Freitag, Juli 30, 2021

Gendersprache an Schulen? Grüne Ministerin löst starke Proteste aus – News vom 30. Juli 2021

1. Die "Welt" beschäftigt sich mit der Forderung von Baden-Württembergs Kultusministerin Schopper (Grüne), Lehrer und Schüler sollten gemeinsam "eine Schreibweise bezüglich der Sonderformen beim Gendern vereinbaren". Damit erregte die Ministerin heftigen Widerspruch:

Vom Genderstern und Binnen-I, einem Doppelpunkt im Wort oder dem Unterstrich vor dem weiblichen Plural hielt Baden-Württembergs ehemalige Kultusministerin Susanne Eisenmann "wenig bis gar nichts". Es bringe die Gesellschaft beim Thema Gleichstellung keinen Schritt voran, wenn ein Wort mit Sternchen geschrieben werde, befand die CDU-Politikerin. In den Schulen sei daher unverändert das amtliche Regelwerk für die deutsche Orthografie gültig. Und dieses sieht nun einmal keine Genderzeichen vor.

(…) "Rechtschreibung wird nicht zwischen Lehrer und Schüler vereinbart. Wir sind doch nicht im Zoo", empört sich Michael Mittelstaedt, Vorsitzender des baden-württembergischen Landeselternbeirats (LEB). Er ist verärgert, dass das Kultusministerium die Sache kurzerhand auf die Schulen oder gar einzelne Lehrer abladen will.

"Wenn ich mir keine Gedanken machen und möglichst nirgends so richtig anecken möchte, dann erlaube ich eben alles oder delegiere die Entscheidung." Mit solch einem Verhalten mache sich das Ministerium letztlich selbst überflüssig. Auch die Vorsitzende des Bundeselternrates, Sabrina Wetzel, fordert eine einheitliche Regelung – und zwar am besten bundesweit.

(…) Auch Gerhard Brand, baden-württembergischer Vorsitzender vom Verband Bildung und Erziehung (VBE), verlangt von Schopper eine eindeutige Festlegung, und zwar orientiert am Duden und den Empfehlungen des Rechtschreibrats. "An eingeführte Regelwerke muss sich auch eine Ministerin halten. Sonst ist der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet."

Nicht nur drohe sonst eine uneinheitliche Sprache, sondern auch ein rechtliches Problem. Dass Schüler in der einen Klasse oder Schule Punktabzug für eine Schreibform bekämen, in der anderen aber nicht, gehe nicht an. "Da lassen Klagen nicht lange auf sich warten."

Der VBE als bildungspolitischer, gewerkschaftlicher Interessenverband der Lehrer hat allein in Baden-Württemberg mehr als 18.000 Mitglieder. Die geschlechtergerechte Sprache sei seinem Verband durchaus wichtig, so Brand, dennoch würden im Vorstand Gendersternchen und ähnliche Formen mehrheitlich abgelehnt. Unter anderem dürfe Sprache nicht zu kompliziert werden – gerade mit Blick auf schwächere Schüler.

Der VBE sorgt sich aber noch um etwas anderes: dass Schulen nämlich dem "Druck der meinungsstarken Elternschaft" ausgesetzt würden. Umfragen zeigten, dass einer Mehrheit der Eltern das Thema weniger wichtig sei oder sie die herkömmliche Schreibweise für in Ordnung hielten, sagt Verbandschef Brand. Genderzeichen-Befürworter träten aber oft besonders nachdrücklich auf, um Einfluss zu nehmen. "Es darf nicht dazu kommen, dass Minderheiten Mehrheiten steuern", warnt er.

Natürlich könnten auch vehemente Gendergegner massiv werden. "Schulen könnten dann gar nichts mehr richtig machen. Egal, wie sie entscheiden, immer würden sie eine Elterngruppe verprellen." Der Schutz von Lehrkräften und Schulleitungen sei aber Aufgabe des Kultusministeriums als Dienstherr.

Der baden-württembergische Philologenverband ist ebenfalls unglücklich über das Kultusministerium. "Dass die Kultusministerin jetzt unvorbereitet eine Debatte über das Gendern an Schulen vom Zaun bricht, und dann auch noch die Schulen zu diesem Thema ohne verbindliche Regelung im Regen stehen lässt, können wir nur als Ablenkungsmanöver von wesentlich dringenderen, aber nicht getroffenen Entscheidungen des Kultusministeriums beziehungsweise der Landesregierung ansehen", sagt der Vorsitzende Ralf Scholl.

Die Debatte über Gendern und Emanzipation aller Geschlechter ganz allgemein sei gesellschaftlich wichtig. Aber für die Schulen habe erst einmal die korrekte Beherrschung der deutschen Sprache Vorrang. "Diese Debatte um das Gendern an Schulen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Schulen so unnötig wie ein Kropf."

Rückendeckung bekommt Schopper hingegen von der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Deren Landesvorsitzende Monika Stein begrüßt in einer Stellungnahme, "dass es für Schüler*innen möglich sein wird, gendersensible Sprache zu verwenden". Und noch besser fände sie eine Festlegung durch das Kultusministerium, wenn in Prüfungen ab kommendem Schuljahr tatsächlich kein Fehler mehr angestrichen werden darf, wenn ein Genderzeichen verwendet wird. "Idealerweise müsste klar sein, dass gendergerechte Schreibweise nicht als Fehler gewertet werden darf", so Stein.




2. Auf der Website der Journalistin Bari Weiss, die wegen zu großem ideologischen Meinungsdrucks die New York Times verlassen hatte und seitdem gelegentlich etwa für "Die Welt" schreibt, berichtet deren Kolegin Katie Herzog über die wachsende Ideologisierung US-amerikanischer Hochschulen für angehende Mediziner:

Während eines Endokrinologie-Kurses an einer der besten medizinischen Fakultäten der University of California unterbrach ein Professor seine Vorlesung, um sich für etwas zu entschuldigen, das er zu Beginn der Vorlesung gesagt hatte.

"Ich möchte nicht, dass Sie denken, dass ich Ihnen etwas unterstellen will, und wenn Sie etwas Großzügigkeit aufbringen könnten, um mir zu verzeihen, wäre ich Ihnen sehr dankbar", sagt der Arzt in einer Aufzeichnung, die von einer Studentin (die ich Lauren nenne) zur Verfügung gestellt wurde. "Nochmals, das tut mir sehr leid. Es war sicherlich nicht meine Absicht, jemanden zu beleidigen. Das Schlimmste, was ich als Mensch tun kann, ist beleidigend zu sein."

Seine Beleidigung: die Verwendung des Begriffs "schwangere Frauen".

"Ich sagte 'wenn eine Frau schwanger ist', was impliziert, dass nur Frauen schwanger werden können, und ich entschuldige mich aufrichtig bei Ihnen allen."

Es war nicht das erste Mal, dass Lauren hörte, wie sich ein Lehrer für die Verwendung von Ausdrücken entschuldigte, die den meisten Amerikanern völlig harmlos erscheinen würden. Worte wie "männlich" und "weiblich".

Warum entschuldigen sich Medizinprofessoren dafür, dass sie sich auf das biologische Geschlecht eines Patienten beziehen? Weil, wie Lauren erklärt, im Kontext ihrer medizinischen Fakultät "die Anerkennung des biologischen Geschlechts als transphobisch angesehen werden kann".

Wenn das Geschlecht von ihren Dozenten anerkannt wird, wird es manchmal als soziales Konstrukt dargestellt, nicht als biologische Realität, sagt sie. In einer Vorlesung über Transgender-Gesundheit erklärte ein Dozent: "Biologisches Geschlecht, sexuelle Orientierung und Gender sind alles Konstrukte. Das sind alles Konstrukte, die wir geschaffen haben."

Mit anderen Worten: Einigen der besten Medizinstudenten des Landes wird beigebracht, dass der Mensch nicht wie andere Säugetiere eine Spezies mit zwei Geschlechtern ist. Der Begriff des Geschlechts, so lernen sie, ist nur eine vom Menschen geschaffene Erfindung.

Die Idee, dass Geschlecht ein soziales Konstrukt ist, mag in einem Anthropologiekurs interessantes Diskussionsmaterial sein. Aber in der Medizin ist die materielle Realität des Geschlechts wirklich wichtig, zum Teil weil die Weigerung, das Geschlecht anzuerkennen, verheerende Auswirkungen auf die Genesung der Patienten haben kann.


Hier geht es weiter. (Der Text ist leider deutlich zu lang für eine vollständige Übersetzung.)



3. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

ich habe das gleiche Ansinnen, wie der Herr aus dem letzten Leserbrief ganz am Ende dieses Genderama-Blogposts.

Ich benötige einen Psychotherapeuten, welcher nicht von der feministischen Ideologie indoktriniert ist. Konkret: jemanden mit dem man über Probleme reden kann, die bei mir aufgrund genderistisch, feministischer Erziehung durch meine Mutter entstanden sind. Ich weiß, dass das, was momentan an unserer Gesellschaft versucht wird, menschenverachtend ist und zu schlimmen psychischen Schäden führt. Ich weiß es aus erster Hand. Ich brauche niemanden, der mich hirnwaschen will zu glauben, dass es doch alles gut wäre.

Haben Sie damals Rückmeldungen zu Ihrem Aufruf erhalten? Können Sie irgendwelche Hinweise geben? Für mich ist der Raum Berlin interessant, ich bin aber auch bereit zum Kennenlernen zu Reisen und Therapie per Videokonferenz zu machen.

Wenn Sie mir helfen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Und auch davon ab, möchte ich Ihnen danken und viel Kraft und Energie wünschen, um ihr Blog (und all die andere Arbeit) weiter zu führen. Es ist immens wichtig! Mir wird manchmal beim Lesen schon schlecht, ich kann mir kaum vorstellen wie belastend es sein muss die ganzen Geschichten zu recherchieren und durchzuarbeiten.


Auf den damaligen Aufruf hatte sich kein Leser mit Informationen über einen dezidiert männerfreundlichen, nicht ideologisierten Psychotherapeuten im Raum Nordrhein-Westfalen gemeldet. Vielleicht ist das in diesem Fall anders?



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