was die Vorwürfe der häuslichen Gewalt angeht, als unschuldig gilt, solange er in keinem Prozess verurteilt wurde. Seine Kündigung bei AdultSwim und anderen Arbeitgebern gründete sich jedoch nicht, wie ihn Ihrem Beitrag impliziert, allein auf dieses Ermittlungsverfahren, sondern auch darauf, dass er in mindestens einem Fall einer zu dem Zeitpunkt minderjährigen Twitter-Userin persönliche Nachrichten mit pädophilem Inhalt geschickt hatte. Selbst wenn die Vorwürfe der häuslichen Gewalt nicht stimmen, so wäre das trotzdem noch ein ausreichender und nachvollziehbarer Grund für jeglichen Arbeitgeber, die Geschäftsbeziehung zu ihm sofort zu beenden.
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