"Hart aber fair": Gender-Spruch von Plasberg sorgt für Empörung – News zum 3. Dezember 2020
1. Die Yahoo-Redaktion weiß, welche Themen momentan besonders wichtig sind. So habe in der letzten "Hart-aber-fair"-Talkshow eine Aussage von Plasberg bei "den Zuschauern" zur Empörung geführt.
Mit den Worten "Ein Mann geht jetzt zu einer Frau" verlässt er sein Moderationspult und geht auf seine "Hart aber fair"-Kollegin Brigitte Büscher zu, die er nach den Reaktionen der "Zuschauerinnen und Zuschauer" fragen möchte. Dann kommt er kurz ins Stutzen, bevor er gekünstelt ahnungslos fragt "Oder wie sagt man da heute? Ich bin da kein Experte."
"Zuschauer_innen, mit Päuschen dazwischen", wird Plasberg von Büscher aufgeklärt. Damit meinte sie den gesprochenen Gendergap, also die kurze Pause zwischen den Silben. Damit soll verdeutlicht werden, dass, unabhängig vom Geschlecht, alle Menschen angesprochen sind.
Hätte Plasberg nun geschwiegen, wäre ihm ein Shitstorm bei Twitter erspart geblieben. Stattdessen schickt der "Hart aber fair"-Moderator noch ein "Klar… Wir sind hier am Montag, nicht am Sonntag". Ein deutlicher und unschöner Seitenhieb auf seine ARD-Kollegin Anne Will, deren Talk-Format am Sonntagabend ausgestrahlt wird. Anfang Mai hatte Will als erste Talkshow-Moderatorin bei den Öffentlich-Rechtlichen den Gendergap eingeführt.
Plasberg selbst mag diese kleine Spitze vielleicht noch lustig gefunden haben, bei den "Hart aber fair"-Zuschauer sorgten seine Macho-Allüren aber für Empörung, die sie bei Twitter auch reichlich kundgaben. So sprachen sie dem Moderator unter anderem die Souveränität ab, bezeichneten den 63-Jährigen als Boomer, der noch so "Fünfziger Jahre" sei.
Nun ist es schon grotesk genug, dass eine Redaktion ernsthaft Nachrichtenwert darin sieht, wenn die üblichen Verdächtigen auf Twitter einen Moderator beschimpfen, weil er sich der ideologischen Sprachverwendung einer Kollegin nicht anschließt und sich dabei sogar auf die Seite der Dauerempörten stellt. Die Yahoo-Redaktion zitiert unbekümmert Beschimpfungen wie "der ewig gestrige weiße Mann" und "ganz schrecklicher Macho"; Watson zitiert ebenso fröhlich Tweets wie "Hey alter, weißer Plasberg: Man sagt, dass Sie ein Idiot oder eine Idiotin sind. Das dürfen Sie selbst entscheiden." (Auch der Focus zitiert diesen Tweet: Er bekam schließlich auch volle zwei Likes und war daher von großer Bedeutung.) Das sind dieselben Medien, die sich über "frauenfeindliche Hate Speech im Internet" nicht mehr einkriegen. Wäre es auch positiv gewürdigt würden, wenn jemand Anne Will beleidigt hätte, weil er ihre Sprechweise nicht schätzt?
Wie gesagt, bis dahin ist es grotesk genug. Das Spektakel wird aber noch irrer. Aufgrund Plasbergs Nicht-Übernehmen der Sprechpause sah sich die ARD sogar zu einer offiziellen Stellungnahme veranlasst:
Auf Nachfrage des Nachrichtenportals "watson.de" äußerte sich Lars Jacob, Sprecher des Ersten, wie folgt: "Ganz genderneutral sagt man in Kölle: Jeder Jeck is anders. Die eine Moderatorin spricht das Gender-Gap mit, der andere Moderator verzichtet darauf. Das ist die Vielfalt der ARD." Für ein einheitliches Vorgehen bezüglich des Genderns sieht der Sender keinen Handlungsbedarf. "Es gibt weder Streit noch ARD-uniforme Vorgaben", so Jacob.
Es ist kein Wunder, dass das "woke" Lager wegen jedem Furz auszuflippen und herumzuschimpfen beginnt, denn genau das wird jedes einzelne Mal von den Leitmedien honoriert – zu Lasten der vielen ernsthaften Probleme, die in diesem Irrsinn untergehen.
2. Das Politikmagazin "Cicero" veröffentlicht ein "Lob der alten weißen Männer":
Die Künstlerin Jiny Lan kennt die angeblich schlimmsten alten weißen Männer Deutschlands persönlich. Und kann nicht verstehen, warum sie nicht gemocht werden. Denn schließlich haben eben solche Männer die liberale Gesellschaft mit aufgebaut, aus der sie nun ausgeschlossen werden sollen.
Ja, eben. Nicht jeder mag eine liberale Gesellschaft.
In Jiny Lans Artikel heißt es zu den üblichen Attacken auf Männer wie Dieter Nuhr und Christian Lindner, den die "Emma" kürzlich zum sexistischsten Mann der Welt ernannt hatte:
Es ist nicht das erste Mal, dass ich solche Bemerkungen gehört habe, diese Menschen seien schlimm, teilweise ist es als Witz gemeint (…). Aber wenn ich den Rat von Kunst-Fachleuten bekomme, dass ich Abstand zu denen halten soll, weil sonst die Authentizität meines feministischen Images beschädigt werden könnte, dann ist das nicht mehr nur ein Scherz, sondern eine sehr ernsthafte Sache.
(…) Ich stimme zu, dass ich zurzeit in dieser von alten weißen Männern dominierten Gesellschaft lieber lebe als in einer anderen. (…) Wegen Corona muss ich gerade von jedem Abstand halten, aber als Feministin müsste ich vom Sexist-Mann des Jahres keinen Abstand halten: Wenn DAS das Allerschlimmste für dieses Jahr ist, dann geht es den Frauen in diesem Land richtig gut.
Geht es NICHT! Sie leiden! Plasberg will die Gender-Pause nicht sprechen! Den Frauen in Deutschland geht es hundeelend deswegen.
3. Mindestens eine Frau soll in jedem Verwaltungsrat sitzen, plus ein Nicht-Weißer oder jemand, der sich unter LGBTQ+ einordnet. Das möchte die zweitgrößte Börse der Welt.
LGBTQ+ definiert die NASDAQ nicht näher. Es ist eine Sammelbezeichnung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender-Personen, Transsexuelle, Two-Spirits, Queere, Intersexuelle, Asexuelle, Pansexuelle, Geschlechtslose, Nicht-Binäre, Bigender, Nonkonforme, Pangender, sowie Personen, die sich nicht sicher sind. Auch aktiv Verbündete der LGBTQ+-Gemeinschaft können in die Begriffsdefinition mit einbezogen sein.
~ Ich finde, das ein bisschen inkonsequent und hätte gerne genauere Vorgaben, um echte Diversität zu garantieren: Ein Unternehmen ohne zum Beispiel zwei Prozent Two-Spirits und vier Prozent Pangender im Vorstand sollte auf der Börse erst gar nicht zugelassen werden. ~
Meine ich das etwa ironisch? Lesen Sie dazu morgen den neuesten Shitstorm auf Twitter – oder, falls Dieter Nuhr eine ähnliche Bemerkung macht, Artikel über die fünf Twitter-Empörten bei FOCUS & Co.
4. Das SPD-Fanmagazin "Vorwärts" erklärt, warum sich die Sozialdemokraten für eine feministische Außenpolitik stark machen müssen. Und zwar erst mal weil dazu in Deutschland "gähnende Leere" herrscht.
Dabei sprechen die Fakten für sich. Frauen und Mädchen sind weltweit noch immer viel häufiger von extremer Armut, Diskriminierung und als Opfer von Gewalt betroffen als Männer. (…) Eine neue Generation junger Frauen nennt sich auch deshalb feministisch, weil Feminismus mehr ist als Gleichstellungspolitik. (…) Feministische Außenpolitik ist auch ein Gegenpol zu Despotenherrschaft, zu Eskalation und männlicher Dominanz. (…) Und damit ein wichtiger Ansatz, den sich die deutschen Sozialdemokrat*innen auch angesichts der immer näher rückenden Bundestagswahlen strategisch zu eigen machen sollten. Dies gilt insbesondere in einer Zeit des globalen Aufruhrs und einer Pandemie, die globale Ungleichheiten schmerzhaft ans Licht bringt. (…) Auch institutionell tut die deutsche Außenpolitik in Deutschland gut daran, statt "Patriachat" gezielt den "Feminismus" zu verfolgen.
Ein ganz starker strategischer Ansatz. Wenn er die SPD nicht wieder zur Volkspartei macht, weiß ich auch nicht.
5. Die Post. Mein Leser Kevin Fuchs schreibt mir zu den Antworten, die CSU-Generalsekretär Markus Blume gibt, um seine Begeisterung für die Frauenquote zu begründen:
Immer wenn Politiker solche Antworten geben, empfiehlt sich die klassische Textverständnis-Aufgabe, wie man sie in der Schule gelernt hat.
Welche Fragen werden gestellt, was ist die Hauptaussage der Antwort, was sind die Kernargumente?
Wenn man sich das genau ansieht, stellt man fest, dass Herr Blume auf keine Frage inhaltlich antwortet. Außerdem werden viele Forderungen nur als Argumente formuliert, bleiben aber unbegründete Forderungen.
Das einzige wirkliche "Argument" ist, dass Frauen bei gleicher Qualifikation keine gleiche Repräsentation fänden. Semantisch ist das tatsächlich ein Argument - allerdings bleibt er selbst hier einen Beleg schuldig.
Blume wirkt wie ein Chatbot, der auf irgendwelche Schlüsselwörter mit generischen Phrasen antwortet und eine Unterhaltung nur simuliert. Der Rest ist leider nur pathetisch-dekoratives Gelaber in sehr dominanter und selbstbewusster Verpackung. Und das ist zwischenzeitlich ein Kernproblem politischer Kommunikation in vielen Bereichen - man findet keine inhaltlichen Begründungen und Auseinandersetzungen mehr.
Politiker aller Färbung verstopfen die Medien mit ihrer pathetischen, substanzlosen Floskelflut und das nervt. Einer, der diese Kunst auf die Spitze treibt, ist gewiss unser Außenminister Heiko Maas. Es geht nur noch um die richtige "Haltung" - eine moderne Form des Tribalismus.
Die meisten Äußerungen von Politikern sind es einfach nicht mehr wert, dass man sich damit beschäftigt. Ich wünsche mir dafür eine KI- basierte Lösung: ein Webfilter, der diesen ganzen Schwafelmüll von mir fern hält. An dieser Idee arbeite ich vielleicht noch. ;-)
So wie mich die Werbeunterbrechungen im Fernsehen nerven, nervt mich auch dieser Schwätzunrat. Ich schaue schon lange kein Fernsehen mehr, und auf dieselbe Weise verliere ich inzwischen auch das Interesse an Politik.
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