Freitag, April 05, 2024

Der Feind in meinem Bauch – wie Feministinnen mit dem "Schock" umgehen, Mutter eines Sohnes zu werden

1. Geschätzte fünftausend Leser haben mich auf einen Artikel der Neuen Zürcher Zeitung hingewiesen:

"Er darf bloss kein Arschloch werden": Das hat die deutsche Autorin Shila Behjat gedacht, als sie beim Ultraschall das Geschlecht ihres Kindes erfuhr. Sie begann zwar nicht zu weinen über ihr Schicksal, das darin bestand, Mutter eines Sohnes zu werden. Aber sie hatte nun ein Projekt, das ihr für die nächsten zwanzig Jahre zu Hause viel abverlangen würde. "Projekt", so nennt sie es selber: Sie musste alles dafür tun, dass aus dem Wesen in ihrem Bauch ein guter Mann wird.

In den vergangenen Jahren entstand ein eigenes Genre von Texten von Frauen, die über ihr Muttersein mit Söhnen schreiben. Die Frauen bezeichnen sich als Feministinnen, das ist der Reiz der Anlage – als würden die zwei Dinge, Frausein und Buben-Gebären, nicht mehr zusammenpassen.

Sie beschreiben in Büchern und Magazinbeiträgen ihren Schock auf die Nachricht und ihre Enttäuschung darüber, dass sie einen Jungen erwarten. Sie befragen ihre feministischen Ideale, deren Prämisse lautet: Männer sind toxisch. Männer sind Täter. Männer halten das Patriarchat aufrecht. Männer klammern sich an die Macht.

Eine Bubenmutter zu werden, fordert diese Grundannahmen heraus. Plötzlich muss man ein Wesen lieben, und zwar vorbehaltlos, und tut dies ja auch. Gleichzeitig teilt der neue Mensch das Geschlecht mit etwas Feindlichem, das es doch eigentlich zu bekämpfen gilt.


Hier geht es weiter mit dem Artikel von Birgit Schmid.



2. Der SWR hat einen neuen Audiobeitrag veröffentlicht: "Toxische Männlichkeit – Die Weltsicht der Wutmänner".

Der Beitrag von Eckhard Rahlenbeck rührt die männerfeindlichen Talking Points der letzten fünf bis zehn Jahre zu einer wenig bekämmlichen Soße zusammen: Einstieg mit dem Attentäter von Halle. Matthias Teunert warnt: "35 Prozent der Männer hängen antifeministisch-männerrechtlerischen Denkfiguren und behaupten, mittlerweile seien eigentlich die Männer benachteiligt!" (simuliertes agggressives Schlagzeugsolo)" Rechtsextreme und Nekrophile, Incels und Fußballfans. Susanne Kaiser und Veronika Kracher als Expertinnen. Eine originelle Wahrnehmung des Films "Matrix". Zitat: "Neo, der junge Held im Film, hat durch Einnahme der Red Pill, der roten Pille, den entscheidenden Schritt getan, als richtiger Mann Überlegenheit zu erlangen." Der Verteidigungsminsiter will Deutschland kriegstüchtig machen. Vergewaltigung in der Ehe sei 1998 noch nicht mal unter Strafe gestellt worden. (Das ist natürlich Unsinn. Worum es in der Debatte – 1997 übrigens – ging, war das Zeugnisverweigerungsrecht der Ehefrau.)

Erst im letzten Viertel des Beitrags erfolgen einige tatsächich vernünftige Passagen darüber, was man für junge Männer tun könnte, aber nach über 20 Minuten Feindpropaganda dürften die wenigsten Kerle Lust haben, sich darauf einzulassen.

Teil des Audios ist zuletzt ein Reklameclip für einen anderen Podcast, in dem es um die Kölner Silvesternacht 2015 geht. Eine Sprecherin sagt darin fassungslos: "Es wurde tatsächlich ein Diskurs geführt über den gewalttätigen arabischen Mann!"

Viel irrer kann es bei den Öffentlich-Rechtlichen eigentlich nicht mehr werden.



3. Das Magazin "Cicero" widmet sich in einem weiteren Artikel (Bezahlschranke) dem Aufstand von Mitarbeitern von ARD und ZDF gegen den dort in mehrfacher Hinsicht unterirdischen Journalismus, den ihre Sender den Zwangsgebührenzahlern anbieten. Ein Auszug:

Was hier nur noch einmal festgehaltene Selbstverständlichkeit ist, was deutliche Kritik an den bestehenden Verhältnissen, das darf nun jeder für sich selbst interpretieren. Denn auch das gehört zu den Stärken dieses Manifests: Die darin formulierte Zukunftsvision für den ÖRR wirkt weniger konfrontativ als nur mit dem Finger auf bestehende Missverhältnisse zu zeigen. Selbstverständlichkeiten, Lob, Kritik und neue Ideen fließen ineinander. Das versachlicht die Debatte und bietet mindestens kluge Impulse für dringend notwendige Reformen. Einzige Ausnahme bilden die parallel ebenfalls veröffentlichten Statements aktueller und ehemaliger Mitarbeiter des ÖRR, die teilweise sehr persönlich sind, inklusive jeder Menge Frust über die bestehenden Verhältnisse.

Ein anonymisierter Mitarbeiter des WDR lässt beispielsweise wissen:

"Es ist immer das gleiche ideologisch geprägte Weltbild, das sich in Sprache und Duktus durchsetzt – und letztlich auch so ausgestrahlt wird. Das Ringen um Positionen, das Verständnis für die Probleme der Bevölkerung, sind einer Art erzieherischem Haltungsjournalismus gewichen, der mich zutiefst anödet und gleichzeitig erschreckt. Das hat mit Meinungspluralität, wie im gesetzlichen Auftrag festgeschrieben, wenig bis nichts mehr zu tun."

(…) Schließlich war der Reflex vieler Verantwortlicher des ÖRR und jener pseudo-progressiven Lautsprecher, die der Staatsclown Jan Böhmermann anführt, in den vergangenen Jahren immer derselbe: Wann immer irgendwer, ob nun aus der Politik oder von woanders her, eine tiefgreifende Reform forderte oder sinnvollerweise zur Diskussion stellte, ob es weitere Erhöhungen des Rundfunkbeitrags überhaupt braucht, zeigten sich viele Vertreter dieses Systems wenig gesprächsbereit. Im Gegenteil wurde der ÖRR dann gerne für geradezu sakrosankt erklärt. Was so sicher wie das Amen in der Kirche folgte, war der unverhältnismäßige, aber gut einstudierte Gegenschlag. Und zwar als immergleiche Leier von wegen, dass gleich die Pressefreiheit oder sogar die Demokratie in Gänze in Gefahr sei, wenn mal wieder wer richtig diagnostizierte, dass die Öffentlich-Rechtlichen zu groß, zu teuer und zu einseitig sind – und folgerichtig entsprechende Veränderungen forderte.

(…) Dieses Manifest ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man es richtig macht. Es wäre deshalb töricht, würden sich die Verantwortlichen von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht intensiv mit der darin formulierten Vision auseinandersetzen – oder ein Jan Böhmermann darauf nur wieder mit irgendeinem hirnlosen Hashtag reagieren.




4. Luke Mockridge berichtet in einem Interview mit dem "Stern", dass er sich nach den Vorwürfen angeblicher Vergewaltigung (das Verfahren wurde wegen fehlender Indizien eingestellt) habe umbringen wollen:

"Ich dachte: 'Okay, jetzt ist mein Leben vorbei. [...] Wir nehmen jetzt eine Knarre und beenden das Ganze.' Metaphorisch, ich besitze keine. Aber ich wollte das Theaterstück beenden, das mein Leben war."

(…) Nach Aussage des Sohnes von "Lindenstraße"-Star Bill Mockridge (76) seien diese Überlegungen sehr ernst gewesen. Erst der Anruf eines Freundes verhinderte wohl Schlimmeres. "Ich bin rangegangen und habe gesagt: 'Hättest du jetzt nicht angerufen, hätte ich mich umgebracht.' Ich musste ihm versprechen, dass ich zu den Nachbarn rübergehe, bis er bei mir ist", führt er weiter aus.

Was danach passiert sei, wisse er nicht mehr genau. Nur noch, dass er im Garten saß, dann in einem Auto und dass er dann in eine Psychiatrie eingewiesen gewesen worden sei.




5. In der Ukraine wird das Einzugsalter von Männern in den Krieg von 27 auf 25 Jahre gesenkt. Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nur in Ausnahmefällen verlassen.



6. Die Post. Einer meiner Leser weist mich auf einen Artikel der Neuen Zürcher Zeitung hin, in dem es um die ganz erheblich sinkende Geburtenrate in Finnland geht. Er schreibt mir dazu:

Erwähnt werden die sozialen Medien als Zeitfresser, aber ich glaube, Beziehungen sind einfach zu anstrengend (geworden). Ich kenne die Situation in Finnland nicht, aber ich habe die Statistiken und Berichte über Japan gelesen. Dort gibt es kaum noch Kontakt zwischen den Geschlechtern. 2021 waren 33% der jungen Männer bis 34 Jungfrau und bei den Frauen 45%. Die Jungs hängen in Jungsgruppen ab und interessieren sich für Mangas und Videospiele, aber nicht für Frauen. In einem Interview sagte mal einer, daß Frauen und Beziehungen zu anstrengend sind. Eltern engagieren "Liebeslehrerinnen", die den Jungs zeigen sollen, wie man sich Mädchen nähert.


Nichts ist mehr einfach im Verhältnis der Geschlechter.



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