Hunderte katholische Geistliche haben tausende von Jungen missbraucht – News vom 15. August 2018
1.
Hunderte katholische Geistliche haben im US-Bundesstaat Pennsylvania in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 1000 Kinder missbraucht – die Dunkelziffer ist vermutlich höher. Ranghohe Kirchenbeamte sollen den Missbrauch systematisch vertuscht haben.
Hier geht es weiter. Unter anderem erfährt man, dass es "vermutlich sogar mehrere Tausend Opfer" gibt. Es handelt sich, wie auch die Frankfurter Allgemeine klarstellt, in den meisten Fällen um Jungen. Insgesamt trifft der Missbrauch aber beide Geschlechter:
In einem Fall habe ein Priester Jungen unter dem Vorwand begrapscht, einen "Krebstest" vorzunehmen, heisst es in einer Pressemitteilung der Justizbehörden. In der Diözese Pittsburgh habe sich eine Gruppe von vier Priestern gemeinsam an Jungen vergangen – einen sollen sie gezwungen haben, in einem Pfarrhaus nackt die Pose Jesu am Kreuz einzunehmen.
Gemäss dem Bericht vergewaltigten und schwängerten Priester junge Mädchen. In einem Fall sei eine Abtreibung arrangiert worden. Der zuständige Bischof habe anschliessend sein Mitgefühl ausgedrückt – nicht mit dem Opfer, sondern mit dem Priester. "Es muss eine sehr schwere Zeit für Sie sein."
Zu dem Bericht haben auch eine halbe Million Dokumente beigetragen, die bisher in den Geheimarchiven der Bistümer unter Verschluss gehalten worden waren. Die Ermittler in Pennsylvania haben sich mit juristischem Druck Zugang verschafft.
Dass Donald Trump jetzt auch ein Einreiseverbot für Menschen aus mehrheitlich katholischen Ländern plant, wird indes nicht erwartet.
2. "Der einzige sinnvolle Twittertrend momentan: #MenAreTrash", tweeted Stefanie Lohaus, Gründerin des feministischen "Missy-Magazins". Der Trend wird unter anderem von Sibel Schick (ebenfalls "Missy Magazin") befeuert, scheint allerdings nach hinten loszugehen: Die Männerhass-Postings werden zugeschüttet von einer Lawine an Beiträgen nicht zuletzt von Frauen, die sich darüber empören oder Solidaritätserklärungen tweeten. Immer weder liest man Statements wie: "Liebe Feministinnen, ihr seid der AfD näher, als ihr glaubt."
Dabei ist die Beliebtheit dieses Hashtags nur die logische Konsequenz von Artikeln etwa in der "Süddeutschen Zeitung", in denen diese Form der Hetze wortreich verteidigt wurde. Das Ganze als Twitter-Phänomen abzutun, griffe zu kurz.
Was mich allerdings wundert, ist, dass Professor Anatol Stefanowitsch noch nicht in seiner so erfrischend belehrenden Weise erklärt hat, dass alle Kritiker von #MenareTrash einfach zu doof sind, die erkenntnistheoretische Brillanz dieses Statements zu verstehen.
3. Zu diesem Spektakel passt eine Analyse des Sozialpsychologen Jonathan Haidt in der "Neuen Zürcher Zeitung" über die zunehmende Tribalisierung unserer Gesellschaft (zu deutsch: dass verschiedene Gruppen sich wie verfeindete Stämme aufführen). Ein Auszug:
Was aber passiert, wenn junge Leute Intersektionalität studieren, wie das heute in vielen Fächern Usus ist? Da geht es nicht nur um das Verhältnis von privilegierten Weissen und unterdrückten Schwarzen, privilegierten Männern und benachteiligten Frauen; es geht um Heterosexualität gegen andere sexuelle Orientierungen, gesund gegen behindert, jung gegen alt, attraktiv gegen unattraktiv, sogar fruchtbar gegen unfruchtbar. Was immer eine Gruppe an Gutem oder Wertvollem besitzt, wird als eine Art Privileg betrachtet, das automatisch als Unterdrückungsfaktor gegen all jene wirkt, die diese Sache nicht haben. Wenn man nun den tribalen Primaten in uns mit solchen binären Vorstellungen füttert, wo immer eine Seite gut und die andere böse ist, dann versetzt man ihn fast automatisch in Kampfmodus.
Dazu kommt der strategisch brillante Schachzug der Intersektionalität: All diese binären Unterdrückungsszenarien, so heisst es, hängen zusammen und überlappen sich. So wird Amerika zu einer gigantischen Matrix der Repression, und deren Opfer können nicht allein für ihre Sache antreten. Sie müssen alle zusammen ihren gemeinsamen Feind bekämpfen, die Gruppe, die zuoberst auf der Unterdrückungspyramide sitzt: die heterosexuellen, weissen, weder geschlechtlich noch körperlich von der etablierten Norm abweichenden, christlichen, jüdischen oder vielleicht atheistischen Männer.
(...) Das bedeutet, dass die Universitäten, die sich auf die Lehre der Intersektionalität verlegt haben, ewige Konfliktzonen bleiben werden; denn auf keinem Campus können alle Kränkungen, alle Mikroaggressionen und alle Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Aus diesem Grund kommt es gerade an unseren progressivsten Hochschulen und in den fortschrittlichsten Regionen Amerikas besonders häufig vor, dass Leute niedergeschrien, eingeschüchtert und sogar tätlich angegriffen werden, wenn sie Ideen vertreten, die den diversen Interessengruppen nicht genehm sind.
(...) Noch ein weiterer interessanter Zug lässt sich bei der heutigen Identitätspolitik ausmachen: Sie lehrt Studenten in einer Weise zu denken, die den Zielsetzungen einer liberalen humanistischen Bildung diametral entgegengesetzt ist. Als ich in den 1980er Jahren in Yale studierte, wurden mir die unterschiedlichsten Instrumente an die Hand gegeben, um die Welt zu verstehen. Ich konnte sie als Utilitarier oder als Kantianer betrachten, als Freudianer oder als Behaviorist, als Informatiker oder als Humanwissenschafter. Jeden Sachverhalt konnte ich durch vielerlei Linsen in den Blick nehmen.
Heute aber wird zumindest in denjenigen Fächern, die soziale Gerechtigkeit höher werten als eine unvoreingenommene Wahrheitssuche, nur eine einzige Linse – der Machtfaktor – ausgegeben, durch welche die Studierenden alles und jedes betrachten müssen. Es geht nur mehr darum, die Bösen zu identifizieren, die ihre Macht und ihre Privilegien gegen die Guten verteidigen. Das ist keine Bildung. Das ist die Einführung in einen Kult, eine fundamentalistische Religion, eine paranoide Weltsicht, die Angst und Entfremdung sät und die Menschen in die intellektuelle Impotenz treibt.
Ich fürchte, auch Jonathan Haidt gilt nach solchen Statements als Antifeminist und Masku-Nazi.
4.
Das Studentenparlament der Humboldt-Universität hat eine neue Regel aufgestellt. Sie nennt sich "harte Quotierung" und bedeutet, dass jede Debatte beendet wird, wenn sich nur noch Männer zu Wort melden, aber keine Frauen.
(...) Ist so ein Redeverbot überhaupt erlaubt? Zuständig ist die Senatsverwaltung für Wissenschaft, die vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) geführt wird. Man wolle den Beschluss des Studentenparlaments "einer rechtlichen Prüfung unterziehen", teilte die Verwaltung Anfang Juni dem FDP-Abgeordneten Marcel Luthe mit, der gefragt hatte.
Gunnar Schupelius berichtet und kommentiert in der BZ.
5. Das Neueste aus den USA: Professor*_Innen im Bereich Gender und Frauenstudien verdienen jährlich 12.000 Dollar mehr als Professoren in Fächern wie Naturwissenschaften und Mathematik.
6. Trotz MeToo, Popstars wie Beyonce, dem Frauenmarsch gegen Donald Trump und zahlreichen anderen Entwicklungen bezeichnet sich in den USA nur eine Minderheit der jungen Frauen zwischen 18 und 35 Jahren als feministisch. Noch weniger Frauen sind es in höheren Altersgruppen. Kritikerinnen sehen die feministische Bewegung als zu stark von Angehörigen der extremen Linken vereinnahmt und die feministischen Ziele eigentlich als erreicht. Auch die "aggressive Forderung nach Abtreibungen" wird weitgehend abgelehnt. Erwartungsgemäß sind Anhängerinnen der republikanischen Partei noch am ehesten feminismuskritisch, aber auch unter nicht parteigebundenen Wählerinnen und im Lager der demokratischen Partei gibt es Widerspruch:
Eine 31-jährige nicht-parteigebundene Wählerin sagte, die feministische Bewegung habe sich von einer Bewegung, die für die Rechte der Frauen kämpft, zu einer Bewegung entwickelt, der es stattdessen darum geht, Männer den Frauen unterzuordnen. "Ich bin für Frauenrechte, gleiche Rechte", sagte sie Refinery29. "Ich will nicht antifeministisch wirken. Das bin ich nicht ... ich bin Anti-Mann-Bashing. Wenn wir uns als Frauen erniedrigen, nur um zu sagen, dass Männer nichts zustande bringen oder dass sie für die gleichen Ziele härter als Frauen arbeiten sollten ... Wie kann das gleich sein?"
Für Malina, eine 34-jährige Latina und Demokratin, konzentriert sich der Feminismus heute zu sehr auf das Erbsenzählen, "was den kleinsten politisch inkorrekten Kommentar angeht" und nicht genug auf den Mangel an Familienpolitik in Amerika. Sie glaubt auch, dass die gegenwärtige Welle des Feminismus immer noch Themen übersieht, die farbige Frauen betreffen. "Ich finde, dass Feministinnen typisch weiße Frauen sind, und das bin ich nicht und deshalb fühle ich mich nicht einbezogen und kann mich nicht damit identifizieren", sagte Malina zu Refinery29. "Als farbige Frau habe ich viel mehr mit Rassismus zu kämpfen als mit geschlechtsspezifischer Diskriminierung."
7.
Der Fernsehsender Sat.1 hat seine Untersuchungen im Fall Dieter Wedel abgeschlossen. Man sehe keine Anhaltspunkte oder gar Belege für missbräuchliches oder strafbares Verhalten des Regisseurs, teilte der Sender mit. (...) ZDF und NDR hatten im Februar mitgeteilt, keine Belege für sexuelle Übergriffe oder strafbare Handlungen gefunden zu haben. Die Bavaria Film erklärte im März ebenfalls, keine derartigen Hinweise gefunden zu haben.
Die Frankfurter Allgemeine berichtet.
Schön, dass sich das wochenlange öffentliche Abschlachten gelohnt hat.
Liebe Leitmedien: Könntet ihr über diese entlastenden Erkenntnisse genauso breit und prägnant berichten wie über die Vorwürfe, die gegen Wedel erhoben worden waren? Nein? Schade.
8. Das hier blogge ich mehr aus persönlichem Interesse: Auch an meiner ehemaligen Oberstufe kämpft eine selbstbewusste Frau tapfer gegen die gläserne Decke patriarchaler Unterdrückung.
9. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir, als hätte er den Twitter-Trend #MenareTrash kommen sehen:
Woran erinnert mich das:
Die narzisstische Clique.
Sie hatten ja schon das eine oder andere mal angedeutet, dass gewisse Protagonisten des aktuellen Feminismus Ihrer Ansicht nach lediglich eigene, innere und unbewusste Konflikte auf andere zu projizieren scheinen. Nun sehe ich, dass es offenbar auch narzisstische Cliquen gibt. Die Beschreibung der Erkennungsmerkmale solcher Gruppen auf der verlinkten Webseite hat bei mir einen Gong läuten lassen: Das ist die Netz-Feminismus-Bubble in Reinform.
Ähnliches ließe sich natürlich sicher auch über Anhänger von Verschwörungstheorien sagen, die sich ja auch gegen andere abschotten und Kritik von außen lediglich als Bestätigung ihrer irren Weltsicht lesen. Aber vielleicht gibt es da ja Überschneidungen.
Wie dem auch sei: Die Webseite von Sven Grüttefien bietet eine exzellente Möglichkeit, narzisstisch gestörte Menschen zu identifizieren und ihr Verhalten am Ende sogar zu verstehen – zumindest nachvollziehen zu können. Und sich darauf einzustellen.
Das Paradebeispiel: Donald Trump. Er scheint mir unter einer besonders schweren Form pathogenen Narzissmus zu leiden (worauf auch amerikanische Psychiater immer wieder hingewiesen haben). Wenn man das einmal verstanden hat, erklären sich alle seine Verhaltensweisen von selbst. Und man wundert sich, dass Journalisten immer noch versuchen, dahinter irgendeine Agenda zu sehen.
Was hat das mit Radikalfeminismus zu tun? Auf ganz ähnliche Weise wird es mit narzisstischen Cliquen sein. Diese Erkenntnis könnte einen wichtigen Schlüssel für die Aufklärung über die tatsächliche gesellschaftliche Relevanz der aktuellen Feminismus-Diskurse bieten. Das Schöne ist: Da derartige Leute oder Gruppen letztlich eine pathologische Erscheinung mit strengen eigenen Gesetzen sind, kann man ihr Verhalten letztlich vorhersagen.
Das Problem ist halt, dass es eine Menge Menschen gibt, die nicht so hinter die Dinge gucken und sich von Narzissten und narzisstischen Gruppen sogar angezogen fühlen. Denn da Narzissten voll und ganz in ihrem Wahn aufgehen, wirken sie auf Außenstehende ohne Hintergrundwissen oft sehr überzeugend. Es ist unglaublich spannend, zu sehen, wie dann Fakten umgedeutet und ausgeblendet werden, um das eigene Weltbild zu bestätigen. Die Konsequenz ist eine Abkoppelung von der Realität, die früher oder später in einer Katastrophe enden muss. Entweder für den Narzissten/die narzisstische Clique – oder die Umwelt.
Letztlich können Narzissten am falschen Ort so ganze Unternehmen und sogar Gesellschaften spalten. Das geschieht gerade in den USA. Und hier sind Radikalfministen, die sich gegen Kritik narzisstisch immunisieren, auf dem Weg, etwas ganz ähnliches anzurichten.
Obwohl ich letztlich glaube, dass sie sich am Ende nicht durchsetzen werden, denn es ist ein Unterschied, ob ein psychisch auffälliger Präsident in einer für Normalbürger unerreichbaren Sphäre irrlichtert oder ob eine narzisstische Gruppe anderen Menschen vorschreiben will, wie sie sich in einem sehr intimen Persönlichkeitsbereich verhalten sollen. Irgendwann ist dann die Grenze erreicht. Und narzisstische Cliquen tragen den Keim der Selbstzerstörung ja bereits in sich. Aber bis die Leute aufwachen, werden noch viele schlimme Dinge passieren.
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