Sonntag, Juni 09, 2019

Frauenministerkonferenz, Margarete Stokowski, Sommer ist sexistisch – News vom 9. Juni 2019

1. Die Frauenministerkonferenz der Bundesländer hat sich bei ihrer Jahrestagung mit Nachdruck für die Gleichstellung von Frauen im Beruf und gegen Sexismus in der Werbung ausgesprochen:

Mecklenburg-Vorpommerns Gleichstellungsministerin Stefanie Drese (SPD) kritisierte spezielle Lebensmittel für Männer und Frauen, "die vor veralteten Rollenklischees nur so triefen". So gebe es eine Tütensuppe "für Jungs" namens "Champions" und "für Mädchen" eine namens "Glamour Queens".




2. Der Artikel "Die lauteste Stimme des deutschen Feminismus", veröffentlicht von Tobias Haberl im Magazin der "Süddeutschen Zeitung", porträtiert Margarete Stokowski als Geschlechterkriegsgewinnlerin:

Wenn man sich fragt, wer eigentlich davon profitiert, dass unsere Gesellschaft in zahllose Milieus zersplittert ist, von denen jedes versucht, die größtmögliche Diskriminierung für sich zu beanspruchen, wer sich fragt, wer was davon hat, dass sich im Netz alle gegenseitig beschimpfen, beleidigen, bedrohen, die SUV- und die Radfahrer, die Veganer und die Fleischesser, die unzufriedenen Frauen und die selbstzufriedenen Männer, landet man schnell bei Margarete Stokowski. Ihr Stern ging auf, als die Dinge anfingen, unübersichtlich zu werden; ihr Name wurde zur Marke, als wir aufhörten, uns zu streiten, und begannen, uns mit Likes und Gegen-Hashtags glücklich- und fertigzumachen.


Der Artikel ist deutlich zu lang, um ihm durch auszugsweise Zitate gerecht zu werden; bei Interesse empfehle ich die vollständige Lektüre. Deutlich wird, dass Haberl Stokowski nicht nur einmal kurz interviewt und ansonsten online zu ihr recherchiert hat, sondern sie auf mehreren Veranstaltungen und auch in halböffentlichen Situationen näher kennenlernen durfte. Ein Beispiel:

Die Lesung in München geriet zu einer Art zweistündigem Stand-up-Programm, die Moderatorin zur Stichwortgeberin für alles, was der Gast aus Berlin schon immer mal loswerden wollte: "Kennt ihr Jens Jessen? Wenn nicht, habt ihr nichts verpasst. Kennt ihr die Feministin Svenja Flaßpöhler? Wenn nicht, macht’s nichts." Stokowski sagte nichts, was jemanden im Saal hätte irritieren oder herausfordern können, dafür würdigte sie umso mehr Personen herab, die sich nicht im Saal befanden.

(...) Stokowski wirkte auf gespenstische Art bühnentauglich, wie ein Star, der in einem Meer aus Jutetaschen-Menschen badet, auf deren Wohlwollen er hundertprozentig bauen, die er nach Belieben kontrollieren, zum Lachen bringen und mit dem wohligen Gefühl moralischer Überlegenheit beschenken kann. Ein biedermeierliches Heimspiel gegenseitiger Selbstbestätigung, ausgetragen in der eigenen Komfortzone.


Kritisch dazu zitiert der Artikel die liberale Feministin Thea Dorn:

"Wäre Stokowski Mitte zwanzig, hätte sie meine Sympathie", sagt Thea Dorn (...). Sie möge es ja, wenn junge Frauen eine große Klappe haben, "aber mit Mitte dreißig sollte man nachdenklicher auftreten". Ihr fehle an Stokowski die Reflexion, die Bereitschaft zum Diskurs, zur kritischen Distanz, auch zur Selbstdistanz. "Ich fürchte, ihr geht es eher um Follower als um philosophische Redlichkeit."


Diese Strategie scheint sich für Stokowski im Frauen unterdrückenden Patriarchat allerdings auszuzahlen:

Inzwischen hat sie für Anfragen, die sie eigentlich nicht mehr unterkriegt, eine Regel aufgestellt: Entweder es gibt viel Geld für wenig Aufwand, "1000 Euro für einen Tag", oder eine Sache klingt interessanter, als im Bett zu bleiben.


Bei einer Vergütung von 1000,- Euro für einen Tag Arbeit hat Stokowski keinen Grund, zu einer weniger polarisierenden, differenzierteren Strategie zu wechseln. Sie befindet sich damit heute in derselben Situation wie vor einigen Jahrzehnten ihre momentane Rivalin Alice Schwarzer.



3. Die Jenaer Hochschulzeitung "Akrützel" beschäftigt sich mit den Wahlen für den Beirat für Gleichstellungsfragen:

Seit einem Jahr gibt es das neue Thüringer Hochschulgesetz und es hat bereits für Verwirrungen gesorgt. So wurden alle männlichen Mitglieder des Beirates für Gleichstellungsfragen an der Uni Jena vom Gleichstellungsbüro darüber informiert, aufgrund ihres Geschlechts zukünftig nicht mehr für ihren Posten kandidieren zu können. Das Gleichstellungsbüro erhält Arbeitsaufträge vom Gleichstellungsbeirat, beispielsweise wenn dieser mit einem Beratungsfall nicht weiterkommt, bei Rechtsfragen oder für Infoveranstaltungen.

Auch Kevin Bayer hat die Nachricht erhalten. Gemeinsam mit Lilly Krahner (beide RCDS) vertritt er die studentische Stimme im Beirat. "Es bewerben sich für Posten in Gleichstellungsfragen häufig nur Frauen. Da wir Gleichstellung aber so interpretieren, dass es um beide Geschlechter geht, sind wir als mixed Team angetreten", erklärt Kevin. Dass nur noch Frauen kandidieren dürfen, hat ihn stutzig gemacht. "Die Entscheidung wäre nachvollziehbar, wenn Frauen unterrepräsentiert wären. Doch bei den Studierenden ist es genau umgedreht. Wenn sich das Geschlecht des Beauftragten danach richtet, wo es die strukturelle Benachteiligung gibt, dann ist es bei den Studierenden ganz klar der männliche Part."


Hier geht es weiter.



4. Der Sexismus-Vorwurf der Woche trifft diesmal den Sommer.

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