"Er wollte nicht, sie machte weiter" – "Die Zeit" berichtet über Vergewaltigungen von Männern durch Frauen
1. Beim "Zeit"-Online-Ressort ze.tt geht es um das Thema meines aktuellen Buches: Sexuelle Übergriffe durch Frauen. In dem Artikel, der hinter einer Bezahlschranke steht, heißt es:
Wird über Opfer von sexualisierter Gewalt berichtet, geht es meistens um Frauen. Die Täter sind fast immer Männer. Rein statistisch gesehen entspricht das auch den Mehrheitsverhältnissen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik sind 98 Prozent der Tatverdächtigen bei Sexualdelikten männlich, die Opfer sind zu 94 Prozent weiblich. Diese Zahlen beziehen sich nur auf das sogenannte Hellfeld: Taten, die strafrechtlich relevant sind und die zur Anzeige gebracht werden. Die Dunkelziffer wird gerade bei sexualisierter Gewalt deutlich höher geschätzt. Die Hürden, Anzeige zu erstatten, sind hoch.
(…) "Vielen Männern fällt es schwer, die vorgeschriebenen Rollen, die es beim Sex gibt, zu verlassen", sagt Dénes Vorberger. Er arbeitet beim Verein Tauwetter, an den sich Männer, trans und nicht binäre Menschen wenden können, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Die männliche Rolle sei, immer Sex haben zu wollen, immer zu können. Vorberger erklärt sich so, warum es jungen Männern so schwerfalle, beim Sex mit Gleichaltrigen Nein zu sagen. Die Studie der Universität Lausanne bestätigt das. Als Grund dafür, Sex akzeptiert zu haben, ohne ihn zu wollen, sagten die meisten jungen Männer: Weil der:die Partner:in Sex erwartet habe. Das Umfeld könne sich Männer als Opfer außerdem oft gar nicht vorstellen, sagt Vorberger. Er sei schon vielen Männern begegnet, die sich mit ihrer Gewalterfahrung an Therapeut:innen gewandt hätten und denen nicht geglaubt worden sei.
Wer beim Sex seine Grenzen aufzeigen will, muss diese erst einmal spüren. Sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, falle aber vielen Männern schwer, sagt Marco Roock. Der Sozialwissenschaftler promoviert an der Leibniz Universität Hannover zu Männlichkeit, Adoleszenz und sexualisierter Gewalt. (…) Roock spricht von einem "Skript der Betroffenheit", das Männern fehle. Frauen und Mädchen sei meist bewusst, dass sie Opfer von sexualisierter Gewalt werden können. Auf diese Gefahr würden sie von klein auf hingewiesen. Jungen werde selten etwas über die Möglichkeit der eigenen Betroffenheit und den Umgang damit vermittelt.
Auch Frauen wüchsen häufig mit dem Bild auf, dass Männer immer können und wollen, sagt der Sozialwissenschaftler Marco Roock. Ihnen würde vermittelt, es sei ihre Aufgabe, für Männer anziehend und sexy zu sein. "Wenn einer dann auf einmal nicht will, kann in ihnen der Gedanke aufkommen, das hätte etwas mit ihnen zu tun", sagt Roock. In einem solchen Moment könnten sich Frauen in ihrer Weiblichkeit stark infrage gestellt fühlen.
Wie ich in meinem Buch "Sexuelle Gewalt gegen Männer" erkläre, wissen wir seiti einigen Jahren, dass sich auch bei sexueller Gewalt die Opferzahlen beider Geschlechter einander angleichen. Einen Abriss des Buchs findet man hier. Ein Presseexemplar hatte ich im April auch der "Zeit"-Redaktion zugesandt. Natürlich werde ich in dem Artikel nicht erwähnt; aber es würde mich freuen, wenn ich trotzdem zur Enttabuisierung dieses Themas beigetragen habe.
2. Väter sollen Elterngeld nur dann erhalten, wenn sie mindestens sechs Monate Elternzeit nehmen, fordert die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. "Das bringt mehr Gleichgewicht in die Kinderbetreuung."
3. Der Soziologe Professor Martin Schröder, der aufgund seines Buchs "Wann sind Frauen wirklich zufrieden?" schon mehrfach auf Genderama erwähnt wurde, spricht im TV-Talk mit dem NDR unter anderem über illiberalen Feminismus und das Gleichstellungsparadox. Sympathischer Bursche.
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