ARD berichtet über "propagandistische Totalverblödung" in unserer Gesellschaft – News vom 2. März 2021
1. Die ARD-Sendung "titel thesen temperamente" beschäftigt sich mit der Frage "Ist die Meinungsfreiheit an Hochschulen in Gefahr?" Ein Auszug aus dem verschriftlichten Text der Sendung:
Wie kommt es, dass einige Studierende den freien Meinungsaustausch mittlerweile für unzumutbar halten? Bernd Stegemann ist Dramaturg am Berliner Ensemble und Professor an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch". In seinem gerade erschienen Buch "Die Öffentlichkeit und ihre Feinde" untersucht er den zunehmend gereizten Ton in öffentlichen Debatten und kommt zu dem Schluss:
"Es gibt eine starke Fokussierung auf die eigene Befindlichkeit. Bei Habermas ist noch von der 'gewaltlose Gewalt des besseren Arguments' die Rede, die heute aber tatsächlich als Gewalt empfunden wird. Ein besseres Argument, das einem gegen das eigene Gefühl geht, wird nicht mehr als etwas wahrgenommen, dem ich mich auf einer Rationalitätsebene stellen muss, sondern es wird als Angriff genommen auf meine eigene Identität."
Einen der Gründe sieht Stegemann in der Aufsplitterung der Gesellschaft nach Geschlecht, Hautfarbe und sexueller Orientierung: "Nicht jeder darf sich noch zu allem äußern, sondern nur noch bestimmte Gruppen dürfen sich zu bestimmten Themen äußern – und das auch nur in einer ganz bestimmten Art und Weise", so Stegemann. Und: "Es gibt sehr enge Geländer, an denen entlang sich das Gespräch bewegt und es wird sehr fein darüber gewacht, dass diese Korridore nicht verlassen werden. Und wer das dennoch tut, der muss mit starken Sanktionen rechnen." Ja, mit Ächtung und sozialer Ausgrenzung, "mit Stigmatisierungen als ein schlechter Mensch, ein rechter, ein gefährlicher ... ein Sexist, Rassist usw.".
In dieser Woche ist es der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der in die Untiefen der Identitätspolitik gerät. In einem Zeitungsartikel forderte er zu mehr Gemeinsinn auf und löste damit einen Shitstorm aus. Denn seine Verteidigung bestimmter Begriffe entlarvte ihn in den Augen mancher als die möglicherweise einzige Gattung, die weiterhin bedenkenlos diskriminiert werden darf: "der alte weiße Mann".
Bernd Stegemann spricht in diesem Zusammenhang gar von "einer Art von propagandistischer Totalverblödung", die aber gerade im Netz und in den Sozialen Netzwerken "unglaublich wirkungsvoll" sei. Dabei werde mehr auf bestimmte Triggerworte reagiert, die "skandalisiert" würden. Für ihn sei das "das Gegenteil einer vernünftigen Diskussion".
Der neueste Fall dieser Art bestand in dem Versuch, das Forum Soziale Inklusion in eine radikal rechte Ecke zu schieben, weil es in einem von unzähligen Texten von "Altparteien" geschrieben hatte. Massen an Texten nach einem potentiellen Triggerwort zu durchkämmen, um eine Sachdebatte von Anfang an zu unterbinden, scheint die Vorstellung vieler Linker von einer sinnvollen Auseinandersetzung mit unerwünschten Themen zu sein.
Gegen Männerrechtler greift der Mechanismus von Stigmatisierung und Ausgrenzung genauso stark: Ein Diskussionsabend mit ihnen in der Heinrich-Böll-Stiftung, dem SPD-Magazin "Vorwärts" oder unseren Leitmedien ist nach wie vor utopisch. Wer sich für "die möglicherweise einzige Gattung, die weiterhin bedenkenlos diskriminiert werden darf", einsetzt, darf in dieser feinen Gesellschaft keine Stimme haben.
2. Der "Nordkurier" widmete schon vor einigen Tagen einen Artikel der Frage "Warum Lehrerinnen mit Schülern schlafen".
In Medienberichten ist oft von "Sex-Lehrerinnen" die Rede. Das aber verkennt die Lage nach Einschätzung eines Experten völlig. Provoziert würden damit lediglich Kommentare von Männern in sozialen Netzwerken, die darüber fantasieren, wie gerne sie früher von ihrer Lehrerin verführt worden wären, sagte der Psychologe Tim Watson-Munro der Zeitung "Daily Mail Australia". Die Realität sei anders: "Wenn man sexuellen Missbrauch durch eine Lehrkraft erlebt, egal welchen Geschlechts, fühlt man sich betrogen, erniedrigt und ausgenutzt."
Doch warum schlafen Lehrerinnen mit Schülern? "Viele dieser Frauen missbrauchen, weil ihre eigenen Intimitätsbedürfnisse unerfüllt sind, die sich beispielsweise aus Beziehungsproblemen und Einsamkeitsgefühlen ergeben", schreibt die britische Kriminologin Andrea Darling von der Universität Durham in einer Analyse.
Bei männlichen Missbrauchstätern würde niemand von "unerfüllten Intimitätsbedürfnissen" aufgrund von "Beziehungsproblemen und Einsamkeitsgefühlen" sprechen. Während Männer monströs sind, schwingt bei Frauen immer mit, dass man eigentlich Mitleid und Empathie für sie empfinden sollte. Immerhin wird gleich im nächsten Absatz klargestellt:
Frauen werde aus sozialen und kulturellen Normen seltener sexuelle Aggressivität zugetraut. "Das bedeutet, dass Missbrauch durch eine Frau als weniger schädlich als durch einen Mann betrachtet wird", stellt Darling fest. "Das verniedlicht nicht nur das verletzende Verhalten, sondern spielt auch die Konsequenzen für die Opfer unfair herunter. Solch ein Verhalten ist Missbrauch und muss als solcher betrachtet werden."
3. In den letzten Tagen machte der Popstar Madonna durch ein bizarres Posting auf Twitter von sich reden.
Madonna hat eine außerordentliche Karriere gehabt und dabei ein ziemliches Vermögen von ca 850 Millionen Dollar angesammelt. Dennoch sieht sie sich anscheinend, wenn man diesem Tweet glauben darf, als Opfer des Patriarchats, welches "ihren Hals mit seinem schweren Stiefel zertrümmert".
Immer wieder erstaunlich, wie einfach es ist, sich als Opfer zu sehen, wenn man in der richtigen Gruppe ist, obwohl man eine der privilegiertesten Personen auf dieser Erde ist. Der männliche Obdachlose ist privilegiert, Madonna aber als Frau ein Opfer des Patriarchats.
Christian Schmidt berichtet über die neueste Form der Patriarchatskritik von Menschen, die ihren Hals nie voll genug bekommen können.
4. Einer neuen Studie zufolge weisen Väter, die sich von Anfang an beim Aufziehen ihrer Kinder beteiligen (können), weniger Depressionen auf.
"Im Allgemeinen denke ich, dass es zwei große Erkenntnisse gibt", erklärte der Leiter der Studie: "Erstens ist die Beschäftigung mit Ihrem Kind nicht nur besser für das Kind, sondern auch besser für den Vater. Also, Väter, engagiert euch früh und oft mit euren Kindern! Zweitens denke ich, dass es für jeden wichtig ist, zu verstehen, dass väterliche Depression ein ernstes Problem darstellt, das Aufmerksamkeit erfordert. Sie betrifft Väter und wirkt sich dadurch auf die gesamte Familie aus. Deshalb ist es wichtig, dass wir es ernst nehmen."
<< Home