"Affe", "Arsch", "Covidiot": Männliche Politiker werden am häufigsten im Internet beleidigt – News vom 11. Mai 2022
1. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Hallo Arne,
bei der "Welt" findet sich ein interessanter Artikel zum Thema "Beschimpfungen auf Twitter". Dort wurde mal gezählt, welche Politiker am häufigsten beschimpft werden. Nach allgemeiner feministischer Darstellung müssten ja die Frauen hier weit vorne liegen und mit Abstand die meisten Beschimpfungen erdulden. Leider sieht die Realität mal wieder anders aus. Die erste Frau liegt "nur" auf Platz 9 - und irgendwie zählt die vermutlich auch als alter weißer Mann, weil sie der AfD angehört. Die erste Nicht-AfD-Frau ist Katrin Göring-Eckhard auf Platz 13, dicht gefolgt von Ricarda Lang und Saskia Esken. Alles in allem ein enttäuschendes Ergebnis für die Frauen. Allerdings wird dies vermutlich nicht verhindern, dass die Damen sich trotzdem weiter als hauptsächliches Opfer vom Hass im Netz gerieren werden.
In dem Artikel der "Welt" heißt es:
Wie häufig aber Politiker auf Twitter solchen Beleidigungen ausgesetzt sind, hat jetzt die Verbraucherplattform Betrugstest.com erhoben – und zwar am Beispiel der amtierenden Bundestagsabgeordneten. (…) Zwischen den einzelnen Politikern gibt es allerdings große Unterschiede. Betrachtet man die bloße Anzahl an Tweets, wird der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner am häufigsten beschimpft. (…) Auf dem zweiten Rang folgt der schleswig-holsteinische SPD-Politiker Ralf Stegner, der sich in 2200 Tweets mindestens einer negativen Äußerung stellen musste. Den dritten Platz teilen sich gleich zwei prominente Politiker: der ehemalige CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Es sind einmal mehr nicht die Frauen, die in unserer angeblich "misogynen Gesellschaft" den meisten Hass abbekommen.
Allerdings trifft es Politiker mitunter auch deshalb besonders hart, weil sie selbst heftig austeilen. Ein Beispiel:
SPD-Politiker Ralf Stegner ist für seine Pöbeleien auf Twitter bekannt. Jüngst verglich er etwa Kernkraft-Befürworter mit Coronaleugnern und Rechtsradikalen. Auch hatte er einst die Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg optisch mit der Rechtsterroristin Beate Zschäpe verglichen.
(…) Es kann aber auch harmonisch zugehen auf Twitter: Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour wird verhältnismäßig selten beleidigt: Lediglich 0,5 Prozent der Tweets über ihn fallen negativ auf. Grünen-Politikerin Tessa Ganserer muss sich zwar Pöbeleien mancher AfD-Abgeordneten gefallen lassen, nicht aber von der Twitter-Community: In lediglich 1,2 Prozent der Tweets wird die Abgeordnete attackiert. Und beliebtestes Mitglied der Bundesregierung ist Christian Lindner. Mit einem Anteil von 1,2 Prozent an beleidigenden Tweets gegen ihn liegt der Bundesfinanzminister im Vergleich weit hinten.
2. Die Beratungsfirma McKinsey sucht in einer Stellenanzeige für Zürich ausschließlich Frauen. Eine Website für Finanznews fragt: Werden Männer hier diskriminiert?
Nein, meint ein Sprecher von McKinsey Schweiz auf Anfrage. Das Jobinserat sei Teil einer Kampagne, die sich "explizit an Frauen" richte.
Mit der LinkedIn-Präsenz wolle man herausfinden, ob der Aufruf wahrgenommen würde. Sprich, ob sich gute Kandidatinnen melden würden.
"McKinsey diskriminiert niemanden, weder aufgrund des Geschlechts, der Religion, der sexuellen Orientierung oder anderer Kriterien", sagt der Sprecher.
Männer würden nicht benachteiligt. "Wir stellen derzeit gleich viele Frauen wie Männer ein." Stelleninserate, die sich ausschliesslich an Frauen richteten, seien verbreitet – "nicht nur in unserer Firma".
Auf die Frage, wann McKinsey letztmals einen Job "exklusiv für Männer" inseriert habe, sagte der Sprecher: "Über viele Jahre war unsere Branche (wie die Wirtschaft ganz allgemein) von Männern dominiert. Gründe dafür sind vielfältig. Wenn wir uns in diesem Bereich für Diversität einsetzen, wäre es also nicht zielführend, eine explizite Männer-Kampagne zu kreieren."
3. Zumindest in den USA – ich habe keine Informationen hinsichtlich Deutschland – hat die Sextortion von Jungen und jungen Männern stark zugenommen. Solche Fälle können sogar tödlich enden. Das berichtet der Nachrichtensender NBC:
Internet-Erpresser bringen zunehmend junge Männer und Jungen dazu, ihnen sexuell eindeutige Inhalte online zu schicken, indem sie sich auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram als junge Mädchen ausgeben und sie dann in einer als "Sextortion" bekannten Masche erpressen - und Dutzende dieser Fälle haben damit geendet, dass sich die Opfer das Leben genommen haben, so Polizei und Kinder-Aktivisten gegenüber NBC News.
Als Zeichen dafür, wie ernst das Problem wird, hat die FBI-Außenstelle in Los Angeles im vergangenen Monat eine Warnung herausgegeben, die sich direkt an die Eltern junger Männer richtet, die ins Fadenkreuz dieser Cyberkriminellen geraten sind, die oft im Ausland operieren.
"Das FBI erhält immer mehr Berichte über Erwachsene, die sich als junge Mädchen ausgeben und Jungen über soziale Medien dazu zwingen, sexuelle Bilder und Videos zu produzieren und dann Geld von ihnen zu erpressen", heißt es in der FBI-Warnung.
Dutzende von Jungen haben berichtet, dass sie "Opfer von Sextortion geworden sind; meist gegen Geld, während andere für zusätzliche Bilder erpresst wurden", so die Behörde in einer späteren Pressemitteilung.
(...) "Vor zwanzig, dreißig Jahren gingen die Täter auf einen Spielplatz oder in einen Park, um junge Opfer zu finden", sagte Sgt. Christian Camarillo vom San Jose Police Department einem Reporter von NBC News Bay Area. "Jetzt gibt es eine ganze virtuelle Welt, in die sie eindringen und sich ihre Opfer auf diese Weise aussuchen können.
In Utah sagte Detective Sgt. John Peirce vom Davis County Sheriff's Office, dass er Dutzende von Sextortionsfällen untersucht hat.
"In mindestens sechs Fällen beging jemand Selbstmord", sagte er. "Landesweit gibt es Hunderte, wenn nicht Tausende dieser Fälle. Viele werden auch nicht gemeldet."
In früheren Jahren waren die typischen Opfer dieser Art von Verbrechen junge Mädchen, aber in letzter Zeit gibt es eine Verlagerung hin zu Jungen, sagte John Shehan vom National Center for Missing & Exploited Children und fügte hinzu, dass er in den letzten sechs Monaten eine "Explosion" dieser Fälle beobachtet hat.
"Es ist selten, dass man über die sexuelle Ausbeutung von Jungen spricht oder davon hört", sagte er. "In Wirklichkeit sind Jungen genauso anfällig für diese Verbrechen und werden immer häufiger dazu verleitet und gezwungen, sexuell eindeutige Inhalte zu erstellen."
Jungen seien leichtere Ziele, "weil sie leichter zum Austausch intimer Fotos zu zwingen sind" und aus Scham weniger bereit sind, zu erzählen, was ihnen passiert ist, so Peirce.
(...) Die britische Tageszeitung "Mirror" berichtete 2017, dass mindestens vier britische Teenager, die von Internet-Kriminellen erpresst wurden, Selbstmord begingen. Die Polizei sagte der britischen Zeitung: "Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs."
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