Dienstag, September 24, 2024

Auf einmal streiten alle über Männer

Die Artikel, in denen Männer entweder diffamiert werden oder über ihre Diskriminierung gesprochen wird, beginnen, sich zu häufen.



1. So hat sich der SPIEGEL erneut dem Männerhass zugewandt. Ein Artikel Tara-Louise Wittwers mit der Überschrift "Ich will euch nicht erziehen müssen!" beginnt mit folgenden Sätzen: "Männer denken, sie seien die Krone der Schöpfung. Viele halten es nicht aus, nur Nummer zwei zu sein." Immerhin weiß man da von Anfang an, dass es sich nicht mehr lohnt, weiter zu lesen.

Ich habe es für Genderama trotzdem getan und festgestellt, dass es sich um einen weiteren Backlash-Beitrag als Reaktion darauf handelt, dass allmählich auch über die Anliegen von Männern gesprochen wird. Das kann manche Redakteurin offenbar kaum ertragen:

Der Sozialpädagoge Roland Merten fragte sich in dem Text "Jung, männlich, rechts", warum bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen so viele Männer eine gesichert rechtsextreme Partei gewählt hatten. Merten meinte, dass es daran liegen könnte, dass Männer in der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, ja in der Gesellschaft abgehängt seien.

(…) Roland Merten kommt in seiner Analyse zu folgendem Schluss: "Die gute Nachricht: Die Gruppe der jungen Männer ist politisch ansprechbar, allerdings mit Angeboten, nicht mit Drohungen. … Sie brauchen eine Politik, die sich aus ihrer Sicht wesentlichen Themen zuwendet. Debatten über eine gendergerechte Sprache oder Frauenquoten in der Wirtschaft sind für sie völlig irrelevant. Ihnen fehlt die Perspektive auf eine gute und stabile berufliche Perspektive und damit auf eine sichere gesellschaftliche Teilhabe. Wer ihnen dies in Aussicht stellt, wird sie auch als Wähler (zurück)gewinnen können."

Dieser Absatz hat dazu geführt, dass ich lange an eine Wand starrte, denn er ist nicht nur frustrierend falsch, sondern zeigt auch auf, was mit dieser Gesellschaft ganz grundsätzlich nicht stimmt. (…) Mertens Lösung, um die Männer wieder zu erreichen, ist es, Themen anzusprechen, die Männer interessieren. (…) Nein, liebe Männer, wir müssen nicht wieder zurück zu Themen, die auch Männer interessieren, und es ist auch keine "gute Nachricht", dass Männer "politisch ansprechbar" seien. Wir lassen uns nicht erpressen von einem Geschlecht, das es nicht erträgt, nicht die Nummer eins zu sein.


Als ob sich Geschlechterpolitik jemals bevorzugt um die Anliegen von Männern gekümmert hätte.

Während die SPIEGEL-Redakteurin lange an eine Wand starrte, muss ihr als Anliegen von Männern allen Ernstes nichts anderes eingefallen sein, als ein Freibrief zum Frauenmord.

Ja, Männer werden in der Schule oft abgehängt, aber das ist nicht neu. Wie lange kann es Aufgabe anderer Menschen sein, die Hälfte der Bevölkerung immer wieder hinter sich herzuziehen und zu locken, "Ja guck mal, feini, wenn du jetzt aufhörst, deine Frau anzuzünden, dann bekommst du ein Bonbon!"


Laut SPIEGEL besteht also die Hälfte der Bevölkerung aus Menschen, die gewalttätig durch die Gegend wüten und mit denen man sprechen müsste wie mit Hunden.

Normalerweise kritisiere ich diesen offen ausgelebten Männerhass aus moralischen Gründen. Ich verstehe ihn aber auch auf der Ebene der politischen Strategie nicht. Landauf, landab sind die Zeitungen voll mit Klagen darüber, wie sehr die AfD bei Wählern zulegt. Gleichzeitig können sich linke Blätter nicht mal im Ansatz beherrschen, Männer aus dem eigenen Lager zu vertreiben. Lieber nimmt man das Erstarken der Rechten bereitwillig in Kauf.



2. In Österreich wählen sogar die meisten Schwulen inzwischen die FPÖ.



3. Im FOCUS positioniert sich Julia Ruhs zunächst gegen das Männer-Bashing des SPIEGEL:

Ich finde das schrecklich pauschal. Ein kleiner Schauer lief mir beim Lesen über den Rücken, denn: Man möge sich mal vorstellen, es wäre die Rede von einer anderen Gruppe. Was würden sich alle aufregen, von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sprechen. Aber bei Männern darf man das ja. Also bei weißen Hetero-Männern ohne Behinderungen, bei den Normalos. Sie sind keine vulnerable Gruppe, sondern Repräsentanten des verhassten Patriarchats. Freigegeben für den (weiblichen) Hass. (…) Der Mann, das fleischgewordene Böse, logisch.


Im Verlauf ihres Artikels stellt Julia Ruhs allerdings klar, dass sie eigentlich nur die Diskriminierung volksdeutscher Männer stört. Männliche Einwanderer, fordert sie, sollten stattdessen umso stärker diskriminiert werden:

Ich denke an eine Frauenquote – für Flüchtlinge. Oder gar daran, nur noch Frauen ins Land zu lassen.


Wir hatten schon sinnvollere Lösungsvorschläge.



4. Es wird besser: “Jungs und junge Männer weisen in vielerlei Hinsicht stärkere Probleme auf" erklärt der Bildungsforscher Aladin El-Mafaalani für die Medienplattform The Pioneer:

Wir sprechen heute über eine nicht ganz einfache Frage, nämlich die, ob vor lauter Gleichstellungspolitik, Mädchen Programmen, Female-Empowerment, die Jungs und jungen Männer aus dem Blick geraten, vielleicht sogar vernachlässigt wurden.

In vielen Bereichen ihrer Entwicklung hinken Jungen den Mädchen hinterher: Sie haben schlechtere Noten, schaffen deutlich seltener das Abitur, leiden häufiger unter ADHS. Im neuen Bildungsbericht der OECD heißt es, dass in nahezu allen Bereichen Mädchen bessere Resultate als Jungen erzielen und – fast noch wichtiger – dass in vielen Fällen sich der Abstand vergrößert.

In Norwegen tagte in diesem Jahr ein Männerausschuss des Parlaments, der Titel: "Der nächste Schritt der Gleichstellung". Die Botschaft: Die Politik müsse stärker die Jungen und Männer in den Blick nehmen.


Wenn das geschieht, sehe ich noch viele Hass-Artikel auf uns zukommen.



5. Auch in den USA hat man das Problem entdeckt. Unter der Schlagzeile "Warum unsere Gesellschaft Jungen und Männer im Stich lässt" berichtet der Autor:

1998 gründete ich die Heavy-Metal-Band All That Remains, und in den letzten 25 Jahren bin ich weltweit vor Hunderttausenden von Menschen aufgetreten. Die meisten von ihnen sind junge Männer. Ich habe unzählige Gespräche mit ihnen geführt, und oft sind ihre Geschichten erschütternd. Ich höre von Sucht, Depression und dem Gefühl, dass es keine Hoffnung gibt. Einige von ihnen sagen mir, dass meine Musik ihnen geholfen hat, ein wenig Licht in der Dunkelheit zu finden. Aber während ich froh bin, dass ich das für einige sein kann, ist die Tatsache, dass so viele so fühlen, ein massives Problem.


Ja, weil sie keine Frauen anzünden dürfen, geifert es aus Richtung SPIEGEL.

Die National Fatherhood Initiative berichtet, dass 17,5 Millionen Kinder, d. h. fast jedes vierte, ohne einen Vater zu Hause aufwachsen. Das ist eine riesige Zahl. Ihre Untersuchungen zeigen auch, dass Kinder, die in einem vaterlosen Zuhause aufwachsen, mit größerer Wahrscheinlichkeit in Armut, Drogenkonsum und Gefängnis landen. Aber es geht nicht nur um abwesende Väter. Es gibt auch immer weniger Räume, in denen ausschließlich Männer und Jungen miteinander in Kontakt treten können. Dieser Trend ist aus mehreren Gründen problematisch.

Erstens spiegelt es den mangelnden Wert wider, den wir Männern beimessen - was als eine regelrechte Feindseligkeit der Gesellschaft gegenüber Männern und Jungen angesehen werden kann. Zweitens fühlen sich Männer aufgrund des mangelnden Wertes, den wir ihnen beimessen, in der Gesellschaft nicht mehr wertgeschätzt und entscheiden sich dafür, ganz auszusteigen.


Es folgen die auf Genderama schon zuhauf zitierten Zahlen, denen zufolge immer mehr junge Männer aus dem Bildungswesen aussteigen und sich vom Arbeitsmarkt zurückziehen.

Es geht auch nicht nur um Geld. Nach Angaben des National Institute of Mental Health sterben Männer in den Vereinigten Staaten viermal häufiger durch Selbstmord als Frauen. Nach Angaben des National Institute on Drug Abuse ist es außerdem wahrscheinlicher, dass Männer illegale Drogen konsumieren und in jüngeren Jahren mit dem Konsum von Alkohol oder Drogen beginnen, und der Drogenkonsum führt bei Männern häufiger zu einem Besuch in der Notaufnahme oder zum Tod als bei Frauen.

Ohne Ziel und in einer Gesellschaft, die Jungen und Männer nicht sonderlich wertschätzt, ziehen sich viele einfach aus der Gesellschaft zurück.

(…) Ich glaube, wir stehen an einem Wendepunkt, und auch wenn ich nicht der Erste bin, der das sagt - und ich werde auch nicht der Letzte sein -, wenn wir diese Themen nicht ernst nehmen, werden wir eine ganze Generation von Männern und die Familien, die sie mit aufgebaut haben, verlieren. Das ist etwas, was sich die Gesellschaft nicht leisten kann.


Auch das sieht man beim SPIEGEL bekanntlich anders. Dort träumt man davon, wie schön unsere Welt ohne Männer doch sein könnte.



6. "Junge Frauen, beginnen, die Männer hinter sich zurückzulassen", titelt die Financial Times.

In den Industrieländern steigt der Anteil der jungen Männer, die weder eine Ausbildung absolvieren noch arbeiten oder eine Stelle suchen, seit Jahrzehnten kontinuierlich an. In Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Spanien und Kanada gibt es jetzt zum ersten Mal in der Geschichte mehr junge Männer als Frauen, die außerhalb der Wirtschaft tätig sind. Im Gegensatz zu jungen Frauen sind diese Männer in der Regel auch nicht damit beschäftigt, sich um andere Familienmitglieder zu kümmern. Sie sind auf sich allein gestellt und wahrscheinlich selbst pflegebedürftig. Mehr als 80 Prozent dieser Gruppe im Vereinigten Königreich berichten über langfristige Gesundheitsprobleme. Am auffälligsten ist vielleicht, dass 2022 die durchschnittliche junge Frau im Vereinigten Königreich zum ersten Mal ein höheres Einkommen hatte als ihr männliches Pendant.


Die sachlichen und seriösen Beiträge zum Thema gibt es also auch noch. Man muss nur wissen, wo man sie finden kann und wo eher nicht. Allerdings macht sich auch dieser Beitrag weniger um die Männer selbst Sorgen als um die Folgen für die Gesellschaft insgesamt:

Die Unterstützung junger Männer für rechtspopulistische Parteien nimmt zu, insbesondere unter denjenigen, die keine Arbeit und keinen Abschluss haben. Gewaltsame Unruhen sind wahrscheinlicher bei einer wachsenden Zahl junger Männer, die wenig Interesse an der Gesellschaft oder ihrer Zukunft haben. Und auch die Beziehungsbildung ist davon betroffen, da immer mehr Hochschulabsolventinnen einen Mangel an männlichen sozioökonomischen Partnern feststellen und gleichzeitig weniger denn je das Bedürfnis haben, sich mit einem Mann zusammenzutun, um finanzielle Unterstützung zu erhalten.


Man kann sich inzwischen des Eindrucks kaum mehr erwehren, dass wir über die Probleme von Männern selbst heute noch nicht sprechen würden, wenn nicht so viele von ihnen gerade nach rechts abwandern würden.



7. Auch in dem linksliberalen Politik-Magazin The American Prospect beginnt man, diese Schieflage zu sehen:

Nach Gallup-Daten, die von Daniel A. Cox vom American Enterprise Institute zusammengestellt wurden, gaben 48 Prozent der jungen Männer im Jahr 2023 an, Republikaner zu sein oder zu ihnen zu tendieren - zehn Jahre zuvor waren es noch 38 Prozent gewesen. Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie signifikant und dauerhaft die Verschiebung unter den jungen Männern ist, aber es ist nicht zu früh, um darüber nachzudenken, wie man auf die Anziehungskraft der rechten Politik auf junge Männer reagieren kann.

(…) Eine Reihe anderer Messgrößen - Beschäftigung, Einkommen, psychische Gesundheit, "Tod durch Verzweiflung" - zeigen, dass die Not unter jungen Männern wächst. Die Beschleunigung dieser Probleme ist in einer Zeit eingetreten, in der das Wort "Männlichkeit" unter Liberalen und Progressiven ständig mit "toxisch" in Verbindung gebracht wird, und junge Männer könnten leicht den Eindruck gewinnen, dass Demokraten in ihnen nichts als Ärger sehen. Politisch könnte das Ergebnis das Gegenteil der optimistischen Theorie sein, dass nur ältere Männer, die in ihren Gewohnheiten verhaftet sind, als Reaktion auf eine größere Gleichberechtigung der Geschlechter nach rechts rücken. Wenn auch jüngere Männer diesen Weg einschlagen, wären die politischen Auswirkungen enorm.

(…) Die Demokratische Partei hat dieser Herausforderung nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. "Die Demokraten sprechen nicht zu den Männern", sagte mein Sohn, der in den Dreißigern ist, zu mir, als wir während des Nationalkonvents der Demokraten im August über diese Themen sprachen. Wenn auf dem Parteitag versucht wurde, junge Männer anzusprechen, habe ich das verpasst. Die Demokraten haben es nicht für nötig gehalten, speziell Männer anzusprechen, so wie sie andere Gruppen herausgegriffen haben.


Ich habe schon vor über zehn Jahren in Buchlänge dafür plädiert, dass sich linke Parteien endlich auch Männern und ihren Problemen zuwenden. Daraufhin wurde im linken Lager gegen Männerrechtler lediglich ähnlich hemmungslos getobt wie gegen Männer insgesamt. Ich bin gespannt, ob man dort wenigstens aus Schaden klug werden wird.



8. Themawechsel, zumindest ein bisschen. Eine Studie, auf die ich dieser Tage gestoßen bin, widmet sich der Frage, warum man bei Frauen von "Genitalverstümmelung" und bei Männern von "Beschneidung" spricht.

Die Ergebnisse von 22 Erhebungsstudien zur "männlichen Beschneidung" und 27 Studien zur "weiblichen Genitalverstümmelung" zeigten, dass nichtmedizinische Gründe, wie z. B. die Tradition, bei der Entscheidung für beide Verfahren eine wichtige Rolle spielen. Das zweite Ziel bestand darin, die Verwendung von medizinischen Begriffen (z. B. "Beschneidung") und nichtmedizinischen Begriffen (z. B. "Verstümmelung") durch Forscher zu beschreiben, wenn sie sich auf diese Verfahren beziehen. Relevante Begriffe wurden in den Titeln und Zusammenfassungen der in PubMed indizierten Artikel gesucht. Die Gesamtzahl der Artikel war für männliche (1721 Artikel) und weibliche (1906 Artikel) Verfahren ähnlich. Bei den weiblichen Verfahren wurde jedoch der Begriff "Genitalverstümmelung" am häufigsten verwendet (61,7 % der Artikel), während bei den männlichen Verfahren fast ausschließlich der Begriff "Beschneidung" verwendet wurde (99,4 %). Da beide Verfahren mit einer erheblichen Veränderung der Genitalien verbunden sind und soziale/kulturelle Gründe bei der Entscheidung der Eltern für beide Verfahren eine wichtige Rolle spielen, deuten die Ergebnisse auf eine geschlechtsspezifische Voreingenommenheit in der medizinischen Ethik in Bezug auf die körperliche Unversehrtheit hin, die sich in einer Nomenklatur manifestiert, die ein negatives Werturteil gegenüber dem weiblichen Verfahren ("Verstümmelung"), nicht aber gegenüber dem männlichen Verfahren ("Beschneidung") zum Ausdruck bringt. Die Ergebnisse ergänzen die sich abzeichnenden Belege für eine "männliche Empathielücke" im öffentlichen Gesundheitswesen.


Wie man gesehen hat: Beileibe nicht nur dort.



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