Samstag, Juni 30, 2018

Journalistin im "Penthouse": Können wir uns über toxische Weiblichkeit unterhalten? – News vom 30. Juni 2018

1. Wenn ich auf Genderama von "toxischer Weiblichkeit" spreche, dann nur um zu zeigen, für wie fragwürdig ich den Begriff "toxische Männlichkeit" halte, der inzwischen zum Kampfbegriff mutiert ist. "Können wir uns über toxische Weiblichkeit unterhalten?" lautet indes die Überschrift eines Artikels der Geschäftsführerin und Journalistin Leah McSweeney in der Zeitschrift "Penthouse".

Ein Großteil des Artikels umfasst eine Kritik McSweeneys an dem Verhalten der Schauspielerinnen Asia Argento und Rose McGowan; insbesondere im Zusammenhang mit dem Selbstmord des Moderators Anthony Bourdain. Diese Passagen sind allerdings viel zu ausschweifend, um sie für Genderama zu übersetzen. Wenn sie euch interessieren und ihr mit englischen Texten Probleme hat, werft sie in eine Übersetzungsmaschine eurer Wahl. Aber die Passagen, die weniger ins Persönliche gehen, sind im Rahmen der MeToo-Debatte durchaus erwähnenswert:

Der Artikel, der die #MeToo-Bewegung initiiert hat, beschreibt das, was er Argentos "Vergewaltigungs"-Erfahrung mit Weinstein nannte, eine sehr ähnliche wie Rose McGowans eigene Erfahrung mit dem Produzenten.


Dem zufolge habe Weinstein Argento zu Oralverkehr gezwungen, worüber sie zuvor nie gesprochen habe, weil sie Angst gehabt habe, dass Weinstein sie dann fertigmachen würde.

Und wissen Sie was? Ich wollte mich nicht in diese Sache hinein ziehen lassen. Aber drauf geschissen. Ich lasse mich hineinziehen. Ich tue das, weil es irgendjemand tun muss. Amerikanische Journalisten haben heute Angst. Sie sind Feiglinge. Ihre Meinungen sind furchtsam, wenn es um solche Themen geht, während sie eine ganz andere Meinung haben, wenn sie einem privat texten. Hier ist also die hässliche, verdammte Wahrheit, denn ihr alle wurdet immer und immer wieder mit einem Haufen idealistischem Müll gefüttert.

Argento und McGowan berichten von Weinstein, wie er mit ihnen Oralsex ausübt, und beide sagen, dass sie einen Orgasmus vorgetäuscht haben, in der Hoffnung, diese Erfahrung so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Das "Vergewaltigung" zu nennen, leistet einen Bärendienst für unsere Gesellschaft, einschließlich den Überlebenden sexueller Übergriffe, auf so vielen Ebenen. Ich wurde vergewaltigt, als ich 15 Jahre alt war. Ich weiß, dass viele Frauen mich des Victim-Blamings beschuldigen werden, aber irgendwann müssen wir den undurchdringlichen Schutzschild entfernen, den eine Frau erhält, wenn man sie als Opfer betrachtet.

Argento hatte mehrere Jahre lang eine einvernehmliche Beziehung zu Weinstein. Der New-Yorker-Artikel ist es, der die italienische Schauspielerin in den USA zum Gesprächsthema machte. Zuvor wussten die amerikanischen Medien wenig über sie.

(...) Argento wurde nicht erpresst. Sie wurde nicht bedroht. Sie hatte eine sexuelle Beziehung zu Weinstein, die zu einem gegenseitigen, einvernehmlichen Bündnis führte, denn - seien wir ehrlich - so funktioniert Hollywood. Spulen wir ein paar Jahre vor und Argento sah eine größere Chance: Sie könnte sich selbst als Überlebende vermarkten.

(...) Hinter der Ausrede der Frauenfeindlichkeit kann man kein beschissenes, schreckliches Verhalten verstecken. Nicht alles hat mit Geschlechterdiskriminierung und Patriarchat zu tun, und so zu tun, es wäre so, würde der feministischen Bewegung einen schlechten Dienst erweisen. Es geht mir um den Kampf gegen toxische Männlichkeit, aber die Forderung, dass alle Frauen einander zustimmen und unterstützen müssen, weil wir das gleiche Geschlecht haben, ist lächerlich und unlogisch. (Toxische Weiblichkeit existiert. Das können wir nicht länger leugnen.) Vielleicht sind McGowan und Argento nur zwei wirklich geschädigte Menschen? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass du nicht heilen kannst, wenn du nicht zu der Scheiße stehst, die du angerichtet hast, und ehrlich zu dir selbst darüber wirst, wer du bist.

In diesem neuen Klima öffentlicher Abrechnungen, #MeToo, und dem Trump-Regime, gehen wir alle auf Eierschalen und haben Angst, jemanden zu kritisieren, wenn wir dabei Gefahr laufen, als Sexist, Rassist oder Homophober gebrandmarkt zu werden. Die Art von Empörung, die diese Meinungsverschiedenheiten im Jahr 2018 hervorrufen, macht es fast unmöglich, die Wahrheit durch einen Austausch von Gedanken zu suchen. Ich bin traurig, dass dies die Menschen davon abhält, das Wort zu ergreifen. Aber ich weigere mich, in Angst zu leben. Ich weigere mich, mir mein Leben lang Sorgen darüber zu machen, bei wem ich anecken werde, wenn ich meine Meinung sage. Und ich ermutige Sie, dasselbe zu tun.




2. Buzzfeed empört sich in einem noch endloseren Artikel darüber, dass die britischen Behörden gegen "vulnerable women" durchgreifen, die Männer als Vergewaltiger verleumdet haben. Auch hieraus kann ich nur einen Bruchteil übersetzen:

Die meisten dieser Frauen wurden ins Gefängnis gesteckt, Dutzende von ihnen mit Strafen von zwei oder mehr Jahren.

Staatsanwälte stellten Jugendlichen und Frauen nach, die angeblich Probleme mit ihrer geistigen Gesundheit hatten, früher einen körperlichen sexuellen Angriff erlitten hatten oder mit ihrer Sucht nach Drogen oder Alkohol rangen.

Frauen wurden auch dann strafrechtlich verfolgt, wenn sie Berichten zufolge nur unter Druck zur Polizei gingen, ihre Anzeige schnell widerriefen oder ihren Angreifer überhaupt nicht nannten.

Die Kriminalpolizei hat Frauen verfolgt, von denen nicht klar war, ob sie gelogen hatten. In einem Fall lehnten es die Ermittler ab, die Frau wegen einer Falschbeschuldigung anzuklagen. Die Staatsanwälte gingen trotzdem gegen sie vor.

Yvette Cooper, Labour-Abgeordnete und Vorsitzende des einflussreichen Ausschusses für Innenpolitik, bezeichnete die Untersuchung von BuzzFeed News als "sehr beunruhigend" und forderte die Kriminalpolizei auf, dafür zu sorgen, dass die Leitlinien eingehalten werden, damit "die Opfer nicht davon abgehalten werden, sich zu melden" und "verletzliche Frauen nicht unangemessen verfolgt werden".

Der britische Ansatz steht in krassem Gegensatz zu dem der USA, Australiens, Kanadas und anderer europäischer Länder. Frauen in diesen Ländern sehen sich typischerweise nicht von Verfolgung - geschweige denn Gefängnis – bedroht, wenn sie wegen einer Vergewaltigung gelogen haben, sagten Staatsanwälte und Experten, weil es nicht im öffentlichen Interesse liege.

(...) Das Vereinigte Königreich scheint jedoch einen "einzigartigen Appetit" auf die Verfolgung falscher Anschuldigungen zu haben, sagte Lisa Avalos, eine amerikanische Rechtsprofessorin, die Berichte über Falschbeschuldigungen studiert. Sie hat kein anderes westliches Land gefunden, das Anklagen gegen mutmaßliche Falschbeschuldigungen als eine Frage der Politik "ermutigt", noch konnte sie einen Fall finden, in dem eine Amerikanerin, die beschuldigt wurde, fälschlicherweise über Vergewaltigung zu berichten, vor Gericht gestellt wurde.


Zusammengefasst: Eine Frau, die das Leben eines Mannes zerstört, indem sie ihn fälschlich der Vergewaltigung beschuldigt, wird zum Opfer, wenn sie dafür rechtlich belangt wird – was aber außer in Großbritannien praktisch nirgendwo stattfindet. Diese Form von Verleumdung ist ein straffreies Verbrechen und sollte es auch bleiben. Alles andere wäre frauenfeindlich.



3. Währenddessen sieht es nicht gut aus, was die Beschäftigung mit echter sexueller Gewalt angeht:

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs sieht bei den Kirchen nach wie vor Strukturen, die sexuellen Kindesmissbrauch und den Schutz der Täter ermöglichen. Aufklärung, Aufarbeitung, aber auch Prävention würden so verhindert. "Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche haben häufig nur so viel getan, wie sie – vor allem auf Druck von Betroffenen und Öffentlichkeit hin – tun mussten", sagte Sabine Andresen, Vorsitzende der Kommission, heute anlässlich ihres 3. Öffentlichen Hearing in Berlin. Im Mittelpunkt der Anhörung stehen Gespräche mit Betroffenen sowie die Frage, was in Bezug auf Aufarbeitung bei den Kirchen seit 2010 passiert ist.


Hier geht es weiter mit dem Artikel im Ärzteblatt.

"Kindesmissbrauch" bedeutet dabei jeweils den Missbrauch von JUNGEN – ein Wort, das in diesem Artikel nicht vorkommt. Dass das Geschlecht von Opfern immer dann erwähnt wird, wenn diese Opfer weiblich sind, war schon des öfteren Thema bei Genderama.



4. Die Kreativität der "taz", so ziemlich jedes Thema zum Männer-Bashing zu benutzen, ist fast schon bewundernswert. Aktuelle Schlagzeile: "Männer meckern, Merkel arbeitet".



5. Warum ist die Staatsanwaltschaft Hamburg überhaupt dabei, eine Männerquote einzuführen? Das hat sch das Wissenschaftsblog "ScienceFiles" näher angeschaut:

Wir haben bereits am Beispiel von Ärzten und Lehrern gezeigt, welche Folgen eine Feminisierung der entsprechenden Berufsbilder hat. Kurz gesagt, ist die Logik die folgende:

* Mehr Frauen unter den Angestellten bedeutet mehr Teilzeit,

* mehr Teilzeit bedeutet geringere Produktivität,

* geringere Produktivität bedeutet, dass nun mehr Angestellte weniger Arbeit verrichten als früher weniger Angestellte,

* wenn weniger Arbeit verrichtet wird, bleibt entweder Arbeit liegen oder es können Serviceleistungen nicht erbracht werden.

* Bei der Staatsanwaltschaft bleibt Arbeit liegen.

Wir haben diese Hypothese auf Grundlage der Statistiken für die Staatsanwaltschaft geprüft und bestätigt.

In Hamburg hat die Anzahl der zum Jahresende nicht erledigten staatsanwaltschaftlichen Verfahren seit 2010 kontinuierlich zugenommen und ist zuletzt auf 24.746 gesprungen. Die Entscheidung, nun wieder Männer einzustellen, ist also keine Menschenfreundlichkeit, sondern aus der Not geboren, denn,

* wenn mehr Männer in einem Beruf arbeiten, dann sinkt der Anteil derer, die in Teilzeit arbeiten,

* wenn weniger Angestellte in Teilzeit arbeiten, steigt die Produktivität und mit der Produktivität die Anzahl der erledigten Verfahren, was dazu führt,

* dass die Zahl der zum Jahresende unerledigt gebliebenen Verfahren wieder sinkt und die Staatsanwaltschaft Hamburg nicht im Aktenberg versinkt.




6. Viele fragen sich: Warum rasen immer noch so viele Feministinnen vor Wut über ein "Frauen unterdrückendes Patriarchat" und eine "Rape Culture", wenn sämtliche Gesetze zu Lasten von Frauen beseitigt wurden, Frauen inzwischen so gleichberechtigt leben wie nie zuvor und die sexuelle Gewalt kontinuierlich zurück geht? Sind die blöd oder was? Nein, die sind völlig normal. (Gut, hier und da vielleicht mit individuellen Einschränkungen). Das Wissenschaftsmagazin "Science" berichtet über ein Experiment, das eine überraschende Erklärung für das geschilderte Missverhältnis liefert:

Jeden Tag treffen Menschen Dutzende von Urteilen, von der Entscheidung, ob unsere Kleidung passt oder ob eine zwielichtige Gestalt auf der Straße eine Bedrohung darstellt. Solche Entscheidungen basieren nicht auf harten und schnellen Regeln, wie eine neue Studie zeigt. Stattdessen ist unser Konzept der "Bedrohung" - und sogar der Farbe "Blau" - relativ.

Um das herauszufinden, zeigten Forscher nicht farbenblinden Teilnehmern eine Serie von 1000 Punkten, die von sehr blau bis sehr violett reichten, und baten sie, bei jedem Punkt zu beurteilen, ob er blau war. In den ersten 200 Studien sahen die Teilnehmer eine gleiche Anzahl von Punkten aus dem blauen und violetten Teil des Spektrums, aber dann sank die Häufigkeit der blauen Punkte allmählich auf nur noch einen Bruchteil dessen, was er vorher war. Bis zum Ende der Studie hatte sich die Interpretation der Farben geändert: Punkte, die die Teilnehmer in den ersten Studien für "lila" erklärt hatten, klassifizierten sie jetzt als "blau". Das heißt, ihr Konzept der Farbe Blau hatte sich auch auf Lilatöne ausgeweitet.

Selbst als die Forscher die Teilnehmern vorwarnten, dass blaue Punkte seltener werden würden und ihnen Geld versprachen, wenn sie ihre Urteile konsistent hielten, trat die gleiche Verschiebung ein. Das Team fand ähnliche Ergebnisse in komplexeren Versionen der Aufgabe, in denen die Teilnehmer beurteilen mussten, ob ein Gesicht bedrohlich oder ob ein Forschungsantrag ethisch vertretbar war. Als bedrohliche Gesichter oder unethische Forschungsvorschläge weniger häufig wurden, begannen die Menschen, bisher gutartige Beispiele als Bedrohung oder als unethisch zu betrachten.


Hier liegt nahe, dass es sich beim Feminismus ähnlich verhält. Wenn es weniger Bedrohungen und Benachteiligungen gibt, wird das Konzept dessen geändert, was man als eine Bedrohung oder Benachteiligung empfindet. So bleibt die Wahrnehmung von Bedrohungen und Benachteiligungen gleich, während sich eine Fassungslosigkeit darüber dazu gesellt, dass sich nach derart vielen Jahrzehnten des Feminismus scheinbar "nichts getan" habe. Die verärgerte Empörung darüber wächst. Und jeder, der aufzeigt, wie stark sich die Situation in Wahrheit verbessert hat, gilt als Zyniker und antifeministisches Arschloch.

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