Vermischtes vom 7. April 2016
1. Die Marburger Piratenpartei hat in einer Presseerklärung zur Ausladung des Evolutionsbiologen und Gender-Kritikers Professor Kutschera durch die Universität Marburg Stellung genommen:
Da sich im Vorfeld der Auftaktveranstaltung zum Studium Generale abzeichnete, dass mit Protesten und Störungen der Veranstaltung durch Aktivisten der Pro-Gender-Zunft und des AStA zu rechnen sei, hatte Prof. Kutschera den Vortrag jedoch bereits eine Woche zuvor, am 19. März, mit dem Hinweis abgesagt, dass er sich "als international ausgewiesener Life Scientist und Lehrbuchautor, nicht von politisierenden Sozial-Konstruktivisten […] öffentlich beleidigen lasse".
Die vom Universitätspräsidium auf Initiative der Frauenbeauftragten der Universität, Silke Lorch-Göllner, nachgeschobene "Ausladung" Kutscheras ist demnach offenbar nur ein Versuch, das Gesicht zu wahren. Besser wäre es sicher gewesen, Herrn Kutschera zu anderem Termin eine öffentliche Diskussionsveranstaltung mit einer Gesellschaftswissenschaftlerin vorzuschlagen, und dazu auch den AStA und die Frauenbeauftragte einzuladen. Denn zu einer fairen Diskussion gehört es nun mal, sich des Opponenten anzunehmen, und ihn unter Wahrung aller Form zu Wort kommen zu lassen, um dann ebenso zu antworten. So viel zu den der Würde einer Universität eigentlich angemessenen Umgangsformen.
Die Piraten Marburg-Biedenkopf bedauern die Eskalation, die sich zugetragen hat. Wir fragen nach: Warum diese Hysterie beim AStA? Warum die Ausladung? Wissenschaft lebt wie Politik auch von Auseinandersetzung und Kritik, nicht von Ignoranz und trotzigen Angriffen. Solche Sitten gehören nicht in unsere Zeit.
Wir fordern die Präsidentin der Universität Marburg daher auf, im Interesse der Wissenschaft wieder ins 21. Jahrhundert zurückzukehren, indem sie die nachgeschobene Ausladung von Prof. Dr. Kutschera umgehend rückgängig macht und sich öffentlich bei ihm entschuldigt. Uns irritiert die Vehemenz, mit der hier über ein doch relativ randständiges Thema in einer Tonlage, die uns grotesk übertrieben erscheint, gestritten wird.
2. Im Berliner Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ist der Gender-Unterstrich jetzt amtlich. Zukünftig wird dort also etwa von "Bürger_innen" die Rede sein. Wer die Gender-Sprachumwandler kennt, weiß, dass dies nur ein weiterer Schritt auf einem Weg ist, der unsere Sprache noch sehr viel gründlicher verändern soll. Dazu muss man die Leute nur ordentlich erziehen:
Wie in Tempelhof-Schöneberg hält es die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann. Sie verwendet allerdings keinen Gender-Unterstrich, sondern ein Sternchen. Sie entpuppte sich unlängst als wahre Pedantin. Als der CDU-Abgeordnete Timur Husein schriftliche Fragen an sie richtete, ließ sie seine Schreibweise korrigieren. Er hatte zum Beispiel geschrieben: "Teilnehmer" und "Kooperationspartner". Sie schickte seine Fragen korrigiert so zurück: "Teilnehmer*innen" und "Kooperationspartner*innen".
Erfreulich, wenn ein Berliner Stadtbezirk so wenig Probleme hat, dass die Bürgermeisterin Zeit dafür findet, Texte aus der gültigen Rechtschreibung in Gendersprache zu korrigieren.
3. Kuckuckskinder seien viel seltener als gedacht, berichten unter anderem Spiegel-Online und Die Welt. Einer aktuellen belgischen Studie sind die bisher angenommenen Zahlen von zehn bis zwanzig Prozent zu hoch und ein bis zwei Prozent realistischer. Offenbar seien für die allermeisten Frauen die potentiellen Kosten für die evolutionären Vorteile des "Gen-Shoppings" doch zu hoch.
4. Dem Kölner Express liegen Belege dafür vor, dass die sexuellen Übergriffe der Silvesternacht, darunter eine Vergewaltigung, tatsächlich vertuscht werden sollten. Ein Auszug:
Laut internen Polizeivermerken und E-Mails rief ein Beamter der Landesleitstelle, die Teil des Minister Jäger unterstellten Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD NRW) in Duisburg ist, nach Erhalt der brisanten WE-Meldung in Köln an, um die Bitte zu übermitteln, die Meldung zu "stornieren" bzw. den Begriff "Vergewaltigung" zu streichen. Dies sei "ein Wunsch aus dem Ministerium". Die Kölner Polizei blieb zum Glück standhaft.
Eine direkte Anweisung aus der Landesregierung zur Vertuschung? Es wäre ein handfester Skandal.
Politisch ebenfalls höchst brisant ist, dass nach EXPRESS-Informationen Kripo-Vize-Chefin Heidemarie Wiehler bereits am Nachmittag des 10. Januar den Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann sowie einen Referatsleiter im Ministerium über die Vermerke der Kollegen in einer als "vertraulich" gekennzeichneten E-Mail mit dem Titel "Stornierungswunsch WE-Meldung vom 1.1. 2016" berichtete und ergänzte, dass sie selbst am 1. Januar von Jürgen H. über den Wunsch des Landes informiert worden sei.
Das nordrhein-westfälsiche Innenministerium hat die Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen, womit die Oppositionsparteien im Landtag allerdings nicht zufrieden sind:
Der FDP-Obmann im U-Ausschuss, Marc Lürbke, forderte Jäger zu einer "glasklaren" Stellungnahme im Innenausschuss des Landtags schon an diesem Donnerstag auf. "Die Vorwürfe, dass aus dem Innenministerium versucht worden sein soll, Straftaten zu vertuschen, sind ungeheuerlich." Als CDU-Obfrau im U-Ausschuss verlangte Ina Scharrenbach von Kraft, sie solle "die notwendigen Konsequenzen ziehen." Jäger habe den "letzten Rest an Glaubwürdigkeit" verloren.
5. Die Vorwürfe, dass drei Mädchen im Kieler Einkaufszentrum Sophienhof von einem Mob aus Migranten belästigt wurden (Genderama berichtete), sind inzwischen endgültig vom Tisch:
Doch als wolle er Kritik ersticken, tönte Vize-Landespolizeidirektor Joachim Gutt im Landtag: Man habe Fotos der Opfer auf den Handys der Verdächtigen gefunden. Punkt.
Seit wenigen Tagen liegt der Kieler Staatsanwaltschaft der Abschlussbericht der Polizei vor. Und nun stellt sich heraus, dass einige Vorwürfe haltlos sind. "Die Mädchen sind nicht gefilmt und fotografiert worden", sagte Oberstaatsanwalt Axel Bieler SPIEGEL ONLINE. Bilder der Mädchen seien nicht auf den Handys der jungen Männer gefunden worden. Und: "Es gab keinen Mob."
6. Die Frankfurter Rundschau hält die in rechten Kreisen kursierende These, es gebe in Schweden eine enorm hohe Zahl von Vergewaltigungen durch Zuwanderer, für nicht durch die Statistik gedeckt. Die im ersten Moment hoch erscheinende Zahl
würde sich relativieren, sobald weitere sozio-ökonomische Faktoren wie Einkommen, Wohnort, Geschlecht oder Alter in Betracht gezogen werden, erläutert Hradilova Selin vom Kriminalitätspräventionsrat. Ihr Urteil über den Mythos von der "schwedischen Vergewaltigungsepidemie" ist eindeutig: "Es gibt sie einfach nicht."
7. Dem Londoner Evening Standard zufolge sind männliche Lehrer besonders stark selbstmordgefährdet:
Men are particularly vulnerable because they suffer the same stress as women but do not find it as easy to talk about their feelings, delegates at the Association of Teachers and Lecturers union in Liverpool heard.
Helen Porter, a teacher from Newbury, Berkshire, tabled a motion, which was carried, calling for more to be done to promote good mental health among men to encourage them to talk about difficult thoughts and feelings.
(...) She said some male teachers might feel overwhelmed by increasing workloads or financial pressures. Major changes such as schools becoming academies, revamped GCSEs and budget cuts could also add to stress. She said: "It can lead to people feeling anxious and stressed with constant demands on their energy. It can lead to complete exhaustion where they may ... take their own life."
8. Der britische Väterrechtler Bobby Smith will den Straßen-Aktivismus hinter sich lassen und strebt ein politisches Amt an:
His latest stunt was to hold a protest outside London mayor Boris Johnson’s home in March. At the time, the New Fathers 4 Justice activist said: "Boris is in, but he’s being a bit shy. I’ve posted something for him to read. I’ll just keep coming back until he’s ready to talk. He’ll give in before I do."
Bobby, 34, is planning to stand for election in the hope of becoming either an MP or a councillor in a bid to change the British justice system.
He’s climbed onto the roofs of many public buildings – including using a ladder to climb onto the roof of Buckingham Palace and scaling the home of House of Commons leader Chris Grayling – in a bid to get his voice heard.
Now he plans to stand for election to Stevenage Borough Council in May, as well as for an MP in a by-election for Sheffield Brightside and Hillsborough seat triggered by the death of the constituency MP.
He says his manifesto will outline three main objectives – to give equal rights to fathers in divorce and separation proceedings, to give grandparents a legal standing, and to reform the family courts.
9. Indische Männerrechtler begrüßen die Auflösung klassischer Geschlechterrollen in dem Spielfilm "Ki und Ka":
In fact, some of the activists say the movie is a must-watch for every adult, especially men. The movie, they think, would help start a dialogue in the society about gender roles, stress at workplace and liberating men from traditional expectations of the society. This, in turn, would help in framing better, more equal and gender neutral laws related to marriage, they say.
"Just like women, men should also have choice to be homemakers rather than being providers for their wife. It is about time to explore this theme at a time when women are allowed the choice of being anything from doctors to fighter pilots." says Anil Kumar, from Confidare India.
Vivek Ganeshan of Save Indian Family Foundation (SIFF) believes that about 15% to 20% young Indian men are interested in becoming homemakers but hesitate due to society's attitude towards it.
Während der Nachrichtenwert dieser Meldung an sich für deutsche Leser vermutlich nahe null liegt und allenfalls mal wieder das Klischee vom indischen Frauenunterdrücker und Steinzeit-Macho stört, finde ich es bemerkenswert, dass dieses Thema der "Times of India" überhaupt einen Artikel wert ist. Bei der deutschen überregionalen Presse würde wohl kaum jemand auf den Gedanken kommen zu berichten, was Männerrechtler von einem aktuell laufenden Spielfilm halten.
10. Die Leserpost gibt mir heute Gelegenheit, kuriose Fragen zu beantworten. Einer meiner Leser schreibt mir nämlich:
Manchen dürfte es bekannt sein, dass Teile der Feministinnen extrem prostitutionsfeindlich sind und in den letzten Jahren weltweit massiv dagegen vorgegangen sind. In Ländern wie Nordirland, Kanada und Frankreich hat man es geschafft oder ist kurz davor, das schwedische Modell (Freierbestrafung) einzuführen.
In Deutschland soll selbiges (vorerst?) nicht zur Anwendung kommen, aber auch hier ist ein verschärftes Gesetz (sogenanntes Prostituiertenschutzgesetz) in Planung und soll in den nächsten Monaten verabschiedet werden.
Wie auch in anderen Bereichen fällt hier ebenfalls auf, dass mit falschen/nicht belegbaren Behauptungen gearbeitet wird. So meinte die SPD im Zuge der Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels am 05.04.2016, die Anzahl der Zwangsprostituierten läge in Deutschland bei geschätzten 400.000 (Anmerkung meinerseits: Sind das die Zahlen von Alice Schwarzer?). Nach Protest von voice4sexworkers wurde diese Zahl einen Tag später ersatzlos gestrichen. Manchmal scheint Einspruch etwas zu bringen. Die Überschrift der mittlerweile entschärften Pressemitteilung, "Frauen besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution schützen", ist natürlich wieder typisch für den vertretenen Zeitgeist in der herrschenden Parteienlandschaft. Männer werden erst gar nicht erwähnt.
Da ich mich selbst schon gegen Zwangsprostitution engagiert habe – unter anderem mit meinem Heimatroman Die Sklavenmädchen von Wiesbaden – kenne ich mich bei diesem Thema ein bisschen aus. 400.000 ist natürlich eine Gaga-Zahl. Aus welchen Gewässern sie kommt, lässt sich einem (gelungenen) Artikel der Radikalfeministin Heide Oestreich in der "taz" entnehmen, der vor zehn Jahren veröffentlicht wurde. Die Zahl ist im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 aufgetaucht:
Bei der WM sollen bis zu 40.000 Prostituierte nach Deutschland einreisen, schätzt angeblich der Städtetag. Eine Bordellchefin aus Berlin merkte kürzlich im britischen Guardian an, man könne locker noch eine Null anhängen. In der Emma werden aus 40.000 ausländischen Prostituierten plötzlich 40.000 Zwangsprostituierte, als gäbe es da keinen Unterschied. Schon widerspricht der Kölner Oberbürgermeister, die Zahl sei ohnehin "nicht realistisch". Heike Rudat, Menschenhandelsspezialistin vom Landeskriminalamt Berlin, erklärt, es gebe für Menschenhandel keine seriöse Dunkelfeldforschung und deshalb auch keine verlässlichen Zahlen.
Geschätzte 40.000 Prostituierte, noch eine Null dranhängen und alle zu Zwangsprostituierten erklären – voila: 400.000 Zwangsprostituierte! Es sagt alles über die gegenwärtige Verfassung der SPD, dass sie zehn Jahre später auf dieser Grundlage eine solche Zahl mit der Einleitung "Studien schätzen ..." wieder aus dem Hut zieht. Für diese Einstellung, dass moralischer Eifer vernünftige Faktenarbeit überflüssig mache, wird von einigen das Wort "Gutmenschen" verwendet. Offenbar hat keiner der Sozialdemokraten, die für diesen Murks verantwortlich sind und die auf dieser Basis Politik betreiben, einen Sekundenbruchteil darüber nachgedacht, ob diese Zahl auch nur im entferntesten realistisch sein kann. 400.000 Menschen – das wären mehr als sämtliche Einwohner Bochums. (Auch die Einreise von 40.000 Prostituierten zur Fußball-WM hat sich nach der Meisterschaft als irre Phantasie herausgestellt. Man konnte überhaupt keinen Anstieg zugereister Prostituierter verzeichnen.)
Aber was weiß ich schon. Die SPD ist schließlich eine altehrwürdige Volkspartei mit bestbezahlten Experten, und ich bin aus ihrer Sicht nur irgendein rechtsradikaler Scharlatan und Blogger ... :-)
11. Off-topic: Jedes Land hat die Regierung, die es verdient, findet Thomas Schmoll.
Währenddessen begrüßt Frankreichs Präsident Hollande die Haltung unseres angeblich europaweit komplett isolierten Landes in der Flüchtlingsfrage.
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