Donnerstag, September 17, 2020

Gender-Knacklaut: Rundfunkräte sollen gegen "Männerdiskriminierung" einschreiten – News vom 17. September 2020

1. Wie das Blob "Übermedien" berichtet, engagiert sich Professor Walter Krämer, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Sprache und des Vereins Deutscher Sprache, aktuell besonders aktiv gegen ideologische Einflüsse auf die Sprachverwendung der Öffentlich-Rechtlichen. In den letzten Monaten habe er Protestbriefe gegen Gender-Pausen mitten im Wort an Mitglieder der ARD-Rundfunkräte, des ZDF-Fernsehrates und des Hörfunkrats des Deutschlandfunks geschrieben. Krämers Argumentation: Der gesprochene Genderstern trage dadurch, dass er oft kaum hörbar ist, zur Diskriminierung von Männern bei:

"Dieser Knacklaut (der von sehr geringer akustischer Stärke ist) bleibt allerdings oft unhörbar oder wird gar gänzlich vermieden. Dann wird ausschließlich die gemäß aller deutschen Grammatiken und Wortbildungslehren unstrittig feminine Form hörbar, womit die jeweilige Personenbezeichnung männliche Mitglieder explizit ausschließt."


Diese Kritik erscheint nachvollziehbar Aus "Zuschauer-(Pause)-Innen" wird bei schnellem, die Silben verschleifendem Sprechen schnell "Zuschauerinnen". Die männliche Hälfte des Publikums wird sprachlich unsichtbar gemacht.

Übermedien berichtet auch, wie die Sender auf Professor Krämers Kritik reagieren.



2. Frauenministerin Giffey (SPD) zieht sich aus der Bundespolitik zurück:

Giffey will sich für die SPD um einen Platz im Berliner Abgeordnetenhaus bewerben. Die SPD Neukölln habe sie als Kandidatin für die Wahl im Herbst 2021 nominiert, teilte Giffey auf Facebook mit. "Als ehemalige Kreisvorsitzende der SPD Neukölln, Bezirksbildungsstadträtin und Bezirksbürgermeisterin und heutige Bundesfamilienministerin habe ich mich entschieden, wieder in die Landespolitik zurückzukehren."




3. Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist die Stimmung in der SPD angespannt, berichtet die Mitteldeutsche Zeitung (MZ):

Nach den Austritten bekannter Sozialdemokraten und einer Panne zum Wahlkampfauftakt warnen Kommunalpolitiker der SPD die Landesparteichefs in einem Brandbrief: "Um die kommenden Wahlen nicht völlig zu vergeigen, muss an dieser Stelle deutlich umgesteuert werden." Den Brief haben 22 Mitglieder geschrieben, die sich als Ortsvereinsvorsitzende oder in Kommunalparlamenten engagieren. Dazu gehört auch Kay Gericke, Kreisvorsitzender im Jerichower Land und Bürgermeister der Einheitsgemeinde Biederitz. "Wir sind mit der Gesamtsituation unzufrieden", sagte Gericke auf MZ-Nachfrage.


Gericke zufolge setze seine Partei im Wahlkampf falsche Prioritäten:

"Wir können uns im ländlichen Raum den Tüv für Spielplätze nicht mehr leisten - aber in Magdeburg fordern wir Gender-Toiletten", sagte Gericke der MZ. Wobei die SPD nicht wirklich "Gender-Toiletten" fordert; der Kreisvorsitzende möchte das als "Symbol" verstanden wissen für die aus seiner Sicht falsche Schwerpunktsetzung auf Minderheitenrechte.




4. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer möchte die Idee weiblicher Dienstgrade für Soldaten nicht weiterverfolgen.



5. "Ohrfeige statt Entschuldigung für Feministinnen" titelt die Basler Zeitung. In dem Artikel heißt es:

Die Reaktionen nach der unbewilligten Frauendemonstration vom 14. Juni waren heftig. Die Polizei hatte damals die Demo auf der Johanniterbrücke gestoppt und alle Demonstrantinnen einer Personenkontrolle unterzogen. Auch Nationalrätin Sibel Arslan, die noch zu vermitteln versuchte, wurde am Ende weggeführt.

Anschliessend äusserten die beteiligten Politikerinnen, allen voran die beiden Grossrätinnen Jessica Brandenburger (SP) und Raffaela Hanauer (GB), schwere Vorwürfe an die Adresse der Polizei. Von "sexistischem Gehabe und Äusserungen einiger Polizistinnen", war die Rede.


(Gemeint ist statt "einiger Polizistinnen" wohl "einiger PolizistInnen", aber so ist es eben mit der Gender-Sprache, die Männer unsichtbar macht.)

Auch körperliche Gewalt durch Polizeikräfte beklagten die Feministinnen. Franziska Stier (Basta), Mitorganisatorin des Frauenstreiks, sagte damals gegenüber Telebasel: "Ich habe Statements erhalten, wonach sowohl Frauen als auch gender-queeren Menschen an die Brust gefasst wurde, die beim Urinieren gefilmt und von der Polizei von hinten gepackt wurden." Die Demonstrantinnen forderten eine Entschuldigung von der Polizei.

Weil eine Entschuldigung vom Sicherheitsdirektor nicht erfolgt ist, wollte Hanauer später mit einer schriftlichen Anfrage von der Basler Regierung eine Stellungnahme zu den Vorwürfen erzwingen. Am Mittwoch hat der Regierungsrat nun die Antwort gegeben. Eine, die es in sich hat: "Der Regierungsrat verurteilt das Verbreiten von rufschädigenden Gerüchten gegenüber Mitarbeitenden des Kantons, ohne dass diese konkretisiert würden", schreibt Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann im Namen der Regierung. Damit die Strafverfolgungsbehörden Strafverfahren einleiten können, seien konkrete Anhaltspunkte notwendig. "Bislang indes gibt es keine Hinweise auf sexuelle Belästigungen, die bei diesem Einsatz durch Angehörige des Korps der Kantonspolizei begangen worden wären."

Ackermann hält in ihrer Antwort zudem fest, dass die Polizei, entgegen der Ansicht der Demonstrantinnen, "keine politische Strategie verfolgt". Sie sorge bloss "auftragsgemäss für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Einhaltung der Gesetze".

In ihrer Antwort geht die Regierung auch noch einmal auf die Auflösung der Demonstration vom 14. Juni ein. Die Frauen hatten damals behauptet, dass sie eigentlich die unbewilligte Demo sofort auflösen wollten, so wie dies die Polizei verlangt hatte. Doch dann seien sie eingekesselt worden. Dem widerspricht Ackermann: "Die Kantonspolizei erkannte keine Anzeichen, dass sich die Demonstration auf der Johanniterbrücke auflösen würde. Im Gegenteil bestärkten einzelne Personen mit ihrem Verhalten gegenüber der Kantonspolizei die übrigen Demonstrantinnen und Demonstranten darin, sich den Weisungen der Polizei standhaft zu widersetzen, was dazu führte, dass die Personenkontrollen rund zwei Stunden in Anspruch nahmen." Zuvor bereits seien die Frauen der Aufforderung, die Kundgebung aufzulösen, nicht nachgekommen. Stattdessen sei der "Pulk" weitergezogen und hätte den Verkehr blockiert.




6. Der Humanistische Pressedienst berichtet:

Mitten in der neuen dänischen Beschneidungsdebatte haben mehrere medizinische Vereinigungen ihren Austritt aus der Kommission der Dänischen Patientensicherheit zur Festlegung von Richtlinien für nicht-therapeutische Vorhautamputationen erklärt.


Bei diesen Vereinigungen handelt es sich um die Dänische Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, den Dänischen Hebammenverband, den Dänischen Verband medizinischer Pflegeberufe, die Dänische Pädiatrische Gesellschaft, die Dänische Gesellschaft für Urologie sowie die Dänische Gesellschaft für Kinderchirurgie.

Alle Organisationen und Verbände, die sich aus der Arbeitsgruppe zurückgezogen haben, sind grundsätzlich gegen die Beschneidung gesunder Kinder unter 18 Jahren. Ursprünglich war es ihr Ziel, aufgrund des bestehenden Nicht-Verbots der rituellen Jungen-Beschneidung wenigstens dafür sorgen zu können, dass diese sicherer durchgeführt oder wenigstens registriert werden. Doch ein entsprechender Weg schien sich bei den Beratungen nicht abzuzeichnen. Durch den Austritt des Großteils der für das Thema relevanten medizinischen Vereinigungen ist die Arbeitsgruppe nun de facto arbeitsunfähig.

Laut dem Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e. V. erklärte der Vorsitzende der Dänischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Joachim Hoffmann-Petersen, diesbezüglich gegenüber dem Gesundheitsausschuss des Dänischen Parlaments: "Wenn das nächste Mal Komplikationen bei einer rituellen Jungenbeschneidung auftreten, sind nicht mehr die Anästhesisten in professioneller, ethischer oder rechtlicher Verantwortung. Es sind die Politiker, die weiterhin die rituelle Beschneidung von Jungen zulassen."


Zum selben Thema hat MOGIS einen eigenen Beitrag veröffentlicht: "Dänische Ministerpräsidentin Mette Fredriksen nimmt Forderung nach gleichem Schutz von Jungen zurück". Darin heißt es:

Die Kommission der Patientensicherheit zur Überarbeitung von Richtlinien für nicht-therapeutische Vorhautamputationen an Jungen wurde von allen ärztlichen Fachgesellschaften verlassen. Sie lehnen aus ethischen Gründen solche Eingriffe bei Kindern ab und empfehlen oder fordern die Einführung des Mindestalters. 86% der Bevölkerung sprechen sich ebenfalls dafür aus.

Ministerpräsidentin Mette Fredriksen (Sozialdemokratie) hat vergangene Woche ihre ursprüngliche und häufig zitierte Kinderschutz-Position offiziell zurückgenommen und sich nun gegen ein Mindestalter ausgesprochen. Ein gewagtes Unterfangen, schließlich stellt sie sich damit auch noch gegen 90% ihrer eigenen Wähler*innen.

In ihrer Neujahransprache 2000 hatte sie zudem auch noch versichert, allgemein "immer an der Seite der Kinder" zu stehen. In ihrer jetzigen Stellungnahme war von Kindern überhaupt nicht mehr die Rede. Sie ging darin ausführlich auf die dänische und europäische Geschichte und den Massenmord an jüdischen Menschen im Zweiten Weltkrieg ein. "Glücklicherweise" habe sie "sich getraut", ihre "Meinung zu ändern".

In Analysen werden ansonsten die Rücksichtnahme auf jüdische Verbände, aktuelle wirtschaftliche Interessen (mögliche Exportverluste in den Nahen Osten) und die Sorge vor möglichen Terroranschlägen als Gründe genannt, sich gegen ein Mindestalter auszusprechen. Die US-Botschaft in Kopenhagen kündigte ebenfalls mögliche wirtschaftliche Konsequenzen an.

Die menschenpolitische Rolle rückwärts von Frau Fredriksen stieß in Israel auf ein geteiltes Echo. Während Ministerpräsident Netanyahu ihr via twitter für ihre "Verteidigung der alten Tradition der Beschneidung" dankte, kommentierte Ronit Tamir von der israelischen Elterninitiative KAHAL: "Es gibt viele Juden in Israel gegen Beschneidung, und wir schätzen sehr, dass das Dänische Parlament versucht, ein Gesetz dagegen zu verabschieden. Wir sehen dies nicht als Antisemitismus, sondern als reine Sorge um die Kinder und die Menschenrechte. Wir hoffen sehr, dass dieses Gesetz verabschiedet wird."

Einige sozialdemokratische Kolleg*innen von Frau Fredriksen äußerten sich kritisch: "Als Mensch, Vater, Bürger von Dänemark und sozialdemokratischer Politiker hoffe ich inständig, dass in meiner Partei in dieser Angelegenheit abgestimmt wird und dass eine Mehrheit im Parlament das Richtige tut, indem sie eine Altersgrenze von 18 Jahren für Jungenbeschneidung einführt!" schrieb Niels E. Bjerrum.

Ercan Alici, Betroffener und Mitglied unserer Partnerorganisation Intact Denmark, kommentierte: "Als Kind auf dem Tisch wünschte ich mir nur, jemand hätte mir geholfen. Europas Geschichte scheint unendlich weit weg von der Realität des Kindes auf dem Tisch zu sein."

Ahmad Mahmoud nannte Frederiksens Versuch, ein Kinderbeschneidungsverbot mit der Verfolgung von Juden während des Zweiten Weltkriegs zu vergleichen "absurd", und ergänzte: "Nein, wir dürfen keine kulturellen oder religiösen Erwägungen akzeptieren, wenn es um die Beschneidung von Kindern geht. Es geht um das Wohl des Kindes und das Recht, sich frei zu finden und so die eigene Identität zu schaffen. Dafür haben wir in Dänemark gekämpft."

Harun Demirtas sieht die Demokratie geschädigt: "Politiker, die Tag und Nacht fragten, ob eine Krankenschwester arbeiten könne, nur weil sie ein Kopftuch trägt, oder ob ein Busfahrer einen Bus fahren könne, wenn er im Ramadan fastet, haben ihre politische Haltung heute zu 100 Prozent gedreht und befürworten die Beschneidung von Jungen, obwohl es ein religiöses Ritual ist."

Einen erschütterten anonymen Bericht eines Betroffenen veröffentlichte die Tageszeitung Berlingske: "Haben die Premierminister, Parteivorsitzende und Bischöfe jemals das Ergebnis einer gescheiterten Beschneidung, einen verstümmelten Penis, gesehen? Ich habe es. Ich sehe es jedes Mal, wenn ich aufs Klo gehe, nackt vor einem Spiegel stehe, dusche oder Sex habe. (…) Ich habe als Erwachsener vier Operationen benötigt, um einer im Grunde unnötige Intervention abzuhelfen. [...] Bis ich im Alter von 24 Jahren operiert wurde, konnte ich zum Beispiel aus drei verschiedenen Löchern in meinem Penis urinieren [...]. Wenn ich einen neuen Sexualpartner oder Freund treffe, muss ich immer erklären, warum mein Penis klare Narben trägt. (…) Politiker und Meinungsbildende, die mit historischem Pathos um sich werfen, müssen wissen, dass Beschneidung [...] ein chirurgischer Eingriff mit schwerwiegenden möglichen Folgen ist, und es hat mein ganzes Leben beeinflusst…"

Es verspricht, ein spannender Herbst zu werden. Die erste Lesung im Parlament wird frühestens im Oktober erwartet.

(…) Dass deutsche Medien die Ereignisse in Dänemark seit über zwei Jahren komplett ignorieren, überrascht. Schließlich verwiesen sie in der deutschen Debatte 2012 sehr häufig aufs Ausland und warnten vor einem möglichen "deutschen Alleingang", sollte eine Erlaubnis nicht-therapeutischer Vorhautamputationen an Jungen hinterfragt werden. Um eine völlige Schutzlosstellung von Jungen in Deutschland zu promoten, waren Blicke ins Ausland offensichtlich durchaus opportun. Verlaufen heute dort hingegen Debatten, die dem Kinderschutz medial und politisch großen Raum einräumen, wird geschwiegen. Sollen Menschen in Deutschland einfach nicht davon erfahren?




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