Mittwoch, März 31, 2021

Neue Bücher, Narzissmus, Obdachlosigkeit – News vom 31. März 2021

1. Am Montag ist Judith Sevinc Basads Buch "Schäm dich!: Wie Ideologinnen und Ideologen bestimmen, was gut und böse ist" im linken Frankfurter Westend-Verlag erschienen. (Offenlegung: Ich bin auch ein Autor dieses Verlages.) Im Blog "Salonkolumnisten" stellt Stafan Laurin dieses Buch vor:

Was lange nur im Umfeld einiger geisteswissenschaftlicher Studiengänge, Szenetreffs und Independent-Medien Bedeutung hatte, bestimmte in den vergangenen Monaten die öffentlichen Debatten der Republik. Neben Corona waren die Auswirkungen von Cancel Culture, Queertheorie und die Wokeness der "Social-Justice-Warriors" das bestimmende Thema. Ein paar flapsige Bemerkungen über die Klima-Ikone Greta setzten den Comedian Dieter Nuhr unter Druck, Bücher, in denen Autoren den Großteil ihrer Leser als Rassisten beschimpfen, finden reißenden Absatz.

(…) Wie konnte es zu all dem kommen? Was hat den Westen bloß so ruiniert und warum wünscht man sich bei all dem Wahnsinn, wohlhabende Upperclasskids würden sich wieder mehr für Cabriolets interessieren, anstatt allen mit einer Mischung aus Hass und Besserwisserei auf die Nerven gehen? Antworten auf all diese Fragen liefert Judith Sevinç Basad in ihrem Buch "Schäm Dich".

Sie zeigt auf, wie die Gedanken postmoderner Philosophen wie Michel Foucault und Jacques Derrida im Laufe weniger Jahrzehnte zu einer Ideologie geformt wurden, die keine Debatte mehr zulässt, keine Erkenntnisse anerkennt, den Rassismus neue Triumphe feiern lässt und Unterwerfung und Scham fordert. Und wie dieses Denken längst Teile unseres Alltags bestimmt, weil es von der Politik und vielen, vor allem öffentlich-rechtlichen, Medien übernommen wurde.

Basad beschreibt eine Ideologie, die mit der Behauptung Karriere gemacht hat, nicht nur alle Weißen sondern auch Aufklärung und der Westen seien "strukturell rassistisch", Männlichkeit per se toxisch und Frauen immer unterdrückt. Sie zeigt auf, dass es den Aktivisten nicht um die Verbesserung der Lebensumstände von Migranten oder Frauen geht oder um mehr Toleranz gegenüber Transsexuellen, sondern um einen Kulturkampf: "Die Welt soll in »Gut« und »Böse«, in Täter und Opfer, in Privilegierte und Nicht-Privilegierte, in Weiße und Schwarze, Mann und Frau, Deutsche und Migranten, Heterosexuelle und Queers eingeteilt werden.", schreibt sie.

(…) Judith Sevinç Basad räumt mit gerne wiederholten Mythen auf. Sie rechnet den legendären Gender-Pay-Gap von 19 Prozent auf realistische zwei herunter, denn sie berücksichtigt die Tatsache, dass Frauen seltener Studiengänge wie Maschinenbau wählen, die später in gut bezahlte Berufe führen und zeigt, dass die Geschlechter nicht ganz so sehr konstruiert sind, wie es die von der Philosophin Judith Butler inspirierten Queertheoretiker propagieren: Die behauptet, dass, die biologische Einteilung in Mann und Frau nur ein Ergebnis der Herrschaft von Heterosexuellen sei.


Hier findet man die vollständige Rezension.



2. Das liberale Frankfurter Magazin "Novo" bespricht derweil das Buch "Cancel Culture: Demokratie in Gefahr":

Der Autor versteht Cancel Culture als "Unkultur des Mundtot-Machens", die nicht das Ziel hat, eine Meinung zu kritisieren, sondern sie zu unterdrücken. Es geht nicht mehr um Streit mit Rede und Gegenrede, sondern um das "Verschwinden-Lassen" von unliebsamen Meinungen. Dazu werden Personen, die diese Meinungen äußern, diffamiert, aus ihrem Job gedrängt oder anderweitig "kaltgestellt", eben gecancelt. Die Beispiele sind vielfältig und reichen über die, vorsichtig gesagt, sehr konservative Predigt eines evangelischen Pfarrers oder einen eher schlechten Scherz eines Nobelpreisträgers über Frauen im Labor hinaus. Linke oder liberale Kritiker von politischer Korrektheit oder Islamismus erwischt es ebenfalls.


Hier findet man den vollständigen Artikel.



3. Das Magazin Spektrum der Wissenschaft beschäftigt sich mit Geschlechterklischees in der Psychologie, wenn es um Narzissmus geht. Dass dieser Eigenschaft eher Männern zugesprochen wird, könnte durch männerfeindliche Klischeevorstellungen verursacht sein:

Männer erhalten die Diagnose häufiger als Frauen. Das kann an unterschiedlichen Charaktermerkmalen und Geschlechterklischees liegen sowie daran, dass Frauen eher zu einer Form des pathologischen Narzissmus neigen, die leicht übersehen wird.

(…) [Die Psychologin] Katharina Geukes hält den Vorsprung von Männern im Narzissmus ebenfalls für überschätzt: "Der Geschlechterunterschied ist relativ stabil über die Lebensspanne, aber nicht so groß, wie man meinen könnte. Anders als das Stereotyp vom narzisstischen Mann vermuten lässt, sind die Unterschiede eher gering."

(…) Wahrscheinlich gibt es noch einen anderen Grund, weshalb Frauen seltener die Diagnose narzisstische Persönlichkeitsstörung erhalten. "Es gibt einen klaren Geschlechter-Bias in der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen", gibt [Claas-Hinrich Lammers, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,] zu bedenken. Anders gesagt: Psychologen und Psychiater sind auch nur Menschen und lassen sich von gängigen Klischees beeinflussen. Legt man Fachleuten denselben Fallbericht vor und nennt den Patienten einmal Anna und einmal Paul, erhält Paul öfter die Diagnose einer narzisstischen, Anna die einer histrionischen Persönlichkeitsstörung. Der Begriff stammt vom "Histrionen", dem Schauspieler im antiken Rom. Betroffene zieht es entsprechend auf die Bühne. Sie lieben es, im Mittelpunkt zu stehen, geben sich dramatisch und kapriziös, sind selbstbezogen und schnell gekränkt. "Hinter dem klassischen Macho steckt, wenn man es genau nimmt, oftmals eher ein Histrioniker als ein Narzisst", bemerkt Lammers.




4. Der Youtube-Kanal Hyperbole lässt Zuschauer für einen 22 Minuten langen Videobeitrag Fragen an einen Obdachlosen stellen.



5. Ungleichheit: Frauen zahlen im Durchschnitt 20.000% mehr für ihre Starbucks-Getränke als Männer titelt das Satire-Magazin Babylon Bee. In dem Artikel heißt es:

Eine alarmierende Studie, die von der New York Times veröffentlicht wurde, enthüllt enorme Unterschiede in den Preisen, die Frauen für Kaffee zahlen, im Vergleich zu denen, die Männer für Kaffee zahlen, wobei Frauen im Durchschnitt 20.000 % mehr für ihren täglichen Koffeinschub zahlen.

"Ich kann mir nicht vorstellen, was so ein krasses Missverhältnis verursachen könnte", sagte Megan McNeely, während sie an ihrem doppelten Karamell-Mokka-Frappuccino mit Mandelmilch, extra Sahne, Regenbogenstreuseln und zwei Schuss Minze nippte. "Oh ja, ich weiß - Sexismus!"

Die Studie ergab, dass die meisten Männer typischerweise etwa 2,50 Dollar für eine normale schwarze Tasse Kaffee am Morgen bezahlen, während die durchschnittliche weiße Frau zwischen 20 und 35 Jahren etwa 50.000 Dollar für ein heißes Kaffeegetränk ausgibt.

Präsident Biden hat McNeely ins Weiße Haus eingeladen, um zu diskutieren, wie die Regierung diese schreckliche Ungleichheit angehen kann.

"Ich musste meine Hypothek 12 Mal refinanzieren, nur um dieses Jahr Kaffee zu bekommen", sagte McNeely während des Treffens im Weißen Haus. "Ich werde unterdrückt. Bitte helfen Sie mir, Präsident Biden!"

Leider wurde das Treffen abgebrochen, nachdem Biden eingeschlafen war, weil er an diesem Morgen nicht genug Kaffee bekommen hatte.


Der Artikel parodiert gekonnt die anhaltende Skandalisierung des Umstands, dass manche Produkte und Dienstleistungen (etwa Friseurbesuche) für Frauen etwas teurer als für Männer sind – eben weil es sich nicht um dieselbe Form von Produkt oder Dienstleistung handelt.

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