"Wir wurden überrumpelt": Unmut in CDU/CSU über Frauenquote – News vom 1. Dezember 2020
1. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet über die Stimmung in den Unionsparteien, nachdem die SPD eine Einigung pro Frauenquote in Firmenvorständen erreicht hatte:
Die beiden sozialdemokratischen Ministerinnen Franziska Giffey (Familie) und Christine Lambrecht (Justiz) haben sich damit durchgesetzt. Der christlichdemokratische Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der sich im Frühjahr noch gegen den entsprechenden Gesetzentwurf ausgesprochen hat, steht nun ebenso hinter der Einigung wie der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder.
Dass die Union innert relativ kurzer Zeit langjährige Grundsätze aufgibt, ist in der Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel zum bekannten Muster geworden. In der Bundestagsfraktion von CDU und CSU herrscht dennoch ein gewisser Unmut über die Einigung von vorletzter Woche. Die Gegner der "Vorstandsquote" seien von den Befürwortern vor vollendete Tatsachen gestellt worden, klagt ein CDU-Abgeordneter: "Wir wurden regelrecht überrumpelt."
Viele Gegner der Vorlage hätten sich in der entscheidenden Fraktionssitzung allerdings auch nicht zu Wort gemeldet: "Man will sich nicht ins Aus schiessen, wenn es um die Besetzung von Posten geht." Das Ziel der Fraktionsführung sei es, den Boden für eine schwarz-grüne Koalition nach der nächsten Bundestagswahl zu bereiten. Dem werde alles untergeordnet, meint der Abgeordnete. Zwar betreffe die geplante Regelung nur wenige Firmen, doch der Vertrauensverlust unter den Stammwählern der Union sei nicht zu unterschätzen: "Bei uns ist nichts mehr sicher, die Wähler sehen keine roten Linien mehr."
Das stimmt ohne jeden Zweifel. Die CDU/CSU ist inzwischen ausführende Hand einer 15-Prozent-Partei.
Mit den rechtlichen Fragen, die durch ein entsprechendes Gesetz aufgeworfen würden, beschäftigten sich nur wenige, sagt Jana Schimke, CDU-Abgeordnete aus Brandenburg und Co-Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion von CDU und CSU. "Was passiert, wenn plötzlich der Finanzvorstand eines Unternehmens nicht mehr besetzt werden kann, weil keine geeignete Frau da ist?"
In der Fraktion, so meint Schimke, sei die Stimmung gemischt. In ihrer Partei seien jüngere Frauen tendenziell gegen die "Vorstandsquote", ältere dagegen eher dafür. Früher seien Quoten ein Thema für Frauenkreise gewesen, erklärt die 41-Jährige. Viele jüngere Frauen in der Union wollten dagegen keine Vorteile aufgrund ihres Geschlechts geniessen, sagt Schimke, obschon es in dieser Hinsicht auch Ausnahmen gebe.
Das Problem sind also vor allem die "alten weißen Frauen" wie Giffey und Lambrecht, die Vorteile auch ohne Leistung gewährt bekommen möchten. Bei Giffey scheint das ein zentrales Element ihrer Lebensgeschichte zu sein.
Seine beiden Töchter stünden erfolgreich im Berufsleben und wollten ausschliesslich anhand ihrer Leistungen beurteilt werden, sagt Hans Michelbach, CSU-Abgeordneter aus Franken und Vizechef des Parlamentskreises Mittelstand. Die "Vorstandsquote" sei ein klarer Eingriff in die Autonomie der Unternehmen, das unterscheide sie von der seit 2015 geltenden "Aufsichtsratsquote", die börsenkotierten und der Mitbestimmung unterliegenden Firmen vorschreibt, dass das zahlenmässig geringer vertretene Geschlecht, in den meisten Fällen die Frauen, mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte stellen müsse.
Trotz allen Bedenken rechnen Schimke und Michelbach damit, dass die "Vorstandsquote" am Ende kommt: "Man wird versuchen, die Quote noch bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode durchzuboxen", sagt Michelbach, also bis zum Herbst 2021. Viele in der Unionsfraktion schätzten die Tragweite des Entscheids falsch ein, meint er: "Die ‹Vorstandsquote› ist doch nicht das eigentliche Ziel. Sie ist lediglich der Einstieg, um immer stärker in die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen eingreifen zu können."
Erst seien die grossen Konzerne dran, dann die grossen Mittelständler, erklärt Michelbach. Er rechne damit, dass eine Umsetzung der "Vorstandsquote" zu einer Flut rechtlicher Auseinandersetzungen führen werde: "Wenn das Leistungsmerkmal auf der Strecke bleibt, wird das Unruhe in die Betriebe tragen. Die Quote ist ganz sicher eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme für Anwältinnen und Anwälte."
Von der CDU/CSU ist hier jedenfalls kein Widerstand zu erwarten, sondern nur nachträgliche Zerknirschtheit.
2. Der Bund fördert eine stille Notruf-App für Frauen mit 1,7 Millionen Euro.
"Mit der Tarn-App geben wir Betroffenen von häuslicher Gewalt ein neues niedrigschwelliges Angebot, um sich selbstständig aus Gewaltsituationen zu befreien", zeigte sich Knaab am Freitag nach einem Treffen mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zuversichtlich. "Für viele Frauen kann das eigene Zuhause ein Ort des Schreckens sein", erklärte die Ressortchefin. "Vielen fällt es sehr schwer, Alarm zu schlagen und Hilfe zu suchen, um sich und oft auch die eigenen Kinder zu schützen."
3. Ein Nachtrag zum Weltmännertag: Eva Voß fordert bessere Männerpolitik in Unternehmen:
"Die geschützten Männer" lautet der Titel einer Dystopie vom französischen Autor Robert Merle, die in den 1970er Jahren erschienen ist. Ein unbekanntes Virus greift im Roman Männer im geschlechtsreifen Alter an. Die infizierten Personen sterben nach kurzer Zeit, und so übernehmen Frauen sukzessive alle wichtigen Positionen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Die wenigen verbliebenen Männer werden "geschützt" in Lagern untergebracht und jeglicher Freiheiten beraubt. Ohne allzu viel zu verraten (das Buch ist wirklich spannend!), lässt sich bereits nach den ersten Seiten erahnen, dass eine Welt, die zwar von Frauen, aber dann auch nur von ihnen regiert wird, keine wirklich erstrebenswertere ist. Denn Frauen sind ja nicht per se die besseren Menschen.
Hier geht es weiter.
4. 800 Schüler der Elite-Hochschule Eton revoltieren, weil einer ihrer Lehrer gefeuert wurd, nachdem er die Männerfeindlichkeit unserer Gesellschaft kritisiert hatte:
Man sagt, dass die Schlacht von Waterloo auf den Spielfeldern von Eton gewonnen wurde. Zwei Jahrhunderte später ist die ehrwürdigste Schule Großbritanniens zu einem Schlachtfeld im War on Woke geworden.
Auf der einen Seite steht der Englischlehrer Will Knowland, der entlassen wurde, nachdem er sich für seine Überzeugung eingesetzt hatte, dass Schüler ein breites Spektrum an Meinungen hören sollten.
Auf der anderen Seite befindet sich Schulleiter Simon Henderson, der ihn wegen groben Fehlverhaltens entlassen hat, nachdem er einen Vortrag über die Natur der Männlichkeit gehalten hatte.
Hunderte von Schülern und Mitgliedern der breiteren Eton-Gemeinschaft haben die Schule nun der Scheinheiligkeit, Grausamkeit und eines "völligen Mangels an Rückgrat" beschuldigt und gefragt, ob Eton "sein neues Image als politisch fortschrittlich auf Kosten eines der ihren schützt".
In einer Petition, die Herrn Knowland unterstützt, sagen sie: "Junge Männer und ihre Ansichten bilden sich in der Begegnung und im Konflikt von Ideen ... was notwendigerweise Kontroversen und lebhafte Diskussionen nach sich zieht.
Herr Knowland, so fügen sie hinzu, "wird von allen geliebt, die ihm begegnet sind", und die Studenten "fühlen sich moralisch verpflichtet, bei einem Vorfall, der anscheinend einen Fall von institutionellem Mobbing darstelltt, nicht einfach nur zuzusehen".
Es ist ein Plädoyer von solcher Gelehrsamkeit, dass jeder Englischlehrer – und nicht nur einer, der in einer politisch korrekten Klemme steckt – erfreut wäre, wenn er wüsste, dass es seine Schüler geschrieben haben. Es könnte jedoch nicht ausreichen, um ihn zu retten.
"Eton besteht seit fast 600 Jahren", sagte eine Quelle, die den Konflikt miterlebt hat. "Und dies ist ein Kampf um seine Seele. Die Cancel-Kultur ist hier mit dem kultischen Gruppendenken angekommen, das bis ins Herz der Schule reicht. Es soll eine Bastion des Lernens und der freien Rede sein. George Orwell ging nach Eton. Was würde er denken? 1984 war als Satire gedacht, nicht als Anleitung."
Mr. Knowlands Sünde war es, die gegenwärtige radikale feministische Orthodoxie in Frage zu stellen. Im September erstellte er einen Online-Vortrag mit dem Titel "Das Paradox des Patriarchats", in dem er die vorherrschende Idee der "toxischen Männlichkeit" untersuchte.
Darin argumentiert er, dass Wissenschaft und Geschichte Beweise dafür liefern, dass männliche Tugenden wie Stärke und Mut für Frauen, die Familie und die Gesellschaft von Nutzen sein können.
Eine nischenhafte, nervenaufreibende Meinung? Wohl kaum. Auch wenn sie für manche als provokant gelten mag, so ist sie doch Teil des Mainstream-Denkens. Herr Knowland glaubte, dass die Jungen von Eton das Recht hätten, in einem Lehrplan, der seiner Meinung nach gefährlich verzerrt ist, ein Gleichgewicht zu finden.
"Selbstmord ist die häufigste Todesursache für junger Männer, und ich vermute, dass diese verbitterte Sichtweise auf die Männlichkeit, die derzeit so in Mode ist, mitverantwortlich ist", schrieb er nach seiner schockierenden Entlassung privat an seine Kollegen.
Ein Mitarbeiter beschwerte sich über den Vortrag und behauptete, er stelle eine Belästigung am Arbeitsplatz dar und sei nach dem Gleichstellungsgesetz illegal. (Ist er nicht). Diese Person soll besonders darüber verärgert gewesen sein, dass Herr Knowland die Studenten aufforderte, die Idee in Betracht zu ziehen, dass eine Welt ohne Männer für Frauen schlechter sein könnte. Der Direktor der Hochschule stellte sich auf die Seite des Beschwerdeführers.
Es könnte kaum ein besseres Beispiel dafür geben, wie die giftigen Streitigkeiten um die Vielfalt, die Großbritanniens akademische Institutionen zerrissen haben, nun auf die Hochschulen des Landes zusteuern und nicht nur auf Eton, das 20 britische Premierminister und den Herzog von Cambridge ausgebildet hat.
Für Herrn Knowland sind diese Kämpfe keine Theorie mehr, sondern harte Realität. Er ist Vater von fünf Kindern, von denen eines behindert ist. Er und seine Frau Rachel leben in einem freistehenden Haus mit vier Schlafzimmern, das Eton gehört. Wenn er es nicht schafft, im nächsten Monat in der Berufung seinen Job zurückzugewinnen, werden sie obdachlos sein.
"Der Schulleiter war der Ansicht, dass einige der vorgebrachten Ideen - wie etwa die Ansicht, dass Männer und Frauen psychologisch unterschiedlich sind und nicht alle diese Unterschiede sozial konstruiert sind - zu gefährlich für die Jungen seien, als dass sie ihnen ausgesetzt werden könnten", schrieb Herr Knowland an seine Kollegen.
"In Eton... haben wir stets einer offenen, rigorosen Diskussion Vorrang vor Konzepten wie 'safe spaces', 'Triggewarnungen' und 'Mikro-Aggressionen' eingeräumt. Ich bin besorgt, dass das College Gefahr läuft, einem Bildungstrend zu erliegen, der der emotionalen Sicherheit Vorrang vor der intellektuellen Herausforderung einräumt. Deshalb habe ich meine Karriere auf meinen Glauben an die Redefreiheit gesetzt."
Aber er räumt ein: "Sie haben die Macht, mich daran zu hindern, je wieder einen Fuß in ein Klassenzimmer zu setzen. Wenn das geschieht, bin ich mir nicht sicher, wie ich meinen Lebensunterhalt bestreiten soll."
Was ist mit der halbstündigen Vorlesung, die so umstritten war, dass sie ihn seinen Job kostete? Herr Knowland zweifelte nicht daran, dass dies zu einem Gesprächsthema werden könnte. Nach zweieinhalb Minuten warnt er davor, dass es die Gefühle einiger Leute verletzen könnte.
Das Video entpuppt sich als ein Dickicht aus akademischen Zitaten mit mehr als 40 Verweisen auf andere Schriftsteller und Denker.
Geschickt verwebt es zeitgenössische kulturelle Referenzen zu Sarah Jessica Parker in "Sex And The City" und Gerard Butlers verschwitzter, bronzener Hollywood-Darstellung des spartanischen Königs Leonidas.
Es hat alles, von den Klassikern bis hin zu Chick-Lit, von Nobelpreisträgertheorien bis hin zu Cartoons. Die Etonians, die den Brief unterzeichnet haben, schließen: Die allgemeine Meinung ist, dass Herr Knowland die Ideen in seinem Video mit so viel akademischer Nuancierung und Sensibilität präsentiert hat, wie man vernünftigerweise erwarten konnte. Sein Video ist ein Modell dafür, wie man ein umstrittenes Argument tadellos vermitteln kann.
"Wir haben Schwierigkeiten zu erkennen, wo das Video von Herrn Knowland aus dem Bereich der akademischen Debatte heraustritt und in eine wirklich diskriminierende private Meinung mündet."
Der Vortrag, der aufgrund der Covid-Krise online entstand, wurde für den Lehrplan von "Eton's Perspectives" geschrieben, womit ältere Jungen in Themen eingeführt werden, die Gegenstand heftiger öffentlicher Debatten sind. Herr Knowland lud ihn in das Intranet der Schule hoch und schickte einen Link an den Leiter von "Perspectives" (der inzwischen von seiner Funktion zurückgetreten ist), bevor er an alle Lehrer von "Perspectives" verteilt wurde.
Nach einer einzigen Beschwerde willigte Herr Knowland ein, ihn zurückzuziehen, bevor er den Schülern zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend war jedoch, dass er es ablehnte, es von seinem persönlichen YouTube-Kanal – "Knowland Knows" – zu entfernen, den er mit der Erlaubnis von Eton betreibt.
Zu diesem Kanal gehören zwei sehr klare Erklärungen: "Die Aussagen und Meinungen auf diesem Kanal sind nicht notwendigerweise mit dem Eton College abgestimmt oder von ihm genehmigt ... und aufgrund der Art der Interpretation und Diskussion in der englischen Literatur sind die Aussagen und Meinungen auch nicht unbedingt meine eigenen."
In seinem Brief an die Kollegen sagt Herr Knowland: "Weil ich leidenschaftlich an die Redefreiheit glaube, sagte ich, dass ich sie nur dann [von YouTube] entfernen würde, wenn ich einen klaren Grund dafür hätte, weshalb ich schließlich entlassen wurde."
"Er wurde auf eine sehr selbstherrliche, rachsüchtige und aggressive Weise behandelt", so der Eton-Insider. "Will Knowland stellte im Wesentlichen dieses 'woke' Ethos in Frage, das der Direktor und einige seiner Kollegen versuchen, in der Schule zu verankern. Sie scheinen es sich in den Kopf gesetzt zu haben, dass Eton sich mehr als jeder andere bemühen muss, progressiv zu wirken, aber sie überkompensieren. Der Direktor scheint fälschlicherweise zu denken, dass, wenn herauskommt, dass Eton einen Kurs unterrichtet, in dem gesagt wird, dass Männlichkeit nicht toxisch ist, dies von einem 'woken' Mob benutzt wird, um die Schule zu beschuldigen, das Patriarchat aufrechtzuerhalten."
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