Bundesrichter Thomas Fischer erklärt: Warum der Begriff "Femizid" im Strafrecht nichts zu suchen hat
1. Auf Spiegel-Online äußert sich der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer zum aktuellen Modewort "Femizide", das Lobbyisten gerne als Teil unseres Strafrechts sehen würden. Ein Auszug:
Wenn Herr A Herrn B erschlägt, heißt das in der Presse gemeinhin nicht "Androzid", sondern wahlweise "Schlägerei", "Drama", "Auseinandersetzung" oder "Bluttat". Als Androzid gilt dagegen das Abschlachten von 8000 Männern und Jungen in Srebrenica im Jahr 1995: Töten von männlichen Menschen, weil sie Männer sind. Auch die Tötung eines gewalttätigen Mannes durch das weibliche Opfer wird nicht als Androzid gegeißelt (sondern meist als minder schwerer Fall des Totschlags am Rande der Notwehr angesehen). Die von Matthäus 2, 16 ff. berichtete Kindestötung des Herodes geht als "Infantizid" durch; die Tötung von zwei Kindern durch deren Mutter läuft publizistisch, je nach Geschmack, meist unter "Verzweiflungstat" oder "Mutterversagen".
Da stellt sich also die Frage, was jeweils mit den Begriffen "als Frau" bzw. "als Mann" gemeint ist. Diese Frage ist, wie allgemein bekannt, ihrerseits hochgradig umstritten und in allerlei ideologische Kämpfe verstrickt. Eine populäre feministische "Femizid"-Theorie beantwortet sie eindeutig: "Frau" ist eine Fremd- und Selbstzuschreibung, die mit dem biologischen Geschlecht nur entfernt zu tun hat. Dann ist jedes "typisch" weibliche Verhalten ebenso wie die sozialen Positionen von Frauen ein Resultat dieser Zuschreibungen. Das gilt selbstverständlich auch für männliche Personen.
Wenn man das als Grundlage akzeptiert und als glaubensgesättigten Königsweg der Welterkenntnis ansieht, folgt daraus zwanglos, dass alles, was Frauen oder Männern angetan wird, ihnen "als Frau" und "als Mann", also deshalb angetan wird, "weil sie Frau/Mann sind". Dies ist eine relativ banale Schlussfolgerung, von der man nicht viel Aufhebens machen muss. Wenn "Gender" als Leitstrahl und Idealtypus das ganze Leben definiert, gilt das fürs Brezelbacken wie fürs Töten, fürs Kinderspiel mit dem Kitabetreuer wie für Lynndie Englands Folterfreude in Abu Ghuraib.
Dann ist freilich schwer erklärbar, warum das Töten von männlichen Personen durch Frauen oder Männer nicht stets »Androzid« heißen sollte. Wie nennen wir das Töten einer Chinesin, weil sie Chinesin, eines Juden, weil er Jude, das Töten einer globalen Multimillionärin, weil sie reich ist?
Besonders rätselhaft erscheint mir immer wieder, dass bejammert wird, wenn (tödliche) Gewalttaten gegen Frauen als "Beziehungstat", "Drama", "Eifersuchtstat" oder "häusliche Gewalt" bezeichnet werden, weil dies angeblich die eigentliche Tat – den "Femizid" – verharmlose.
Das ist schlichter Unsinn. Eine Beziehungstat heißt deshalb so, weil ihr eine persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten ursächlich zugrunde liegt. Das ist keine Entschuldigung, sondern eine kriminologische Erklärung. Ob die Tat strafrechtlich ein minder schwerer Fall des Totschlags oder ein heimtückischer Mord aus niedrigen Beweggründen ist, ist eine ganz andere Frage. Und dass man das Töten einer ganzen Familie durch Vater oder Mutter neben "Mord" auch noch "Familiendrama" nennen darf, verleiht der Tat keine Harmlosigkeit.
Es gibt Femizide, Androzide, Infantizide, Senizide. Sie können unschwer in die Systematik der Tatbestände der §§ 211, 212 StGB eingeordnet werden. Dabei geht es allerdings stets um den Einzelfall, nicht um irgendwelche soziologischen Kategorisierungen. Nicht jede Tötung einer Frau durch wen auch immer ist ein Femizid, so wenig wie jede Tötung eines Mannes ein Androzid ist.
Der Versuch, die ganze Welterklärung einschließlich Schuldzuweisung und Ursachenforschung in einzelne, höchstaufgeladene Begriffe zu kleiden und deren Verwendung als Voraussetzung zur Beteiligung an der "richtigen" Kommunikation zu machen, ist einerseits typisch pubertär (insoweit verzeihlich), andererseits typisch ideologisch und sektiererisch (insoweit unterkomplex und schwerer verzeihlich). Wenn Begriffe jede Kontur aufgeben und nurmehr als Kennzeichen einer angeblich "richtigen" Gesinnung verwendet werden, verlieren sie Kraft und Sinn.
2. Bei der "Zeit" gießt man nach dem maskulistischen Artikel, über den Genderama letzte Woche berichtete, jetzt wieder fleißig Benzin ins Feuer des Männerhasses. Diesmal darf Sabine Rückert ran mit ihrem Artikel "Alte Männer in der Politik: Bis einer den Globus anzündet". Darin beklagt sie, dass all diese Störenfriede, mit Biden angefangen, nicht so früh ins Gras beißen wie in der guten alten Zeit: "Die moderne Medizin verlängert ihre reaktionäre toxische Männlichkeit Jahr um Jahr um Jahr."
3. Es reißt nicht ab mit den Messerstecherinnen:
Ein Streit zwischen einer Frau und einem Mann eskaliert in einem Wohnhaus in Allmersbach im Tal. Dann greift die 55-Jährige zum Messer. Beide werden schwer verletzt.
4. Die britische Daily Mail berichtet:
Lehrer erzählen Schülern, dass die "Darstellung traditioneller geschlechtsspezifischer Rollen in der Familie" dazu führen könnte, dass sie Vergewaltigungen begehen. Fast ein Drittel der Schulen nutzt den Beziehungs- und Sexualkundeunterricht, um Kinder über "toxische Männlichkeit" aufzuklären.
Die politische Indoktrination wird so lange weitergehen, bis jeder überzeugt ist.
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