Mittwoch, Oktober 14, 2020

"Geplante Frauenquote für Vorstände spaltet Deutschland" – News vom 14. Oktober 2020

1. Die "Neue Zürcher Zeitung" beschäftigt sich mit der deutschen Debatte über Frauenquoten. Ein Auszug:

Die sozialdemokratische Familien- und Frauenministerin Franziska Giffey (hat) mit der Parteikollegin und Justizministerin Christine Lambrecht (…) im Frühjahr einen einschlägigen Gesetzesentwurf vorgelegt, der aber vom Kabinett noch immer nicht verabschiedet worden ist. Laut Giffey leistet der Koalitionspartner CDU/CSU beharrlichen Widerstand. Nun soll eine von den Koalitionären eingesetzte Arbeitsgruppe eine Lösung suchen. Die Zeit drängt: Der Entwurf müsse spätestens im Dezember durch die Regierung, damit der Bundestag das Gesetz noch in der laufenden Legislatur beschliessen könnte, sagte Giffey.

(…) Das Ziel einer besseren Vertretung von Frauen in Führungspositionen ist kaum mehr umstritten. Umstritten ist der Weg. In der Wirtschaft stossen Quotenregeln, die tief in die Vertragsfreiheit eingreifen, auf viel Skepsis, ebenso die Aussicht, mitten in einer Wirtschaftskrise zusätzliche Begründungspflichten zu erhalten. Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), lässt ausrichten, die Präsenz von Frauen in den Vorständen grosser Aktiengesellschaften in Deutschland sei im internationalen Vergleich noch zu gering. Es möge inzwischen nachvollziehbar sein, dass der Gesetzgeber entsprechende Vorgaben machen wolle, "aber eine erzwungene Quote halten wir für einen sehr harschen und die Wirtschaft einseitig belastenden Eingriff".

Noch deutlicher äussert sich Martin Herrenknecht, Vorstandsvorsitzender der Herrenknecht AG, die laut dem Gesetzesentwurf neu der Aufsichtsrats-Quote unterworfen wäre. Das Unternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg ist mit seinen – auch beim Bau des neuen Gotthardtunnels eingesetzten – Tunnelbohrmaschinen Weltmarktführer. Man könne nicht "par ordre du mufti" bestimmen, wie ein Unternehmen seine Führungsgremien besetze, sagt Herrenknecht gegenüber der NZZ. Falls eine 30%-Quote für Aufsichtsräte käme, müsste sich sein Unternehmen von bewährten Aufsichtsratsmitgliedern trennen. Er könne sich durchaus vorstellen, mehr als ein Drittel Frauen in diesem Gremium zu haben, sofern sie qualifiziert seien. "Wenn sie keine Ahnung vom originären Metier haben, brauche ich sie aber nicht." Zu den Plänen der beiden SPD-Ministerinnen meint er: "Wir müssen aufpassen, dass wir hier kein kommunistisches System übergebraten bekommen."




2. Im Magazin "Cicero" beschäftigt sich Mathias Brodkorb (SPD) mit dem "Narzissmus der gendergerechten Sprache". Brodkorb zeichnet zunächst nach, wie feministische Sprachtüftler von Schrägstrich und Klammer über das Binnen-I, den Gender-Unterstrich und das Gender-Sternchen immer wieder neue Ideen als das Nonplusultra vorgestellt haben, nur um dann doch schnell missmutig zu werden:

Und selbstverständlich gibt es auch Debattenvertreter, die dies alles immer noch für völlig unzureichend halten, darunter die schon erwähnte Luise F. Pusch. (…) Dazu will sie die grammatikalische Geschlechtlichkeit der Sprache völlig umbauen und letztlich das generische Femininum etablieren. Aber lesen und genießen Sie selbst: "Wir hätten dann etwa Freundin (Frau), Freundis (Mann) und Freundil (divers), Plural Freundinne, Freundisse, Freundille. Wenn das Geschlecht (welches auch immer) keine Rolle spielen soll, entfällt die Endung. Beispiel: Fragen Sie Ihre Freund, Arzt oder Apotheker. Wieso Ihre und nicht Ihren? Weil es (…) nur noch ein Genus gibt: Das Femininum." Nein, ich habe da nichts falsch abgetippt. Das steht da wirklich so. Bleibt nur ein Problem: Wenn das generische Maskulinum ungerecht ist, weil es zu Unterdrückung führt, nämlich der Frauen, wäre dann nicht auch das generische Femininum böse, weil es zur Unterdrückung der Männer und vor allem der Diversen führte?

(…) Bereits "Frau" ist, folgt man der Logik der feministischen Linguistik, eigentlich ein diskriminierendes Wort. Denn es bringt diese konkrete Frau Müller ebenso zum Verschwinden wie diese konkrete Frau Meyer. Im Grunde handelt es sich aber nur um eine gedankliche Abstraktion. Es gab Zeiten, in denen gerade dieses Denkvermögen, das Vermögen also, sich vom konkreten Einzelfall zu lösen und zum abstrakten Allgemeinen aufzusteigen, als bedeutendste Fähigkeit des Menschen angesehen wurde. Es gehen Gerüchte um, dass auf dieser Fähigkeit sogar Wissenschaft und Rechtsstaat basieren sollen.

(…) Seit nunmehr 40 Jahren wird wie wild daran gebastelt, den Frauen (und nunmehr Diversen) in unserer Sprache einen angemessenen Ort zu geben und es kommt nach all’ den Büchern, Zeitschriftenaufsätzen, Diskussionen und politischen Initiativen funktional genau das dabei heraus, was wir vorher schon hatten. Das Gendersternchen ist - sprachlogisch betrachtet - nichts anderes als das generische Maskulinum durch die Hintertür. Es ist ein sprachlicher Sammelcontainer von Eigenschaften und die gesamte Debatte seit Jahrzehnten eine mit Inbrunst betriebene Donquichotterie.




3.
Vanessa Schulz ist eine der sechs Kandidaten um den Posten des Oberbürgermeisters. Gemeinsam mit "Die Partei" und der "Partei der Humanisten" zieht Vanessa Schulz in den Wahlkampf für die Oberbürgermeisterwahl am 6. Dezember. (…) In Schulz' Wahlprogramm kommen Humor und Satire nicht zu kurz.

(…) Bei der Vorstellung ihres Wahlprogramms machte Vanessa Schulz schnell eines deutlich: Sie will sich für Gleichbehandlung jeglicher Art einsetzen. Neben der Gleichbehandlung in Beruf und Bildung möchte sich Schulz für eine Umbenennung Karlsruhes stark machen.

"Karlsruhe trägt seit mehr als 300 Jahren einen Männernamen, es ist Zeit dass die Fächerstadt nun weiblich benannt wird", so Schulz. "Denkbar wäre Karlasruhe oder ein anderer Frauenname". Warum das Problem nicht auf diese Art und Weise anpacken? "Um Diskriminierung zu beseitigen"


Hier findet man den vollständigen Artikel.



4. MANNdat empfiehlt mein "Lexikon der feministischen Irrtümer" einschließlich der kostenlosen Online-Version:

Das "Lexikon der feministischen Irrtümer" bietet viel Aufklärungsarbeit, die eigentlich die Leitmedien übernehmen müssten, es aber schon lange nicht mehr tun. (…) Wir können diese Faktensammlung auf jeden Fall wärmstens empfehlen. Wenn man diese Faktenlagen, alles belegt mit Quellen, liest, ist man schockiert, wie Politik und Medien das geschlechterpolitische Thema kolportieren.


Herzlichen Dank für diese Anerkennung meiner Arbeit!



5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

In dem Blog "Alles Evolution" von Christian Schmidt heißt es zum "feministischen" Gesetztesentwurf des Justizministeriums:

"Nur gibt es eben im normalen Sprachgebrauch kein generisches Femininum."

Dazu möchte ich mitteilen: Doch es gibt im normalen Sprachgebrauch durchaus das generische Femininum. Die meisten sind sich nur nicht dessen bewusst (man beachte die Implikation dieser Aussage). Das Wort "die Geisel" ist vom Genus her Femininum, bezeichnet aber (unstrittig) auch Männer.


Man könnte hier Wörter wie "die Führungspersönlichkeit", "die Fachkraft", "die Koryphäe", "die Majestät" und so weiter hinzufügen.

Um konkret auszuformulieren, was ich mit "Implikation" meine: Dass sich die meisten Menschen der Existenz des generischen Femininums überhaupt nicht (!) bewusst sind, zeigt klar, dass das grammatische "Geschlecht" mit dem biologischen Geschlecht nichts zu tun hat.

Wer sich für solchen Themen interessiert, möge sich der/die/das Blog von Belle Lettres anschauen. Diese Seite ist für jeden Sprachinteressierten interessant und kurzweilig.

In Bezug auf das Thema von Genderama dürfte insbesondere der Beitrag "Die empirischen Forschungen der feministischen Linguistik" von Interesse sein.


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