Gibt es bald Ausstiegshilfen für Genderama-Leser? – News vom 9. März 2021
1. Nachdem der "Tatort" am Sonntag erklärte, wie gefährlich Männer sind, die nicht von Frauen zivilisert werden, müssen viele Medien ihren Zuschauern und Lesern erst einmal vermitteln, was die so lange totgeschwiegenen Männerrechtler und Maskulisten eigentlich sind. Dabei tun sie sich mit diesem Thema erwartungsgemäß schwer. Die Berliner Morgenpost kommt in ihrem Glossar einigermaßen dicht ran:
Maskulismus: Abart des Antifeminismus
Als Begriff um 2000 entstanden, ist Maskulismus eine Abart des Antifeminismus. Maskulisten glauben nicht an die "natürliche Überlegenheit des Mannes", fühlen sie aber als Opfer "ungerechter" gesellschaftlicher Entwicklungen. In Vereinen wie "Manndat" kämpfen sie deshalb für Männerrechte und gegen die "Dämonisierung des Mannes".
Als Versuch nicht ganz schlecht, sagen wir mal drei minus. Maskulisten arbeiten auch schon mal mit Feministinnen zusammen, was es schwierig macht, sie pauschal als Antifeministen zu definieren, und sie wenden sich auch gegen Benachteiligungen, die nichts mit dem Feminismus zu tun haben, etwa den Zwangseinzug zum Krieg(sdienst). Davon abgesehen halte ich diese Definition für zutreffend und finde die Erwähnung von MANNdat lobenswert.
Der NDR, der genau weiß, welche Sicht der Wirklichkeit korrekt und welche von Hass getrieben ist, schreibt von einer "Zerrwelt der Frauenhasser". In diesem Beitrag findet man zunächst sachliche und treffende Definitionen:
"Men’s Rights Activists"
Da sind etwa die Aktivisten der Männerrechtsbewegung, auf Englisch "Men’s Rights Activists". Sie sehen Männer in verschiedenen sozialen und rechtlichen Bereichen benachteiligt, etwa beim Zuspruch des Sorgerechts oder bei der Schulbildung.
"Männer, die ihren eigenen Weg gehen"
Auch die Strömung der "Männer, die ihren eigenen Weg gehen" (Englisch: "Men Going Their Own Way") sieht Männer als benachteiligt in der Gesellschaft an. Anders jedoch als die Männerrechtsaktivisten, die die Situation der Männer durch Änderungen in Politik und Gesetzgebung verbessern wollen, sehen es die "Männer, die ihren eigenen Weg gehen" als aussichtslos an, das System ändern zu wollen. Sie plädieren daher dafür, keine Beziehungen mit Frauen einzugehen und sich in letzter Konsequenz dem gesellschaftlichen Leben zu entziehen.
"Pick Up Artists"
Während die "Männer, die ihren eigenen Weg gehen" Beziehungen zu Frauen ablehnen, sehen es die "Pick Up Artists" als ein Spiel an, Frauen ins Bett zu kriegen. Sie tauschen sich online und bei Offline-Seminaren über Techniken, Strategien und psychologische Methoden aus, die dabei helfen sollen, Frauen zu verführen.
Bis hierhin ist alles fein. Dabei hätte man es wunderbar lassen können, aber damit kann man ja keine Stimmung gegen Dissidenten von der vorgegebenen "anständigen" Medienmeinung schüren. Also erfahren wir im weiteren Verlauf des Beitrags, der sich jeweils an den radikalen Rändern jeder beschriebenen Gruppe orientiert, dass Pick Up Artists zum Beispiel glauben würden, ein Mann habe jederzeit Recht auf Sex. (Ich kenne keine entsprechenden Behauptungen und habe für drei Bücher über Pick-up Massen an Literatur dazu gesichtet.) Über Männerrechtler heißt es:
Die Böll-Stiftung beschreibt in einer Veröffentlichung, wie die antifeministische Männerrechtsbewegung "Hate Speech" einsetzt, also das Angreifen, Abwerten, das Aufrufen zu Hass und Gewalt. Sie beginne bei Beleidigungen in Foren und allgemeinen Gewaltfantasien gegen Feministinnen, gehe über "Steckbriefe" oder Fotos im Netz und gezielte Verunglimpfung von Einzelpersonen bis hin zu gezielten Vergewaltigungs- und Morddrohungen, die teilweise über das Internet hinausgingen.
Über diese interessegeleitete "Studie" wurde hier auf Genderama nach ihrer Veröffentlichung mehr als genug geschrieben. Jeder, der Genderama und die hier verlinkten Blogs und Websites der Männerrechtsbewegung seit ein paar Jahren liest, dürfte sich wundern, dass er von all diesen Greueln nie etwas mitbekommen hat. Das Spiel, aus einer heterogenen politischen Bewegung die extremten Vertreter herauszugreifen und damit die gesamte Bewegung zu dämonisieren, haben allerdings mit Martin Luther King angefangen etliche Bürgerrechtler erfahren müssen.
Etwas später heißt es in dem NDR-Beitrag:
Für jene unfreiwilligen Zölibatäre und andere Anhänger der Manosphere, die ernsthaft an einem Ausstieg aus der Szene interessiert seien, müsse es Ausstiegsstrukturen wie für Rechtsradikale oder ehemalige Sektenmitglieder geben, fordert Autorin Veronika Kracher.
Aussteigerprogramme für unfreiwllig Zölibatäre? Hadmut Danisch amüsiert sich königlich darüber, wie das aussehen soll. Und "für andere Anhänger der Manosphere"? Also für Männer, die sich von einer Gesellschaft abwenden, die sich für ihre Anliegen und ihr Wohlergehen nicht interessiert? Sowie für die Pick-Upper, die ihren Erfolg bei Frauen mit psychologischen Techniken verbessern möchten? Und für die Maskulisten, die unserer Gesellschaft unermüdlich nahebringen, welche sozialen Anliegen Männer in unserer Gesellschaft haben und wie sehr diese Anliegen vernachlässigt werden? Also eigentlich für jeden, der nicht stramm feministisch denkt?
Wir rekapitulieren:
Es gibt Feministinnen wie Pauline Harmange, die wörtlich erklären, Männer zu hassen, und dafür mit einem Buchvertrag bei einem von Deutschlands führenden Verlagen belohnt werden und von diversen Leitmedien eine Plattform für kostenlose Reklame erhalten.
Auf der anderen Seite stehen Männerrechtler, die mit Feministinnen und anderen Frauen zusammenarbeiten, um eine gerechtere Welt für beide Geschlechter zu schaffen. Über die klärt der NDR in einem Beitrag mit der Überschrift "Zerrwelt der Frauenhasser" auf, in dem "Ausstiegsstrukturen" für sie gefordert werden.
Ein Incels-Wiki zeigt ein kritisches Bild von Veronika Kracher. Wiewohl die dort aufgestellten Behauptungen durch zahlreiche Belege gestützt scheinen, habe ich diese Belege nicht nachgeprüft und weiß durch die ebenfalls anonym erstellte Wikipedia selbst am besten, wie leicht durch selektive Belege ein verzerrtes Bild einer Person entstehen kann. Es kann also sein, dass dieses Wiki genau so fragwürdig ist, wie der hier besprochene Beitrag des NDR. Sollten diese Behauptungen allerdings zutreffen, würden sie so bizarre Forderungen wie die nach "Ausstiegsstrukturen aus der Manosphere" erklären.
2. Erfreulicherweise gibt es auch Wissenschaftler, die einen hilfreicheren Ansatz wählen. So heißt es in einem heute Morgen online gegangenen Beitrag des ORF über bei beiden Geschlechtern übersehene gesundheitliche Probleme:
Auch die Depression ist bei Frauen besser erforscht. So fand die Medizinhistorikerin Alison Haggett von der Universität Exeter in England heraus, dass zwar psychische Probleme häufiger bei Frauen diagnostiziert werden, Männer aber dreimal so häufig Suizid begehen als Frauen. Sie begründet das damit, dass die psychische Gesundheit von Männern bisher zu wenig untersucht worden sei. Haggett regt an, die Psychologie müsse bei Verhaltensmustern wie Gewalt, sexuellem Fehlverhalten und auch Geltungsdrang – häufig als "toxische Männlichkeit" bezeichnet – mehr die sozialen und emotionalen Gründe hinterfragen. In den Humanwissenschaften wird hier vom "Gender Empathy Gap" gesprochen, was bedeutet, dass Männern und Frauen tendenziell unterschiedlich viel Mitgefühl bei emotionalen Problemen entgegengebracht wird.
Und wer macht auf diesen Gender Empathy Gap hartnäckig aufmerksam? Genau: Die angeblichen "Frauenhasser", die in Wirklichkeit nur eine bessere Welt für alle erreichen möchten. Um das zu verstehhen, braucht man allerdings genau das: mehr Empathie auch für Andersdenkende.
3. Ansonsten war gestern bekanntlich Frauentag mit Artikeln wie "Jeder Mann war schon mal Täter." in der Neuen Osnabrücker Zeitung, wo es heißt:
Toxische Männlichkeit schadet der Gesellschaft. Der Diplom-Pädagoge Sebastian Tippe fordert Männer daher dazu auf, sich endlich selbst zu reflektieren, keine Pornos mehr zu gucken und nachts die Straßenseite zu wechseln, wenn sie einer Frau begegnen.
Leider verschwindet der Artikel dann hinter einer Bezahlschranke, so dass ich nicht beurteilen kann, ob hier eine Ausstiegshilfe gegen diesen Sexismus sinnvoll sein könnte oder nicht.
4. Auf Telepolis beschäftigt sich Peter Nowak mit der Debatte, die in der SPD gerade über Identitätspolitik geführt wird, und kommt dabei auch auf den "Appell für freie Debattenräume" zu sprechen. (Genderama berichtete mehrfach.)
Der Aufruf bleibt aber vage bei der Frage, wer damit gemeint ist. Nur so war es möglich, eine Schar an Unterzeichnern zu versammeln, an der sich erklärte Linke ebenso beteiligen wie zahlreiche Rechte. Männerrechtler Arne Hoffmann steht dort neben der erklärten Feministin Barbara Holland-Cunz und Gerhard Meggle fordert sein Recht auf Israelkritik ein. Auch regelmäßige Autorinnen und Autoren der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit sind dort zahlreich vertreten und mittendrin als einer der wenigen unterzeichnenden Politiker a.D.: Wolfgang Thierse.
Genau so sollte es sein: ein breites Spektrum, das für Meinungsfreiheit eintritt. Nowak allerdings ätzt darüber, dass mit Thierse ein Politiker, "der mal sogar als links galt", jetzt ein Thema gefunden habe, mit dem er auf die "Zustimmung der schweigenden Minderheit zählen könne". Vielleicht benötigt diese Mehrheit unserer Gesellschaft einfach nur besonders breit angelegte Ausstiegsstrukturen?
5. Die CDU-Fraktion Sachsen-Anhalt befindet:
Moderne Gleichstellung bedeutet, dass Frauen & Männer als Gleichstellungsbeauftragte arbeiten. Der Gesetzesentwurf von B90/Grüne schließt Männer aus. Wir fordern, dass veraltete Frauenfördergesetz zum modernen Gleichstellungsgesetz für Frauen & Männer weiterzuentwickeln.
An anderer Stelle heißt es von dieser Fraktion:
Echte Gleichstellung sieht anders aus: Männer können die Aufgaben eines Gleichstellungsbeauftragten verantwortungsvoll wahrnehmen. Das zeigt uns der Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wittenberg. Check: Das D bei Grünen steht für #Diskriminierung und schließt Männer aus.
Das hört sich ganz schön maskulistisch an. Werden für die CDU auch schon die ersten Ausstiegsprogramme gefordert?
Die Gedanken von Männerrechtlern werden also sowohl polemisch attackiert als auch von immer mehr Menschen aufgegriffen. Man kann sich ruhig einmal selbstbewusst klarmachen, dass beides ein Zeichen für erfolgreiche politische Arbeit ist.
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