#musicmetoo: "Rammstein-Konzerte sollten verboten werden"
1. In einem Interview mit der Berliner Zeitung fordert Susann Hommel, eine der gründerinnen der Plattform #musicmetoo ein Verbot der Rammstein-Konzerte. Gegen eine Petition, die ähnliches verlangt, gehen die Rechtsanwälte von Rammstein-Sänger Lindemann aktuell vor:
Begründung für die rechtlichen Schritte gegen die Petition sind Formulierungen, mit denen die Anwaltskanzlei und ihr prominenter Mandant nicht einverstanden sind. Zwar stünde es der Petentin offen, sich mit Rammstein und Lindemann kritisch auseinanderzusetzen, dies rechtfertige aber nicht das "Aufstellen und Verbreiten unwahrer und ehrverletzender Tatsachenbehauptungen", so die Kanzlei.
Im Detail geht es um Passagen, die im Text der Petition enthalten sind. Darin geht sie auf die Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger ein. Till Lindemann solle junge Frauen bei Konzerten reihenweise und systematisch sexuell missbraucht haben. Aus diesem Grund müssten die Rammstein-Konzerte laut der Petition abgesagt werden. Berlin dürfe nicht zum Ort für sexuellen Missbrauch werden, es müsse Konsequenzen geben, heißt es weiter. Es könne nicht sein, dass sich Till Lindemann in Berlin feiern lasse. Ein Rammstein-Konzert sei kein sicherer Ort, so die Petition.
Die Kanzlei von Lindemann erklärt, dass zum einen jede sexuelle Handlung mit Einverständnis geschehen sei. Außerdem würden die Beweise für solche Behauptungen fehlen. Die Nennung Lindemanns als "Täter" stelle eine Vorverurteilung dar. Der Frontmann von Rammstein ist nicht verurteilt worden, es gilt – wie immer bis zum Beweis des Gegenteils – die Unschuldsvermutung. Die Ermittlungen laufen.
Die Kanzlei forderte in dem Schreiben an Campact, die Unterlassungserklärung bis zum 7. Juli zu unterzeichnen – sonst würden sie vor Gericht ziehen. Diesen Termin hat der Verein gezielt verstreichen lassen.
Wie t-online erfuhr, hat Campact die Unterlassungserklärung zum einen nicht unterzeichnet. Zum anderen hat der Verein mit juristischer Hilfe nachgelegt. "Nach unserer Überzeugung bestehen die Ansprüche Ihres Mandanten nicht", ließ der Verein mitteilen. Es sei lediglich eine "wertende Zusammenfassung eines unstrittigen Sachverhalts" vorgenommen worden. Außerdem, hier wird das Antwortschreiben deutlich, schließe eine formale Zustimmung von Rammstein-Fans keinen Missbrauch aus. Grund dafür sei das System, mit dem sich Lindemann mutmaßlich junge Frauen habe zuführen lassen.
Ausschlaggebend sei, dass Lindemann "die ihm als angehimmelter Künstler verliehene Macht rücksichtslos ausgenutzt" habe, um junge Frauen zum Sex mit ihm zu bewegen. Daher sei es legitim, von Lindemann als Täter zu sprechen. Nicht zwangsläufig im strafrechtlichen Sinne, aber als Nutznießer eines Missbrauchssystems.
Damit ist wenigsrens die Begrifflichkeit in dieser Debatte sauber herausgearbeitet: Ein Musiker, der mit einem Fan Sex hat, gilt als "Täter".
Derweil dürfen Teile der spektakulären Rammstein-Titelstory der Zeitschrift "Spiegel" nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg nicht weiter (etwa online) veröffentlicht werden.
Einen heiklen Moment gab es für die US-Sängerin Pink als sie auf einem Deutschlandkonzert ihre Begeisterung über die Bühnenshow von Rammstein äußerte. Ihre Fans reagierten darauf mit pikiertem Schweigen. "O Gott, sind die gecancelt?" rief Pink entsetzt aus. Ja, das sind sie. Ihr Sänger hatte nämlich Sex mit weiblichen Fans.
"Was haben die denn getan? Irgendwen in Brand gesetzt?" Die Menge stöhnte, Pink gab nach: "Okay, vergesst Rammstein. Wir mögen Rammstein nicht mehr." Dann fügt sie hinzu: "Ich bin schon 48 Mal gecancelt worden."
2. Die Berliner Zeitung berichtet am Beispiel zweier Fälle über die Diskriminierung von Trennungsvätern:
Seit Januar 2022 lebt der Nürnberger getrennt von seiner Ehefrau – und somit auch von seinem sechsjährigen Sohn und seiner achtjährigen Tochter. (…) "Für mich stand immer fest: Ich will auch nach der Trennung für meine Kinder da sein und sie erziehen. Ich will nicht nur der Spaß-Papa sein", betont der 51-Jährige.
Doch leicht gemacht werde ihm das von der Kindsmutter nicht. Im August vergangenen Jahres wohnten seine Kinder vier Wochen lang bei ihm. Vor Gericht sagten die beiden aus, dass sie gerne beim Vater leben wollen. Bisher wurden sie viermal befragt. "Ich habe das Gefühl, sie werden so lange unter Druck gesetzt, bis sie sagen: Ich will nicht zu meinem Vater", sagt Radinger.
(…) Radinger erklärt, er habe nicht nur unter psychischer, sondern auch körperlicher Gewalt gelitten. "Sie biss mich, schlug mit einer Zange auf mich ein, verbrannte mich mit dem Bügeleisen. Aber das interessiert keinen, da ich ein Mann bin."
Seiner Meinung nach setzt sich immer noch das Narrativ durch, eine Frau könne nicht gewalttätig sein. Dabei wolle er nur das Beste für seine Kinder. Besonders seine Tochter leide unter der Trennung ihrer Eltern und dem seltenen Kontakt zu ihrem Vater, habe psychische Probleme. "Meine Kinder sind kurz davor, in die Psychiatrie zu kommen!", sagt er.
Mit Streit werde weiterhin vor Gericht Geld gemacht. Auch er merkte: "Mein Anwalt wollte mich aufhetzen." Das wollte er nicht. "Ich tue alles dafür, um zu signalisieren: Ich will keinen Streit." Das Wohl seiner Kinder stehe für ihn im Mittelpunkt. Nun habe er den Anwalt gewechselt und sich für eine Anwältin entschieden. Er hofft auf eine baldige Einigung mit seiner Exfrau – vor allem zum Wohle seiner Kinder.
3. Der Wissenschaftsrat fordert eine Ausweitung der Genderstudien auf andere Fachbereiche. In der Frankfurter Allgemeinen sieht Heike Schmoll das kritisch:
Doch wie soll die Geschlechterperspektive in Chemie, in Informatik, Mathematik oder in den Wirtschaftswissenschaften aussehen? Darauf hat der Wissenschaftsrat keine konkreten Antworten. Er empfiehlt einen Ausbau der Geschlechterforschung gerade in den Fächern, in denen sie kaum vorkommt.
Aber wäre es nicht wichtiger, in der knappen Studienzeit die Fachlichkeit zu stärken als das Fach mit gesellschaftlichen Perspektiven zu verwässern, die erst in einem zweiten Schritt eine Rolle spielen sollten? Im Zuge der Einsparungen von Bund und Ländern wirkt die Aufforderung zum Ausbau etwas aus der Zeit gefallen.
4. Das Kultusministerium Sachsen weitet die Restriktionen gegen das Gendern aus:
Schon länger werden Formen wie Gender-Stern, Unterstrich oder Doppelpunkt für geschlechtersensible Bezeichnungen an Schulen abgelehnt. Dabei beruft sich das Ministerium auf das Regelwerk des Rates der deutschen Rechtschreibung. In einem Schreiben, das aus der vergangenen Woche datiert und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird nun verfügt, dass dies vertraglich auch mit Dritten etwa bei Projekten sichergestellt werden soll. (…) Schon vor zwei Jahren hatte es in einem Schreiben an die Schulen verfügt, dass für offizielle Schreiben, Briefe an Eltern und Unterrichtsmaterialien das amtliche Regelwerk gelte und Sonderzeichen für eine geschlechtsneutrale Sprache tabu seien. Sie werden den Angaben nach etwa in Aufsätzen auch als Fehler markiert.
Die Bildungspolitikerin der Linken im Landtag, Luise Neuhaus-Wartenberg, hält das für ein "fatales Signal". Wegen einer Formalie würden wichtige Verbündete ausgeschlossen, die helfen könnten, Werte von Demokratie, Toleranz und Vielfalt zu vermitteln.
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