"Alte Säcke" und "hysterische Hyänen": Freunde und Gegner der sexuellen Revolution
1.
Frauen in meinem Alter lästern gern über gleichaltrige Männer, die eine junge Freundin haben: Ha! Die wollen ihre verlorene Jugend nachholen und angeben vor anderen alten Säcken. Und sowieso, Männer haben einfach Angst vor starken Frauen.
Im Einzelfall mag das stimmen, aber generell? Nun, ich weiss es nicht. Darum hab ich einfach einen gefragt. Guy ist 56, geschieden und hat erwachsene Kinder. Seit zwei Jahren ist er mit Francesca (31) liiert.
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2. Einer neuen Studie zufolge schadet Ehekrach Männern, während er Frauen unbeeindruckt lässt:
Eine 16-jährige Studie von US-Forschern hat herausgefunden, dass bei Konflikten in einer Ehe die Ehemänner mehr mit Kopfschmerzen zu kämpfen haben, mehr Schlafprobleme haben und im Allgemeinen in einem schlechteren Gesundheitszustand sind.
Streitigkeiten über Kinder, Geld und Schwiegereltern können Stresshormone hervorrufen, die auf der ganzen Linie zu Problemen führen können.
Die Hauptautorin der Studie, Rosie Shrout von der Universität Nevada, sagte: "Ein Gefühl der Zugehörigkeit, Gefühle des Vertrauens und das Gefühl, dass Sie Ihr Partner versteht, sind in Beziehungen sehr wichtig. Wenn zwei Partner verschiedener Meinung sind und einer davon ist feindselig, negativ und zieht sich aus einer Beziehung zurück, zeigen andere Studien, dass dies Stress verursacht, der das Immunsystem beeinträchtigen und für die kardiovaskuläre Gesundheit schädlich sein kann."
(...) Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen tauchten jedoch ausschließlich bei Männern auf, während es bei Frauen anscheinend keinen Einfluss auf ihre Gesundheit hatte, wenn sie mit ihrem Partner nicht einverstanden waren.
3. Die Grünen im Kreistag Breisgau-Hochschwarzwald fordern, die "geschlechtergerechte Sprache" einzuführen, und stoßen bei den anderen Parteien auf ganz erheblichen Widerstand. (Die "Badische Zeitung" ist über die Schärfe dieses Widerstandes pflichtgemäß empört.) Das Ergebnis der Debatte:
Die neue Hauptsatzung wurde verabschiedet. Die Präambel noch um das dritte Geschlecht erweitert. Allerdings stimmten die Grünen nicht zu. "Wir können hier die Form nicht vom Inhalt trennen", so Silke Eisfeld. "Angesichts der Reaktionen der anderen Fraktionen verschlägt es mir die Sprache. Es zeigt, wie wichtig unser Antrag ist."
4. Raya la Ratha erklärt für die Richard-Dawkins-Stiftung, warum sie als Frau den aktuellen Gender-Feminismus als "antifeministisch" ablehnt:
Wir Frauen sind durchaus in der Lage, im normalen Studiengang und im normalen Betriebsgeschehen mitzumachen, ohne Sonderbehandlung, welche uns letztlich entmündigt und in die Position eines Kindes steckt sowie unsere Integrität und Souveränität, für die wir jahrhundertelang kämpften, in Frage stellt.
Nicht Segregation, sondern Inklusion ist progressiv und förderlich, auch wenn selbsternannten "für Frauenrechte Kämpfenden" und daraus Profitierenden (bspw. solchen, die sich gegenüber Frauen damit profilieren wollen, "wie sehr sie für die Rechte der unterdrückten Frau kämpfen") damit keine Plattform bliebe.
Und da wir bei "Sexismus" sind:
Am sexistischsten von allen sind jene Männer, die mir als Frau weismachen wollen, was wir bräuchten und was nicht, da wir offenbar nicht nur nicht in der Lage sind, geschlechtsunabhängig zu tun, was wir wollen, und Sonderrechte benötigen, sondern auch nicht wissen, was wir brauchen und dafür selbsternannte Frauenbeauftragte uns erklären können, was gut für uns ist.
5. Bei Österreichs Sender "Puls4" wird es heute um 22:45 Uhr eine Pro-und-Contra-Debatte zu MeToo geben. Die Gäste:
Thomas Schäfer-Elmayer, "Benimmpapst", Leiter der Tanzschule Elmayer: "In unserer Kultur ist es Gott sei Dank so, dass die Frau in der Gesellschaft im Rang höher steht als der Mann."
Anne Wizorek, Feministin und Gründerin der Aktion #aufschrei: "Die sexuelle Revolution ist ein abgewürgter Orgasmus. Da geht viel mehr."
Maximilian Pütz, Flirtcoach, "Pick-Up-Artist" und Co-Autor bei mehreren meiner Bücher: "#metoo hat Auswirkungen auf sehr viele Männer, die sowieso schon unsicher sind. Es gibt sehr viele hysterische Harpyien, die glauben, sie sprechen für alle Frauen."
Alexandra Stanic, Journalistin, biber: "Sexuelle Belästigung hat keine Herkunft, keine Hautfarbe, keine soziale Schicht, keinen Bildungsgrad – aber sehr wohl ein Geschlecht."
Sieht so aus, als müsste sich Maximilian nicht nur gegen drei andere Diskussionsteilnehmer, sondern auch erheblichen, demonstrativ gezeigten Sexismus behaupten. Ich wünsche ihm viel Erfolg dabei!
6. Da Anne Wizorek die "sexuelle Revolution" erwähnt ... Im Zeitalter von MeToo ist heterosexueller Sex ein einziges kaum überschaubares Krisengebiet geworden, berichtet Joanna Williams im liberalen Magazin Sp!ked:
Sex ist mittlerweile so kompliziert, dass viele junge Erwachsene ihn ganz aufgegeben zu haben scheinen. Jüngste Untersuchungen deuten darauf hin, dass einer von acht britischen 26-Jährigen noch nie Sex gehabt hat – gegenüber einem von 20 noch vor einer Generation. Die letztjährige "National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles" bestätigte diesen Trend und zeigte, dass 23 Prozent der 16- bis 24-Jährigen im vergangenen Jahr keinen Sex hatten. Offensichtlich war der Sex vor #MeToo, #TimesUp und all den Anschuldigungen über Vergewaltigungen, sexuelle Übergriffe, unerwünschte Küsse, zu lange Umarmungen und natürlich das Berühren der Knie rückläufig. Aber die endlose Berichterstattung über #MeToo hat sicherlich die Angst verstärkt, einander misszuverstehen, missbraucht oder falsch beschuldigt zu werden, verstärkt.
(...) In den letzten Jahren wurden viele Kampagnen in den sozialen Medien gestartet, nur um vergessen zu werden. MeToo ist anders. Heutzutage wird keine hochkarätige Frau interviewt, ohne nach ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung und ihren Ansichten über die #MeToo-Bewegung gefragt zu werden. Aber es trifft nicht nur Prominente: MeToo umfasst jeden. Die Belohnung für die Teilnahme daran ist die Mitgliedschaft in einer Gemeinde. Es gibt ein Publikum, das bereit ist, Ihre Erfahrungen zu bestätigen und Ihren Mut zu loben. Die Plattform ist vielleicht nur so lange sicher, bis jemand kommt, der mehr gelitten hat als Sie, und die Gemeinschaft ist vielleicht völlig imaginär, aber durch die Zugehörigkeit fühlt man sich stärker gemacht.
MeToo hält sich für revolutionär, zapft aber eine wohletablierte Geschichte von räuberischen Männern und verletzlichen Frauen an. Jeder neue Beitrag bekräftigt die bereits bestehende Annahme, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen auf dem Campus, am Arbeitsplatz und zu Hause weit verbreitet ist. Diese allgemeinen Behauptungen sind selten begründet und oft übertrieben, aber die #MeToo-Bewegung braucht keinen Beweis für weibliches Leid über ihre eigene Existenz hinaus.
(...) Frauen haben schon immer die Sexualität überwacht. Aber die Matriarchin, die Mädchen, die Jungen zu weit gehen ließen, mit schrecklichen Folgen drohte, wurde früher verspottet. Heute ist sie zurück - jetzt trägt sie eine Latzhose und einen "I heart consent"-Button. Sie warnt nicht vor ungewollter Schwangerschaft oder gar sexuell übertragbaren Infektionen. Stattdessen erzählt sie jungen Frauen von dem irreparablen psychischen Trauma, das sicherlich ausgelöst wird, wenn dem Sex nicht die Beschwörung von zuvor einstudierten Drehbüchern vorausgeht. Die #MeToo-Bewegung führt auf diese Weise zu einer Neubewertung der sexuellen Revolution als Spaß für Männer, aber schlecht für Frauen.
(...) Von Anfang an argumentierten Feministinnen, die sexuelle Revolution sei problematisch. Für Kate Millett und später Catharine MacKinnon und Andrea Dworkin war heterosexueller Sex ein Mittel, um die Kontrolle über Frauen durchzusetzen. Von Frauen wurde erwartet, dass sie sich hingeben befriedigt werden, von Männern, dass sie besitzen und dominieren. Spätere Panik-Kampagnen zogen eine Verbindung zwischen lockrem Sex und der Verbreitung des AIDS-Virus. Wie Katie Roiphe Anfang der 90er Jahre betonte, verlagerte sich der Fokus für junge Frauen damals von der "freien Liebe" auf den "sicheren Sex". Seitdem haben sich die Risiken des Gelegenheitssexes vom Körperlichen zum Seelischen verschoben. Sex mag nicht mehr zu einer ungewollten Schwangerschaft führen, aber, so wird es jungen Frauen beigebracht, zu niedrigem Selbstwertgefühl, Angst, Demütigung und Depressionen.
(...) Sex ohne Intimität wird als riskant empfunden. Sich einer anderen Person gegenüber verwundbar zu machen, erfordert einen großen Glaubenssprung, dass diese Person das Vertrauen, das man in sie setzt, nicht missbraucht. So viel steht auf dem Spiel. In der Spontaneität der Begegnung könnten Sie die Kontrolle verlieren. Ihr Partner kann andere Erwartungen haben. Sie sind vielleicht nicht in der Lage, Ihre Gefühle zu zeigen oder verständlich zu machen. Sie könnten etwas tun, was Sie später bereuen. Sie könnten unzufrieden, enttäuscht, abgelehnt und gedemütigt sein. Für die ohnehin Zerbrechlichen führt die Aussicht, dass ihre Verwundbarkeit aufgedeckt wird, zu Ängsten und Depressionen.
Die #MeToo-Bewegung wirft täglich Anschauungsmaterial für die Folgen des Missbrauchs von Vertrauen auf. Der Ruf nach einer stärkeren Regulierung der Beziehungen zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz, auf dem Campus und auf der Straße wird laut. Diese öffentliche Regelung der privaten Interaktion nimmt die während der sexuellen Revolution gewonnenen Freiheiten wieder weg. Es wird nicht mehr davon ausgegangen, dass Männer und Frauen als Gleichgestellte frei und spontan Beziehungen zu ihren eigenen Bedingungen aushandeln können. Stattdessen müssen sich die Menschen zu ihrer eigenen Sicherheit auf Regeln, Rahmen und Verhaltenskodizes beschränken. Wer sich weigert, braucht eine professionelle Umerziehung in Zustimmungs-Workshops.
(...) #MeToo ernährt sich von einer sexuellen Konterrevolution, ausgelöst durch eine Krise der Intimität. Aber die vorgeschlagenen Lösungen sind formal und technisch. Gespräche über Zustimmung, gemeinsame Genehmigungen, selbst unterzeichnete Erklärungen können nie eine befriedigende Lösung für den Vertrauensverlust zwischen Männern und Frauen darstellen. In der Tat, je mehr sexuelle Interaktionen überwacht werden, desto lauter ist die Botschaft, dass Sex von Natur aus riskant ist und desto mehr Vertrauen wird untergraben. Männer und Frauen treffen sich jetzt auf Augenhöhe, aber nur in dem Sinne, dass beide gleichermaßen nervös sind. Der Fokus auf Zustimmung macht Intimität unmöglich. Er schließt das Unbewachte und Spontane aus und besteht stattdessen darauf, dass man sich privat nach öffentlichen Maßstäben verhält.
7. Besonders pikant ist es, wenn sich MeToo mit Rassismus-Vorwürfen verbindet. So hat ein US-amerikanischer Richter jetzt eine Klage gegen die Universität von Missouri gestattet. Die Hochschule hatte einen schwarzen Doktoranden für zwei Jahre suspendiert, weil er eine weiße Kommilitonin mehrmals um ein Date gebeten hatte, woraufhin diese sich "unbehaglich" fühlte.
8. Die Post. Zu dem Interview mit der Frankfurter Neuen Presse, in dem Brigitta Wolff, die Präsidentin der Frankfurter Goethe-Universität, die hochkarätigen Forscher denunziert, die dort zu einem Wissenschaftskongress über familiäre Gewalt zusammengekommen waren, schreibt mir Kevin Fuchs:
Der Artikel beginnt ja mit dem "Versagen bei der Exzellenzinitiative" der Uni. Hmmm ... besteht da vielleicht auch ein vager Zusammenhang? Voraussetzung für "exzellente" Forschung ist auch eine offene Geisteshaltung. Ich kenne das aus dem Hochschulbetrieb sehr gut. Man knöpft sich überall zu, weil man keine "Probleme" haben will, man verhält sich defensiv und reserviert gegenüber Ungewohntem, weil man schlechte Presse fürchtet. Man schlägt sich allzu schnell auf die Seite derjenigen, die einen Diskurs - so nennt man das heute - gerade dominieren, weil es augenscheinlich sicher und einfach ist. Aber am Ende des Tages wundert man sich, warum die großen Ideen überall blühen, nur nicht auf dem eigenen Campus.
Brigitta Wolff erläutert ja nichts. Sie führt nicht näher aus, warum das "unzureichende Wissenschaft" sein soll. Kennt sie sich auf dem Gebiet überhaupt aus? Sie betreibt eigentlich nur Bashing. Sie tritt nach Leuten, die gerade nicht da sind.
Das Problem ist, dass dieser Bumerang auch schnell zurückfliegen kann. Immerhin war das eine Gemeinschaft international etablierter Forscher, die da auf dem Kongress aufgetreten sind. Deren Wirkungsradius kann auch dazu führen, dass das internationale Ansehen der Uni beschädigt wird. Wolff agiert hier sehr kurzsichtig. Ich würde den beteiligten Forschern raten, sich in Publikationen zur Wehr zu setzen und die Uni hier beim Namen zu nennen.
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