Von Pussyhat-Schwumm bis Klitoris-Wanderung: Heute Schweizer Frauenstreik – News vom 14. Juni 2019
1.
Von Aarau bis Zürich, von Brig bis St. Gallen: Am 14. Juni gehen in der ganzen Schweiz Frauen auf die Strasse, um für Gleichstellung zu demonstrieren. Es sind den ganzen Tag über unzählige dezentrale Aktionen geplant.
Für alle Genderama-Leserinnen, die mitmachen möchten: Hier erfährt man mehr über die Veranstaltungen für "womöglich hunderttausende" Frauen, die heute in der Schweiz auf die Straße gehen..
2. Allerdings soll es Schweizerinnen geben, die nicht mitmachen:
Hier eine Frage mit Schnappatmungs-Potenzial: Hätten Männer nicht Anlass für einen Männerstreik? Sie müssen länger arbeiten, obwohl sie früher sterben, sind zum Militärdienst gezwungen und dazu verdonnert, praktisch jeden gefährlichen Job der Welt auszuüben – eine geschlechtliche Unausgewogenheit, die von den Protest-affinen Zeitgenossinnen gerne inbrünstig übersehen wird.
Hier findet man den vollständigen Beitrag von Tamara Wernli: "Frauenstreik: Es nervt langsam."
3. Und natürlich gibt es immer irgendwo einen Kerl, der gegen einen solchen Streik argumentiert – einzig und allein weil er überflüssig und sinnlos ist. Der Wirtschaftsredakteur Dominik Feusi spielt im Tages-Anzeiger den Spielverderber:
Die Hauptforderung des von den Gewerkschaften organisierten Frauenstreiks (...) ist "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit". Dies fordert die Bundesverfassung seit 1981. Gemäss den Organisatoren ist dies aber bis heute noch nicht erfüllt. Sie berufen sich dabei auf die offizielle Statistik des Bundes. Die Lohnstrukturerhebung ist die grösste Datenbank für Arbeit und Löhne in der Schweiz. Die letzte Erhebung der Daten aus dem Jahr 2016 enthält 1,7 Millionen Arbeitsverhältnisse von 37'000 Unternehmen.
Die Daten zeigen, dass Frauen über die ganze Wirtschaft gesehen durchschnittlich 18,3 Prozent weniger verdienen als Männer. Das entspricht 1455 Franken pro Monat. Diese Zahlen tauchen auch in den Unterlagen zum Frauenstreik auf und werden in Argumentarien verwendet, so beispielsweise von SP-Vizepräsidentin und Nationalrätin Barbara Gysi am vergangenen 1. Mai.
Doch dieser Lohnunterschied ist nicht alleine auf das Geschlecht zurückzuführen. Frauen arbeiten in anderen Branchen und Berufen als Männer. Gemäss der Website des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann sind Frauen in anforderungsreichen Positionen und Kaderstellen schwächer vertreten und verfügen durchschnittlich noch über ein tieferes Bildungsniveau.
Zieht man einige dieser Faktoren mit ein, kann etwas mehr als die Hälfte des Lohnunterschiedes erklärt werden. Es bleibt aber eine Lohndifferenz von 7,7 Prozent. Umgerechnet auf einen Durchschnittslohn ist das 657 Franken pro Monat. In der Privatwirtschaft ist der Unterschied mit 8,1 Prozent etwas grösser als im öffentlichen Sektor (5,9%).
Für die Organisatoren des Frauenstreiks ist klar, dass dieser Lohnunterschied eine Diskriminierung darstellt, weil sie nur mit der Tatsache zusammenhänge, ob jemand Frau oder Mann ist. Ein "Skandal" sei das, sagte Vania Alleva, Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, anlässlich der Präsentation der Forderungen zum Frauenstreik Ende Mai. Den Frauen würden so jedes Jahr zehn Milliarden Franken entgehen "bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung". Doch die Behauptung, der unerklärte Lohnunterschied sei eine Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts, hält einer Überprüfung in der Statistik nicht stand.
Die Lohnstrukturerhebung erfasst nämlich nicht alle lohnrelevanten Merkmale von Arbeitnehmern. 2014 forderte der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser den Bundesrat dazu auf, auch "Berufs- oder Führungserfahrung, Weiterbildungen, Sprachkenntnisse oder den Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere zu berücksichtigen".
Eine daraufhin von der damaligen Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) in Auftrag gegebene Studie von Professorin Christina Felfe von der Universität St. Gallen kam zum Schluss, dass die effektive Berufserfahrung während der gesamten Berufskarriere, die Arbeitszeitmodelle, Anzahl und Zeitpunkt von Jobwechseln sowie die physische und psychische Belastung bei der aktuellen Stelle ein hohes oder sehr hohes Erklärungspotenzial für den restlichen Lohnunterschied hätten.
Lasse man diese Merkmale aus, werde die Lohndiskriminierung überschätzt. "Den unerklärten Anteil der Lohndifferenzen rein als Lohndiskriminierung zu interpretieren, ist auf Basis einer statistischen Analyse nicht möglich", hält die Studie fest. Demnach ist nicht zulässig, von einer Lohndiskriminierung von 7,7 Prozent zu sprechen. Ob die fehlenden Kriterien den verbleibenden Lohnunterschied erklären können, allerdings ebenfalls nicht. Bundesrätin Sommaruga liess die unbequeme Erkenntnis der Studie bei Auftritten jeweils unerwähnt, und das Gleichstellungsbüro versteckte sie auf seiner Website.
(...) Auf der Website des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann gibt es ein Lohnquiz. Auf die Frage, wo denn die Lohngleichheit verwirklicht sei, lautet die richtige Antwort "nirgendwo". Angesichts der Statistik ist das eine falsche Behauptung. Richtig ist: Wir wissen nicht, ob es Lohndiskriminierung gibt, und genauso wenig, ob Lohngleichheit wirklich überall verwirklicht ist.
Wer sich durch solche Fakten einen Pussyhat-Schwumm verleiden lässt, ist allerdings selber schuld.
"Punkt 15:24 Uhr wird die Arbeit niedergelegt" berichtet Watson.ch im oben verlinkten Artikel. Denn: "Bei durchschnittlich 20% weniger Lohn arbeiten Frauen ab jetzt gratis", heisst es im Streikaufruf. Außerdem sei nach dem Streik der Sex besser. Ich freue mich über Schweizer Leser, die berichten, wie sie den heutigen Streik erlebt haben.
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