Samstag, Mai 25, 2019

Deutscher Werberat rügt väterfeindliche EDEKA-Reklame – News vom 25. Mai 2019

1. Der Deutsche Werberat hat EDEKA wegen der Verletzung von Branchenstandards durch seine Reklame eine Rüge erteilt:

Männer und Frauen würden in dem Spot gegeneinander ausgespielt und Geschlechterrollen aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfestigt, so der Werberat in seiner Begründung gegenüber EDEKA. Während Väter als unfähige und unsensible Versager dargestellt würden, bekämen Mütter ihre Aufgabe bei der Betreuung und Erziehung von Kindern zugewiesen. Der abschließende Satz "Danke Mama, dass du nicht Papa bist." möge humorvoll gemeint sein, er bringe die männer- und frauenherabwürdigende Botschaft des Films jedoch auf den Punkt. Der Werberat erkennt zwar in der Werbung das Stilmittel der ironischen Überzeichnung. Auch das Spielen mit Klischees sei nicht per se zu beanstanden. Die Verwendung dieser Stilmittel dürfe aber ebenso wenig diskriminierend sein, wie andere Werbeinhalte auch.


Zu der Reklame waren rund 750 Beschwerden beim Deutschen Werberat eingegangen.

Währenddessen hat die Uhrenfirma Egard Watches, die wir von ihrer brillanten Antwort auf das Männer-Bashing von Gillette kennen, einen ebenfalls gelungenen Werbespot zum Vatertag veröffentlicht.

Die Frau, die hinter der Gillette-Reklame steht, Carolyn Tastad, erklärte gestern in einem Interview, dass Markenfirmen die Pflicht hätten, gegen "toxische Männlichkeit" vorzugehen.



2. Harvey Weinstein hat gegen hohe Geldzahlungen eine Einigung mit den allermeisten seiner Anklägerinnen erzielt. In zwei verbleibenden Fällen wird es im Spemtember zu einem Gerichtsverfahren gegen ihn kommen. Weinstein streitet sämtliche Vorwürfe gegen ihn ab.



3. "Brauchen wir mehr weibliche Chefs?" fragt das Magazin "Gründerszene" Hanna Bachmann, 29-jährige Chefin der Online-Versicherung Hepster. Deren Antwort zeigt, warum die Leitmedien solche Fragen ungern erfolgreichen Geschäftsfrauen stellen:

Natürlich gibt es eine Menge Herausforderungen für Frauen, die sich gleichzeitig für Karriere und Familie entscheiden möchten. Was ich sage ist, dass die meisten Frauen und Mädchen meiner Generation mit den gleichen Chancen aufgewachsen sind wie Männer – und dass sie daraus etwas machen können. Ich verstehe deshalb nicht, warum sich Frauennetzwerke gründen, wir über Female Empowerment und Quoten sprechen müssen.

(...) Ich bin der Meinung, dass das kein gesellschaftliches Problem ist, sondern ein Selbsteinschätzungsproblem von Frauen. Wir haben selber viele Frauen im Unternehmen, gerade viele junge Frauen. Sie verhalten sich mittlerweile genau so oft selbstbewusst und fordernd bei Gehaltsverhandlungen wie ihre männlichen Kollegen. Da kann ich keinen Unterschied mehr erkennen. Am Ende machen wir es durch die ewigen Diskussionen, was Frauen dürfen und was sie dürfen sollten, vielleicht auch noch schlimmer. (...) Wenn Frauen ins Management wollen, dann müssen sie entsprechend handeln, wie alle anderen auch.


Auf die Frage, ob sie sich mehr Frauen im Management wünsche, antwortet Bachmann erschreckend politisch unkorrekt:

Das ist mir total egal. Wenn sich die Mehrheit der Frauen entscheidet, dass sie lieber zu Hause bleibt oder in andere Berufe gehen will, dann sollte das aus Sicht der Gleichberechtigung genauso ok sein, wie wenn Frauen ins Management gehen wollen.


Der Interviewer, dessen wachsendes Entsetzen man aus seinen hartnäckigen Fragen unschwer herauslesen kann, bohrt weiter, kann Bachmann aber nicht erschüttern. So behält sie das Schlusswort:

Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die es in eine höhere Position aufgrund ihres Geschlechts nicht geschafft hat. Wir haben in Deutschland eine Frau an der Spitze. Man kann es also schaffen.




4. Der heutige Aufschrei wegen Sexismus wird von SPD-Frauen ausgestoßen und richtet sich gegen Brotreklame.



5. Aus dem Abschlussbericht einer Unterschungskommission zum als Schwindler aufgeflogenen Journalisten Claas Relotius geht hervor, dass sich auch andere renommierte Autoren die Wirklichkeit aus "weltanschaulichen und dramaturgischen Gründen" zurecht gebogen haben. Die Männerbewegung ist selbst immer wieder Opfer solcher Verstöße gegen die journalistische Ethik geworden.



6. Die Süddeutsche Zeitung wundert sich:

Guttenberg, Schavan, Koch-Mehrin: Wenn Politiker mit schlampigen Dissertationen aufflogen, war das bisher ein Skandal. Bei der Familienministerin bleibt es ruhig. Warum?


Kurz gefasst: Weil keine der Regierungsparteien Interesse an einem Rücktritt der Schwindlerin hat. So schließt der Artikel mit dem Satz:

Ein SPD-Regierungsmitglied sagt, es wäre schlecht für die Regierung, wenn Giffey gehen müsste, für die SPD aber wäre es eine Katastrophe.




7. Die Stadt Hannover hat in das Protokoll einer Rede eines AfD-Abgeordneten das Gendersternchen eingefügt. Der AfD-Mann ist darüber wenig erbaut.



8. Die FDP zieht in den Endspurt des Europa-Wahlkampfs: mit der Forderung nach einer "Gender-Balance in der EU". Die Antworten unter dem verlinkten Tweet der FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl stellen eine schier endlose Welle scharfer Ablehnung dar und reichen bis zu Drohungen mit weiteren Parteiaustritten. Auch hier werden einmal mehr die Humanisten als Wahlalternative für Liberale genannt. Der Gesamteindruck: Um eventuell von taz-Redakteurinnen, die sie sowieso nie wählen würden, weniger hart angefasst zu werden, verscherzt es sich die FDP gerade bei ihrer liberalen Basis.



9. In Großbritannien protestieren 30 studentische Aktivisten gegen eine Veranstaltung der Universität Cambridge mit der Partei "Justice for Men and Boys". Zugänge zum Veranstaltungsort werden versperrt, und Krachmacher sollen Gespräche unmöglich machen. Mitglieder der männer- und jungenfreundlichen Partei wurden von den Randalierern mit Milkshakes übergossen. Eine der Täterinnen konnte festgenommen werden.



10. In den USA gibt es eine wachsende Diskussion über das "Intellectual Dark Web": Akademiker und Journalisten, die sich insbesondere mit Online-Beiträgen den zahlreichen Sprech- und Meinungsverboten der postmodernen Linken enziehen. Die liberale, männerfreundliche Feministin Cathy Young warnt indessen davor, aus purem Trotz gegen diesen Totalitarismus das Kind mit dem Bade auszuschütten:

Das bedeutet nicht, dass Dissidenten schwierige Themen vermeiden sollten; aber diese Themen sollten mit dem Bewusstsein für ihre Fallstricke angegangen werden. In einem Artikel über das Studium genetisch bedingter Gruppenunterschiede aus dem Jahr 2006 schrieb Steven Pinker, dass der Liberalismus uns "intellektuelle und moralische Werkzeuge zur Verfügung stellt, um die Gefahren zu entschärfen", wenn es darum geht, Konzepte anzugehen, die verwendet wurden, um die volle Menschlichkeit einiger Gruppen zu leugnen: insbesondere "ein Bekenntnis zu universellen Menschenrechten und zu Politiken, die Menschen als Individuen und nicht als Vertreter von Gruppen behandeln". Es steht außer Frage, dass diese liberale Idee heute sowohl von der nationalistisch-populistischen Rechten als auch von linken "Social Justice Warriors" angegriffen wird – beides Bewegungen, die in der Identitätspolitik wurzeln. Das Intellectual Dark Web sollte die erstgenannte Fraktion ebenso offen kritisieren wie die letztgenannte.

(...) Es gibt mehrere Fallen, die eine Bewegung vom Typ des Intellectual Dark Web umgehen muss:

-> Hüten Sie sich davor, Narrative der Politischen Korrektheit durch vereinfachende, sachlich wackelige Gegenreportagen zu ersetzen. Das Thema Islamismus, Islam und muslimische Einwanderer im Westen ist hier lehrreich. Es ist der modernen Linken sicherlich nicht gelungen, das Problem des islamistischen Extremismus sowie die Dominanz des Ultrakonservatismus in einem Großteil des Mainstream-Islams und das damit verbundene Problem der muslimischen Einwanderergemeinschaften anzugehen, die sich gegen grundlegende westliche kulturelle Normen von der Gleichberechtigung der Geschlechter bis zum religiösen Pluralismus wehren. (...) Aber die Gegenrede zur Politischen Korrektheit hat ihre eigenen Probleme, von der Tendenz zur Verallgemeinerung des Islam über die Tendenz zur Panikmache um die "muslimische Gefahr" bis hin zum fahrlässigen Umgang mit Fakten. Sind Einwanderer aus mehrheitlich muslimischen Ländern in einigen europäischen Ländern wie Schweden überproportional an Sexualdelikten beteiligt? Ja, aber es stimmt auch, dass der Anstieg der gemeldeten sexuellen Übergriffe in Schweden zum Teil mit der feministisch getriebenen Ausweitung der Definition von sexuellem Übergriff zusammenhängt. (Angst vor Muslimen trifft auf feministische Sexualpanik.) (...)

-> Der Feind deines Feindes ist nicht immer dein Freund. Allianzen mit Menschen, mit denen man sich in bestimmten Punkten unterscheidet, sind für den Erfolg jeder Bewegung unerlässlich, aber nur, wenn die Grenzen irgendwo gezogen werden. Jede Gegenreaktion gegen die "politische Korrektheit" wird nicht nur echte Liberale und Mainstream-Konservative anziehen, sondern auch Rechtsextreme, weiße Herrenmenschen, Frauenfeinde und andere abscheuliche Charaktere – ganz zu schweigen von opportunistischen Gaunern. Abgesehen von moralischen Überlegungen können solche Verbündeten die Bewegung nur diskreditieren. (Die traurige Geschichte von Milo Yiannopoulos ist ein lehrreiches Beispiel.) Es ist völlig legitim, antiweißen Rassismus und männerfeindlicher Sexismus in der progressiven Linken zum Thema zu machen. Aber es ist eine schreckliche Idee, dies auf Podcasts im freundschaftlichen Gespräch mit Menschen zu diskutieren, die eine weiße Vorherrschaft befürworten. Kritik an solchen Medienauftritten ist keine "Sippenhaft".

-> Nur weil Social-Justice-Warriors Menschen routinemäßig als Rassisten, Fanatiker, Hassgetriebene und Nazis bezeichnen, sobald diese Menschen sich den Meinungsgeboten dieser Linken nicht anschließen, bedeutet das nicht, dass die tatsächliche Rhetorik einer weißen Vorherrschaft, Frauen- und Schwulenfeindlichkeit oder des Faschismus entschuldigt werden darf. Ich glaube, dass Gesetze gegen "Hassrede" schädlich sind, aber das schließt nicht aus, dass man jene Rede brandmarkt, die Hass oder Verachtung gegenüber Gruppen von Menschen fördert, geschweige denn eine Rede, die Gewalt oder Diskriminierung befürwortet. Natürlich sollte sich dieses Stigma auf objektive, enge Definitionen von bigotter oder gewaltfördernder Rede stützen und sich ebenso auf hasserfüllte Rhetorik gegenüber Weißen, Männern und anderen "privilegierten" Gruppen erstrecken. Aber ohne solche Grenzziehungen ist ein zivilisiertes Gespräch unmöglich.

Trotzdem haben sich gerade in diesem Monat mit dem Intellectual Dark Web verbundene Twitter-Poster für eine 14-jährige YouTuberin eingesetzt, die rassistische "Comedy"-Videos drehte, sich in den sozialen Medien für den Völkermord an Muslimen einsetzte – die sie "Sandnigger" nannte – und explizite Morddrohungen gegen die YouTube-Geschäftsführerin Susan Wojcicki wegen einer YouTube-Politik ausgesprochen hat, die Kommentare zu Videos mit Minderjährigen deaktiviert. Man kann darüber diskutieren, ob YouTube diese Rede einschränken sollte (wozu es als privates Unternehmen jedes Recht hat), oder ob eine Teenagerin mit einer großen rechtsextremen Fangemeinde ein geeignetes Ziel für ein journalistisches Exposé ist. Einige der Verteidiger setzten sich jedoch nicht nur für die Meinungsfreiheit des Mädchens ein, sondern lobten auch ihren "beißenden" Kommentar.

-> Kritisieren Sie die Mainstream-Medien, aber gehen Sie nicht den Weg des Media-Bashings und der Verschwörungstheorien. Die fortschreitende Verzerrung in den Mainstream-Medien ist durchaus real und hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Ich selbst habe den voreingenommenen "narrativen Journalismus" kritisiert. Aber das rechtfertigt nicht die Behauptung, dass die New York Times oder CNN genauso schlecht sind wie Alex Jones' Verschwörungsseite Infowars, oder die Behauptung des Pro-Trump-Lagers, dass die Mainstream-Berichterstattung über die Trump/Russland-Geschichte einen "Schwindel" darstellte.

-> Vermeiden Sie die Anziehungskraft des Stammesdenkens. In unserem polarisierten politischen und medialen Umfeld gibt es starke Kräfte, die die eine solche Ausrichtung fördern. Wenn man eine große konservative Fangemeinde entwickelt, ist die Versuchung naturgemäß groß, diese Anhänger nicht vor den Kopf stoßen zu wollen. Die Ökonomie des Crowdfunding fügt weitere Anreize in diese Richtung hinzu: Man muss nicht absichtlich auf Applaus aus sein, um sich der Tatsache bewusst zu sein, dass einige Meinungsäußerungen einem buchstäblich finanzielle Einbußen einbringen können.

Unabhängig davon, wie man über die Marke "Intellectual Dark Web" denkt, hat die mit diesem Label verbundene heterodoxe Bewegung einen signifikanten und weitgehend positiven kulturellen Einfluss gehabt. Ihre Zukunft hängt davon ab, ob sie (1) es vermeiden kann, zur sprichwörtlichen "Herde unabhängiger Köpfe" zu werden, (2) sich von Allianzen fernhält, die im Widerspruch zu ihrer breiten humanistischen, liberalen Perspektive stehen, und (3) an ein breites Spektrum politisch vielfältiger Männer und Frauen appelliert, die linke wie rechte Identitätspolitik ablehnen.

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