Freitag, April 29, 2022

"Sie zwingt mich oft auf ihren Schoß": Neues Rammstein-Album behandelt Gewalt von Müttern – News vom 29. April 2022

1. Mit einem Verkaufsstart um Mitternacht ist heute das Album "Zeit" der Berliner Band Rammstein auf den Markt gekommen. Darauf findet sich auch der Song "Meine Tränen", der Gewalt durch Frauen und das Schweigen der Opfer behandelt. Mit Zeilen wie "Das Haus ist klein, die Stille groß, sie zwingt mich oft auf ihren Schoß" wird sexueller Missbrauch angesprochen. Eine andere Passage dreht sich um Gewalt in der Partnerschaft: "Auch den Vater konnte sie nicht lieben, hat ihn aus der Welt getrieben. (…) Viel Liebe gab ihm Mutter nicht, doch schlug sie oft in sein Gesicht."



2. Unter der Schlagzeile "Nicht die gewünschten Ergebnisse"? Regierung bunkert Studie zu Trennungskindern berichtet "Die Welt" über die zurückgehaltene Petra-Studie:

In welchem Betreuungsmodell wachsen Trennungskinder optimal auf? Seit Jahren wartet die Öffentlichkeit auf Ergebnisse einer Studie im Auftrag des Familienministeriums. Doch das investierte Steuergeld scheint in den Sand gesetzt zu sein.

Der Wechsel an der Ministeriumsspitze ist für die Mitarbeiter des Familienministeriums inzwischen fast schon Routine. Mit Lisa Paus hat nach dem Rücktritt von Kurzzeitministerin Anne Spiegel (beide Grüne) mittlerweile schon die sechste Ministerin binnen neun Jahren den Job angetreten.

An einem Projekt aber wird sich mutmaßlich auch die neue Amtschefin die Zähne ausbeißen: an der noch aus der Amtszeit von Manuela Schwesig (SPD) stammenden und bis heute unveröffentlichten Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht".

Ursprünglich war die Veröffentlichung für 2018 geplant. Doch infolge von zahlreichen Verzögerungen, Nachbesserungswünschen und schließlich eines Wechsels in der Studienleitung liegt das Projekt seit dem vergangenen Jahr auf Eis. (...) Im Jahresbericht 2019 der Forschungsgruppe Petra findet sich dazu der Hinweis: "Entgegen den Erwartungen musste weiterhin an der Studie Kindeswohl und Umgangsrecht gearbeitet werden, weil es Modifikationswünsche der Auftraggeberin (Bundesfamilienministerium) umzusetzen galt."

Zur Finalisierung der Studie wurde 2020 schließlich Sabine Walper, Direktorin des Deutschen Jugendinstituts, hinzugezogen. Ein Schritt, der Kritiker in ihrem Argwohn bestärkte, das Familienministerium wolle die Studie in seinem Sinne frisieren.

Parallel dazu wurden mehrere Anträge auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Mit Erfolg: Das Verwaltungsgericht Berlin gab im August 2021 einem Kläger aus Potsdam recht. Das Ministerium habe ihm die 2019 vorgelegten Entwürfe der Studie auszuhändigen, urteilte das Gericht.

Doch auch dagegen sperrt sich das Ministerium. Man wolle ungestört die Finalisierung der Studie zu Ende führen, ohne dass in der Öffentlichkeit bereits Inhalte aus den vorläufigen Fassungen diskutiert würden und so "immenser Druck" auf das Ministerium ausgeübt werde, trugen die Anwälte vor Gericht vor.

Gegen das Urteil will das Ministerium in Berufung gehen. Auf die Frage, wie hoch man insgesamt die Aussichten einschätze, die Studie noch fertigzustellen, antwortete eine Sprecherin vage: Aufgrund der "erwartet hohen Bedeutung der Studie in Bezug auf das Wohlergehen und die Entwicklung von Kindern nach der Trennung der Eltern" strebe man weiter die Finalisierung der Studie an.

In der Opposition sorgt der Vorgang für deutlichen Unmut. "Seinerzeit hat das SPD-geführte Bundesfamilienministerin versichert, dass der Datenschutz vollumfänglich beachtet wird. Angesichts dieser Umstände, die nun in eine Hinhaltetaktik münden, kann durchaus einmal die Frage aufgeworfen werden, ob die SPD überhaupt ein Interesse an dieser Studie gehabt hat", kritisiert die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU).

Auch aus der FDP, die sich als einzige Partei in der Ampel-Koalition eindeutig für das Wechselmodell ausgesprochen hat, kommt Kritik. "Der Eindruck muss ausgeräumt werden, dass eine Studie, die nicht die gewünschten politischen Ergebnisse hervorbringt, ad acta gelegt und Steuergelder zum Fenster hinausgeschmissen werden", sagte die FDP-Rechtsexpertin Katrin Helling-Plahr WELT.

"Die Veröffentlichung der Studienergebnisse – auch von Teilergebnissen – ist daher nach jahrelanger Studienarbeit im Sinne der Transparenz und des Respekts gegenüber den betroffenen Kindern geboten." Sie gehöre "ganz nach oben auf die Agenda der neuen Bundesfamilienministerin", fordert Helling-Plahr.

Die Zeit drängt, denn Justizminister Marco Buschmann (FDP) will spätestens 2024 eine große Familienrechtsreform vorlegen. Dazu sei eine Reform von Unterhalts- und Kindschaftsrecht geplant – beides mit dem Ziel, "eine partnerschaftliche Betreuung in Trennungsfamilien (sogenanntes Wechselmodell) stärker zu fördern", teilt sein Sprecher mit.

Auf die Ergebnisse der Studie will Buschmann dabei offenkundig nicht warten. Solange die Studie nicht finalisiert und veröffentlicht sei, so der Sprecher, könnten die Ergebnisse "in den Reformüberlegungen des Bundesministeriums der Justiz keine Berücksichtigung finden".




3. Die Neue Zürcher Zeitung titelt: "Der deutsche Feminismus auf Irrwegen – wer politische Ämter nach der Quote besetzt, darf nicht wehleidig sein, wenn es nicht funktioniert". In dem Artikel von Claudia Schwartz geht es um das Versagen von Bundesfrauenministerin Anne Spiegel und den Versuch, es feministisch umzudeuten:

Die ganze Geschichte wäre nicht so bemerkenswert, würde sie uns nicht unter dem Vorzeichen des neuen gesellschaftspolitischen Programms schön ausmalen, wie die Politik die Folgen individueller Lebensführung, wenn es denn nicht so gut läuft, der Allgemeinheit aufbrummen möchte. So pochte im Nachgang eine Kommentatorin in den ARD-Tagesthemen allen Ernstes darauf, jungen Müttern und Vätern, die politisch Verantwortung übernehmen wollen, nun bitte schön endlich zuzugestehen, "nicht alles schaffen zu können". Niemand werde im Job zum "Underperformer", der nicht ausreichend Leistung bringe, denn: "Was ist wichtiger, der Abendtermin oder die Gutenachtgeschichte?"

Seither frage ich mich, ob ich die Emanzipation falsch verstanden habe.

Ist der Umgang mit den Folgen einer ureigenen Entscheidung einer Lebensführung eine Generationenfrage? In den achtziger Jahren, als ich studierte, war es das grosse Glück, als Frau jede Arbeit wählen zu können, die man sich wünschte. Mag heute komisch klingen, man kann darüber lächeln, war aber so. Den Imperativ, dass Frauen alles schaffen müssten, gab es gottlob ebenso wenig wie den Begriff der "Underperformer". Sich meist für Beruf oder Kinder entscheiden zu müssen, war nicht einfach. Aber irgendwie wurde die Tatsache nicht unter den Tisch gekehrt, dass der Kraftakt, beides einigermassen zu bewältigen, doch die bewundernswerte Ausnahme blieb.

(…) Die Freiheit, als Frau heute alle Wahlmöglichkeiten zu haben, ist nicht zu verwechseln mit der Frage nach Gleichstellung. Man kann die eigene Entscheidung für einen Lebensweg – bei dem Glück und Zufall oft ausschlaggebend sind – nicht in letzter Konsequenz irgendwohin überantworten, nicht an den Arbeitgeber, nicht an den Staat, nicht an die Allgemeinheit.

Deshalb sollte sich jetzt auch niemand einreden lassen, es wäre klug von einer Politikerin und Mutter, im öffentlichen Notfall auf die Gutenachtgeschichte zu verweisen. Selbst wenn Bundespräsident Steinmeier (SPD) beim Überreichen der Entlassungsurkunde an Anne Spiegel dieser schrägen Sichtweise Anfang der Woche höchste Weihen verlieh mit der Forderung nach einer Debatte über die "Vereinbarkeit von Beruf und Familie".

Ich frage mich, welche Posse uns da gerade vorgespielt wird. Sollen zukünftig die Posten deutscher Regierungsmitglieder an individuelle Familienverhältnisse angepasst werden? Nimmt man so die Frauen ernst? Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass diese neuen Wohlfühlpolitiker zunehmend sich selbst meinen, wenn sie von den grössten Problemen sprechen, die es gesellschaftlich zu lösen gilt.

(…) Mehr Frauen in Regierungsämtern zu haben, heisst selbstverständlich noch nicht, dass automatisch die Politik besser wird. Umgekehrt ist aber auch individuelles Scheitern nicht unbedingt der Beweis dafür, dass Sexismus und Misogynie Frauen ständig am Fortkommen hindern, wie uns das jetzt im Fall Spiegel weisgemacht wird.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Anne Spiegel ist ein fatales Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man wichtige politische Ämter nach dem Kriterium der Quote besetzt und dann wehleidig wird, wenn es nicht funktioniert. Die Quotenseligkeit dieser paritätisch besetzten Regierung hat einen Schönheitsfehler. Überforderte Menschen laufen nicht nur in der Politik Gefahr, fremdbestimmt zu agieren. Die Frage ist nicht nur, nach welchen Kriterien, sondern auch, in wessen Interesse Quotenerfüllerinnen ausgewählt werden. Die Quote mag etwa beim Wiedereinstieg in den Beruf hilfreich sein. Aber die Quote ist auch ein Machtinstrument. Seltsamerweise ist das gerade in dieser notorisch auf Gerechtigkeit ausgerichteten Ampelkoalition kein Thema.




4. Eine Petition, Amber Heard als Hauptdarstellerin (neben Jason Momoa) aus dem nächsten "Aquaman"-Film zu streichen, hat zwei Millionen Unterschriften erreicht. In der Petition heißt es:

"Männer sind Opfer von häuslicher Gewalt, genau wie Frauen. Dies muss anerkannt werden, und es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass ein bekannter Missbrauchstäter in der Unterhaltungsindustrie gefeiert wird. Tun Sie das Richtige. Entfernen Sie Amber Heard aus Aquaman 2".


Vergangenes Jahr schon hatte sich der Produzent des Films zu solchen Forderungen geäußert:

"Ich glaube nicht, dass wir jemals auf den reinen Druck der Fans reagieren werden", sagte [Peter] Safran letzten Sommer.

"Man muss tun, was das Beste für den Film ist. Wir waren der Meinung, wenn es James Wan und Jason Momoa ist, sollte es Amber Heard sein. Das war es wirklich."

Safran sagte später: "Man ist nicht ahnungslos, was im Twitter-Versum vor sich geht, aber das bedeutet nicht, dass man darauf reagieren oder es als Evangelium nehmen oder sich ihren Wünschen beugen muss."


Da schmeißt eiu Arbeitgeber also einmal nicht einen Mitarbeiter raus, nur weil der Volkszorn auf Twitter es verlangt, und dann handelt es sich ausgerechnet um eine Person wie Amber Heard … Ich kann dem Produzenten des Films dabei zustimmen, dass man als Künstler seine Werke nicht nach Unterschriftslisten ausrichten sollte. Allerdings würde ich mich an seiner Stelle schon fragen, ob ich ein millionenschweres Projekt ausgerechnet auf die Schultern einer verleumderischen Gewalttäterin stellen will, der gleich zwei Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert worden sind, unter denen andere Menschen zu leiden haben.

Im Gerichtsprozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard sagte inzwischen ein ehemaliger Agent von Johnny Depp aus, dass die Gewaltvorwürfe von Amber Heard Depp das "Fluch der Karibik"-Franchise gekostet hatten.



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