"Dieser Mann wurde ein Jahr von seiner Frau gefoltert" – News vom 7. Mai 2021
1. Toxische Weiblichkeit bleibt ein Problem:
Über ein Jahr schwieg er, weil sie seine große Liebe war.
Ein Mann (35) aus Tyresö (Schweden) wurde monatelang von seiner eigenen Ehefrau geschlagen, misshandelt, gedemütigt. Jetzt verurteile das Amtsgericht Stockholm die Frau wegen Körperverletzung zu einem Jahr und vier Monaten Haft. Außerdem muss sie 5500 Euro Schmerzensgeld zahlen.
In der Zeitung "Expressen" schildert der Gepeinigte anonym, was ihm passiert ist. Er sagt: "Mein Körper war ein lebender Sandsack."
Hier geht es weiter. Ein konkreter Fall und begleitende Fotos ist womöglich anschaulicher als noch so viele Statistiken über die hohe Zahl männlicher Opfer.
Etwa zur selben Zeit twittert der Lehrer, Schulleiter, Publizist und seinem Blog zufolge Vater dreier Töchter Jan-Martin Klinge, er frage sich, ob bei Männern "vielleicht generell etwas falsch verdrahtet" sei, weshalb man die Frauenquote auf 95 Prozent anheben und Männer nur noch in homöopathischen Dosen zulassen sollte.
Es erschreckt mich schon, dass ein biologistischer Hass auf männliche Personen inzwischen sogar derart tief in unser Erziehungswesen vorgedrungen ist. Nachdem ich diesen Tweet beanstandete, wurde ich allerdings schnell von Jan-Martin Klinge blockiert. Offenbar war die Kritik an Klinges Statement aber insgesamt so heftig, dass er seine Tweets jetzt grundsätzlich nur noch für seine Follower sichtbar gemacht hat. Diskursfähigkeit sieht anders aus.
Ich bleibe natürlich trotzdem dabei: Gewalt ist weder männlich noch weiblich, sondern – leider Gottes – menschlich.
2. Endlich scheint sich die erhoffte Wende im Fall Johnny Depp anzubahnen: Die Polizei ermittelt jetzt gegen seine Ex-Frau Amber Heard. Neue Beweise belasten Heard schwer:
Die Bodycams der Beamten, die damals zum Tatort gerufen wurden, wurden nun ausgewertet. Auf ihnen zu sehen: Eine Küche in einwandfreiem Zustand und auch Amber wirkt unverletzt. Die Polizisten, Spezialisten für Opfer häuslicher Gewalt, sagten aus, dass weder Amber Verletzungsspuren aufwies, noch die Wohnung verwüstet oder zertrümmert war.
Sollten sich die Vorwürfe gegen Amber Heard verhärten, drohen ihr bis zu vier Jahre Gefängnis wegen Meineids, also gefälschter Beweise.
Johnny Depp erklärte (...) über seinen Anwalt Adam Waldmann: "Mister Depp wartet geduldig auf seine Rehabilitierung und das Ende dieses Albtraums."
3. In einem brillanten Artikel, der ein Grundlagentext in einem maskulistischen Lesebuch sein könnte und der die komplette Seite 2 der "Welt" von gestern einnimmt, fragt Marcel Peithmann, dessen Newsletter ich kürzlich hier empfohlen hatte: "Was ist eigentlich aus der Unschuldsvermutung geworden?" Der Artikel beginnt so:
Kürzlich sah sich der deutsche Comedian Luke Mockridge mit der öffentlichen Behauptung seitens einer Ex-Partnerin konfrontiert, er habe sich während der Beziehung ihr gegenüber körperlich übergriffig verhalten. Erwartbar wäre als Reaktion die Anregung gewesen, den Vorwürfen nachzugehen, auch wenn der gegenüber dem Sender Sat.1 geäußerte Wunsch, dieser möge mögliche Straftaten aufklären, eine völlige Unkenntnis des Rechtssystems belegt. In den sozialen Medien wurden allerdings Stimmen laut, sein Arbeitgeber solle ihn umgehend entlassen. Mit #KonsequenzenfuerLuke entstand ein eigenes Hashtag, mit dem der Sender massiv unter Druck gesetzt wurde. Das Online-Scherbengericht hatte sein Urteil gefällt.
Der Sender reagierte mit einer Stellungnahme, in der es hieß, es gebe „aus guten Gründen“ kein Verfahren gegen den Künstler und man hielte es für eine moderne Form der Lynchjustiz, jemanden aufgrund von Gerüchten an den Pranger zu stellen. Das sei nicht mit dem eigenen Rechtsverständnis vereinbar. Diese Worte überraschten in ihrer Deutlichkeit. Im aktuellen Klima reichen oftmals bloße Behauptungen, damit eine Institution einknickt. Auch die "Spiegel"-Kolumnistin Margarete Stokowski beschäftigte sich in einem Beitrag unter anderem mit diesem Fall: "Wer erklärt, dass eine Frau, die von Übergriffen spricht, lügt und das Ansehen dieser Person zerstören will, wirft der Frau mindestens üble Nachrede vor – und das wäre dann auch eine Straftat, die diese Frau begehen würde." Dieser Satz basiert nicht nur vollständig auf Unterstellungen, sondern diskreditiert auch die Unschuldsvermutung, indem er sie nach eigenem Gusto verdreht.
Gegen diese Kritik versuchte sich Stokowski mit der Aussage zu immunisieren, die Unschuldsvermutung sei ausschließlich ein "rechtliches Prinzip". Damit möchte sie wohl behaupten, diese gelte nur vor Gericht. Das ist nachweislich unzutreffend. Aus dem Pressekodex, den man als Journalistin eigentlich kennen sollte, geht hervor, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch für die Presse verpflichtend ist. Man kann durchaus die Meinung vertreten, dass sie zusätzlich auch ein moralisches Prinzip sein sollte.
Ein Abschnitt lädt besonders zu Kommentierung ein: „Dass sexualisierte Gewalt selten nachgewiesen werden kann, ist ein Problem. Aber die Hauptgefahr ist hierbei nicht, dass haufenweise unschuldige Männer im Knast landen. Die Hauptgefahr ist, dass das öffentliche Misstrauen gegen mutmaßliche Opfer und diejenigen, die den Schilderungen glauben, dazu führt, dass Menschen, die Gewalt erfahren haben, es nicht wagen, darüber zu sprechen, weil sie ahnen, welche Macht ihnen dann entgegenschlagen würde.“ In negativer Hinsicht bemerkenswert, wie grotesk hier die Idee der Unschuldsvermutung verzerrt wird.
In den folgenden Absätzen erläutert Peithmann, dass die bloße in einem Rechtsstast bestehende Notwendigkeit, Anschuldigungen auch zu belegen, keieswegs ein Zeichen dafür sei, dass unser Gesellschaft Frauen nicht glaube. Man verstärke seine Glaubwürdigkeit als angebliches Opfer allerdings nicht, wenn man seine Vorwürfe statt bei der Polizei in den sozialen Medien einbringe.
Dass Stokowski unschuldig Kompromittierte zu Kollateralschäden erklärt, spricht zudem Bände darüber, welche Stufe der Verrohung der Diskurs inzwischen erreicht hat.
Vor diesem Hintergrund entwickelt Peithmann eine gründlichere Analyse der Unschuldsvermutung und ihres Werts in einer ziviliserten Gesellschaft. Diese Erörterung geht ideengeschichtlich bis ins 13. Jahrhundert zurück, lässt aich aber auf den einfachen Nenner bringen: Wer jemand anderen auf der Grundlage bestimmter Vorwürfe benachteiligen möchte, muss diese Vorwürfe eben auch belegen können. Dieses Rechtsprinzip ist, wie Peithmann zeigt, inzwischen auch in einer Reihe internationaler Verträge kodifiziert. Dem unbenommen wird diese zentrale Maxime unseres Rechts insbesondere von den Medien immer wieder gebrochen, und es kommt zu einer vorverurteilenden Berichterstattung bei Prominenten wie Jörg Kachelmann, Michael Jackson und Woody Allen (sämtlich Männer, wie dem aufmerksamen Leser auffallen dürfte).
2020 versuchten Autoren des Rowohlt Verlags mit einem offenen Brief, die dortige Veröffentlichung der Memoiren Allens zu verhindern. Eine Mitunterzeichnerin des Briefs: Margarete Stokowski.
Während sich die Mehrheit der Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe nach sorgfältiger Prüfung durch Staatsanwaltschaft und Gericht als zutreffend erweise, argumentiert Peithmann, rechtfetige allein "die statistische Wahrscheinlichkeit, dass die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, allerdings nicht die Zerstörung von Existenzen ohne rechtsstaatliches Verfahren." Auf dieser Grundlage, die eigentlich eine Binsenweisheit darstellen sollte, entwickelt Peithmann deutlich weitergehende Gedanken:
Rechtsstaatliche Standards werden von vielen allerdings nur akzeptiert, solange sie nicht mit den eigenen Ansichten kollidieren. Diese Ansichten enthalten häufig die auf einem Irrtum basierende Erzählung, dass Angehörige bestimmter Gruppen pauschal Opfer und Angehörige anderer Gruppen pauschal Täter seien. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Geschlechterfragen, Rassismus oder andere Themen handelt: Einem friedlichen Miteinander ist dieses Narrativ nicht zuträglich.
Die Unschuldsvermutung sollte deshalb nicht nur als zentrales Element des Rechtsstaats, sondern als wichtiger Teil der Verbesserung des Umgangs miteinander auch in allen anderen Lebensbereichen gelten. Es verwundert, dass in einer Zeit, in der sich parteiübergreifend auch in politischen Programmen immer häufiger Forderungen nach "Achtsamkeit" und "Respekt" finden, dieses so wichtige Werkzeug zur Erfüllung des Wunsches nach einem konstruktiv-bejahenden Miteinander gering geschätzt wird.
Dies habe insbesondere im Zeitalter der sozialen Medien zu gelten, durch die unbelegte behauptngen nicht nur in Windeseile tausendfach vervielfältigt und verbreitet werden, sondern deren Aufmerksamkeisökonomie den Wert der Unschuldsvermutung immer weiter erodieren lässt. Umso eher müsse sie verteidigt werden, um den sozialen Frieden zu sichern.
Das ist natürlich genau das, was auch wir Maskulisten immer wieder tun. Ebenso bezeichnend wie bedauerlich ist, dass wir daraufhin selbst immer wieder Opfer des von Peithmann skizzierten Mechanismus der verschiedensten Unterstellungen und des leichtsinnigen Glaubens werden, dass diese Unterstellungen schon irgendwie zutreffen werden.
4. Dem eben erwähnten Newsletter Peithmanns habe ich aktuell einen Hinweis auf einen gelungenen Artikel zu verdanken, den Barbara Zehnpfennig, Professorin für Politische Ideengeschichte an der Universität Passau, in der Frankfurter Allgemeinen veröffentlicht hat. Zehnpfennig befindet, die wachsende Zahl an Ausladungen und Sprechverboten an den Hochschulen ("Cancel Culture") treffe die Wissenschaft im Kern. Was Zehnpfennig hierzu ausführt, erklärt auch, warum die maskulistische Perspektive in Disziplinen wie den Genderstudien, die sich derzeit noch eher auf dem Rang einer ideologiegetriebenen, einseitigen Pseudowissenschaft befinden, kontinuierlich ausgeblendet bleibt:
Wenn heute eine nicht unbeträchtliche Zahl von Wissenschaftlern der Ansicht ist, in einem Klima zu leben, das die Freiheit der Wissenschaft bedroht, wird ihnen oft entgegengehalten: Von wem soll denn eine solche Bedrohung ausgehen? Man kann bei uns doch alles sagen! Es wird ihnen unterstellt, dass sie sich weinerlich nach den guten alten Zeiten sehnten, die es so nie gegeben habe, dass sie keine Kritik an ihrer Forschung ertrügen und sich als alte weiße Männer an ihren Privilegien festkrallten, die sie durch die neuen Zeiten in Gefahr sähen.
Schon der letzte Vorwurf, der im Übrigen die alten weißen Frauen durch Nichtbeachtung diskriminiert, zeigt aber, dass es in diesem Meinungskampf um Ideologie geht. Was hat Wissenschaft mit dem Geschlecht und Alter ihrer Akteure zu tun? Früher hätte man den Spruch über die "alten weißen Männer" schlicht als dumm abgetan. Heute ist er geradezu in den Rang eines Arguments erhoben, obwohl er genau den Rassismus transportiert, den er zu bekämpfen vorgibt. Aber auch die anderen Unterstellungen sind dazu angetan, von der Sache abzulenken. Denn sie beruhen auf der Spekulation über Motive, statt sich mit dem behaupteten Sachverhalt auseinanderzusetzen.
Genau das erleben ich und andere Männerrechtler immer wieder, wenn wir bei unserer Recherche die aus feministischer Sicht "falschen" Dinge herausfinden. Auf die von uns ermittelten Fakten wird dann gar nicht mehr eingegangen – stattdessen werden uns Beweggründe wie "Frauenfeindlichkeit" und "radikal rechtes Denken" unterstellt. An Universitäten gelangen wir mit diesem "falschen" Denken natürlich nicht, wozu Zehnpfennig weiter ausführt:
Das Problem ist, dass der Andersdenkende oft gar nicht mehr die Gelegenheit erhält, seine Position zu begründen. Er hat gegen einen ungeschriebenen Kodex verstoßen, und das macht ihn satisfaktionsunfähig. Wer den Rassismus nicht für eine europäische Erfindung hält, wer im Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung der Frau sieht, wer darauf besteht, dass Geschlecht nicht einfach nur ein gesellschaftliches Konstrukt ist, hat sich in weiten Teilen der akademischen Welt schon so unmöglich gemacht, dass man gar nichts weiter von ihm hören will. Es ist also nicht so, dass man sich bei solchen Positionen auf ein Bombardement von Gegenargumenten einstellen müsste. Der Angriff zielt vielmehr auf die Person.
Da der Antirassismus, der Antieurozentrismus, die Gendertheorie und der Multikulturalismus die Seite des moralisch Guten okkupiert haben, ist der Kritiker dieser Strömungen fraglos der moralisch anrüchigen zuzuordnen. Die Verlagerung der Auseinandersetzung von der Sachebene auf die Ebene des Moralischen erlaubt den Ideologen eine erfrischende Freiheit im Umgang mit den Fakten: Was bedeutet schon die naturwissenschaftliche Forschung zu den Geschlechtern, wenn man solch schöne sozialwissenschaftliche Theorien über die gesellschaftliche Konstruktion des Geschlechts hat? Wen interessieren die historischen Tatsachen zum Thema Sklaverei, wenn man doch weiß, dass hier alle Schuld beim weißen Mann zu suchen ist?
Doch abgesehen davon, dass sich diese angeblichen Einzelfälle häufen, darf nicht übersehen werden, was der für alle spürbare Sanktionsmechanismus der moralischen Ächtung subkutan für Verwüstungen anrichtet. Sichtbar ist nur, wer bereits dem Verdikt verfallen ist. Unsichtbar aber bleiben die vielen, die aus Angst vor einer Ächtung, gegen die man sich eben nicht wehren kann, nicht so reden, wie sie denken, und nicht so forschen, wie sie gerne forschen würden.
Das bedeutet die Ausbreitung des Duckmäusertums und der Heuchelei in die Wissenschaft. Man macht seinen Kotau vor Diversität, Gender und europäischer Universalschuld und versucht, dahinter verborgen doch noch etwas von dem zu retten, was einem eigentlich wichtig ist. Oder man ergibt sich völlig dem Druck und liefert das Geforderte. In beiden Fällen verstärkt man die schon vorhandene Tendenz. Natürlich kann man den Betreffenden vorwerfen, dass sie auf diese Weise an dem Netz mitknüpfen, das sie einschnürt. Aber Heldentum ist eben dünn gesät – und an der Universität, so der Eindruck, den man manchmal haben kann, vielleicht noch dünner als an anderen Orten.
Wenn sich in der Wissenschaft die Haltung breitmacht, die Wahrheit bereits gefunden zu haben, und die Forschung nur noch dem Zweck dient, sie zu verifizieren, trifft das die Wissenschaft im Kern. Wissenschaft ist fortwährende, möglichst vorurteilsfreie, auf jeden Fall aber existenziell auf die sachliche Auseinandersetzung angewiesene Erkenntnis- und Wahrheitssuche. In ihr kann es nur um die Sache gehen, nicht um die Personen, nicht um moralische Qualifizierungen, nicht um politische Zielsetzungen. Wenn das aus dem Blick gerät, ist in der Tat viel verloren.
5. Der NDR forderte gestern in Schlagzeile und URL eines Beitrags ein "Genaues Auge bei Vorurteilen gegen alte weiße Männer" (https://www.ndr.de/kultur/sendungen/nachgedacht/Genaues-Auge-bei-Vorurteilen-gegen-alte-weisse-Maenner,kuehn470.html), hat dann aber offenbar Angst vor seiner eigenen Courage bekommen (Männer UND Weiße gleich in der Überschrift zu verteidigen geht bei den Öffentlich-Rechtlichen nun wirklich nicht) und die Überschrift zu "Alters-Bashing: An der Brust des Vorurteils" geändert.
In dem Beitrag selbst erklärt Ulrich Kühn, er wolle sich selbstverständlich keineswegs zu einem "Statement für eine Bevölkerungsgruppe" erdreisten, "die nun wirklich nicht schwer zu klagen hat", sondern nur generell vorsichtig hinterfragen, ob denn die Einteilung von Menschen nach Geschlecht und Hautfarbe sinnvoll ist. So nennt dann Kühn analog zum "guten Ausländer", den viele radikal Rechte gerne anführen, auch drei "gute" weiße Männer mit Joe Biden, Jürgen Habermas und Gerhard Polt. Implizites Fazit: Wenn sich weiße Männer an diesen Exemplaren orientieren würden, die offenbar der politischen Ausrichtung Ulrich Kühns entsprechen, dann müssten sie sich auch weniger rassistische und sexistische Anfeindungen gefallen lassen.
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