Gender-Streit in der Regierung: Justizministerin schreibt Gesetz in rein weiblicher Form – News vom 13. Oktober 2020
1. Ich hatte ja schon lange vermutet, dass die auf das politische Lager der Grünen beschränkte Gender-Sprache mit Wörtern wie "Leser*innen" nur eine Zwischenstation sein würde. Jetzt hat Bundesjustizministerin Lambrecht (SPD) das erste Gesetz vorgelegt, das im reinen Femininum verfasst ist. Darüber gibt es jetzt kurz Aufregung, so wie zuvor über "Leser_innen" oder die Genderpause bei Anne Will und Co ("Zuschauer… innen"), dann wird auch das zum Normalzustand werden. Dass in der Bevölkerung, ja selbst unter den Frauen eine Mehrheit gegen die Gendersprache ist, war den Ideologinnen schon immer schnuppe, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollten.
Viele Medien berichten, darunter der Focus:
Das Bundesjustizministerium hat einen ungewöhnlichen Gesetzentwurf vorgelegt, der Feministinnen und Feministen in Deutschland freuen dürfte. Statt wie üblich in der männlichen Form etwa "Geschäftsführer", "Verbraucher" oder "Schuldner" zu schreiben, heißt es in dem Gesetz zum Insolvenzrecht durchweg "Geschäftsführerin", "Verbraucherin" und "Schuldnerin".
(…) Das Innenministerium stimmte dem Gesetzentwurf mit den weiblichen Formen daher nicht zu. Es gebe Zweifel, ob er verfassungsgemäß sei, sagte ein Sprecher.
Spiegel-Online berichtet ausführlicher:
In der Bundespressekonferenz ergänzte ein Sprecher des Innenministeriums, die Formulierungen des Gesetzentwurfs hätten "bei formaler Betrachtung zur Folge, dass das Gesetz gegebenenfalls nur für Frauen oder Menschen weiblichen Geschlechts gilt und damit höchstwahrscheinlich verfassungswidrig wäre". Eine Anpassung sei nötig - "unabhängig davon, ob ein bestimmter gesellschaftlicher Zustand gewünscht ist", sagte der Sprecher. Das generische Femininum sei "zur Verwendung für weibliche und männliche Personen bislang sprachwissenschaftlich nicht anerkannt".
Die Bild-Zeitung zitiert beispielhaft einen Absatz des umstrittenen Gesetzes:
"§1 Abs. 2: Haftet für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit keine natürliche Person als unmittelbare oder mittelbare Gesellschafterin, gilt Absatz 1 entsprechend für die Geschäftsleiterinnen der zur Geschäftsführung berufenen unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafterinnen."
Die "Tagesschau" schließlich berichtet:
Das Justizministerium erklärte, die Arbeiten an dem Entwurf seien noch nicht abgeschlossen - unter anderem stehe noch eine Rechts- und Sprachprüfung aus. (…) "Insofern wird der Entwurf noch überarbeitet, bevor er dem Kabinett vorgelegt wird", sagte ein Sprecher. Er verwies aber auch darauf, dass Gesetzentwürfe laut der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien die Gleichstellung von Frauen und Männern "auch sprachlich zum Ausdruck bringen" sollen".
"Ein wenig geschlechtergerechte Sprache wird die Bundespolitik schon aushalten", kommentierte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast den Zwist zwischen den Ressorts. Frauen würden in Deutschland nach wie vor diskriminiert. "Ich finde es gut, dass wir jetzt über geschlechtergerechte Sprache in Gesetzestexten diskutieren und ein Stein ins Rollen kommt", sagte sie.
Der CDU-Wirtschaftsrat zeigte kein Verständnis für das Vorgehen des Justizministeriums. "Liebe Frau Lambrecht, suchen Sie sich bitte irgendein anderes Gesetz für solche Spielereien aus", sagte dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger der "Augsburger Allgemeinen". Die Zeit für ein reformiertes Insolvenzrecht, das Transparenz schafft, zerrinnt - aber das Bundesjustizministerium nimmt es nicht ernst", kritisierte der CDU-Politiker.
Auch der Verein Deutsche Sprache (VDS) konnte dem Vorgehen des Ministeriums nichts abgewinnen. "Dass ausgerechnet das Justizministerium beim Formulieren eines rechtsverbindlichen Textes versagt, ist schon ein starkes Stück", erklärte der VDS-Vorsitzende Walter Krämer. Wer "diese missverständliche Formulierung nutzt, lädt geradezu dazu ein, ein Gesetz anzufechten".
Christian Schmidt analyisert und kommentiert diesen Gesetzesvorschlag ebenfalls und zitiert weitere Stellungnahmen aus der Politik. Unterstützung findet er beispielsweise bei den Grünen. Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Partei, befindet beispielsweise: "Einen gut verständlichen Gesetzentwurf, der in weiblicher Form verfasst ist, zu kritisieren, weil er die bisherige sogenannte 'Gebrauchsgewohnheit' des generischen Maskulinums (hier sollen alle Geschlechter 'mit gemeint' sein), ist absurd". (Vielleicht sollte Frau Schauws erst einmal lernen, vollständige Sätze zu bilden, bevor sie sich als Sprachexpertin ausgibt.)
Die Strategie im feministischen Lager scheint derzeit so auszusehen, dass man so radikale Änderungen wie möglich anstrebt, während man zugleich sämtliche Männer, die ihre Anliegen selbstbewusst äußern als Wirrköpfe darstellt oder schlicht ignoriert. Auf die Unterstützung der meisten Leitmedien kann man dabei ohnehin zählen. Das Gesetz in rein weiblicher Sprache wird als Gesetz vermutlich keinen Bestand haben, hat aber klaren Appell- und Beispielcharakter.
2. Die Amadeu-Antonio-Stiftung gibt im Auftrag des Deutschen Frauenrats eine "Expertise" heraus, die die Auswirkungen von Antifeminismus auf Frauenverbände untersucht. Als Täter dieser "Angriffe" genannt werden "Kritiker*innen aus den eigenen Reihen", "konservative und eher bürgerliche Kräfte", "männerrechtliche Gruppierungen" sowie "rechtspopulistische und extrem rechte Akteur*innen". Die unterschiedlichen Strömungen hätten "einen ähnlichen inhaltlichen Einschlag", nämlich "eine rückwärtsgewandte, vereindeutigende, traditionalistische und biologistische Vorstellung von Geschlechterrollen", die verteidigt werden müsse.
3. Auf einer Website von "Menschenrechtsreportern" kritisiert Andreas Klamm, Parteimitglied der LINKEN, die polizeiliche Räumung des besetzten Hauses in der Berliner Liebigstraße als inakzeptable Gewalt gegen Frauen. Bei dieser Aktion von Männern, "die im allgemeinen Verständnis bei traumatisierten, verfolgten, repressiv bedrohten, politisch andersdenkenden Frauen auch als potentielle Gewaltverbrecher gegen Frauen betrachtet werden können oder zumindest in einem solchen Verdacht oder Anfangsverdacht stehen können" gegen Aktivistinnen, "die sich einer kapitalistischen Werteordnung (…) NICHT unterwerfen" wollten, handele es sich um einen "politischen Skandal".
Gewalt gegen Frauen sei grundsätzlich abzulehnen. Von daher müsse man sich fragen, ob auch in Berlin "NO to violence AGAINST Women" gelte, "wie es U.N. WOMEN seit mehreren Jahren fordert". Die Bilder der Räumung, die "aus Deutschland in alle Welt transportiert wurden", werde als "Demonstration der Aufrechterhaltung und Durchsetzung eines patriachalischen Gewalt- und Machtmonopols" wahrgenommen: "Das verwundert nicht ganz so sehr, denn immerhin ist der Innensenator von Berlin, Andreas Geisel (SPD), leider keine Frau, sondern ein Mann. Männer denken oft in anderer Weise als Frauen."
4. Als Männerrechtler müsste ich offenbar "rückwärtsgewandte, vereindeutigende, traditionalistische und biologistische Vorstellung von Geschlechterrollen" verteidigen. Stattdessen ist hier das Gegenteil der Fall. Das gilt auch und gerade, wenn es um Polizeigewalt geht.
5. Das Blog "54 Books" rezensiert Pauline Hermanges Aufruf zum Männerhass. Positiv natürlich.
6. In Gedenken an MeToo wird in Manhattan gegenüber dem New York County Criminal Court die Statue Medusas mit einem angeschlagenen Männerkopf errichtet. Gut, sie passt auch viel mehr in unsere Zeit als die langweilige Justitia.
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